Europa League Vorschau Gruppe L: KAA Gent, Roter Stern, TSG Hoffenheim, Slovan Liberec

22. Oktober 2020 | Vorschau | BY Kilian Thullen

In Kürze beginnt die neue Saison in der UEFA Europa League. In der Gruppe L treffen der KAA Gent, Roter Stern, die TSG Hoffenheim und Slovan Liberec aufeinander. Wir stellen die Teams vor!

  • Gent will sich beweisen
  • Hoffenheim hat den Gruppensieg im Blick
  • Unangenehme Gruppe für den Bundesligisten

Gruppe A: Roma, Young Boys, Cluj, ZSKA Sofia

Gruppe B: Arsenal, Rapid, Molde, Dundalk

Gruppe C: Bayer 04, Slavia, Beer Sheva, Nizza

Gruppe D: Benfica, Lüttich, Rangers, Lech Posen

Gruppe E: PSV, PAOK, Granada, Nikosia

Gruppe F: Neapel, Real Sociedad, Alkmaar, Rijeka

Gruppe G: Braga, Leicester, AEK Athen, Luhansk

Gruppe H: Celtic, Sparta Prag, Milan, Lille

Gruppe I: Villarreal, Qarabag, Maccabi, Sivasspor

Gruppe J: Tottenham, Ludogorets, LASK, Antwerpen

Gruppe K: ZSKA Moskau, Dinamo Zagreb, Feyenoord, WAC

KAA Gent: Turbulenter Start in die Saison

Der belgische Vertreter aus Lostopf 1 blickt auf eine erfolgreiche Saison 19/20 zurück. Unter Trainer Jess Thorup (50) konnte man die Liga auf dem zweiten Platz beenden, was die Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation bedeutete. Doch dieser verließ den Verein in der Sommerpause in Richtung Genk – und mit ihm ging der Erfolg. Der Rumäne László Bölöni (67) übernahm und wurde nach nur einem Sieg aus den ersten fünf Spielen entlassen. Es übernahm der vorherige Co-Trainer Wim De Decker (38) als Interimslösung.

(Photo by KURT DESPLENTER/BELGA MAG/AFP via Getty Images)

Doch auch unter dem jungen Coach sollte es bisher nicht rund laufen. Aktuell steht Gent auf einem enttäuschenden 13. Platz in der Jupiler Pro League. Umso wichtiger wird die Performance in der Europa League sein, in der man sich durchaus gute Chancen auf das Weiterkommen ausrechnet. In taktischer Hinsicht legt Trainer De Decker großen Wert auf Flexibilität. Je nach gegnerischer Ausrichtung variiert er zwischen 4-3-3 mit nur einem defensiven Mittelfeldspieler vor der Abwehr und einem klassischen 4-2-3-1.

Wer tritt die Nachfolge Jonathan Davids an?

Besonders in letzterer Formation nimmt der ukrainische Nationalspieler Roman Yaremchuk (24) eine spannende Rolle ein. Formell agiert er als offensiver Mittelfeldspieler hinter der nominellen Spitze, er bewegt sich allerdings auch häufig auf der letzten Linie. Mit seiner körperlichen Präsenz (1,91m) gelingt es ihm dort immer wieder als Wandspieler zu agieren oder mit seiner, vor allem für seine Größe, starken Technik selbst etwas zu kreieren. Seit der Amtsübernahme von De Decker gelangen Yaremchuk vier Torbeteiligungen in drei Spielen.

(Photo by JASPER JACOBS/Belga/AFP via Getty Images)

Im Sommer-Transferfenster stand der Abschied von Shootingstar Jonathan David (20) im Vordergrund, der für 27 Millionen Euro zu OSC Lille wechselte. Das eingenommene Geld wurde sofort reinvestiert und es kamen gleich zwölf Spieler für die neue Saison. Mit Núrio Fortuna (25) kam ein neuer Linksverteidiger für sechs Millionen Euro von Ligakonkurrent Charleroi. Für die nötige Erfahrung soll Routinier Sven Kums (32) sorgen, der als Taktgeber im Mittelfeld fungiert. Ein direkter Nachfolger für David wurde allerdings nicht verpflichtet.

Doch auch zwei ehemalige Spieler aus der 2. Bundesliga wurden von den David-Millionen gekauft. Mit Niklas Dorsch (22) und Tim Kleindienst (24) wechselten gleich zwei Spieler vom Überraschungsteam Heidenheim ins Nachbarland Belgien. Während Dorsch bereits einige Spiele von Beginn an absolvieren durfte, muss Kleindienst sich allerdings noch etwas gedulden. Beide dürften sich allerdings besonders auf die Partien gegen 1899 Hoffenheim freuen.

