Vorschau Ligue 1 – Teil 4: PSG, Montpellier, SCO Angers, Clermont Foot

5. August 2021 | Trending | BY Damian Ozako

Am Wochenende des 6. August startet die französische Ligue 1 als erste der fünf Topligen in die neue Saison. Im ersten Teil unserer großen Saisonvorschau beschäftigen wir uns mit Paris Saint-Germain, dem HSC Montpellier, dem SCO Angers und Clermont Foot. 

  • PSG rüstet nach enttäuschender Saison auf
  • Montpellier will den nächsten Schritt gehen
  • Ende einer Ära in Angers – Underdog Clermont

Hier geht es zu Teil 1: Lyon, Bordeaux, Lens, Strasbourg

Teil 2 findet ihr hier: Marseille, Rennes, Lorient, Brest

Teil 3: Monaco, Saint-Etienne, Metz, Troyes

Paris Saint-Germain (letzte Ligue-1-Saison: 2. Platz)

Für Paris Saint-Germain war die Saison 2020/21 letztendlich eine enttäuschende Spielzeit. Zwar gewann PSG die Trophée des Champions, den französischen Supercup, gegen Olympique Marseille (2:1) und auch den Coupe de France gegen die AS Monaco (2:0), aber das reicht den erfolgsverwöhnten Hauptstädtern nicht. Nach dem verlorenen Champions-League-Finale 2020 ging es für Paris auch in der darauffolgenden Europapokal-Saison sehr weit. In der Gruppenphase ließ man RB Leipzig und Manchester United hinter sich, strafte den FC Barcelona im Camp Nou mit einem 4:1 im Achelfinalhinspiel ab und im Viertelfinale folgte die Revanche gegen den FC Bayern (dank Auswärtstorregel nach 3:3 weiter). Im Halbfinale scheiterte man dann letztendlich an Manchester City (1:2 und 0:2). Das ganz große Ziel verpasste PSG also erneut nur knapp. Ausgerechnet Ex-Trainer Thomas Tuchel (47), den man unliebsam kurz nach Weihnachten entließ, gewann die Königsklasse mit seinem neuen Klub dem FC Chelsea.

Doch nicht nur den begehrten Henkelpott ließen sich die Mannen des neu installierten Cheftrainers Mauricio Pochettino (49) entgehen, auch in der Ligue 1 musste sich PSG geschlagen geben. Zu oft patzte der steinreiche Klub und haushohe Favorit gegen Underdogs wie zum Beispiel den FC Lorient (2:3) und den FC Nantes (1:2). Auch in den direkten Duellen gegen den direkten Konkurrenten und späteren Meister OSC Lille (0:0 und 0:1) ließ Paris wichtige Zähler liegen. Somit reichte es mit einem Punkt Rückstand nur zur Vizemeisterschaft. Viel zu wenig für den haushohen Favoriten des französischen Fußballs.

Zu viele Patzer

Dennoch durfte Pochettino bleiben. Der argentinische Coach wusste nicht zu überzeugen, hatte allerdings auch keine vollständige Saisonvorbereitung mit seiner neuen Mannschaft. Paris verlängerte den Kontrakt des 49-Jährigen mithilfe einer Vertragsklausel um ein Jahr bis 2023. Die Verantwortlichen werden dennoch sehr genau verfolgen, wie sich das Team entwickelt. Unter Tuchel erlebte PSG einen schwachen Start, der allerdings auch Verletzungsproblemen, einigen COVID-Infektionen und der kurzen Vorbereitung geschuldet waren. In der Defensive überzeugten lediglich Kapitän und Innenverteidiger Marquinhos (27) sowie Keeper Keylor Navas (34). Prisnel Kimpembe (25) kann an manchen Tagen überragend sein und anderen viel zu ungestüm. Eigenschaften, die auf viele Mannschaftsteile zu übertragen sind.

