Premier League | Eiskalte Spurs und ein ganz untypischer Aufsteiger…

28. August 2018 | Premier League Awards | BY Chris McCarthy

Mit der Partie Manchester United gegen Tottenham fand der dritte Spieltag seinen Höhepunkt. Doch neben dem Spitzenspiel lieferten uns auch die anderen Begegnungen genügend Gesprächsstoff. Unsere 7 Awards…

„Eiskalte Effizienz“ -Award: Tottenham

Eigentlich war die Taktik, die José Mourinho im Topspiel gegen Tottenham wählte, exzellent. Manchester United agierte mit einer Dreier, respektive Fünferkette, schuf somit Überzahl im Mittelfeld und viel wichtiger, konnte dadurch reagieren, statt kreativ agieren. Durch die Ballgewinne in der Schaltzentrale mussten die zuvor so unkreaktiven Red Devils das Spiel nicht im typischen Sinne machen, sondern konnten blitzschnelle und gut durchdachte Gegenangriffe über den starken Lingard einleiten. Das war Absicht von Mourinho und spielte seiner verunsicherten Elf zweifelsohne in die Karten.

Auf dem Papier ein toller Plan, der von einer sichtlich motivierten Mannschaft auch gut umgesetzt wurde. Allerdings nicht in Perfektion, denn Manchester United brachte die insgesamt 22 Schüsse kaum aufs Tor, und wenn doch war der Abschluss zu schwach oder Hugo Lloris zur Stelle.

So kam es nach der Halbzeit wie es kommen musste. Tottenham, zuvor mit Problemen, vorne Akzente zu setzen, hielt die Null und lauerte auf seine Möglichkeiten. Als der stark aufspielende Luke Shaw begann, seine Abwehrseite zu vernachlässigen, kamen sie. Christian Eriksen leitete über rechts zunächst die Chance ein, die letztendlich zur Ecke und damit zum 0:1 durch einen sehenswerten Kopfballtreffer von Harry Kane führte. Nur wenige Minuten später legte der Däne aus identischer Position für Lucas Moura auf, der direkt zum 0:2 abschoss. Game Over, die Spurs schlugen eiskalt zu und standen noch kompakter als zuvor. United dagegen kämpfte unermüdlich, fand jedoch weiterhin kein Glück im Abschluss. So kam es noch viel schlimmer. Der laufstarke Lucas Moura erhöhte per Konter auf 0:3.

Die Schlagzeilen werden sich von selbst schreiben und der Druck auf José Mourinho wird weiter zunehmen. Dass der umstrittene Portugiese seine Mannschaft allerdings perfekt einstellte, diese sich für ihn auf dem Platz zerriss, wird alleine wegen der eiskalten Effizienz der Gäste (5 Schüsse auf’s Tor) in Vergessenheit geraten…

(Photo ADRIAN DENNIS/AFP/Getty Images)

 

„Nicht der typische Aufsteiger“ – Award: Wolverhampton

Dass Wolverhampton nicht der typische Aufsteiger ist, haben wir bereits in unserer Premier League Vorschau thematisiert. Zu viel Geld wurde in den Kader gesteckt und zu viel Klasse steht auf dem Platz. Alleine das zentrale Mittelfeld, bestehend aus Joao Moutinho und Ruben Neves, steht dem vieler Top-6 Teams in Nichts nach. Kein Wunder, langfristig will man ja auch in die Champions League!

Nach einem unglücklichen Auftakt (2:2 Everton, 0:2 Leicester), bei dem Wolverhampton viele Chancen ungenutzt ließ, zeigte der Aufsteiger ausgerechnet gegen Meister Manchester City was in ihm steckt. Nuno Espírito Santo lies seine Wolves  auch gegen den Ligaprimus mutig und forsch aufspielen. Das Team erarbeitete sich mit einem beherzten und sehenswerten Offensivspiel einige nennenswerte Chancen. Sie verteidigten nicht perfekt, aber dafür leidenschaftlich und organisiert.