Roter Stern: Starker Saisonstart in heimischer Liga

Das Team aus der serbischen Hauptstadt ist nun schon seit mehreren Jahren im internationalen Geschäft vertreten. In den letzten beiden Jahren konnte man sich sogar für die Champions League qualifizieren, wurde als krasser Außenseiter aber jeweils nur Vierter und konnte somit auch nicht in der Europa League überwintern. Der letzte Achtungserfolg der Serben datiert aus der Saison 17/18 mit dem Erreichen der Zwischenrunde der Europa League, als man sich allerdings ZSKA Moskau geschlagen geben musste. In diesem Jahr ist das Weiterkommen in einer machbaren Gruppe durchaus realistisch.

Dieser Anspruch wird auch vom starken Saisonstart untermauert. Der serbische Rekordmeister steht nach elf Spielen und einer Punkteausbeute von 31 aus möglichen 33 Punkten mit weitem Abstand auf dem ersten Platz. Das Torverhältnis von 35:4 Toren kann sich ebenfalls sehen lassen und zeugt von der Dominanz, die die Hauptstädter in dieser Saison ausstrahlen. Diese Zahlen muss man allerdings vor dem Hintergrund sehen, dass mit Partizan Belgrad nur eine finanzielle und sportlich ebenbürtige Mannschaft in Serbien spielt. Seit über einem Jahrzehnt machen diese beiden Klubs den Meistertitel unter sich aus.

(Photo by PEDJA MILOSAVLJEVIC/AFP via Getty Images)

Prominenz auf der Trainerbank

Trotz einiger Abgänge und finanziell bedingt nur wenigen Zugängen ist der Kader von Roter Stern Belgrad in der Breite gut aufgestellt. Viele Positionen sind in zweiter Reihe nahezu gleichwertig besetzt, was umfangreiches Rotieren möglich macht. Hinzu kommt, dass die Mannschaft über keinen Star verfügt, sondern die Last auf viele Schultern verteilt wird.

Der Anführer der Mannschaft ist Linksverteidiger Milan Rodic (29). Der serbische Nationalspieler verfügt über eine Menge internationale Erfahrung und überzeugt durch gutes Stellungsspiel und ein starkes Zweikampfverhalten. Der wohl interessentaste Spieler im Kader der Serben ist allerdings Zeljko Gavric (19). Erst im letzten Jahr schaffte der Flügelspieler aus der eigenen Jugend den Durchbruch und spielte eine sehr starke Saison. Häufig sucht er 1-gegen-1-Situationen und weist ein für sein Alter starkes Spielverständnis auf.

Der wohl bekannteste Name des Vereins nimmt allerdings nur auf der Trainerbank Platz: Dejan Stankovic (42). Als Spieler bei Lazio Rom und Inter Mailand hat er große Erfolge gefeiert und auch in Belgrad brachte er in seinem ersten Amtsjahr sofort die Meisterschaft in die serbische Hauptstadt. In einer relativ offenen Gruppe und womöglich vielen engen Spielen, ist die internationale Erfahrung Stankovics sicherlich kein Nachteil.

1899 Hoffenheim: Hoeneß‘ Premiere auf europäischer Bühne

Trotz der Zuordnung der TSG in Lostopf 3 sind die Kraichgauer so etwas wie der kleine Favorit in dieser ausgeglichenen Gruppe. „Wir wollen die Gruppenphase überstehen, das ist unser großes Ziel“, unterstreicht auch der neue Trainer Sebastian Hoeneß (38) die eigenen Ambitionen. Dessen Vorgänger Alfred Schreuder (47) gelang nach einjähriger Abstinenz die Qualifikation für das europäische Geschäft. Dass die Arbeit mit diesem nicht fortgesetzt wurde, lag an starken Differenzen zwischen Schreuder und den anderen Verantwortlichen bezüglich der Zukunftsvisionen.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Mit Hoeneß hat man einen jungen und ambitionierten Trainer verpflichtet, der die Hoffenheim-DNA verkörpert. Bereits in den ersten Bundesligaspielen zeigte sich ein deutlicher Wandel in der Spielanlage. Wie auch schon bei seiner vorherigen Trainerstation, bei der U23 der Bayern, ist das Spiel geprägt von einem aggressiven Anlaufverhalten und hohen Verteidigen. Mit Ball wird häufig der schnelle Ball in die Tiefe gesucht, der vor allem im Spiel gegen den BVB immer wieder für brandgefährliche Situationen gesorgt hat. Die Grundordnung variierte dabei bisher zwischen Dreier- und Viererkette, was die Mannschaft für die gegnerischen Trainer schwer auszurechnen macht.