Überragend war natürlich wieder einmal die Offensive. Kylian Mbappé (22) spielte auf Klubebene wohl seine beste Saison und erzielte wettbewerbsübergreifend 42 Tore in 47 Spielen. Dazu kamen noch elf Vorlagen. Eine extrem gute Ausbeute, mit der er auch Superstar Neymar (29, 17 Tore und elf Vorlagen) in den Schatten stellen konnte. Der Brasilianer fiel allerdings auch immer wieder mit kleineren Verletzungen aus. Angel Di Maria (33) spielte für seine Verhältnisse eine eher schwache Saison. Everton-Leihgabe Moise Kean (21) wusste positiv aufzufallen, wurde allerdings nicht fest verpflichtet.

PSG rüstet auf

Dass nach dieser enttäuschenden Saison personell aufgerüstet werden wird, war sehr früh klar. PSG hat dann allerdings doch noch einmal stärker auf dem Transfermarkt nachgelegt, als von vielen erwartet. Zunächst einmal wurde sich um die Defensive gekümmert. Für 60 Millionen Euro kam Achraf Hakimi (22) vom italienischen Meister Inter, der aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten Einnahmen generieren musste. Ablösefrei wurde Sergio Ramos (35) geholt. Der Innenverteidiger konnte sich mit seinem Herzensklub Real Madrid nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen. Der 35-Jährige hatte zuletzt mit großen Verletzungsproblemen zu kämpfen, könnte aber die Defensive der Franzosen auf ein neues Niveau heben.

Ob dies auch Torhüter Gianluigi Donnarumma (22) gelingen kann, bleibt abzuwarten. Der 22-Jährige konnte sich mit seinem Verein, der AC Milan, ebenfalls nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen. In Paris wird er Navas auf die Bank verdrängen, der alles andere als eine Schwachstelle darstellte. Danilo Pereira (29) wurde nach seiner Leihe fest verpflichtet. 16 Millionen Euro überwies PSG dem FC Porto.

Für das Mittelfeld konnte sich der Hauptstadtklub die Dienste von Georginio Wijnaldum (30) sichern, der ebenfalls ablösefrei vom FC Liverpool kam. Auf den letzten Drücker kaperten die Franzosen den abgesprochenen Wechsel zum FC Barcelona. Neben einigen Jugendspielern sind auch Torhüter Alphonso Areola (28, Leihe zu West Ham) und Linksverteidiger Mitchel Bakker (21, für sieben Millionen Euro zu Leverkusen). Der bislang wichtigste Deal, der gelungen ist, war dennoch die Vertragsverlängerung von Neymar bis 2025. Mbappé hingegen dürfte den Klub, wie es aussieht, 2022 ablösefrei verlassen, was ein herber Rückschlag für Paris wäre.

Player to watch: Xavi Simons

Als junges, aufstrebendes Talent hat man es in Paris nicht leicht. Xavi Simons (18) eilt allerdings ein hervorragender Ruf zuvor. Unter Pochettino stand der junge Niederländer in der vergangenen Saison regelmäßig im Kader und kam im Pokal und in der Liga jeweils zu einem Kurzeinsatz. In der kommenden Spielzeit dürften weitere Einsätze folgen.

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Der Mittelfeldspieler ist kaum vom Ball zu trennen, hat eine hervorragende Technik, kann gut dribbeln und setzt seine Mitspieler gut in Szene. Das größte Problem dürfte noch seine Physis sein. Wie gut er mit dem riesengroßen Hype umgeht, bleibt abzuwarten. Bleibt er geduldig, wird er seine Chancen bekommen.

Prognose

Der verlorene Supercup gegen Lille (0:1) hat kaum Aussagekraft. Viele kluge Neuzugänge, die Konkurrenz befindet sich mit diversen Trainerwechseln im Umbruch und Pochettino hat seine Saisonvorbereitung. Die nationalen Wettbewerbe werden nur über PSG entschieden werden. In der Champions League könnte es erneut um den Titel gehen.

