EL Vorschau: AS Saint-Étienne vs. Manchester United

22. Februar 2017 | Champions League | BY Christoph Albers

Wenn der französische Rekordmeister den englischen Rekordmeister empfängt, erwartet man eigentlich ein Champions League-Spiel, aber in diesem Falle ist es die Zwischenrunde der Europa League. Das Hinspiel endete klar mit 3:0 für die Briten, können die Franzosen trotzdem noch für eine Überraschung sorgen?

 

Das Hinspiel

Die Geschichte des Hinspiels ist schnell erzählt und hat im Grunde nur einen Hauptprotagonisten: Zlatan Ibrahimovic (35). Der Schwede erzielte im Hinspiel alle drei Tore für seine Mannschaft. Bereits nach 15 Spielminuten landete ein stark abgefälschter Freistoß von ihm in den Maschen, aus Saint-Étiennes äußerst unglücklich. In der Folge versuchten die Franzosen auszugleichen, taten sich aber schwer damit, eine klare Torchance herauszuspielen. Die größte Gelegenheit gab es auf der anderen Seite, Paul Pogba (23) scheiterte jedoch an der Latte. In der 75. Minute erhöhte Ibrahimovic dann per Abstauber auf 2:0, ehe er dann in der 88. Minute per Foulelfmeter für den 3:0-Endstand sorgte. Am Ende ein Ergebnis, das vielleicht um ein oder zwei Tore zu hoch ausfiel und für Saint-Étienne eine enorme Hypothek ist.

(Photo OLI SCARFF/AFP/Getty Images)

Die Form

Manchester United ist derzeit in einer wirklich guten Verfassung, vor allem die Ergebnisse stimmen in letzter Zeit fast immer, nicht nur in der Europa League. In der Liga steht man zwar nur auf Rang 6, aber hat dafür seit Ende Oktober kein Ligaspiel mehr verloren. Zudem sind die „Red Devils“ auch noch in beiden nationalen Pokalwettbewerben vertreten. Es scheint so, als hätte José Mourinho (54) sein „Sieger-Gen“ wiedergefunden und es nun seiner Mannschaft „eingeimpft“. Am vergangenen Wochenende setzte man sich im FA Cup-Achtelfinale, wenn auch etwas glanzlos, gegen Blackburn durch. Einige Schlüsselspieler, wie z.B. Paul Pogba und Zlatan Ibrahimovic, wurden dabei zunächst geschont. Am kommenden Sonntag steht das League Cup-Finale gegen Southampton an. Es ist daher denkbar, dass United nicht in Bestbesetzung bei Saint-Étienne antreten wird, gerade aufgrund des Ergebnisses im Hinspiel.

Bei der Mannschaft von Trainer Christophe Galtier (50) sieht es dagegen etwas anders aus. Man steht zwar auf einem guten fünften Platz in der Liga, sieht sich aber mit Marseille und Bordeaux starker Konkurrenz ausgesetzt. Darüber hinaus gab es am Wochenende eine überraschende 1:2-Pleite bei Montpellier. Gerade die Offensive macht ein wenig Sorgen, im Vergleich zur Konkurrenz ist man hier deutlich zu harmlos. Zudem musste sich Saint-Étienne zuletzt auch in den nationalen Pokalwettbewerben in den K.O.-Spielen geschlagen geben. Im Coupe de France gab es ein 0:3 gegen den Zweitligisten Auxerre, im Ligapokal zog man gegen Nancy den Kürzeren. Am kommenden Wochenende empfängt St. Etienne Kellerkind Caen, sollte also personell alles aufbieten können, was zur Verfügung steht.

 

Die Mannschaften

Auf dem Papier hat Manchester United zweifelsohne die wesentlich stärkere Mannschaft. Die Engländer haben sowohl offensiv, als auch defensiv viele Optionen und derzeit keine wesentlichen, verletzungsbedingten Ausfälle zu verzeichnen. Mit Zlatan Ibrahimovic verfügen sie über eine wahre Torgarantie, die zu allem Überfluss für Saint-Étienne auf ihren Lieblingsgegner trifft. In 14 Duellen mit „ASSE“ gelangen ihm bisher sagenhafte 17 Tore und vier Assists. Nur ein einziges Mal musste er sich mit seiner Mannschaft gegen den heutigen Gegner geschlagen geben.

