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Christian Streichs Kreativitätsproblem

22. August 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Der SC Freiburg spielte in der vergangenen Saison hervorragenden Fußball. Laufintensiv, sehr schnelles Umschalten, klare Laufwege und Automatismen, die ideal funktionierten. Der SCF war unglaublich schwer zu schlagen, konnte die Gegner bearbeiten und war jederzeit für einen Treffer gut. Doch gerade bei Rückstand zeigten sich schon in der Saison 2016/17 kleinere Probleme im zentralen Mittelfeld. Sowohl Frantz, als auch Abrashi, Höfler oder Schuster waren nicht in der Lage, Kreativität zu entwickeln.

Das war ein Defizit, das Christian Streich bewusst in Kauf nahm. Denn einerseits spielte der SC Freiburg mit zwei Angreifern, wobei einer von ihnen (meist Maximilian Philipp) hängend und etwas aus der Tiefe kommend agierte. Dieser hängende Angreifer konnte mit seiner Dynamik und der individuellen Klasse für Torgefahr sorgen. 

Leistungsträger Vincenzo Grifo

Der Kreativitätsmangel aus dem zentralen Mittelfeld wurde in der letzten Saison sehr clever kaschiert. Einerseits vom eben angesprochenen Philipp, andererseits durch eine gute Effizienz von Niederlechner. Aber ein elementarer Faktor war Vincenzo Grifo, der nun zu Borussia Mönchengladbach gewechselt ist. Grifo spielte zumeist auf der linken Außenbahn, konnte aber mit herausragenden Standardsituationen und klugen Pässen von dieser Position initiierend in das Spiel eingreifen.

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Images)

Grifo gelangen in 32 Pflichtspielen 9 Tore und 13 Vorlagen. Diese Qualität, diese Zahlen sind es, die dem SC Freiburg in dieser Saison fehlen. Grifo hatte eine Ausstiegsklausel im Vertrag, wollte den nächsten Schritt gehen. Die Freiburger nahmen lediglich 6 Millionen Euro ein und suchen immer noch nach einem Spieler, um die Qualitätsverluste adäquat zu ersetzen.

Kapustka ein guter Anfang

Da also sowohl ein kreatives Element auf der Außenbahn, als auch Dynamik und Torgefahr aus dem zentralen Mittelfeld fehlen, müssen der SCF und Christian Streich selbst kreativ werden. Bartosz Kapustka, der auf Leihbasis von Leicester City kam, ist ein guter Anfang. Der junge Pole, dem es an Spielpraxis mangelt und der derzeit noch aufholen muss, ist ein sehr schneller Spieler, der über einen immensen Zug zum Tor verfügt.

Kapustka kann sowohl auf der Außenbahn als auch hängend eingesetzt werden, ist aber eher kein Spieler, der aus der Tiefe für Kreativität sorgt. Auch die guten Standards, die Grifo spielen konnte, hat er nicht im Repertoire. Einen Spieler wie Grifo findet man ohnehin nicht ohne weiteres, die Aufgaben müssen auf mehrere Schultern verteilt werden.

Ravet soll noch kommen

Neben Innenverteidiger Robin Koch, der für diese Problematik keine Rolle spielt, will der SC Freiburg auch noch den 27-jährigen Yoric Ravet verpflichten. Der rechte Mittelfeldspieler ist derzeit für die Young Boys in der Schweiz aktiv und hat in den ersten 4 Saisonspielen bereits vier Scorerpunkte auf dem Konto, letzte Saison gelangen ihm 30 Scorerpunkte in 44 Spielen. Sein Vertrag läuft noch bis 2019, die Verhandlungen mit dem Sportclub laufen zurzeit.

Ravet bringt zumindest eine gewisse individuelle Klasse und die notwendige Erfahrung mit. Natürlich kann er solche Scorerpunkte nicht in einer stärkeren Liga wie der Bundesliga generieren, jedoch könnte er ein Schlüsselspieler werden. Terrazzino, Kapustka und Ravet sollen also Grifo und Philipp ersetzen und gemeinsam Qualitäten einbringen, die das Spiel des SCF auf Vordermann bringen sollen. Es bleibt aber trotzdem, zumindest in der Spitze, ein gewisser Qualitätsverlust, der durch mehr Kreativität im zentralen Mittelfeld ersetzt werden sollte.

Janik Haberer als Lösung?

Eine Lösung für dieses Problem könnte man intern finden. Janik Haberer spielte bereits bei der U21-Europameisterschaft unter Stefan Kuntz eine Rolle im zentralen Mittelfeld und konnte aus der Tiefe heraus für Passsicherheit und Kreativität sorgen. Haberer fehlt es in der Offensive manchmal an der nötigen Effizienz, aber seine Qualitäten mit dem Ball sind in den letzten Jahren definitiv deutlich besser geworden.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Zumindest einen Versuch ist es wert. Streich wird definitiv in die Lage kommen, in der man auch aus dem ruhigen Ballbesitz heraus Torgefahr kreieren muss, Haberer wäre ein Spieler, der die nötige Ruhe am Ball und gleichermaßen auch die für dieses Szenario benötigte Übersicht besitzt. Bereits in der Qualifikation zur Europa League gegen Domzale, aber auch in einigen Phasen des zumindest offensiv schwachen Spiels gegen Eintracht Frankfurt zeigten sich die Probleme im Aufbau, viele lange Bälle wurden geschlagen, das Spiel schrie förmlich nach Struktur. Vielleicht generiert Janik Haberer diese den Breisgauern in der Zukunft.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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