Montpellier HSC (letzte Ligue-1-Saison: 8. Platz)

Der Montpellier HSC hat in der vergangenen Saison nur knapp das europäische Geschäft verpasst. Lediglich vier Punkte fehlten zur Teilnahme an der neu eingeführten UEFA Europa Conference League. Die bereits etablierte Europa League war für Montpellier mit sechs Punkten Rückstand ebenfalls in greifbarer Nähe. Für die Elf von Michel Der Zakarian (58) war angesichts einiger Formkrisen deutlich mehr drin, als der achte Rang. Der 58-Jährige stellte seine Mannschaft teilweise deutlich offensiver auf, als in den vergangenen Jahren. Es lag auch daran, dass seine geliebte Dreierkette teilweise nicht mehr griff. Die Defensive leistete sich immer wieder abenteuerliche Patzer, die von der Offensive ausgeglichen werden mussten. Nicht selten gab es deshalb nett anzusehende Spektakel, wenn Montpellier in der Ligue 1 antrat. Der tollen Ausbeute von 60 Treffern (fünftbester Wert der Liga) standen enttäuschende 62 Gegentore gegenüber (fünfschlechtester Wert der Liga).

Der größte Makel der Saison war die die Phase rund um den Jahreswechsel. Neun Spiele musste Montpellier auf einen Sieg in der Ligue 1 warten und sammelten in dieser Zeit nur drei Punkte. Ein herber Rückschlag, denn die versäumten Zähler konnten danach nicht mehr gewonnen werden. Es folgte die Ankündigung, dass Der Zakarian und Montpellier nach vier erfolgreichen Jahren getrennte Wege gehen werden. Ein großes Highlight verpassten sie nur denkbar unglücklich: Im Coupe de France scheiterte man im Halbfinale am großen Favoriten Paris Saint-Germain erst im Elfmeterschießen. So trennten sich die Wege ohne Titel und Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb.

Gelingt der nächste Schritt?

Die großartige Entwicklung, die Montpellier unter Der Zakarian genommen hat, soll Olivier Dall’Oglio (57) fortsetzen. Der neue Cheftrainer war zuletzt bei Stade Brest tätig und hielt die Bretonen mit einer guten Portion Glück in der Ligue 1. Jetzt soll der 57-Jährige dafür sorgen, dass der HSC die nötige Balance findet, um sich für das internationale Geschäft zu qualifizieren. Im Spiel nach vorne hat er genug Spieler, die über die Qualität verfügen, um genau diesen Schritt zu machen. Die beiden zentralen Mittelfeldspieler Florian Mollet (29) und Téji Savanier (29) harmonieren wunderbar miteinander. Der englische Flügelspieler Stephy Mavididi (23) hat sich prächtig entwickelt und sorgt mit seiner Dynamik für Wirbel im letzten Drittel.

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Mit den beiden Stürmern Andy Delort (29) und Gaetan Laborde (27) hat er auch tolle Teamkollegen. Die beiden verstehen sich untereinander blind und sicherten mit ihren Treffern viele Punkte. Delort kam auf 15 Ligatore und neun Vorlagen, während Laborde, der auch als Flügelspieler agieren kann, 16 Treffer erzielte und acht Tore vorbereitete. Die Konstanz, die diese Spieler aufweisen, würde sogar für eine Qualifikation für die Königsklasse reichen.

Defensive und Jugendarbeit im Fokus

Das Problem: Die defensive Anfälligkeit sorgt für kollektives Stirnrunzeln am Mittelmeer. Abhilfe soll Routinier Mamadou Sakho (31) leisten, der ablösefrei von Crystal Palace kam und nach acht Jahren in der Premier League wieder in der heimischen Liga auflaufen wird. Ansonsten hat Montpellier noch den brasilianischen Innenverteidiger Thuler (22) von Flamengo ausgeliehen. Gegangen ist unter anderem Ex-BVB-Spieler Damien Le Tallec (31), den es ablösefrei zur AEK Athen zog. Die finanziellen Mittel sind knapp, sodass weitere Verstärkung in der Defensive zwar wünschenswert, aber kaum zu realisieren ist.