Alle Augen sind auf Andrej Kramaric gerichtet

Auf dem Transfermarkt verhielt sich die TSG in diesem Sommer eher ruhig. Mit Leonardo Bittencourt (26), Gregor Kobel (22) und Steven Zuber (28) wurden drei relevante Spieler abgegeben, während sich mit Sebastian Rudy (30), Mijat Gacinovic (25) und Ryan Sessegnon (20) punktuell verstärkt wurde. Besonders letzterer besitzt großes Potential und könnte den Kraichgauern eine Menge Freude bescheren.

(Photo by DANIEL ROLAND/AFP via Getty Images)

Die Hoffnungen in die Offensive werden vor allem in Andrej Kramaric (29) gesetzt, der mit acht Toren aus den ersten vier Pflichtspielen einen exzellenten Saisonstart erwischt hat. Aufgrund einer Corona-Infektion fehlt der Kroate, genau wie Kasim Adams (25) und Pavel Kaderabek (28), allerdings beim Auftaktspiel gegen Roter Stern. Der Kader ist allerdings breit genug aufgestellt, um diese Ausfälle zu kompensieren, auch wenn sie schmerzhaft für Hoeneß und sein Team sind.

FC Slovan Liberec: Fehlender Rhythmus oder volle Akkus?

Eine Außenseiterrolle nimmt der tschechische Club aus der nordböhmischen Stadt Liberec ein. Zuletzt konnte man sich in der Saison 2016/17 für die Europa League qualifizieren, schied allerdings bereits nach der Vorrunde als Gruppenletzter aus. Auch in diesem Jahr scheint ein Weiterkommen unrealistisch, chancenlos dürften die Tschechen allerdings nicht sein. In der Qualifikation setzte man sich gegen den FK Riteriai aus Litauen, FCSB Bukarest und APOEL Nikosia durch.

Mit zehn Punkten aus sechs Spielen steht die Mannschaft von Trainer Pavel Hoftych (53) in der heimischen Liga auf dem fünften Rang. Ein akzeptabler Saisonstart, betrachtet man, dass Liberec die letzten drei Spielzeiten auf dem fünften und sechsten Platz beendete. Negativ aufstoßen dürfte den Verantwortlichen hingegen die fehlende Spielpraxis, die aufgrund der Länderspielpause und der Corona-Auflagen in Tschechien vor dem ersten Gruppenspiel ein Thema sind. Aufgrund der sich dort zuspitzenden Lage sind seit dem 12. Oktober für zwei Wochen jegliche Sportveranstaltungen untersagt. Das könnte allerdings auch ein Vorteil sein, denn die Spieler hatten im Gegensatz zu vielen Akteuren der Gruppengegner eine Menge Zeit sich zu regenerieren.

(Photo by RADEK PETRASEK/BELGA MAG/AFP via Getty Images)

Viele Unbekannte im Kader

Der Kader der Tschechen wartet mit international unerfahrenen und unbekannten Spielern auf. Kreativer Kopf der Mannschaft ist Michel Beran (20), der vor der Saison für 700.000€ an Slavia Prag verkauft wurde, jedoch noch ein Jahr Spielpraxis in Liberec sammeln soll, ehe er den Kader der Hauptstädter verstärkt. Der wohl bekannteste Name ist Michal Sadilek (21), ein zentraler Mittelfeldspieler, der aktuell von PSV Eindhoven ausgeliehen ist. Der quirlige Linksfuß ist einer der wenigen Spieler im Kader mit internationaler Erfahrung und wird vorangehen müssen.

Der versteckte Star des Teams ist allerdings Jan Matousek (21), der vor der Saison ebenfalls von Slavia Prag ausgeliehen wurde. Mit seinem starken Grundtempo und Zug zum Tor wird der tschechische U21-Nationalspieler immer wieder das Ziel von längen Bällen hinter die gegnerische Abwehr sein. Ohnehin wird das Spiel von Liberec von einer tief stehenden Defensivreihe und schnellem Konterspiel über die Flügel geprägt sein.

Prognose

Der klare Außenseiter in dieser Gruppe ist Slovan Liberec. Gent, Roter Stern und Hoffenheim sind ungefähr auf einem Niveau zu erwarten und werden die ersten beiden Plätze unter sich ausmachen. Die jeweiligen direkten Duelle entscheiden über das Überwintern in Europa.

(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Kilian Thullen

Bosz, Rose & Co. im Herzen, die Bundesliga im Blick. Seinen Durst nach Gegenpressing und dynamischem Offensivspiel stillt Kilian vor allem in Deutschland. Seit 2018 bei 90PLUS.


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