Premier League Vorschau Teil 3: ManUtd, Sheffield Utd, West Bromwich, Newcastle

9. September 2020 | Saisonvorschauen | BY 90PLUS Redaktion

Am Wochenende rollt in der Premier League endlich wieder der Ball! Im dritten Teil der 90PLUS-Saisonvorschau beschäftigen wir uns mit Manchester United, Sheffield United, West Bromwich und Newcastle United.

  • Manchester United: Stimmt die Balance?
  • Aufsteiger West Bromwich will den Klassenerhalt
  • Newcastle United muss zittern, oder?

Teil 1: Tottenham, Wolves, Burnley, Crystal Palace

Teil 2: Chelsea, Arsenal, Leicester, Fulham

Teil 4: ManCity, Southampton, Everton, Leeds

Manchester United

Letzte Saison: 3. Platz

Die vergangene Saison von Manchester United war die erste, die Trainer Ole Gunnar Solskjaer (47) komplett leiten durfte. Dabei stand auch der Norweger 2019/20 vor einem vorzeitigen Aus: Nach drei Niederlagen in den letzten vier Spielen und immer wieder enttäuschendem Fußball forderten die ManUnited-Fans im Januar 2020 die Entlassung des Coaches.

(Foto: IMAGO)

Die Verantwortlichen hielten jedoch an Solskjaer fest und das sollte sich auszahlen. Nach der Heimniederlage gegen den FC Burnley am 24. Spieltag verloren die „Red Devils“ kein einziges Liga-Spiel mehr. Neun Siege und fünf Unentschieden hieß die Bilanz in den letzten 14 Spielen. Ein herausragender Schlussspurt, der noch den dritten Platz bescherte. In den drei Pokal-Wettbewerben – Europa League, FA Cup und EFL Cup – war jeweils im Halbfinale Schluss.

Kein Sancho, aber van de Beek

Die Transferaktivitäten von Manchester United wurden lange Zeit vom Buhlen um Jadon Sancho (20) von Borussia Dortmund überstrahlt. Doch so sehr sich die Verantwortlichen in Manchester finanziell streckten, die Ablöseforderung des BVB konnten sie in diesem speziellen Transferfenster nicht erfüllen. Gut möglich, dass der Premier-League-Klub im Sommer 2021 einen neuen Versuch wagen wird.

(Foto: IMAGO)

United ließ es sich allerdings nicht nehmen, dennoch einen Startransfer zu präsentieren: Donny van de Beek (23), bereits seit einigen Jahren von allerlei Topvereinen gejagt, hat sich für einen Wechsel nach Manchester entschieden. Rund 40 Millionen Euro kostete der niederländische Mittelfeldspieler, mit dem sich die Red Devils zusammen mit Paul Pogba (27) und dem erst im letzten Winter verpflichteten Bruno Fernandes (25) eine durchaus spektakuläre Mittelfeldzentrale zusammenstellen. Darüber hinaus ist es gut möglich, dass United bis zum 5. Oktober noch weitere Transfers tätigt. Medienberichten zufolge schaut sich der Verein zumindest noch aktiv nach Verstärkungen um, ein Innenverteidiger soll beispielsweise her.

Für Zündstoff könnte die Rückkehr von Torhüter Dean Henderson (23) sorgen. Das Eigengewächs war zuletzt zwei Jahre an Sheffield United verliehen, wo er durch konstant starke Leistungen bestach. United hat den Vertrag des Keepers, der sogar zur englischen Nationalmannschaft berufen wurde, bis 2025 verlängert – ein klares Signal an den zuletzt so schwachen David de Gea (29), der womöglich seinen Stammplatz nach neun Jahren als Nummer eins einbüßen könnte.

Die jungen Teufel

Nach den vielen Jahren, in denen Manchester United mit Geld um sich warf, hat es unter Trainer Solskjar einen Richtungswechel in der Strategie gegeben. Der Norweger wolle „ein junges Team aufbauen“ und keine „faulen Äpfel“ mehr verpflichten. Sicherlich: Auch für einen Harry Maguire (27) oder Bruno Fernandes hat man zuletzt viel Geld in die Hand genommen, die Transferaktivitäten wirken mittlerweile jedoch gezielter als noch in der jüngeren Vergangenheit. Unter Solskjaer hat die stets gute Jugendarbeit Uniteds wieder ihren ursprünglichen Stellenwert erhalten: Eigengewächse wie Mason Greenwood (18), Scott McTominay (23) oder Brandon Williams (19) werden regelmäßig bei den Profis eingesetzt. Hinzukommen extern verpflichtete Talente wie Daniel James (22) oder Aaron Wan-Bissaka (22).