Nach einer offenen ersten Hälfte ließ die Mannschaft von Pep Guardiola nach, sodass das 1:0 durch Wolves-Verteidiger Boly durchaus verdient war. City wäre aber nicht City, wenn sie dann nicht den Turbo zünden würden. Aymeric Laporte egalisierte nur wenige Minuten später per Kopf. Die Hausherren verteidigten daraufhin kompakt, konzentrierten sich auf Konter. Die ganz großen Gelegenheiten blieben jedoch auf beiden Seiten aus. Lediglich Agüero traf mit seinem Freistoß in der Nachspielzeit die Latte.

Aufgrung der ersten Halbzeit und dem Chancenplus der Gäste geht das Unentschieden mehr als in Ordnung, doch die Wolves demonstrierten mit einer couragierten und erfrischenden Offensivleistung, dass sie in der Premier League einiges vor haben und sich nicht verstecken werden. Eben nicht der typische Aufsteiger…

(Photo by David Rogers/Getty Images)

 

 

„Weiße Flagge“ – Award: Rafa Benitez

Sicher Rafa Benitez wird argumentieren, dass Newcastle gegen Chelsea nur 1:2 verlor und die Blues kaum nennenswerte Chancen vorzuweisen hatten. Keine Frage, das 0:1 entstand aus einem anfechtbaren Elfmeter. Natürlich, Newcastle kam nach dem 0:1 sogar zurück, verkürzte auf 1:1. Und ja, das 1:2, ein Eigentor in der 87′ Minute durch Yedlin, hätte unglücklicher nicht fallen können.

Trotzdem werden sich die Spieler der Magpies fragen, wieso ihr Trainer ihnen offensiv nicht etwas mehr zutraute. Newcastle überließ den kombinationsstarken Gästen aus London komplett das Spiel, trat im heimischen St. James‘ Park auf wie ein Auswärtsteam. Wie gesagt, das ging auch defensiv betrachtet lange gut, denn die Blues wussten mit den 81% Ballbesitz auch nicht sonderlich viel anzufangen. Nichts desto trotz hätten sich wohl auch die auffällig ruhigen Heimfans eine aggressivere Herangehensweise gewünscht. Gerade im Defensivverbund, beziehungsweise unter Druck, offenbarte das neue Chelsea in den ersten Wochen trotz maximaler Punkteausbeute nämlich noch die größten Anpassungsschwierigkeiten. Doch Newcastle ließ den Sarri-Ball Sarri-Ball sein, ließ die Gäste ungestört das Spiel aufbauen und ermöglichte Jorginho mit 186 Ballkontakten einen neuen Premier League Rekord. Im letzten Drittel waren die Räume allerdings eng und man ging resolut in die Zweikämpfe.

Benitez lauerte auf Konter, spielte auf Schadensbegrenzung und womöglich einen Punkt. Er wurde hart bestraft und wird sich fragen, ob es nicht vielleicht besserer gewesen wäre, den Gegner etwas zu fordern, statt von Anfang an die weiße Flagge zu hissen.

 

„You don’t know what you’ve got until it’s gone“ – Award: Mesut Özil

Sicher, momentan ist es in Mode Mesut Özil – oftmals unverhältnismäßig – zu kritisieren. Gegen Chelsea hatte der Ex-Nationalspieler auch nicht gerade sein bestes Spiel, tat sich schwer mit dem deutlich reduzierten Ballbesitz, Akzente zu setzen.

Trotzdem ist es meistens der Zehner, der oftmals unauffällig durch die scheinbar kleinsten Ballberührungen und Einfälle massive Räume schafft und Angriffe initiiert, auch wenn das oftmals etwas unter geht. Siehe folgende Statistik:

Beim äußerst schwerfälligen 2:1 Sieg gegen West Ham, bei dem die Gunners weiterhin große Anpassungsschwierigkeiten und fehlenden Präzision offenbarten, waren es genau diese kleinen Aktionen, die fehlten. Özil fehlte nämlich krankheitsbedingt, hätte aber, sofern man den Medien geglaubt, nach der schwachen Leistung gegen die Blues ohnehin auf der Bank Platz nehmen müssen. Ohne den Ex-Nationalspieler agierte Arsenal schlampig im Ballbesitz, in den wichtigsten Momenten zu ungenau und ließ jegliche Kreativität vermissen.

