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Neue Saison, alte Probleme für ManCity – Klopp gibt Keane Kontra – Pechvögel Brighton

29. September 2020 | Spotlight | BY Chris McCarthy

7 Awards – Premier League | Was war das für ein Spieltag? „The Barclay’s, ey?“ wie der Engländer sagen würde. Viele Tore, viele Überraschungen und viel Gesprächsstoff.

„Neue Saison, alte Probleme“ – Award: ManCity

Es war eine enttäuschende Saison 2019/2020 für Manchester City. Liverpool bot herausragend konstante Leistungen, wurde hoch verdient Meister und dennoch waren die 18 Punkte Vorsprung am Ende zu einem Großteil ein Eigenverschulden der Mannschaft von Pep Guardiola.

2020/2021 sollte alles besser werden, doch es herrschen die alten Probleme, die am Sonntag beim 2:5 gegen Leicester gnadenlos zur Schau gestellt wurden. Ohne die verletzten Sergio Agüero und Gabriel Jesus hat Guardiola keinen nominellen (erfahrenen) Stürmer zur Hand. Raheem Sterling wusste als falsche Neun nicht zu überzeugen, die 72 Prozent Ballbesitz verliefen im Sande und führten zu verschwenderischen Abschlüssen. Ein Problem, das die Mannschaft selbst in Idealbesetzung verfolgt. Riyad Mahrez‘ Traumtor zum 1:0 war ein Sonntagsschuss, Nathan Akés später Anschluss spielte keine Rolle mehr und resultierte aus einem Standard.

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

Das führt uns zu den Gegentoren und der größten Schwachstelle der Guardiola-Elf. Trotz der 45 Millionen Euro teuren Verpflichtung von Aké, zeigte die Innenverteidigung ihr altes, anfälliges Gesicht, speziell da Aymeric Laporte noch nicht von Anfang an ran konnte. Sein Ersatz, der 19-jährige Eric Garcia, war hoffnungslos überfordert. Der Spanier kam beim herrlich herausgespielten 1:2 zu spät, verursachte den Elfmeter zum 1:3 und rückte beim 1:4 viel zu spät raus. Die Außenverteidiger bleiben ebenfalls eine Schwachstelle. Benjamin Mendy hat seine 60 Millionen Euro Ablöse aus dem Jahr 2017 nie rechtfertigen können, wirkte erneut behäbig und unkonzentriert. Sein Pendant auf der rechten Seite, Kyle Walker, baut mit nun 30 Jahren kontinuierlich ab. Der Engländer verschuldete plump den Elfmeter zum 1:1.

Es war nur ein Spiel, doch das 2:5 erinnerte sehr an das Manchester City der Vorsaison. Mit Rúben Dias (23, Benfica) ist ein weiterer Innenverteidiger im Anflug, die Zentrale könnte sich theoretisch also fangen. Mangelnde Effizienz trotz spielerischer Überlegenheit, die Anfälligkeit im defensiven Umschaltspiel und die suspekten Außenverteidiger bleiben aber bestehen… so wie 2019/2020.

„Elfmeter als Qualität“ – Award: Jamie Vardy

Es wäre ungerecht, nach einem 5:2-Erfolg bei Manchester City nicht über die Siegermannschaft zu reden. Es wäre ebenfalls unangebracht, den Sieg nur auf drei Elfmeter zu reduzieren und dennoch spielten sie eine große Rolle.

Leicester City wurde am Sonntagabend die erste Mannschaft in der Geschichte der Premier League, die in einem Spiel drei Elfmeter verwandelte. Und dennoch liegt dahinter eine große Qualität. Die Foxes zwangen den Gegner durch gezielte Läufe und toll herausgespielte Gegenangriffe zum Handeln. Das gilt vor allem für den pfeilschnellen und cleveren Jamie Vardy. Seit seinem Premier-League Debüt hat kein Spieler mehr Elfmeter herausgeholt (18) oder verwandelt (21) als der 33-Jährige. Zufall ist das nicht.