United verfügt also über einen hochspannenden Kader, allerdings wird dieser trotz einiger hochkarätigen Namen im Kader noch Zeit brauchen, um sein Potential vollends auszuschöpfen. Bis dahin ist aufgrund der mit Sicherheit auftretenden Formschwankungen Geduld gefragt. Diese Inkonstanz ist schon in der letzten Saison zu beobachten gewesen.

Erwischt die junge Truppe einen guten Tag, überrollt sie ihre Gegner. Dann wird Druck ausgeübt, schnell kombiniert und eiskalt das Tor gemacht. Passt es aber mal nicht, wird das Spiel des Rekordmeisters launig: Die Mannschaft lässt Präzision und Dynamik vermissen, beißt sich die Zähne an der Defensive aus und versiebt dann auch vermeintlich hundertprozentige Torchancen.

(Foto: IMAGO)

Die Grundidee ist mittlerweile aber klar: Solskjaer will dynamischen und vertikalen Angriffsfußball spielen lassen, aufgezogen von Pogba und Fernandes in der Zentrale. Die durchgängigen Positionsrochaden von Anthony Martial (24), Marcus Rashford (22) und Mason Greenwood (18) – unterstützt von sehr offensiven Außenverteidigern – brechen die geordneten Defensivreihen auf.

Die Angriffsspieler sind technisch herausragend ausgebildet, können also auf engem Raum Lösungen finden, sie sind aber auch äußerst schnell, können also auch lange Bälle erlaufen. Diese Flexibilität macht sich ManUnited zu Nutze, ihr Ansatz – das 4-2-3-1 hat sich als dominantes System durchgesetzt – ist schwer zu verteidigen. Das Verteidigen ist jedoch auch nicht gerade Uniteds Stärke, hier fehlt dem Team oftmals noch eine gewisse Souveränität.

Im Fokus: Mason Greenwood

Aktuell gibt es im Weltfußball wohl nur wenig spannendere Talente als Mason Greenwood. Mit gerade einmal 18 Jahren gehört der Angreifer bereits der englischen A-Nationalmannschaft an – und das hat gute Gründe! In der Vorsaison hat Greenwood seinen Durchbruch bei United gefeiert, in ganzen 50 Pflichtspielen ist er zum Einsatz gekommen. Die Startelfeinsätze häuften sich zum Ende hin immer mehr, er hatte sie sich auch redlich verdient. In der Premier League hat der Stürmer in 31 Spielen zehn Tore erzielt, in der Europa League brauchte er neun Partien für fünf Treffer.

(Foto: IMAGO)

Greenwood macht seine überragende Ballbehandlung und sein unvergleichlicher Schuss aus. Dabei ist auch bemerkenswert, dass das Sturmjuwel absolut beidfüßig ist, sodass er im Dribbling und Schussversuch nur schwer zu verteidigen ist. Sein spielerische Klasse erlaubt ihm, auf gleich mehreren Positionen spielen zu können – ob zentral oder auf dem Flügel. Es wird spannend zu sehen, wie sich Greenwood nun als etwas etablierterer Spieler schlagen wird und ob er sich gegen Martial, Rashford und co. als Stammspieler durchsetzen kann.

Prognose

Trainer Solskjaer sagte vor ein paar Monaten, dass es sein großer Traum sei, mit Manchester United die Meisterschaft zu gewinnen. Obwohl die Red Devils wie z.B. der FC Chelsea zu den Teams gehören werden, die auf ein Ausrutschen des FC Liverpool und von Manchester City lauern werden, ist wohl nicht davon auszugehen, dass bereits 20/21 etwas mit dem Titel wird. Zu jung und unbeständig ist die Mannschaft, zu schnell bricht Chaos bei einer Durststrecke aus. Auch weil Solskjaer noch kein allzu gutes Standing genießt und schnell angezweifelt wird. Sich im zweiten Jahr infolge für die Champions League zu qualifizieren, wäre wohl ein Erfolg für United.

Marc Schwitzky

Sheffield United

Letzte Saison: 9. Platz

Es ist eine ruhige Gegend mitten in der „Steel City“ Sheffield. Typisch britische Einfamilienhäuser reihen sich aneinander, Supermärkte und mittendrin: Die größte Stolperfalle der Premier League, die Bramall Lane, Heimat von Sheffield United.

