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Gabriel Martinelli: Arsenals brasilianischer Hoffnungsträger

30. März 2020 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Im Sommer 2019 erregten beim FC Arsenal Neuzugänge wie Dani Ceballos, David Luiz oder Nicolas Pepe Aufmerksamkeit. Nahezu unbemerkt wurde auch ein 18-jähriger Brasilianer vom Ituano Futbol Clube verpflichtet: Gabriel Martinelli.

Der Angreifer war in Europa zuvor ein unbeschriebenes Blatt. Andere Talente aus Brasilien, darunter Rodrygo Goes, Reinier oder Antony standen im Mittelpunkt. Doch das hat sich geändert, mittlerweile hat sich Martinelli einen Namen gemacht. Bei Arsenal, in England – in ganz Europa.

Gabriell Martinelli: Akklimatisierung und Schlüsselspiele

In den ersten Wochen bei Arsenal deutete aber wenig darauf hin. Martinelli spielte eine unspektakuläre – aber keinesfalls schlechte – Vorbereitung, musste sich darüber hinaus erst einmal akklimatisieren. Der Brasilianer fand sich mit 18 Jahren in einem völlig neuen Umfeld wieder. Selbst arrivierten Profis wird bei einem Wechsel in die Premier League eine halbe, wenn nicht gar eine ganze Saison zur Eingewöhnung zugestanden. So viel Zeit benötigte Gabriel Martinelli allerdings nicht.

Dass Unai Emery, der zu Saisonbeginn noch Trainer des FC Arsenal war, viel Potenzial in Martinelli sah, zeigte sich schon beim ersten Ligaspiel in Newcastle. Arsenal führte mit 1:0 und kurz vor dem Ende wechselte Emery Martinelli für Henrikh Mkhitaryan ein. Der erste Schritt beim neuen Klub war also vollbracht, der erste Einsatz in der Premier League wird dem jungen Brasilianer in Erinnerung bleiben.

(Photo by Julian Finney/Getty Images)

In den Folgewochen spielte der 18-Jährige keine große Rolle. Zwar war er in der Liga und auch in der Europa League im Kader, auf weitere Einsatzzeit kam er jedoch nicht. Bis die für seinen Saisonverlauf enorm wichtigen Spiele gegen Nottingham Forest im Carabao Cup und etwas später gegen Standard Lüttich in der Europa League folgten. Im Pokalspiel gegen Nottingham durfte der Youngster erstmals von Beginn an spielen, traf beim 5:0 gleich zweimal. Einige Tage später, als es gegen Standard Lüttich (4:0) ging, erzielte er ebenfalls zwei Treffer, bereitete außerdem noch ein Tor für Dani Ceballos vor.

Martinelli: Die Art und Weise beeindruckt

Dabei sind es nicht die Statistiken per sé, die in diesen beiden Spielen überraschten, sondern vielmehr die Art und Weise, wie der Brasilianer auf dem Platz auftrat. Arsenal hatte schon zu Saisonbeginn strukturelle Probleme auf und neben dem Platz. Das Aus von Trainer Unai Emery war ein schleichender Prozess und bereits in vollem Gange. Die Unbekümmertheit, mit der Gabriel Martinelli auf dem Platz sein Pensum abspulte, beeindruckte. Und: Er schaffte es, sofort zu helfen, brauchte keine Anlaufzeit auf dem Platz.

Der 18-jährige vermittelte von der ersten Sekunde an eine ungeheure Freude am Fußballspielen. Und urplötzlich stand er im Fokus, wurde auch in engen Spielen in der Premier League als belebendes Element für die Schlussphase eingewechselt. Auch im kommenden Gruppenspiel der Europa League gegen Guimaraes traf Martinelli, wie auch im Carabao-Cup gegen den FC Liverpool.

Klopp-Lob und noch mehr Selbstvertrauen

Sein Auftritt gegen die „Reds“ brachte sogar Liverpool-Trainer Jürgen Klopp ins Schwärmen. Sichtlich beeindruckt fasste er nach dem wilden Spiel (5:5) zusammen: “Er hat ein wirklich fantastisches Spiel gemacht. Es war wirklich schwer, mit diesen Jungs klarzukommen. Martinelli ist etwa im selben Alter, aber er ist ein Jahrhunderttalent, er ist ein unglaublicher Stürmer.“

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

Spätestens nach diesem Abend, an dem Martinelli erneut doppelt traf, und den lobenden Worten von Jürgen Klopp, hatte sich der Youngster bei Arsenal etabliert. Während große Teile der Mannschaft mit Formdellen zu kämpfen hatten, schien ihm die Gesamtsituation nichts anhaben zu können. Aus einem jungen Talent, das langsam herangeführt werden sollte, wurde schnell ein Hoffnungsträger für die gesamte Mannschaft.

