Mourinho in Perfektion, verspätete Meisterfeier für Liverpool und Girouds perfekte Woche

8. Dezember 2020 | Premier League Awards | BY Chris McCarthy

7 Awards – Premier League | Tottenham siegt dank einer typischen Mourinho-Vorstellung im North London Derby und der FC Liverpool erlebt eine verspätete Meisterfeier. Das und mehr zum elften Spieltag der Premier League.

„The pragmatic one“-Award: José Mourinho

Wie José Mourinho am liebsten Fußball spielen lässt, ist längst kein Geheimnis mehr. Auf Spielanteile verzichten, geordnet stehen, hart verteidigen, auf Gegenangriffe lauern und eiskalt zuschlagen. Bei seinen letzten Stationen, Chelsea und Manchester United, ging das Konzept nicht mehr auf. Bei Tottenham dagegen um so mehr.

Das zeigte abermals das North London Derby gegen den FC Arsenal am Sonntagabend. Die Gunners, die nun seit Wochen eine Ladehemmung plagt, wussten mit ihren 70 Prozent Ballbesitz rein gar nichts anzufangen. Die Mannschaft von Mikel Arteta verzweifelte am Spurs-Bollwerk und der eigenen Ideenlosigkeit. Zwei mickrige Schüsse aufs Tor waren die Folge. Tottenham dagegen schoss lediglich einmal mehr aufs gegnerische Gehäuse, das genügt allerdings zu zwei Treffern. Laut Opta war es am Sonntag das elfte Mal, dass eine Mourinho-Mannschaft in der Premier League weniger als 36% Ballbesitz hatte. The „pragmatic one“ verlor davon nur eine Partie und gewann ganze neun.

Im Norden Londons hat er eine Mannschaft, die wie maßgeschneidert zu seiner Philosophie passt. Die Abwehr steht geordnet und verteidigt souverän, das Mittelfeld um Moussa Sissoko und Pierre-Emile Hojbjerg arbeitet unermüdlich, sodass gegnerische Offensiven kaum zur Entfaltung kommen. Darüber hinaus hat Mourinho im Angriff zwei Weltklassespieler, die kaum Chancen benötigen, um Tore beizusteuern: Harry Kane und Heung-min Son. Das Duo legte sich am Sonntag gegenseitig die Tore auf und hat nun bereits 31 Tore gemeinsam erzielt, nur Didier Drogba und Frank Lampard hatten mehr.

Das Mourinho-Konzept mag simpel wirken und nicht gerade eine Zelebration des Fußballs sein, aber es ist vor allem eins: effizient. Nicht nur das, es ist 2020/2021 erfolgreich. Mit diesem Ansatz holten die Spurs nun sieben Punkte aus den Spielen gegen Manchester City, Chelsea und Arsenal, die Machthoheit im Norden Londons sowie Tabellenplatz eins.

„Verspätete Meisterfeier“-Award: FC Liverpool

Zum ersten Mal seit dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie durfte auch der FC Liverpool am Wochenende gegen Wolverhampton wieder Zuschauer an der Anfield Road begrüßen. Für die Fans der Reds wirkten die neun Monate wohl besonders lang, immerhin gewann ihre Mannschaft in dieser Zeit erstmals seit 30 Jahren den Meistertitel. Sich sehen, geschweige denn zusammen feiern, konnten Spieler und Anhänger allerdings nicht.

Am Sonntag wurde das in kleinem Stile nachgeholt. 2.000 Zuschauer skandierten bereits vor dem Anpfiff „lasst die Meister raus“, ehe gemeinsam „You’ll Never Walk Alone“ angestimmt wurde. Sichtlich angesteckt von der Stimmung von den Rängen, lieferte Liverpool eine Meisterleistung gegen die Wolves ab. Die Mannschaft von Jürgen Klopp hatte beim 4:0-Erfolg keinerlei mühe, erdrückte den Gegner speziell in Durchgang zwei und bleibt Tottenham (punktgleich) auf den Fersen.

 

„Perfekte Woche“-Award: Olivier Giroud

Mit einem Fuß schien Olivier Giroud schon den FC Chelsea verlassen zu haben, die Aussichten auf Spielzeit waren nicht gerade rosig. In der vergangenen Woche hat sich die Perspektive des Franzosen allerdings deutlich zum Besseren gewendet. Nachdem Giroud am Mittwoch in der Champions League beim 4:0 über den FC Sevilla alle vier Treffer erzielte, durfte er am Samstag nun auch das erste Mal in dieser Saison in der Premier League von Anfang an ran.