Hier wird Dall’Oglio gefordert sein. Er muss die eigene Jugend im Blick haben und mehr Talente befördern, als es sein Vorgänger tat. Mit dem Sechser Joris Chotard (19) und dem Stürmer Elye Wahi (18) hat Montpellier zwei interessante Eigengewächse im Profikader. Es sollen noch mehr folgen, die Transferkosten somit senken und in Zukunft höhere Einnahmen garantieren. Ein Weg, der mit Dall’Oglio leichter zu bestreiten ist, als mit Der Zakarian, der den direktesten Weg zum Erfolg suchte. Für Spektakel wird auch der neue Trainer sorgen können, dies hat er mit deutlich limitierteren Mitteln auch in Brest gezeigt.

Player to watch: Elye Wahi

Das bereits erwähnte Sturmtalent Elye Wahi könnte genau der richtige Mann für Spektakel sein. Der 18-Jährige kam im Laufe der Rückrunde regelmäßig als Joker zum Einsatz und erzielte drei Tore in 18 Partien. Seine saubere Direktabnahme gegen die AS Monaco und sein wunderschöner Seitfallzieher gegen RC Lens machten Lust auf mehr. In der Saisonvorbereitung überzeugte Wahi auch unter dem neuen Trainer und erzielte gegen RB Leipzig den 2:1-Siegtreffer. Wahi verfügt über einen guten Mix aus Technik und Physis. Mit Delort und Laborde hat er zwei geeignete Mentoren, in deren Schatten er in Ruhe die nächsten Entwicklungsschritte gehen kann.

Ligue 1

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Prognose

Sakho allein wird die Defensive des HSC Montpellier nicht retten können, aber Dall’Oglio wird sicherlich Lösungen finden, um die Südfranzosen zu stabilisieren. Das Offensivspiel war zuletzt unter Der Zakarian schon ausgezeichnet, kann der neue Trainer dieses Niveau halten, wird es diese Saison mit dem europäischen Geschäft klappen. Die Europa League ruft.

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SCO Angers (letzte Ligue-1-Saison: 13. Platz)

Der SCO Angers steht vor einer ungewissen Saison und das liegt vor allem an einem Mann, der künftig durch Abwesenheit auffallen wird: Stéphane Moulin (53). Der Franzose stand seit der Spielzeit 2011/12 an der Seitenlinie des SCO. In Europas Topligen war der 53-Jährige der dienstälteste Trainer, die Saison 2020/21 seine letzte in Angers. Er gab im Frühjahr seine Rückzug bekannt und sorgte damit für eine große Überraschung und bei seinem Ex-Klub für Ungewissheit, was die Zukunft der Schwarz-Weißen betrifft. Moulin etablierte den Klub nach langer Abwesenheit in der Ligue 1 und sorgte Jahr für Jahr für den Klassenerhalt. Angesichts der Möglichkeiten, die Angers hat, ist dies jedes Mal wieder aufs Neue eine beeindruckende Leistung gewesen.

In der vergangenen Spielzeit zeigte Angers zwei Gesichter. In der Hinrunde sammelten les Scoïstes 30 Punkte und befanden sich auf einem sicheren achten Rang. Zwischenzeitlich hatte die Moulin-Elf Tuchfühlung zu den internationalen Rängen. In der Rückrunde gelangen nur noch drei Siege und nur der abgeschlagene Tabellenletzte Dijon FCO sammelte weniger Punkte (sieben) als Angers (14). Um den Klassenerhalt musste der Klub dennoch nie richtig zittern und beendete die Saison auf dem 13. Tabellenrang.