In einer Phase, in der Arsenal häufig ängstlich oder ideenlos wirkte, konnte Martinelli immer wieder für Belebung sorgen. Anfang Dezember, beim 3:1-Auswärtssieg gegen West Ham, erzielte der Brasilianer schließlich sein erstes Tor in der Premier League, international bereitete er sowohl gegen Frankfurt als auch gegen Lüttich einen Treffer vor. Die Krise bei Arsenal hielt aber an und nach der Entlassung von Unai Emery wurde Mikel Arteta als neuer Cheftrainer installiert.

Martinellis Attribute: Tempo, Technik & Zielstrebigkeit

Arsenal stabilisierte sich sukzessive, für Martinelli änderte sich unter Arteta wenig. Gegen Sheffield und Chelsea trug er sich in die Torschützenliste ein, startete in der Liga sogar dreimal in Folge. Und auch wenn er in den drei Ligaspielen vor der Unterbrechung der Saison nicht zum Einsatz kam, verlief die Saison bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht nur erfolgreich, sondern erstaunlich gut.

Martinelli übertraf die Erwartungen bisher vollends. Aus einem Perspektivspieler für die kommenden Jahre wurde ein Spieler, der eines der Gesichter des Umbruchs unter Mikel Arteta werden kann. Die Qualität dafür bringt Gabriel Martinelli jedenfalls mit. Der 18-Jährige kann sowohl im Zentrum als auch auf der Außenbahn spielen, fühlt sich auf beiden Positionen wohl. Seine Geschwindigkeit erlaubt es ihm, in 1-gegen-1-Duellen die Oberhand zu behalten, zudem ist das hohe Tempo – sowohl in Antritt als auch in Sachen Endgeschwindigkeit – ein sehr hilfreiches Element im Konterspiel. Das stellte Martinelli bei seinem Tor gegen Chelsea unter Beweis.

(Photo by GLYN KIRK/AFP via Getty Images)

Darüber hinaus verfügt er über eine enge Ballführung, kann sich aus schwierigen Situationen befreien, weil er häufig eine Idee hat, wie er Probleme auf engem Raum lösen kann. Und wenn nicht, handelt er instinktiv. Überdies zeigt sich der Brasilianer sehr zielstrebig, versucht, mit seinen Aktionen immer Torgefahr heraufzubeschwören. Und: Er ist für einen jungen Spieler aus Südamerika erfreulich selten verspielt. Klar, Übersteiger gehören dazu, aber den Gegner an der Nase herumführen, will er nicht.

Treffer können mit dem Fuß, aber auch per Kopf erzielt werden, im Strafraum oder auch von Außerhalb. Das Gesamtpaket des 18-Jährigen ist also beeindruckend, seine Qualitäten sind selbst von der Bank kommend gefragt und sofort einsatzfähig. Defizite gehören in diesem Alter dazu, die Defensivarbeit und die Arbeit gegen den Ball müssen verbessert werden, körperlich kann Martinelli auch noch etwas zulegen. Dass man nach den ersten 26 Pflichtspieleinsätzen (zehn Tore, vier Vorlagen) aber schon „auf hohem Niveau meckern“ kann, spricht für die rasante Entwicklung des Stürmers.

Im Schnitt eine Torbeteiligung pro 90 Minuten: Diese Statistik untermauert noch einmal, welche Bedeutung Gabriel Martinelli schon jetzt für das Spiel des FC Arsenal besitzt. Doch wohin die Reise des talentierten Brasilianers, der auch schon für die U23 der Seleçao debütierte, wirklich führt, lässt sich noch nicht abschätzen. Die Eindrücke, die der 18-Jährige bislang hinterließ, sprechen aber dafür, dass er nicht nur das Talent, sondern auch die Einstellung mitbringt, um sich dauerhaft bei Arsenal zu etablieren. Und nicht nur das, vielleicht prägt er ja eine Generation in der Nationalmannschaft, mit eingangs erwähnten Spielern wie Rodrygo Goes, Reinier oder Antony.

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(Photo by Julian Finney/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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