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Englands Sturm-Juwel: Tammy Abraham im Portrait

28. Oktober 2019 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Wenn man derzeit über die englische Nationalelf spricht, ist oft von einer goldenen Generation die Rede. Allen voran beim FC Chelsea sind in dieser Saison eine beachtliche Anzahl junger Engländer zu tragenden Säulen geworden. Einer dieser Spieler könnte schon bald stellvertretend für diese vermeintliche goldene Generation stehen. Sein Name: Tammy Abraham (22). 

Not macht erfinderisch 

Doch bevor wir Abraham genauer unter die Lupe nehmen, stellt sich die Frage, wie es denn plötzlich dazu kommt, dass auch bei den Top-Teams mittlerweile auf den eigenen Nachwuchs gesetzt wird. Schließlich sind einige talentierte Academy Player mittlerweile zwecks Spielpraxis beispielsweise in Deutschland unter Vertrag oder zumindest befristet ausgeliehen.

Im Falle des FC Chelsea war es eine Transfersperre für die Saison 19/20, welche die neue Führung um Cheftrainer und Vereinslegende Frank Lampard dazu zwang, vermehrt auf die eigenen Talente zu setzen. Mit einem Blick auf die Startelf der bisherigen Saison ist dies kaum zu übersehen. Mason Mount (20), Fikayo Tomori (21), Callum Hudson-Odoi (18) und allen voran Abraham sind seit dem Beginn der neuen Saison mehr als nur vielversprechende Talente. 

Die Anfänge 

Im Jahr 1997 wurde der mittlerweile 1,90 m große Stürmer der Blues in London geboren. Es sollte nicht lange dauern, bis er den Weg zum FC Chelsea fand, denn schon 2004 wurde er dort in die Academy aufgenommen. Nachdem er sämtliche Juniorenmannschaften durchlief, feierte er seine größten Erfolge im Nachwuchsbereich mit dem Gewinn der damals neu eingeführten UEFA Youth League, sowohl 2015 (sieben Spiele/vier Tore) als auch 2016 (neun Spiele/acht Tore).

Parallel dazu war der Stürmer in der Saison 15/16 bereits fester Bestandteil der U21, für die er insgesamt neun Mal traf. Noch in der gleichen Saison durfte Abraham unter dem damaligen Cheftrainer Guus Hiddink zudem im Mai 2016 sein Profidebüt gegen den FC Liverpool feiern. 

Nächster Schritt: Loan Army 

Trotz seines jungen Alters hat Abraham bereits einiges im Profifußball gesehen. Bevor er den Durchbruch bei den Blues schaffte, war er von 2016 bis zum Ende der vergangenen Saison an drei verschiedene Klubs verliehen und somit ein Teil der berühmten „Loan Army“. Die erste Leihstation in der Saison 16/17 sollte nicht weit entfernt liegen, es ging zu Bristol City in die zweitklassige Championship.

(Photo by Stu Forster/Getty Images)

Dort bewies der Youngster bereits, warum er als eines der größten Talente Englands gilt, denn in 48 Spielen traf er 26 Mal selbst und legte zudem vier weitere Treffer vor. Die folgende Saison verbrachte Abraham eine Liga höher bei Swansea City, dort konnte er dann aber nicht an seine Leistungen aus der Vorsaison anknüpfen. Dennoch schaffte der Angreifer es auch dort wettbewerbsübergreifend acht Saisontore beizusteuern.

In der vergangenen Saison ging Abraham dann für den späteren Aufsteiger Aston Villa auf Torejagd – mit Erfolg. Zurück in der Championship gelang ihm mit 25 Toren erneut eine beachtliche Trefferquote. Im Showdown der Saison, dem Finale um den Aufstieg in die Premier League, konnte er allerdings gegen seinen jetzigen Trainer und Derby County keinen Treffer erzielen.