Angers Ligue 1

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Eine neue Ära

Damit reiht sich Platzierung in die der letzten Jahre ein. Angers leistet trotz geringer finanzieller Mittel beständig gute Arbeit, bildet immer wieder tolle Talente aus und landete bislang am Ende der Spielzeiten stets im gesicherten Mittelfeld. Wie groß der Anteil von Ex-Trainer Moulin an diesen Erfolgen ist, wird in diesem Jahr zu sehen sein. Mit Gérald Baticle (51) probiert sich nun ein neuer Übungsleiter in Angers aus. Ähnlich wie Moulin, den es zu SM Caen in die Ligue 2 zog, kann der neue Coach Beständigkeit in seiner Karriere vorweisen. Allerdings vor allem in der zweiten Reihe. Im exakt gleichen Zeitraum, in dem Moulin den SCO in die Ligue 1 führte und dort etablierte, war Baticle Co-Trainer von Olympique Lyon. Während die Cheftrainer immer wieder ausgetauscht wurden, war der 51-Jährige die Konstante bei OL. Nun darf man gespannt sein, wie er mit der Rolle als Chef umgehen wird.

Dabei stößt er auf recht undankbare Voraussetzungen. Angers hat mit massiven finanziellen Problemen zu kämpfen. Die Ligue 1 wurde besonders heftig von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie getroffen, da die Saison 2019/20 abgebrochen wurde. Von der DNCG (Direction Nationale du Contrôle de Gestion), die für die Beobachtung der Finanzen aller Profiklubs in Frankreich zuständig ist, wurde Angers zwischenzeitlich in die Ligue 2 abgestuft. Mit dem Verkauf von Rayan Aït Nouri (20), der nach seiner Leihe von den Wolverhampton Wanderers für rund elf Millionen Euro fest verpflichtet wurde, konnte der Klub wichtige Einnahmen erzielen und darüber hinaus Dokumente an den Verband nachreichen, wodurch ein Verbleib in der Ligue 1 gesichert wurde. Auf dem Transfermarkt sind dem SCO deswegen dennoch die Hände weitestgehend gebunden.

Einige Schwachpunkte im Kader

Durchaus ein Problem, da der Kader ein wenig umstrukturiert werden sollte. Moulin adaptierte sich immer stets an die vorhandenen Spieler und auch Baticle betonte, dass er dementsprechend nach einer geeigneten Grundausrichtung suche. In der vergangenen Saison lief Angers meist mit einem 4-1-4-1 oder 4-3-3 auf. In der Vorbereitung setzte Baticle zuletzt auf eine Dreierkette. Für ein 3-5-2 bräuchte Angers allerdings Neuzugänge. Insbesondere die Schienenspieler machten keine gute Figur. Auf der linken Seite dürfte Souleyman Doumbia (24) gesetzt sein, aber seine Konkurrenz, die aus Enzo Ebosse (22) und Pierrick Capelle (34) besteht, findet sich in diesem System noch nicht allzu wohl. Auf der rechten Seite zeigt sich ein ähnliches Bild.

Dazu kommt, dass es les Scoïstes nicht gelungen ist, Baptiste Santamaria (26) passend zu ersetzen, der im letzten Sommer zum SC Freiburg wechselte. Das Zentrum ist zu spielschwach und ein dynamischer Achter fehlt ebenfalls. Ein weitere Problemstelle ist der Sturm. Stéphane Bahoken (29) hätte deutlich mehr Tore erzielen müssen, traf lediglich sechsmal in der Liga. Angers zeigte sich generell vor dem gegnerischen Tor zu ungefährlich. Neuzugang Sofiane Boufal (27) war, wie viele seiner Mitspieler, zu lange verletzt, um ein richtiger Faktor zu werden.