Die Blades können unterm Strich mit ihrer Saison mehr als nur zufrieden sein. Chelsea (3:0), Tottenham (3:1), Arsenal (1:0), Manchester United (3:3) und die Wolves (1:0) traten die Heimreise allesamt sieglos an. Kurz vor der Coronapause schien es, als könnte sich Sheffield sogar für Europa qualifizieren. Nach dem Restart ging die Mannschaft aber sichtlich auf dem Zahnfleisch, holte nur noch drei Siege aus den letzten zehn Spielen und schloss die Saison mit einem Hattrick an Niederlagen auf Platz neun ab.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Sheffield United: Gekommen, um zu bleiben

Dass auf einer Aufstiegsfeier im Überschwang der Euphorie schon mal der ein oder andere Satz fällt, der einem im Nachhinein um die Ohren fliegen könnte, wäre nichts neues. Im Fall von Sheffield United gäbe es mit Wednesday, von den Fans aufgrund der Lage von Hillsborough nur „South Barnsley“ genannt, sogar einen Stadtrivalen, der das hätte übernehmen können. Da der Klassenerhalt aber mehr als nur souverän gelang, bewahrheitete sich der Satz: „Wir spielen zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder in der besten Liga der Welt und wir wollen alles tun, damit wir auch dort bleiben“.

Auch auf dem Transfermarkt füllt der Verein diese Einstellung mit Leben. Mehr noch: Er wächst an ihr. Ehemalige Leistungsträger wie Mark Duffy (34), Leon Clarke (35) oder Kieron Freeman (28) wurden weitertransferiert. Dafür holt man jüngere Spieler wie Jayden Bogle (20), Max Lowe (23) oder leiht den Ex-Leipziger Ethan Ampadu (19) von Chelsea.

(Photo by Jan Kruger/Getty Images)

Und auch wenn sich Manchester United dazu entschließt, Torhüter Dean Henderson (23) als Konkurrent für den bisweilen fehleranfälligen David De Gea (29) in die Mannschaft einzugliedern, verpflichtet Sheffield United mit Aaron Ramsdale (22) den nächsten hochtalentierten U-Nationalspieler. 20,5 Millionen Euro gingen für ihn nach Bournemouth. Das sagt eigentlich alles, über den Weg eines Klubs aus, der vor vier Jahren noch in der League One feststeckte. Sie wollen zur Konstante der Premier League werden – und sind auf einem sehr guten Weg dorthin.

Die Modernisierung des Wilder-Systems

Am Dienstag präsentierte Sheffield United dann seine Neuzugänge – also, zumindest die Feldspieler. Um es den Fans noch einfacher zu machen, wurden sie auf dem Foto gleich so aufgestellt, wie sie auch in der Defensive spielen werden.

Zufälligerweise verrät dieses Foto auch genau, welches System Chris Wilder (52) am liebsten spielen lässt: 3-5-2. Schon zu Championship-Zeiten fielen die Blades dadurch auf, dass die beiden äußeren Verteidiger der Dreierkette, Jack O’Connell (26) und Chris Basham (32) in eigenem Ballbesitz die nominellen Außenverteidiger George Baldock (27) und Enda Stevens (30) hinterlaufen, um den Ball in den Strafraum zu bringen oder ihn zu überladen, um dann selbst als Abnehmer zu dienen.

Dass sie in der neuen Saison auch erstmal gesetzt sein dürften, ist ein offenes Geheimnis. Allerdings hat gerade die Phase nach der Coronapause, als es für Sheffield United gegen die Namensvetter aus Newcastle und Manchester jeweils 0:3-Niederlagen setzte, gezeigt, dass der Kader mehr Alternativen braucht. Noch dazu gewinnt man an Jugend und Dynamik, was in einem Sport, in dem man schon mit 16 Jahren Aussichten auf regelmäßige Profieinsätze hat, sicherlich nicht schaden kann. Von den oben genannten Stammspielern ist nämlich keiner jünger als 25.

Dadurch bekommt auch das normalerweise sehr laufintensive System mehr Tiefe, PS und entfacht in der Folge auch mehr Wucht, die bei nur 39 Saisontoren 2019/2020 mehr als willkommen ist. Mit den drei Neuzugängen für die Defensive, sowie den bereits im vergangenen Sommer verpflichteten Lys Mousset (24), Oli McBurnie (24) und Sander Berge (22), ist Chris Wilder im Begriff, seine Mannschaft Stück für Stück zu modernisieren.