Für Paul Pogba dürfte auch das Rückspiel eine ganz besondere Begegnung werden. Der Rekordneuzugang trifft nämlich auf seinen älteren Bruder, Florentin Pogba (26), der bei St. Etienne in der Innenverteidigung spielt. Bereits im Hinspiel standen sich beide gegenüber, Florentin wurde jedoch in der 79. Minute ausgewechselt, während Paul durchspielte. Auf der Tribüne waren auch der dritte Bruder und die Mutter anwesend, die sichtlich hin und her gerissen waren…

Bei St. Etienne ist der größte Star der Torwart, Stephane Ruffier. Der 30-jährige stammt aus der Jugend des AS Monaco und spielt bereits seit 2011 für ASSE. Trotz wirklich starker Konkurrenz hat er es sogar schon auf drei Länderspiele für die französische Nationalmannschaft gebracht. Mit seiner Erfahrung von deutlich über 300 Ligue 1-Spielen dürfte er dem Druck problemlos gewachsen sein, denn ein Gegentor im Rückspiel würde sicherlich das endgültige Aus bedeuten.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Ebenso wichtig wird auch eine gute Leistung des Abwehrchefs, Loic Perrin, werden. Der 31-Jährige ist DIE Identifikationsfigur bei St. Etienne. Er stammt aus dem eigenen Nachwuchsbereich und hat bisher ausschließlich für seinen Jugendverein gespielt. Der Innenverteidiger ist mittlerweile Kapitän und schon knapp 300 Ligaspiele auf dem Buckel. Perrin ist zudem recht torgefährlich und könnte, trotz seiner Größe (1,81m), gerade bei Standards für Gefahr sorgen.

Im Mittelfeld ist vor allem auf Aston Villa Leihgabe Jordan Veretout (23) zu achten, der in der Zentrale die Fäden zieht und zu alter Stärke findet.

Offensiv wird es auf Flügelflitzer und Top-Torjäger Romain Hamouma (29, 6 Saisontore), sowie Nolan Roux (28, 4 Saisontore) und Kévin Monnet-Paquet (28, 4 Saisontore) ankommen. Eine Ausbeute, die nicht gerade Hoffnung auf die große Wende macht.

 

 

Voraussichtliche Aufstellungen

ASSE: Ruffier – Malcuit, Theophile-Catherine, Perrin, F. Pogba – Veretout, Pajot – Saivet – Monnet-Paquet, Roux, Hamouma

Manchester United: Romero – Valencia (Young) , Smalling, Bailly, Blind (Darmian)- Fellaini, Herrera (Mata) – Mkhitaryan (Lingard), P. Pogba, Martial – Ibrahimovic (Rashford)

 

Einschätzung

Das klare Ergebnis vom Hinspiel wird natürlich auch für diese Begegnung bestimmend sein. Saint-Étienne wird alles nach vorne werfen müssen, um überhaupt nur eine Chance auf das Weiterkommen zu haben. Für United ergibt sich damit die angenehme Möglichkeit, das Spiel durch den daraus resultierenden Konter-Situationen vorzeitig zu entscheiden. Dass eine Mannschaft von José Mourinho eine Drei-Tore-Führung verspielt, ist nahezu ausgeschlossen. Die „Red Devils“ werden versuchen die Räume zu schließen, um den ohnehin offensivschwachen Franzosen keine Chancen zu gestatten.

Auch wenn United nicht mit voller Kapelle antreten wird, können wir uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass Saint-Étienne für die Sensation sorgen kann. Ein knapper Sieg wäre wohl das höchste der Gefühle. Die Konstellation und die hohe individuelle Klasse Uniteds spricht eher für einen Auswärtssieg.

Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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