Player to watch: Angelo Fulgini

Die Offensive lebte von den Impulsen des mit Abstand besten Spielers im SCO-Trikot der vergangenen Saison: Angelo Fulgini (24). Der Mittelfeldspieler erzielte in der Ligue 1 sieben Tore, bereitete drei weitere Treffer vor. Auf engstem Raum findet Fulgini Lösungen, schlägt gute Standards und war (zu) oft Alleinunterhalter. Nahm man den 24-Jährigen raus, war das Spiel der Schwarz-Weißen zu statisch. Mit ihm hat Baticle einen sehr guten Spielmacher in den eigenen Reihen. Seine Entwicklung verlief zuletzt prächtig, schafft er es noch mehr Konstanz in sein Spiel zu bekommen und nicht mehr zu verspielt aufzutreten, dürften Topklubs auf ihn aufmerksam werden.

Ligue 1

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Prognose

Es wird kompliziert. Baticle tritt ein schwieriges Erbe an und muss beweisen, dass er auch als Cheftrainer gute Arbeit leisten kann. Gelingt dem SCO Angers ein guter Start und wird von Verletzungsproblemen verschont, dürfte ein Platz im unteren Mittelfeld möglich sein. Der Erfolg steht derzeit allerdings auf wackeligen Beinen. Es muss eine Leistungssteigerung zur vergangenen Rückrunde her, sonst wird es knapp mit dem Klassenerhalt.

Clermont Foot (letzte Saison: 2. Platz Ligue 2)

Sie sind der absolute Underdog der kommenden Ligue-1-Saison: Clermont Foot spielt nach 76 langen Jahren zum ersten Mal wieder in der höchsten französischen Spielklasse. Der Klub aus Zentralfrankreich konnte am letzten Spieltag der letzten Saison den Aufstieg feiern. Eine Sensation, denn selbst in Ligue 2 gehörte die Mannschaft von Cheftrainer Pascal Gastien (57) nicht zu den Favoriten. Einen beeindruckenden Saisonstart legte die Mannschaft rund um Kapitän Jonathan Iglesias (32) auch nicht hin. Nach einigen unnötigen Unentschieden fand sich Clermont Foot zunächst im Niemandsland der Tabelle wieder, bevor man regelmäßig Siege einfahren konnte.

Der offensive Ansatz von Gastien machte sich bezahlbar und der dünne Kader (28 Spieler, von denen viele keine Einsatzzeiten bekommen) machte sich glücklicherweise nicht negativ bemerkbar, weil man über den Großteil der Spielzeit keine großen Verletzungsprobleme zu beklagen hatte. Dementsprechend konnte sich Clermont Foot in einen guten Rhythmus spielen, ließ namhafte Gegner hinter sich und stieg direkt in die Ligue 1 auf.

Ligue 1

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Kanonenfutter oder Bereicherung für die Ligue 1?

Für Clermont kann es nur um den Klassenerhalt gehen. Alles andere dürfte die Verantwortlichen des Klubs aus dem Zentralmassiv nicht interessieren. Wie realistisch ist dies? Cheftrainer Pascal Gastien steht eine interessante Mannschaft zur Verfügung, der er in den vergangenen vier Jahren eine klare und offensive Handschrift verpassen konnte. Der 57-Jährige bevorzugt ein 4-2-3-1, in dem das Mittelfeld das Prunkstück Clermonts darstellt.

Die Doppelsechs aus Yohann Magnin (24) und Johan Gastien (33), Sohn des Trainers, erlaubte es dem Team, gepflegtes Ballbesitzspiel aufzuziehen. Auch in der Rückwärtsbewegung waren die beiden Profis wichtig für die Balance der Mannschaft. Dass die Gastien-Elf mit lediglich 25 Gegentreffern in 38 Ligaspielen die mit Abstand beste Defensive der Ligue 2 hatte, lag zu großen Teilen auch an den beiden Mittelfeldspielern. Insbesondere Gastien tat mit seiner Ruhe am Ball dem Spiel Clermonts gut. Die Viererkette rund um Abwehrchef Florent Ogier (32) trat diszipliniert auf und war kaum zu knacken. Torhüter Arthur Desmas (27) legte ebenfalls eine außerordentlich gute Saison hin.