Im Fokus: Sander Berge

Richtiges Stichwort. Sander Berge ist einer von Norwegens Chartstürmern in den europäischen Topligen. Dass sie einige hochtalentierte, junge Spieler haben, ist spätestens seit Martin Ødegaard (21) und Erling Haaland (20) bekannt. Völlig überraschend haben sie mit 45, beziehungsweise 72 Millionen Euro auch die höchsten Marktwerte ihres Landes. Gleich nach ihnen kommt mit 20 Millionen Euro Sander Berge. Für die vereinsinterne Rekordsumme von 24 Millionen Euro kam er vergangenen Sommer aus Genk.

(Photo by Marc Atkins/Getty Images)

In der abgelaufenen Saison absolvierte Berge 14 Spiele in der Premier League, allesamt im defensiven Mittelfeld. Mit einer Größe von 1,95 Meter und einem Kampfgewicht von 94 Kilogramm ist er wie gemacht für Wilders System, um sich bei eigenem Ballbesitz fallen zu lassen und die hinterlaufenden Innenverteidiger abzusichern.

Dazu kommt noch, dass der Rechtsfuß neben seiner Kopfballstärke auch im Dribbling sowie im Kurzpassspiel überzeugt, und dadurch dem Spiel von Sheffield United nochmal eine neue Note verleihen kann.

Prognose

Man sagt, das zweite Jahr sei für Aufsteiger immer das schwierigere. Ohne Druck, eine hervorragende Saison zu spielen, sei das eine, sie zu untermauern, nochmal ein anderes Level. Aber Sheffield United scheint dafür gerüstet. Die Mannschaft konnte – mit Ausnahme von Dean Henderson – zusammengehalten werden und wurde punktuell durch intelligente Einkäufe verstärkt. Wenn sie die PS auf den Rasen kriegen, sollten sie mit dem Abstiegskampf nicht viel zu tun bekommen. Denkbar ist, dass es wieder ein einstelliger Tabellenplatz wird – mit etwas Glück klappt es dann vielleicht – und die ruhige Gegend in der „Steel City“ Sheffield wird auch auf europäischer Ebene zur Stolperfalle.

Victor Catalina

West Bromwich

Letzte Saison: Aufstieg

Eine lange Zeit war West Bromwich Albion 2019/2020 die beste Mannschaft der englischen Championship. Dann kam das Coronavirus. Die Baggies kamen schwach aus der Pause, gewannen nur noch drei der verbleibenden neun Spiele und sahen mit an, wie Leeds United an ihnen vorbeizog. Die Mannschaft von Trainer Slaven Bilic (51) musste zittern, konnte aufgrund der Patzer der Konkurrenz durch ein 2:2 am letzten Spieltag allerdings doch noch den direkten Aufstieg perfekt machen.

Und so kehrt WBA nach zwei Jahren Abstinenz wieder in die Premier League zurück. Mit der zweitbesten Offensive und der drittbesten Defensive der abgelaufenen Zweitligasaison hofft man an den Hawthornes, genügend Balance im Kader zu haben, dass die Rückkehr ins Oberhaus von ähnlicher langer Dauer ist wie beim letzten Mal: Vor dem Abstieg 2018 war West Brom acht Jahre fester Bestandteil der Premier League.

Photo: Imago

WBA: Verhaltener Transfersommer

Anders als bei Mitaufsteiger Leeds United oder Aston Villa im Vorjahr – die über 100 Millionen Euro für neue Spieler ausgeben könnten/ausgaben – möchte man bei West Bromwich Albion die Mission Klassenerhalt eher mit verhaltenen Investments und kluger Rekrutierung angehen.

Dieses Vorhaben erlebte im Sommer einen Dämpfer. Innenverteidiger-Talent und Eigengewächs Nathan Ferguson (19) entschied sich gegen eine Vertragsverlängerung und für einen ablösefreien Wechsel zu Crystal Palace. Weitere signifikante Abgänge blieben aus. Bei den Neuverpflichtungen blieb es bislang vor allem bei Altbekannten und das waren wahre „No Brainer“.

