Der einzig wahre Tabellenführer, täglich grüßt der Liverpool FC und erste Ansätze für Tuchel

29. Januar 2021 | Premier League | BY Chris McCarthy

7 Awards – Premier League | Nach 20 Spieltagen steht Manchester City an der Spitze, hält sich die Mannschaft von Pep Guardiola länger dort als die Konkurrenz? Liverpool würde am liebsten jeden Tag gegen Tottenham spielen und Manchester United erlebt einen Reality Check. 

„Der einzig wahre Tabellenführer“-Award: Manchester City

Nicht nur auf der Insel erleben wir eine seltsame Fußball-Saison. Inmitten einer Pandemie, ohne echte Sommerpause und mit einem eng-getakteten Spielplan tun sich in den fünf europäischen Top-Ligen selbst die großen Teams schwer. Pure Dominanz gibt es nicht.

Bezeichnend dafür ist, dass in es England nach 20 Spieltagen nun bereits den siebten Tabellenführer gibt: Manchester City. Nach dem mühelosen 5:0-Erfolg über West Bromwich Albion und der überraschenden Pleite des Stadtrivalen Manchester United, stehen erstmals in dieser Saison die Cityzens auf Platz eins. Es ist die logische Konsequenz der letzten Wochen. Die Mannschaft von Pep Guardiola ist seit nunmehr zehn Spielen ohne Niederlage, hat 26 von 30 möglichen Punkten geholt und dabei ein Torverhältnis von 24:2 vorzuweisen.

Nach einem durchwachsenen Saisonstart hat sich Manchester City mittlerweile endgültig eingespielt. Die Defensive ist so gut wie lange nicht, die Offensive wirbelt nach Belieben. Die Cityzens befinden sich derzeit auf einem spielerischen Level, das in der Premier League 2020/2021 bislang kein Team erreichte und sind daher der einzig wahre Tabellenführer. Angesichts der strauchelnden Konkurrenz wird man das Gefühl nicht los, dass das so bleiben wird.

„Reality Check“ -Award: Manchester United

Ohne die Leistungen von Manchester United und dem vielkritisierten Trainer Ole Gunnar Solskjaer schmälern zu wollen: Die Tabellenführung der Red Devils nach 19 Spieltagen kam schon etwas überraschend. Sicher, zwölf Spiele ohne Niederlage sind weder Glück noch Zufall. Kollektive Glanzleistungen, die über die individuelle Klasse von Bruno Fernandes, Paul Pogba oder Marcus Rashford hinaus gingen, gab es jedoch selten. Das bestätigen auch die Zahlen. Laut „expected Goals“ hat ManUtd knapp sieben Punkte mehr geholt als eigentlich zu erwarten gewesen wäre – der zweithöchste Wert der Liga. Folglich hab es unter Kritikern Zweifel daran, ob das Solskjaer-Team wirklich ein Titelanwärter ist.

Die Zweifel dürften am Mittwoch verstärkt worden sein. Zuhause gegen Schlusslicht Sheffield United – bis dato mit genau einem Saisonsieg – setzte es eine überraschende wie verdiente 1:2-Niederlage. Dabei wurde einmal mehr die Abhängigkeit von Bruno Fernandes unterstrichen. Der Portugiese erwischte einen schwachen Tag, prompt fand die Offensive trotz 76 Prozent Ballbesitz gegen die herausragend organisierten Blades nicht statt. Das 1:2, als Ex-Leipzig-Angreifer Oliver Burke von vier Spielern nicht angegangen wurde, komplettierte einen schockierend schwachen Auftritt.

Es war nur ein Spiel und zudem ein Spiel in einer seltsamen Saison, darauf verwies auch Solskjaer nach dem Schlusspfiff. Nichtsdestotrotz wären er und seine Mannschaft gut beraten, die zweite Niederlage der Saison gegen einen Tabellenletzten als Reality Check zu betrachten.

(Photo by Tim Keeton, Getty Images)

„Täglich grüßt der Liverpool FC“-Award: Tottenham

Fünf Spiele in Folge war der FC Liverpool ohne Sieg, 482 Minuten sogar komplett ohne Tor. Am Donnerstag endeten die Negativserien, natürlich gegen Tottenham, dazu gleich mehr.

Nachdem Roberto Firmino in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit die Torflaute der Reds beendete, war der Knoten offenbar geplatzt: Die Mannschaft von Jürgen Klopp wirkte frischer als in den vergangenen Wochen, spielte mit Zug nach vorne und machte den Spurs das Leben schwer. Das 2:0 durch Trent Alexander-Arnold kurz nach der Pause war die logische Konsequenz. Tottenham dagegen fand nach einem früh aberkannten Tor kaum statt, wurde zudem durch die verletzungsbedingte Auswechslung von Torgarant Harry Kane erheblich geschwächt. Das 1:2 nach einem Distanzschuss von Pierre-Emile Højbjerg war lediglich Ergebniskosmetik, der bärenstarke Sadio Mané stellte nach einer Stunde den alten Vorsprung wieder her.

Glaubt man der Statistik, war der Befreiungsschlag am Donnerstagabend vorhersehbar. Liverpool hat nun die letzten sechs Ligaduelle gegen die Spurs allesamt gewonnen. Damit nicht genug, die Reds haben laut Statistikdienst Opta in der ersten Liga nun an jedem Wochentag gegen Tottenham gewonnen und sind damit erst die dritte Mannschaft, der dieses Kunststück gelang. Täglich grüßt der LFC.