Ligue 1

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Der größte Schwachpunkt der Mannschaft war vor allem die Chancenverwertung. Spielmacher Jason Berthomier (31) verlieh Clermont mit seinen kreativen Impulsen das gewisse Etwas, was seine Mitspieler allerdings zu oft ungenutzt ließen. Die beiden Flügelspieler Jim Allevinah (26) und Jodel Dossou (29) hätten beide jeweils noch deutlich öfter treffen können, hatten bei der Vielzahl an erspielten Chancen mit jeweils zwölf erzielten Toren dennoch eine gute Ausbeute vorzuweisen. Im Sturmzentrum überzeugte Mohamed Bayo (23), der in 38 Ligaspielen 22 Treffer erzielte und sieben weitere Tore vorbereiten konnte. Der Nationalspieler Guineas war Torschützenkönig und Topscorer der vergangenen Ligue-2-Saison. Dass es im Offensivspiel Clermonts dennoch Luft nach oben auszumachen ist, spricht für die Arbeit von Trainer Gastien.

Kader ist zu dünn

Auch die restliche sportliche Führung fällt mit guter Arbeit auf. So konnte sie in den vergangenen Jahren immer wieder auf dem Transfermarkt nachlegen und scheidende Spieler passend ersetzen. Man hatte schon länger Vertrauen in Bayo, schickte ihn aber erst einmal in die drittklassige Championnat National, um Spielpraxis zu sammeln. Nach einer erfolgreichen Saison im Trikot von USL Dunkerque konnte er Adrian Grbic ersetzen, der nach 17 Toren und vier Vorlagen zur Saison 2020/21 mit dem FC Lorient den Schritt in die Ligue 1 wagte. Ein cleveres Vorgehen.

Jetzt müssen die Verantwortlichen allerdings auch beweisen, dass sie den Kader auch in der Breite derart verstärken können, sodass der Klassenerhalt nicht zur Mission Impossible wird. Im Sturm, in der Innenverteidigung und auch im zentralen Mittelfeld braucht Gastien dringend Alternativen, um auf Ausfälle oder Formschwankungen reagieren zu können. Mit Linksaußen Elbasan Rashani (28, BB Erzurumspor) und Linksverteidiger Arial Mendy (26, Servette FC) kamen bislang erst zwei Spieler, die sofort eingeplant sind und nicht direkt wieder verliehen wurden. Auch wenn Clermont in der Vorbereitung eine gute Form vorzuweisen hatte und reihenweise Ligakonkurrenten schlug, muss man nach cleveren Lösungen auf dem Transfermarkt suchen. Vor allem in Anbetracht des Umstands, dass einige Akteure großartige Eigenwerbung für sich betreiben konnten und eventuell den Verein noch verlassen könnten.

Player to watch: Mohamed Bayo

Das gilt vor allem für Bayo, der bewiesen hat, dass er regelmäßig knipsen kann, wenn er die nötige Unterstützung von seinen Mitspielern bekommt. Sein Gespür für die richtigen Laufwege und ein gutes Positionsspiel machen ihn zu einem spannenden Stürmer. In der Ligue 1 müsste er seine Effizienz steigern und lernen, auch seinen linken Fuß zu benutzen. Der 23-Jährige wird dennoch für 10-15 Tore gut sein. Bayo hat das Zeug für erstklassigen Fußball.

Prognose

Clermont Foot spielt tollen Fußball, ist selbstbewusst und gut organisiert, aber dennoch wird der Klassenerhalt nur schwierig zu erreichen sein. An richtig guten Tagen kann die Gastien-Elf viele Teams ärgern, aber schon in der vergangenen Saison konnte man beobachten, dass nur ein, zwei Spieler ausfallen müssen und die Mannschaft diese Verluste nicht auffangen kann. In der Ligue 1 wird dies mit dem aktuellen Kader nicht möglich sein. Einige Highlights werden die Fans sicherlich trotzdem in der Ligue 1 erleben.

Photo by JBAutissier Panoramic via Imago

Damian Ozako

Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.


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