Kreativposten Matheus Pereira (24, Sporting) und Flügelspieler Grady Diangana (22, West Ham) wurden nach hervorragenden Leihen für knapp zehn sowie 13,5 Millionen Euro jeweils fest verpflichtet. Beide sind absolute Leistungsträger. Innenverteidiger Cédric Kipré (23) kommt für eine Million Euro von Zweitliga-Absteiger Wigan Athletic und ist als entwicklungsfähige Ergänzung zu verstehen.

Weitere Verstärkungen sind zwar zu erwarten und auch notwendig, vor allem im Sturm. Dazu ist noch bis zum 5. Oktober Zeit. Doch die Devise in den West Midlands ist klar: Man vertraut Trainer Slaven Bilic (51).

West Brom: Hoffnungsträger auf der Bank

Nach über zwei Jahren auf der Trainerbank von West Ham United, gefolgt von einem kurzen Intermezzo in Saudi Arabien, kehrte Bilic im Sommer 2019 auf die Insel zurück. Der Aufstieg mit West Brom im ersten Jahr war durchaus überraschend. In der Premier League geht es nun darum, mit einer homogenen Mannschaft und der Erfahrung des 51-jährigen Kroaten den Klassenerhalt zu schaffen.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Das Kollektiv steht im Fokus, jeder kennt seine Aufgabe. Die Spieler betreiben viel Aufwand, spielen den Ball geordnet und überlegt flach nach vorne. In der Championship war das erfolgreich, doch in der Premier League geht es auch um die individuelle Klasse und hier hat WBA durchaus Defizite.

WBA erzielte 2019/2020 zwar die zweitmeisten Tore der Championship, hatte aber keinen echten Goalgetter in den Reihen. Charlie Austin (31) und Hal Robson-Kanu (31) – für viele nicht mehr Premier-League-Qualität – erzielten in 44 und 42 Spielen jeweils nur zehn Tore. In Englands Oberhaus dürften sich nicht gerade mehr Gelegenheiten bieten. Mit der drittbesten Defensive der abgelaufenen Saison ist Bilic offenbar ebenfalls nicht komplett zufrieden. Weder Kyle Bartley (25) noch Ahmed Hegazy (29) konnten sich an der Seite von Semi Ajayi (25) festspielen, wechselten zwischen Startelf und Bank.

Bilic wird sich darauf verlassen, dass die Doppelsechs im 4-2-3-1 um Kapitän Jake Livermore (30) und Romaine Sawyers (27) weiterhin die Defensive abschirmt. Im Ballbesitz lässt sich das Duo oft fallen, verhindert somit Kontersituationen und hält dem offensiven Mittelfeld den Rücken frei. Hier liegt die große Offensivhoffnung: Die Dreierreihe hinter dem Sturm um Pereira, Diangana und Matt Phillips (30) hatte im Vorjahr gemeinsam 55 Torbeteiligungen vorzuweisen. Das Trio orientiert sich oft zentral, versucht somit Überzahl zu schaffen.

Im Fokus: Matheus Pereira

Alleine 28 von diesen Scorerpunkten gingen auf das Konto von Matheus Pereira: Acht Tore und 20 Vorlagen, die meisten der Championship.

Der 24-Jährige brachte etwas an die Hawthornes, was es dort selten gab: Brasilianischen Flair. Pereira ist der Dreh- und Angelpunkt des Offensivspiels sowie ein Publikumsliebling. Durch seine hervorragende Technik, enge Ballführung, seinem tollen Auge seinen nicht zu unterschätzenden Arbeitsaufwand ist er für die Baggies unverzichtbar geworden.

In der Premier League dürfte WBA einen defensiveren Ansatz wählen und damit mehr Kontersituationen erhalten. Insbesondere hier geht Pereira auf. Sobald er Platz hat und es schnell geht, trifft der 24-jährige Linksfuß zumeist die richtige Entscheidung. Ob durch ein Tempo-Dribbling oder einen butterweichen und perfekt getimten Pass in die Schnittstelle, Pereira ist zumeist der Initiator von Torgefahr.

(Photo by David Rogers/Getty Images)

Prognose

Die Probleme zum Ende der Zweitliga-Saison lassen vermuten, dass es West Bromwich an Tiefe und individueller Qualität mangelt. Die Baggies müssen auf dem Transfermarkt nachlegen. Trainer, Konzept und Homogenität alleine dürften nicht genügen, um den Abstieg zu verhindern.