(Photo by Nick Potts – Pool/Getty Images)

„Erste Ansätze“-Award: Chelsea-Trainer Thomas Tuchel

Am Mittwochabend trennte sich der FC Chelsea zu Hause mit 0:0 von den Wolverhampton Wanderers. Es war das erste Spiel unter der Leitung von Trainer Thomas Tuchel. Der Deutsche hatte erst am Dienstag unterschrieben, hatte folglich kaum Zeit, seine Ideen zu implementieren. Erste Ansätze waren bei dem Remis dennoch bereits zu erkennen.

Tuchel scheint auf Ballbesitz und Spielkontrolle aus zu sein. Chelsea begann in einer Dreierkette, spielte insgesamt 820 erfolgreiche Pässe und hatte gegen die passiven Gäste stolze 78,9 Prozent Ballbesitz – laut Opta beides Rekordmarken für ein Trainerdebüt in der Premier League seit Erfassung dieser Daten 2003.

Die Blues konnten somit ihre Defensivschwächen etwas kaschieren. Dennoch zeigte die Partie auch, dass Tuchel viel Arbeit vor sich hat. Die stark besetzte Offensive um die formschwachen Neuzugänge Kai Havertz und Timo Werner muss entschlüsselt werden. Trotz der Dominanz brachte Chelsea nur fünf Schüsse aufs Tor und lediglich 0,66 expected Goals zustande.

„Ich sehe nicht viele Schwächen, ich fokussiere mich auf die Stärken. Der Mix zwischen erfahrenen Spielern, großen Persönlichkeiten und jungem, hungrigen Talent ist überragend“, sagte Tuchel nach dem Spiel und betonte: „Wir werden eine Mannschaft bauen, gegen die niemand spielen will.“

„Wieder auf Kurs“-Award: FC Arsenal

Es ist nicht lange her, da erlebte der FC Arsenal den schlechtesten Saisonstart seit 46 Jahren. Die Gunners holten 14 Punkte aus 14 Spielen und der einstige Hoffnungsträger Mikel Arteta wurde angezählt. Doch dem Spanier gelang mit dem 3:1-Erfolg über Chelsea an Weihnachten die Wende. Er installierte einen jungen Spielmacher mit Emile Smith Rowe, revitalisierte somit die Offensive und fand zudem den richtigen Mix aus Angriff und Verteidigung.

Am Dienstag gewannen die Nordlondoner trotz eines frühen Rückstandes mit 3:1 beim FC Southampton. Dabei agierten die Gunners gegen einen unangenehmen Gegner taktisch stark, pressten geschickt und ließen kontrolliert den Ball laufen. Granit Xhaka glänzte als Strippenzieher, Top-Talent Bukayo Saka traf und bereitete ein Tor vor.

Noch sind die europäischen Plätze vier Punkte entfernt, doch der FC Arsenal ist zweifelsohne wieder auf Kurs. Es war der fünfte Sieg im sechsten Spiel, bei einem Torverhältnis von 14:2. Einzig Tabellenführer Manchester City hat in diesem Zeitraum mehr Punkte geholt (18), mehr Tore erzielt (17) und weniger Gegentore kassiert (1) als die Gunners.

 

„Nicht wieder zu erkennen“-Award: West Ham United

Sind wir mal ehrlich: Kaum einer erwartete, dass David Moyes lange bei West Ham United im Amt bleiben würde. So uninspirierend waren die Leistungen nach seiner Rückkehr im Dezember 2019. Doch siehe da, der Schotte hat nicht nur ein schlagfertige sondern eine spielstarke Mannschaft zusammen gebaut.

Am Mittwochabend gewann West Ham hochverdient mit 3:2 bei Crystal Palace. Der überragende Mann auf dem Platz war einmal mehr Tomas Soucek, der einen Doppelpack beisteuerte. Der Tscheche, der im Sommer für 16 Millionen Euro von Slavia Prag kam, glänzt allerdings nicht nur durch Torgefahr, sondern ist das neue Herzstück des Mittelfeldes. Mit dem Dreier bei den Eagles haben die Londoner nun erstmals in ihrer Vereinsgeschichte die ersten sechs Pflichtspiele eines Kalenderjahres allesamt gewonnen.

Der visuelle Eindruck ist bestätigt: 2020/2021 sind die Hammers nicht mehr wieder zu erkennen. West Ham spielt mit viel Energie, Intensität und zeigt zudem erstmals seit Jahren wieder einen attraktiven Fußball. David Moyes hat viele Kritiker eines Besseren belehrt.

„Licht am Ende des Tunnels?“-Award: Newcastle United

Kaum eine Mannschaft in der Premier League wurde so hart doch das Coronavirus getroffen wie Newcastle United. Nach unzähligen Ausfällen und teilweise langwierigen Covid-19-Erkrankungen gerieten die Magpies in einer Negativspirale. Am Dienstag gab es nun eine 1:2-Niederlage gegen Leeds United.

„Die Liga ist anspruchsvoll und manchmal grausam“, sagte Trainer Steve Bruce nach dem Spiel und ergänzte: „Ich weiß nicht, ob ich in 20 Jahren einen schlechteren Lauf hatte.“ Newcastle befindet sich im freien Fall. Erstmals seit 2018 ist man neun Spiele ohne Sieg, die sechs Pflichtspielniederlagen in Serie wurden einzig 2015 getoppt.

Trotzdem: Es ist Licht am Ende des Tunnels. Die zweite Halbzeit gab Mut, auch wenn das nicht durch einen Punkt belohnt wurde. Darüber hinaus lichtet sich das Lazarett, Hoffnungsträger Allan Saint-Maximin nähert sich beispielsweise einem Startelfeinsatz. Und auch wenn sich die Magpies wohl eher im Mittelfeld ansiedeln wollten und der Vorsprung schmilzt: Akute Abstiegsangst herrscht bei sechs Zählern Vorsprung (noch) nicht.

 

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Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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