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In Mainz durchstarten: Viktor Fischer im Porträt

15. August 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Nach seinem Wechsel zu Ajax Amsterdam war der junge Däne Viktor Fischer in aller Munde. Er sollte der nächste Spieler sein, der bei den Niederländern den Durchbruch schafft und stand früh auf den Scoutinglisten vieler Topklubs. Einige Jahre später steht er beim FSV Mainz 05 unter Vertrag. Wie es dazu kam und warum er immer noch ein vielversprechender Fußballer mit einem großen Potenzial ist. 

Manchmal gelangt die Karriere eines jungen Spielers an einen Punkt, an dem ein Wechsel die beste Wahl zu sein scheint. An diesem Punkt war Fischer in Amsterdam nach drei Jahren angekommen.  Der Wechsel nach England sollte ihn befreien, doch nach einem Jahr und dem Abstieg mit Middlesbrough musste der nächste Wechsel her. In Mainz soll jetzt alles besser werden.

Riesentalent bei Ajax

Als Viktor Fischer 2011 von der U19 des FC Midtjylland zu Ajax wechselte und bereits über eine Million Euro an Ablöse kostete, war klar, dass dieser Spieler über immense Anlagen verfügen muss. Bei Ajax zeigte er schnell seine Qualitäten und sorgte für Begeisterung bei den Jugendtrainern. Zunächst litt die Effizienz etwas unter dem Wechsel in die Niederlande, er kam in der Saison 2011/12 zunächst in der A-Jugend zum Einsatz. Nur eine Saison später änderte sich bereits alles. In der Saison 2012/13 spielte er eine größere Rolle, nachdem er zu Beginn der Saison noch häufiger im Kader fehlte. In 23 Ligaspielen gelangen ihm 10 Tore und er legte 5 weitere vor.

(Photo by NEIL HANNA/AFP/Getty Images)

Fischer spielte unbekümmert, dachte nicht nach, handelte instinktiv richtig und war effizient, konnte flexibel eingesetzt werden. 2013/14 sollte es genauso weitergehen, aber die Effektivität litt ein wenig. Zum Saisonende musste Fischer aufgrund einer Oberschenkelverletzung passen, vorher konnte er in 34 Pflichtspielen 16 Scorerpunkte einfahren. Die Saison war keineswegs schlecht, aber eben auch kein großer Schritt nach vorne. Trotzdem befand sich Fischer weiterhin in den Notizbüchern zahlreicher Spitzenklubs in Europa, die seine Entwicklung aber noch abwarten wollten. Die Umgebung in Amsterdam war ohnehin ideal für ihn, er konnte ohne den ganz großen Druck reifen.

Die Oberschenkelverletzung entpuppte sich als schwerer als gedacht. Viktor Fischer musste fast die komplette Saison pausieren, spielte nur viermal für die Profis. Während seiner Abstinenz haben sich andere Spieler angeboten und sich in den Vordergrund gespielt. Trotzdem wollte er kämpfen und an das Niveau der Zeit vor der Verletzung herankommen, wieder der unbekümmerte, dynamische Flügelspieler sein, der die Fans verzaubert.

Stagnation und Premier League

Doch plötzlich ging nicht mehr alles so einfach wie vor der Verletzung. Fischer musste einen höheren Aufwand betreiben um Tore zu erzielen und Vorlagen zu geben. 12 Tore und 4 Vorlagen in 45 Pflichtspielen waren keinesfalls schlecht, aber er hatte sich nicht nur zurückgekämpft, sondern war topfit und hatte an seiner körperlichen Verfassung gearbeitet. Es zeichnete sich eine gewisse Stagnation ab, wenngleich diese auf einem nicht geringen Level stattfand. Viktor Fischer, der in den letzten Spielen der Saison nur noch Kurzeinsätze als Joker hatte, beschäftigte sich mit einem Wechsel, Middlesbrough lotste ihn schließlich in die Premier League.

Doch hier lief es überhaupt nicht nach Plan. Seine Zeit in der Premier League kann man nicht mit Stagnation beschreiben, denn Fischer spielte kaum. Verletzt war er nur im Dezember, auch vorher spielte er bereits keine große Rolle beim Absteiger. 3 Vorlagen in 12 Spielen in der höchsten englischen Spielklasse gelangen ihm, mehr als 650 Pflichtspielminuten waren nicht drin. Der Abstieg in die Championship war frustrierend, der Wechsel nach Mainz für ihn irgendwie ein Neuanfang.

Zurück zu alter Stärke

In Mainz wird man unter dem neuen Trainer Sandro Schwarz einige Veränderungen vornehmen. Kein Spieler aus den vergangenen Spielzeiten hat einen besonderen Bonus beim Trainer, die Karten werden neu gemischt. Diese neue Konkurrenzsituation sollte Viktor Fischer auch zu Höchstleistungen treiben können. Seine Klasse ist immer noch vorhanden, sie schlummert lediglich irgendwo und muss durch den Spielrhythmus und das Vertrauen wieder entfacht werden. Die Eindrücke in der Vorbereitung waren durchaus ordentlich, Fischer ist fit und scheint in das Konzept des Trainers zu passen.

Keiner sollte vom 23-jährigen Flügelspieler Wunderdinge erwarten, aber wenn er konstant zum Einsatz kommt und sein Selbstvertrauen kontinuierlich wächst, sind einige Scorerpunkte in der kommenden Saison möglich. Fischer selbst ist froh, dass er diese Chance wahrnehmen kann, die Bundesliga könnte seinem Spielstil ohnehin entgegenkommen. Der Vertrag in Mainz läuft bis 2021 und die 05er sind ein ruhig arbeitender Verein, der in der Vergangenheit schon mehrfach bewiesen hat, dass man die nötige Geduld bei der Entwicklung und Integration von Spielern mitbringt.

Vielseitige Qualitäten

Fischer ist in der Offensive vielseitig einsetzbar. Er kann über beide Außenbahnen kommen, aber auch je nach Ausrichtung aus dem Zentrum für Gefahr sorgen. Er verfügt über eine enge Ballführung, hat das Auge für den Mitspieler und kann sich mit seinem schnellen Antritt in gute Positionen manövrieren. In Topform ist er ein ständiger Unruheherd, der die gegnerischen Defensivreihen beschäftigt. Seine Dribblings sind sehr ordentlich, zudem hat Fischer einen guten und präzisen Abschluss. Wenn er im Offensivkonstrukt der 05er die nötigen Freiheiten bekommt, könnte er definitiv aufblühen.

(Photo by DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images)

Arbeiten muss er noch an seiner Defensivarbeit, insbesondere dem Umschaltspiel. Das wird Sandro Schwarz von ihm fordern und er muss sich an diese Vorgaben halten, um Erfolg zu haben. Im Zusammenspiel mit Muto, Quasion, Jairo oder de Blasis, die allesamt technisch stark und/oder schnell sind, könnte sich eine sehr vielseitige Offensive entwickeln, die vor allem bei schnellen Gegenangriffen für Gefahr sorgen kann. Mainz 05 geht bei einer Ablösesumme, die bei 3 Millionen Euro liegen soll, jedenfalls kein großes Risiko ein. Wenn der Spieler zu alter Stärke zurückfindet, hat man ein absolutes Schnäppchen gemacht.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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