Zu Hause gegen Leeds United setzte Giroud seine perfekte Woche fort. Nachdem Patrick Bamford die Gäste in Führung brachte, war es der 33-Jährige, der den Ausgleich markierte. Es war sein erster Saisontreffer. Kurt Zouma und Christian Pulisic erledigten den Rest. Chelsea hält durch das 3:1 den Rückstand auf Tabellenführer Tottenham bei zwei Punkten.

 

„One man show“-Award: Offensive von Manchester United

Es war ein trister Auftritt der Offensive von Manchester United am Samstagabend bei West Ham United. 11:3 Schüsse zu Gunsten der Hammers, die durch Pech und Unvermögen im Abschluss sogar höher hätten führen müssen als nur 1:0. In der zweiten Halbzeit ändert sich das Bild komplett und das lag einzig und alleine an Bruno Fernandes, der zur Pause eingewechselt wurde.

Der Portugiese begann die Fäden zu ziehen, seine Mitspieler geschickt in Szene zu setzen und somit das Offensivspiel von Ole Gunnar Solskjaer zu beleben. Plötzlich strahlten die Gäste Torgefahr aus. Fernandes bereite das 1:1 durch Paul Pogba vor und leitete im zweiten Durchgang insgesamt acht Chancen ein, der höchste Wert für eine Hälfte in der Premier League seit 2008. Nur ein Spieler leitete 2020/2021 überhaupt in einem ganzen Spiel mehr Gelegenheiten ein.

Revitalisiert durch den 26-Jährigen erzielten die Red Devils somit drei Tore im zweiten Durchgang und gewannen das Spiel mit 3:1.

„Keine Wechselspiele“-Award: Pep Guardiola

Wie viele andere seiner Trainerkollegen beschwerte sich auch Pep Guardiola über den engen Spielplan für die Klubs der Premier League. Die Belastung ist hoch, der Druck bei Manchester City allerdings auch. Vor dem Spieltag betrug der Rückstand der Cityzens auf die Tabellenspitze sechs Punkte. Der Freiraum für Fehler ist gering.

Folglich wagte Guardiola gegen Aufsteiger Fulham keine Experimente und schickte eine starke erste Elf ins Rennen. Nicht nur das, trotz 2:0-Führung nach 26 Minuten wechselte der Spanier bei seinem 700. Pflichtspiel als Trainer kein einziges Mal! Das machte der 49-Jährige zuletzt vor 416 Partien. ManCity dagegen absolvierte erstmals seit 2005 ohne Wechsel eine komplette Partie.

„Selbst geschlagen“ – Award: West Bromwich Albion

Am Sonntag musste sich West Bromwich Albion zu Hause gegen Crystal Palace mit 1:5 geschlagen geben. So klar, wie das Ergebnis sich liest, war die Angelegenheit aus Sicht des Aufsteigers allerdings nicht.

Erst sorgte WBA-Verteidiger Darnell Furlong nach Hereingabe von Wilfried Zaha durch sein Eigentor für den Rückstand. West Brom, im Anschluss sogar das bessere Team, konnte durch Conor Gallagher noch ausgleichen. Der nächste Rückschlag konnte jedoch nicht so einfach weggesteckt werden. Matheus Pereira ließ sich nach eine Zweikampf zu einem Tritt(versuch) an Patrick van Aanholt verleiten und flog mit Rot vom Platz. WBA kassierte zu zehnt vier Tore.

Die Mannschaft von Trainer Slaven Bilic hatte sich selbst geschlagen. Seit 2014 war es keinem Team „gelungen“, in einer Halbzeit ein Eigentor zu erzielen und einen Platzverweis zu bekommen.

„Besorgniserregend“-Award: Sheffield United

Es ist keine sechs Monate, da konkurrierte Sheffield United als bescheidener Aufsteiger um die europäischen Plätze der Premier League. Aufstiegsheld Chris Wilder hatte eine Mannschaft geformt, die seine unkonventionelle Spielphilosophie bis ins Detail umsetzte und trotz eines geringen Budgets Englands oberste Spielklasse aufmischte.

Obwohl die Mannschaft weitestgehend in Takt blieb, ist an eine Wiederholung dieser Leistung dieser Tage nicht mal zu denken, im Gegenteil, die Blades müssen den Abstieg fürchten. Am Wochenende ging Sheffield United dank der nächsten von individuellen Fehlern geprägten Vorstellung abermals leer aus, verlor zu Hause gegen Leicester City mit 1:2.

Damit hat Sheffield United am 11. Spieltag bereits die zehnte Niederlage hinnehmen müssen, eine Marke, die im Vorjahr erst am 36. Spieltag eingestellt wurde. Wilder und Co. sind zurecht besorgt. „Wir alle sind besorgt, weil wir Wert auf die Resultate und die Leistungen legen. Wir sind aus gutem Grund in dieser Position“, sagte der Trainer nach dem Spiel gegenüber der BBC.

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Photo: Imago

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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