Es mag zwar, aus vielen Gründen, in den vergangenen Monaten untergegangen sein, aber Mesut Özil ist weiterhin ein hervorragender Fußballer. Ein Spielertyp, bei dem du erst so richtig merkst wie gut und wichtig er ist, wenn er fehlt…

 

„Come Back Kings“ – Award: AFC Bournemouth

Nicht wenige waren nach einer durchwachsenen Saison und einem zurückhaltenden Sommer der Ansicht, dass Bournemouth 2018/2019 ein großer Abstiegskandidat werden würde.

Warum das wohl kaum der Fall sein wird, belegten die Cherries bereits letzte Spielzeit. Die von Eddie Howe hervorragend eingestellte Mannschaft zeichnet ein unbändiger Wille aus. Bereits 2017/2018 holte Bournemouth aus Rückständen die meisten Punkte der Premier League. 2018/2019 macht das Team genau dort weiter. Nachdem man bei West Ham aus einem 0:1 Rückstand einen 2:1 Sieg machte, drehten die Südengländer ebenfalls ein Spiel. Aus einem 0:2 machte man gegen das formstarke Everton noch ein 2:2.

Die Defensive macht Probleme, doch die „Comeback Kings“ von Eddie Howe geben sich nicht geschlagen und sollte niemals abgeschrieben werden…

 

„Festung“ – Award: Anfield Road

Dass es schwer ist den FC Liverpool an der Anfield Road zu schlagen, ist kein Geheimnis. Das ist nicht nur Wahrnehmung, sondern kann auch statistisch belegt werden. Beim mühsamen 1:0 Erfolg über tapfer kämpfende Gäste aus Brighton & Hove Albion taten sich die Reds allerdings schwer.

Die Gäste hielten wacker dagegen. Letztendlich konnte sich die Mannschaft von Jürgen Klopp wie bereits letzte Woche auf die individuelle Qualität verlassen. Mohamed Salah brachte die Reds in Führung und als etwas die Struktur abhanden ging, war es Keeper Alisson, der abermals zur Stelle war. Nicht zu unterschätzen ist jedoch auch die beachtliche Heimkulisse, die geschlossen wie ein zwölfter Mann hinter dem Team steht.

Liverpool ist damit im 22. Spiel in Folge zuhause ungeschlagen und hat darüber hinaus in der Festung Anfield in den letzten sechs Spielen die „Null“ gehalten.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

 

„Frühstarter“ – Award: Watford

Bereits letzte Saison legte der FC Watford unter der Leitung von Marco Silva und beflügelt von Newcomer Richarlison einen beachtlichen Saisonstart hin. Die fünf Punkte nach drei Spieltagen konnte ein Jahr später noch einmal getoppt werden, und das obwohl der hoch geschätzte Trainer und der Brasilianer sich gemeinsam Richtung Everton verabschiedeten.

Angeführt von einem unterschätzten Trainer in Javi Gracia gehört die für viele nicht adäquat verstärkte Mannschaft der Hornets zu den großen Überraschungen nach drei Spieltagen. Das Team blieb weitestgehend in Takt. Gracia konnte in der Vorbereitung seine Ideen vermitteln und der endlich fitte Roberto Pereyra tritt mit drei Toren in drei Spielen in die kreativen und torreichen Fußstapfen von Richarlison. Nach dem 2:1 über ein sehr unangenehmes Crystal Palace ist Watford neben Liverpool, Tottenham und Chelsea der einzige Klub, der eine perfekte Bilanz von neun Punkten vorzuweisen hat.

Sicher, die Londoner werden sich mit dem Verlauf der Saison wohl eher im Mittelfeld ansiedeln. Doch die Struktur, Effizienz und Homogenität, die der Trainer seinen Männern eingehaucht hat, ist beachtlich und so deutet vieles darauf hin, dass der Frühstarter 2018/2019 deutlich besser auf die Saison vorbereitet ist, als zunächst angenommen.

 

 

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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