Chris McCarthy

Newcastle United

Letzte Saison: 13. Platz

Nach dem Abgang von Erfolgstrainer Rafa Benitez (60) im Sommer 2019, der zuvor den Aufstieg (Saison 2016/17), Platz 10 (2017/18) und Platz 13 (2018/19) erreichte, fanden sich viele Fans der „Magpies“ schon vorauseilend mit dem erneuten Gang in die Zweitklassigkeit ab – erst recht, als Steve Bruce (59) zum Nachfolger des überaus beliebten Spaniers ernannt wurde. Doch Bruce ließ sich nicht entmutigen und erreichte, wie schon sein Vorgänger, einen respektablen 13. Tabellenplatz, relativ frei von jeglichen Abstiegsängsten.

Ab dem 20. Spieltag verbrachte Newcastle United den Rest der Spielzeit zwischen Platz 13 und Platz 15 und etablierte sich damit, trotz einer schwachen Rückrunde (nur 19 Punkte) und einer Durststrecke von sechs sieglosen Spielen zum Saisonende, im unteren Tabellenmittelfeld. 

Das schlechteste Team der Liga

Allerdings täuschen Saisonverlauf und Tabellenplatz doch gehörig über die eklatanten Mängel in Newcastles Spiel hinweg. Nach der xP-Statistik (Expected Points) von understat.com wäre Newcastle z.B. Tabellenletzter (!) gewesen. Davon ausgehend wurden 12,08 Punkte mehr erzielt, als zu erwarten gewesen wäre.

Diese enorme Abweichung lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass Newcastle defensiv „überperformt“ hat. Sie haben mehr als neun Tore weniger kassiert, als es zu erwarten gewesen wäre, was wiederum auf eine Mischung aus Glück und einem exzellenten Torwart (Martin Dubravka, 31) zurückzuführen ist. 

(Photo by Alex Morton/Getty Images )

Da die Mannschaft zudem den zweitgeringsten xG-Wert herausgespielt hat, muss sich Bruce auch offensiv Gedanken machen, was in der Konsequenz nichts anderes bedeutet, als dass der stolze Club aus dem Nordosten Englands in der kommenden Saison mächtig zulegen muss, um nicht gegen den Abstieg zu spielen.

Zu diesem Zweck muss zunächst einmal der Kader deutlich verstärkt werden, was allerdings nicht allzu einfach werden wird, da die angepeilte Übernahme durch einen saudi-arabischen Staatsfonds, der ein großes Investment versprach, offenbar kurz vor der Ziellinie platzte. So bleibt (fürs Erste) der extrem unbeliebte Mike Ashley (55), der für seine „sparsame“ Haltung berüchtigt ist, Eigentümer und Hauptverantwortlicher, was wiederum heißt, dass man nicht mit allzu großen Investments rechnen sollte.

Das Traum-Duett aus Bournemouth

Diesen Erwartungen entsprechend, wurden bisher auch nur vier Spieler verpflichtet, von denen drei Spieler ablösefrei zu haben waren. Diese Tatsache sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Jeff Hendrick (28, kam vom FC Burnley) und Ryan Fraser (26, kam von Bournemouth) zu echten Verstärkungen werden könnten. Hendrick kommt mit einem großen Erfahrungsschatz aus 122 Premier-League-Spielen, fast 200 Championship-Einsätzen und 55 Länderspielen für Irland und besticht vor allem mit seiner Vielseitigkeit und Physis, während Fraser als klassischer Flügelspieler insbesondere mit seinen Qualitäten als Vorlagengeber glänzen kann.

Bei Frasers Verpflichtung dürfte, neben der Tatsache, dass er ablösefrei zu haben war, auch die Hoffnung, dass er an seine herausragende Saison 2018/19, in der ihm sieben Tore und 14 Assists in 38 Einsätzen gelangen, mitschwingen. Passenderweise verpflichtete Newcastle nämlich auch gleich noch seinen kongenialen Partner aus dieser Spielzeit, Callum Wilson, der für 22,25 Millionen Euro ebenfalls aus Bournemouth kommt (Wilson erzielte sieben Tore nach einem Fraser-Assist, Fraser erzielte fünf Tore nach einem Wilson-Assist).

(Photo by Jan Kruger/Getty Images)

Wilson soll die schon angesprochenen Offensivprobleme lindern, die auch daher rühren, dass der Top-Transfer des vergangenen Sommers, Joelinton (24, nur zwei Tore), floppte und Dwight Gayle (29) mit nur vier Toren zum gefährlichsten Angreifer Newcastles avancierte – die Verluste von Salomon Rondon (30) und Ayoze Perez (27) konnten somit nicht aufgefangen werden.