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

Durchbruch bei Chelsea und Anruf von Southgate 

Unter Lampard ist Abraham gesetzt. Bisher zahlt sich das Vertrauen für beide Seiten aus, denn in den ersten 13 Spielen traf das Eigengewächs bereits in allen Wettbewerben neun Mal. Über seinen Förderer sagt Abraham auf der Vereinshomepage: „Er gibt uns Vertrauen. Wenn ein Trainer an dich glaubt, möchtest du einfach nur dein Bestes und 100 Prozent geben. Es ist immer schön, diese Unterstützung zu haben. Besonders ist, wie er die jungen Spieler unterstützt.“

Die Leistungen des 22-Jährigen sollten auch dem englischen Nationaltrainer Gareth Southgate nicht unbemerkt bleiben. Prompt gab Abraham während der zurückliegenden Länderspielpause im EM-Qualifikations-Spiel gegen Tschechien sein Pflichtspiel-Debüt für die Three Lions. Nachdem er bereits während seiner Zeit in Swansea im Herbst 2017 zu einem Testspiel-Einsatz kam, entschied er sich nun endgültig gegen die nigerianische Nationalmannschaft. Zuvor durchlief er sämtliche englische Juniorenmannschaften.

(Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Um den frisch gebackenen Nationalspieler möglichst lange zu halten, reagierte nun auch die Vereinsführung der Blues auf seine Entwicklung. Nach Informationen von „The Guardian“ sollen sich beide Parteien bereits in finalen Gesprächen über eine Ausdehnung des Vertrages bis 2024 (zuvor 2022) und einer Gehaltserhöhung auf ca. 115.000 Euro pro Woche befinden. Solange Lampard seine Talente an der Stamford Bridge weiterhin so viel fördert und fordert, könnte Abraham, Tomori, Mount und Hudson-Odoi nicht nur bei Chelsea, sondern auch im englischen Nationalteam eine rosige Zukunft bevorstehen. 

Stärken & Schwächen 

Zu Abrahams Stärken zählen vor allem seine Schnelligkeit im Eins gegen Eins, Dribbelstärke auf engstem Raum und der Abschluss mit dem starken rechten Fuß. Damit ist er bereits ein ziemlich kompletter Stürmer, der vieles mitbringt, aber sich auch noch in ein paar Attributen verbessern muss. Als Beispiele wären da der linke Fuß oder die Robustheit zu nennen, die für einen Stürmer in der extrem physischen Premier League noch ausbaufähig ist.

Die Einstellung stimmt jedenfalls laut seinem Coach: „Er ist ein super Junge, sympathisch und höflich. Einer, der jeden Tag besser werden will.“ Trotz seiner 1,90 m sei er sehr beweglich, schirme den Ball gut ab und komme in die richtigen Räume. Für einen Stürmer ist selbstverständlich auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten eine wichtige Komponente, doch die dürfte angesichts der bisher gezeigten Leistungen keine Schwäche sein.

(Photo by Alex Burstow/Getty Images)

Fazit & Perspektive 

Trotz seiner starken Leistungen zu Beginn der aktuellen Saison ist es wichtig alle Daten und Fakten richtig einzuordnen. Zweifellos hat Abraham auch bei seinen Leihstationen die meiste Zeit getroffen wie am Fließband, aber eben nur in der Championship. Zudem blieb der Angreifer in der laufenden Spielzeit in sechs von zehn Ligaspielen ohne eigenen Treffer, erzielte sieben seiner acht Ligatore innerhalb von drei Spielen.

Um in den Olymp des internationalen Fußballs aufzusteigen, wird es essenziell sein, in jedem Spiel an die eigene Leistungsgrenze zu gehen. Seinen Platz im Sturmzentrum der Blues wird Abraham, angesichts der wenig berücksichtigten Konkurrenten (Giroud, Batshuayi), zunächst sicher haben. Doch zu viele Leistungsschwankungen sollte er sich lieber nicht erlauben, denn Chelseas Transfersperre endet nach dem Ablauf der Saison und die Londoner sind nicht dafür bekannt, allzu zaghaft auf dem Transfermarkt zu agieren.

Des Weiteren wird es für ihn auch nicht einfach werden einen festen Platz in der Nationalmannschaft zu ergattern. Trainer Southgate setzt bevorzugt auf eine alleinige Spitze und sein Konkurrent um diesen begehrten Platz im Sturmzentrum ist kein geringerer als Harry Kane. Genau deshalb, wird die weitere Entwicklung Abrahams spannend zu verfolgen sein…

(Photo by Naomi Baker/Getty Images)

von Benedikt Iwen


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