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Nachspielzeit: Antoine Griezmann, der Hunger nach Erfolg und das Geschwätz von gestern

24. Mai 2017 | Spotlight | BY Chris McCarthy

Antoine Griezmann, der Name kursiert seit Monaten in der Medienwelt und wird vor allem mit einem Verein in Verbindung gebracht: Manchester United. Während viele Faktoren gegen einen Wechsel im Sommer sprachen, hat der Franzosen mit seinen jüngsten Aussagen nun die Wende eingeleitet…wie kam es dazu?

 

„Ich will den Erfolg schmecken“

Nachdem Antoine Griezmann (26) am Montag die Chancen auf einen Wechsel zu Manchester United überraschenderweise auf 60% einstufte, folgte gestern in einem Interview mit der L’Équipe der bisher eindeutigste Hinweis auf einen bevorstehenden Transfer:

„Ich habe einen Punkt erreicht, an dem schönen Fußball zu spielen und Tore zu erzielen nicht genug ist. Titel zu gewinnen, das ist es, was ich suche. (…) Wenn ich wechseln muss, dann ist das kein Problem. Es kann England sein, da das der Trend ist, Deutschland, China oder USA. Ich bin bereit, zu gehen. Ich weiß nicht ob sie es verstehen, aber alle Spieler, die Medien, meine Familie wissen, dass ich Fußball liebe, um Titel zu gewinnen. Diese starken Emotionen zu haben. Ich will den Erfolg schmecken“ [L’Équipe]

Der Franzose, der noch bis 2021 an die Madrilenen gebunden ist, darf die Rojiblancos dank Ausstiegsklausel in Höhe von 100 Millionen Euro vorzeitig verlassen.

Trotz der Vielzahl an Berichten und der Ausdauer des Gerüchts, sind die jüngsten Entwicklungen etwas überraschend…

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

 

Geschwätz von gestern?

Wieso überraschend? Es waren hauptsächlich die eigenen Aussagen des Stürmers, die einen Wechsel – zumindest im kommenden Sommer – etwas unwahrscheinlich machten:

5. September 2016

„Der einzige Zweifel (über Verbleib) würde aufkommen, wenn Simeone Atleti verlässt, zu PSG oder sonstwohin. Ich habe ihn angerufen, bevor ich den Vertrag verlängerte und er hat mir bestätigt, dass er den Verein nicht verlassen werde“ [Telefoot]

 

20. Dezember 2016

„Ich möchte nicht gehen, ich bin glücklich hier. Ganz ehrlich,ich kann mir nicht vorstellen Atleti zu verlassen.“ [France Football]

 

12. März 2017

„Ich bekomme immer die gleichen Fragen über meine Zukunft gestellt, es ist ermüdend. Wie ich schon häufig betont habe, bin ich sehr glücklich bei Atletico und in Madrid. Das Wetter ist großartig, man kann kaum bessere Mannschaftskameraden haben und ich werde von einem großartigen Coach trainiert. Ich fühle mich großartig hier. Ich sehe keinen Grund, wieso ich gehen sollte.“ [La1]

What a difference a year makes

War es naiv den scheinbaren Treuebekenntnissen zu viel Glauben zu schenken? Vielleicht etwas, doch ausschlaggebend waren wohl auch hier die so branchenüblichen, schnellen Veränderungen der Umstände, kurz gesagt: Die Schnelllebigkeit des Fußballgeschäfts:

  • Vor genau 12 Monaten verpasste Griezmann mit Atlético trotz der Konkurrenz durch den FC Barcelona und Real Madrid nur um drei Zähler die Meisterschaft, unterlag den Königlichen im Finale der Champions League erst im Elfmeterschießen und der geliebte Trainer des Madrilener Schlüsselspielers hatte noch vier Jahre Rest-Vertrag.
  • Heute beendet man zwar ebenfalls als Dritter die Saison, doch der Abstand auf die Tabellenspitze wuchs auf 15 Zähler heran, im Halbfinale der Königsklasse machte Real mit dem Stadtrivalen relativ kurzen Prozess und Simeone befindet sich wohl im letzten Jahr seiner Traineramtszeit. Der Argentinier verkürzte seinen Vertrag um zwei Jahre auf 2018. Auch wenn El Cholo sein Wort hielt und auch in der kommenden Spielzeit auf der Bank der Rojiblancos sitzen wird, ist das Argument „Trainer-Loyalität“ nun stark abgeschwächt und befristet.

 

(Photo JAVIER SORIANO/AFP/Getty Images)

Hunger nach Erfolg

Betrachtet man sich übrigens weitere Aussagen von Griezmann, so fällt auf, dass er bei all den Treuebekenntnissen auch die ein oder andere Hintertür offen ließ. Man könnte die folgenden Zitate rückblickend sogar als Alarmsignale werten…

15. Februar 2017

„Wer weiß, wie die Saison enden wird. Wenn sie ein schlechtes Ende hat, werde ich mir vielleicht die Frage stellen. Für den Moment ist das nicht relevant.“ [RMC]

18. Mai 2017 

„Ich fühle mich sehr wohl hier und muss mich nun mit meinem Repräsentanten und [Geschäftsführer] Miguel Angel Gil Marin treffen. Wir werden sehen was passiert. Ich bin glücklich. Wenn ich in meinem Privatleben glücklich bin, werde ich es auch in meinem Beruf sein. Ich liebe Simeone und meine Mitspieler. Ich bin immer noch genauso glücklich wie am ersten Tag, als ich mich vorstellte. Ich wünsche mir, dass ich mein privates und sportliches Leben weiter genießen kann. Ich will Titel, das ist, was ich will und was mir fehlt! Ich gebe bei Atlético alles dafür “ [Cadena Ser]

Unterm Strich ließ Griezmann mehrfach durchblicken, welches Verlangen er nach Titeln hat. Insbesondere den kürzlich geäußerten Wunsch, mit dem Geschäftsführer über die Zukunft sprechen zu wollen, ist neu und signifikant.

Wird die Transfersperre für den Sommer (wie erwartet) aufgehoben? Ist mit namhaften Neuzugängen zu rechnen? In welche Richtung geht der Klub? Was passiert nach Diego Simeone?

Dies sind sicher einige der durchaus berechtigten Fragen, die Griezmann seinem Geschäftsführer stellen würde oder gestellt hat. Aufgrund der Tatsache, dass seine neusten Kommentare in der L’Équipe ziemlich eindeutig sind, scheint er seine Antworten bereits erhalten zu haben…

Was kümmert also das „Geschwätz von gestern“, wenn sich die Umstände verändert haben und/oder der Hunger nach Erfolg zugenommen hat? Ob er den bei Manchester United schneller schmecken kann, ist eine ganz andere Frage. Falls nicht wird die üppige Gehaltserhöhung Griezmann vorübergehend schon sättigen…

(Photo JAVIER SORIANO/AFP/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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