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

„Von wegen schlampig“ – Award: Jürgen Klopp

Zum Abschluss des Spieltags empfang der FC Liverpool am Montag den FC Arsenal. Die Reds ergriffen gegen enttäuschend passive Gunners von Anfang an die Initiative. Nach einem unglücklichen Rückstand, Alexandre Lacazette nutzte einen Fehler von Andrew Robertson aus, wurde das die Überlegenheit in Energie und Spielfreude auch in Toren umgemünzt: Sadio Mané, Andy Robertson und Neuzugang Diogo Jota stellten auf 3:1.

Nach dem Spiel war ausgerechnet ein ehemaliger Spieler von Manchester United nicht gerade zufrieden mit der Vorstellung Liverpools. Roy Keane hatte bei Sky das Wort „schlampig“ in den Mund genommen. Anders als viele Spieler, wich Jürgen Klopp dem einst so knallharte Mittelfeldspieler nicht aus. „Habe ich das richtig verstanden?“, fragte der Deutsche und ergänzte: „Mr Keane sagt, wir hatten heute einen schlampigen Auftritt? Hat er das gesagt?“ Keane ergriff das Wort: „Ich glaube, die Mannschaft ließ zwei Chancen zu, mit welchen sie nicht zufrieden sein wird.“ Klopp ließ nicht nach: „Hat er wirklich schlampig gesagt? Ich bin nicht sicher, ob ich es verstanden habe. Vielleicht hat er über ein anderes Spiel geredet. Es kann nicht dieses sein.“

Arsenal war in der zweiten Hälfte etwas mutiger, hatte zwei große Chance zum Ausgleich. Die Gelegenheiten, die Liverpool zuließ, waren in der Tat zu vermeiden. Von schlampig wollte Liverpools Trainer dennoch nichts wissen. „Du hast mich vielleicht wirklich nicht verstanden“, ergänzte Keane und betonte: „Ich sagte, da waren schlampige Momente, sonst war das herausragend. Vielleicht solltest du dir die ganze Analyse anhören.“ Klopp lachte: „Das werde ich, 100 Prozent“.

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

„Pechvögel“ – Award: Brighton

Gegen Manchester United lieferte Brighton & Hove Albion am Samstag den nächsten vielversprechenden Auftritt gegen ein Top-Team. Wie schon gegen Chelsea am ersten Spieltag (1:3) gab es für die Mannschaft von Graham Potter allerdings keinen einzigen Punkt, obwohl erneut mindestens einer verdient gewesen wäre.

Die Seagulls waren der Startruppe von Ole Gunnar Solskjaer in allen Belangen überlegen. 54 Prozent Ballbesitz, 18:7 Schüsse, 5:3 davon aufs Tor. Das Glück war allerdings auf Seiten der Gäste. Ganze fünf Mal traf Brighton das Aluminium – Premier-League-Rekord – erzielte aber nur ein Tor. Manchester United dagegen profitierte von einem Eigentor und Marcus Rashfords individueller Klasse. Und so ging es mit einem 1:2 in die Nachspielzeit.

In der vierten Extra-Minute schien im AMEX-Stadium tatsächlich Gerechtigkeit einzukehren: Solly March erzielte das überfällige 2:2. Doch es sollte nicht genügen. In der siebten Minute der Nachspielzeit klärte Brighton einen letzten Kopfball von Harry Maguire – Schlusspfiff. Doch plötzlich brach Hektik aus, die United-Spieler reklamierten, Schiedsrichter Kavanagh hielt sich ans Ohr, folgte der Anweisung des VAR, ging an den Monitor und entschied regelkonform auf Elfmeter. Maguires Kopfball wurde von einem Arm geblockt. Das Spiel wurde nochmal angepfiffen, Bruno Fernandes trat zum Elfmeter an und verwandelte sicher zu einem der glücklichsten Auswärtssiege, die die Premier League je gesehen hat.