Der schnelle Wilson verspricht allerdings Besserung, da er, im Gegensatz zu Joelinton, auch ein „echter“ Neuner ist und mit seinem Spielstil hervorragend zu Newcastle passt, dass offensiv vorrangig auf Umschaltmomente und Standardsituationen (erzielten knapp 37% ihrer Tore nach Standards – nur Bournemouth mehr) setzt. Zusammen mit den ebenfalls sehr schnell Miguel Almiron (26), Allan Saint-Maximin (23) und eben Fraser, ergibt das (zumindest auf dem Papier) eine ansprechende Offensivbesetzung. 

Da die Leihen von Danny Rose (30), Antonio Barreca (25), Valentino Lazaro (24) und Jetro Willems (26) allesamt ausliefen, sollte Newcastle allerdings noch auf den defensiven Flügeln, sowie in der Innenverteidigung und im zentralen Mittelfeld nachlegen, da Bruce für sein bevorzugtes 3-5-2- oder 5-4-1-System gerade auf diesen Positionen mehr Tiefe im Kader benötigt. 

Weiterentwicklung in Ballbesitz unumgänglich

Gerade im zentralen Bereich sollte Newcastle nämlich auch dringend zulegen. Mit einer Passquote von nur 75,3%, hat Newcastle die fünftschlechteste Passgenauigkeit der Liga, wobei sie mit 41,8% auch den geringsten Ballbesitzanteil und mit 17,3% auch den drittgrößten Anteil an langen Pässen vorzuweisen haben.

Mit anderen Worten: Es wäre empfehlenswert sich im eigenen Ballbesitz weiterzuentwickeln, um sich dem gegnerischen Druck öfter entziehen zu können, um weniger Chancen zuzulassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in der kommenden Saison erneut mit einem ähnlich schwachen xP-Wert davonkommen, ist nämlich ziemlich gering, zumal sie ligaweit die drittmeisten Schüsse (durchschnittlich 14,9 pro Spiel), die drittmeisten Flanken (23 pro Spiel) und die meisten Pässe und anteilig die meisten Abschlüsse aus dem eigenen Fünfmeterraum zuließen. Alarmierend.

Im Fokus: Allan Saint-Maximin

Saint-Maximin, der im vergangenen Sommer für 18 Millionen Euro aus Nizza kam, war fraglos DIE positive Erscheinung in Newcastles Spiel. Mit durchschnittlich 4,7 Dribblings pro Spiel war er ligaweit der zweitbeste Spieler in dieser Kategorie (knapp hinter Adama Traore) und ein ständiger Unruheherd für den Gegner.

(Photo by Stu Forster/Getty Images)

Er stellt seine Gegner mit seinem Tempo, seiner Physis und seiner technischen Klasse immer wieder vor große Probleme, was man nicht zuletzt an den 1,8 Fouls (zehnthöchster Wert in der Premier League), die er pro Spiel zieht, ablesen kann. Auch wenn er im Schnitt zweimal pro Spiel den Ball verliert (elfhöchster Wert, aber z.B. noch hinter Mohamed Salah oder Christian Pulisic) tut er Newcastle, einer Mannschaft, der es ansonsten völlig an Flair fehlt, unfassbar gut.

Nur das „Endprodukt“ geht ihm noch etwas ab (nur drei Tore und fünf Assists). Angesichts seiner guten Entwicklung im ersten Premier League Jahr, darf man aber guter Hoffnung sein, dass er auch dahingehend noch zulegt. 

Prognose

Für Newcastle könnte es in der kommenden Saison in beide Richtungen gehen, sie könnten sich weiter stabilisieren oder erneut tief in den Abstiegskampf abrutschen. Viel hängt vom weiteren Vorgehen auf dem Transfermarkt und vom Umfeld, das fast schon traditionell unruhig ist, ab. Auch wenn es durchaus vielversprechende Ansätze gibt, waren die Leistungen in der abgelaufenen Saison zu schlecht, um davon auszugehen, dass sich Newcastle ins gesicherte Mittelfeld absetzen kann. Am Ende dürfte daher eine Platzierung zwischen den Rängen 13 bis 18 herausspringen.

Christoph Albers

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(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)


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