(Photo by JOHN SIBLEY/POOL/AFP via Getty Images)

„Vorne hui, hinten pfui“ – Award: FC Chelsea

Für viele Experten hatte der FC Chelsea das beste Transferfenster der Premier League. Und ja, Timo Werner, Kai Havertz und Hakim Ziyech alle in einem Sommer an Land zu ziehen, ist durchaus beachtlich. Nach einer Saison, in der die Blues die meisten Gegentore der oberen Tabellenhälfte vorzuweisen hatten, darf diese Transferstrategie dennoch hinterfragt werden. Thiago Silva dürfte mit seinen 36 Jahren lediglich als ein Pflaster in der Innenverteidigung bezeichnet werden. Linksverteidiger Ben Chilwell muss sich erstmal einfinden und dürfte alleine aufgrund seiner Position nicht die Antwort auf die defensiven Schwächen sein. Vorne hui, hinten pfui?

Beim fulminanten 3:3 gegen Aufsteiger West Bromwich Albion sah es zumindest so aus. Fehler und Unachtsamkeiten von Marcos Alonso und Thiago Silva sowie ein schwach verteidigter Standard sorgten für einen 0:3-Pausenrückstand. Es war einzig der Offensive zu verdanken, dass Chelsea doch noch einen Punkt sichern konnte. Der gut aufgelegte Mason Mount und der eingewechselte Callum Hudson-Odoi leiteten die Aufholjagd ein, Tammy Abraham sicherte in der Nachspielzeit zumindest einen Punkt.

Auch wenn der neuverpflichtete Torhüter Edouard Mendy und Chilwell noch nicht zur Verfügung standen, wird Chelsea 2020/2021 wohl einige Tore schießen müssen, um die defensiven Defizite zu überkommen.

„Das kam überraschend“ – Award: West Hams 4:0-Sieg über Wolves

Obwohl David Moyes West Ham vergangene Saison vor dem Abstieg bewahrte, machten die Leistungen der Hammers nicht gerade Hoffnung auf Besserung. Null Punkte aus zwei Spielen zum Auftakt bestätigten den Eindruck. Zumindest auf dem Papier, denn bei der 1:2-Niederlage gegen Arsenal zeigte West Ham eine deutliche Leistungssteigerung.

Ein 4:0 gegen die ambitionierten Wolverhampton Wanderers hatte dennoch keiner auf der Rechnung. Die Hammers um Doppeltorschütze Jarrod Bowen spielten sich erstmals unter der Leitung von Moyes in einen offensiven Rausch. Ironischerweise war der Schotte aufgrund seiner Corona-Infizierung nicht mal im Stadion, als seine Mannschaft auch in der Höhe völlig verdient gegen die sonst so defensivstarken Wolves gewann.

„Besser spät als nie“ – Award: Newcastle United

Es war überaus glücklich und überaus spät, aber das wird in Newcastle heute keinen mehr interessieren. Nach einer dominanten Vorstellung der Tottenham Hotspur, bei der die Mannschaft von José Mourinho auffällig viele Chancen kreierte und ungewohnt fahrlässig damit umging, stand es nach genau 96 Minuten 1:0 für die Spurs.

Die erschreckend harmlosen Magpies hatten zu diesem Zeitpunkt keinen einzigen Schuss aufs Tor vorzuweisen. Das würde sich ändern. In der sechsten Minute der Nachspielzeit – und nach einer langen VAR-Unterbrechung – bekamen die Magpies einen Handelfmeter zugesprochen. Eric Dier hatte einen Kopfball von Andy Carroll mit dem Arm abgewehrt. Newcastle-Neuzugang Callum Wilson behielt die Nerven und verwandelte nach 96 Minuten und 20 Sekunden zum 1:1. Laut Opta hat zuvor keine Mannschaft in der Geschichte der Premier League später in einem Spiel den ersten Torschuss verbucht und dabei auch noch getroffen.

Chris McCarthy

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Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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