FC Granada vs ManUtd – Endlich Silberware für Solskjaer?

8. April 2021 | Champions League | BY Marius Merck

Vorschau | In etwa zweieinhalb Jahren hat Ole Gunnar Solskjaer als Trainer bei Manchester United durchaus für Fortschritte gesorgt. Allerdings gelang es bisher nicht diesen Prozess mit Silberware zu validieren. Gelingt ManUtd dies nun in der Europa League? Dafür muss mit dem FC Granada zunächst ein vermeintlicher Außenseiter ausgeschaltet werden.

Anpfiff der Partie ist am Donnerstag, 21:00 Uhr, Live bei DAZN (Registriere dich jetzt auf DAZN und erhalte einen Gratismonat)

  • Manchester United: Europa-League-Sieg als letztes Saisonziel
  • Solskjaer will endlich den ersten Titel mit ManUtd
  • FC Granada: Kann der Außenseiter den Favoriten ärgern?

Diese Vorschau entstand mit tatkräftiger Unterstützung von Gerald Emprechtinger, glühender ManUtd-Anhänger seit 1993 und freier Journalist bei 90min.at.

 

FC Granada: Endlich sportliche Schlagzeilen

Nachdem der FC Granada in den letzten Jahren vor allem mit vielen Transfers der äußerst dubiosen Sorte auf sich aufmerksam machte, gelang dies in der letzten Saison endlich auch mal in sportlicher Hinsicht. Der Aufsteiger belegte 2019/20 einen sensationellen sechsten Platz in La Liga. Damit qualifizierte sich der Klub erstmals für einen europäischen Wettbewerb. Viel wichtiger: Dadurch fokussierte sich die Berichterstattung endlich mal auf das Geschehen auf dem Platz.

Denn Granada fiel in den letzten Jahren vor allem auf dem Transfermarkt auf. Der Verein befand sich bis 2016 in der Hand des Besitzers Giampaolo Pozzo (79), welcher ebenfalls Udinese Calcio und den FC Watford zu seinen Besitztümern zählt. Der Journalist Lukas von Hoyer beleuchtete dieses seltsame Geflecht in einem Bericht für „Sport1“ kürzlich äußerst anschaulich. In den letzten Jahren wechselten zahlreiche Spieler zwischen diesen drei Vereinen hin und her. Von Hoyer stellt dabei besonders hervor, dass Granada während des Durchmarschs aus der dritten in die erste Liga in zwei Spielzeiten insgesamt 14 (!) Spieler aus Udine unter Vertrag nahm. Bei einem solchen Geschäftsgebaren liegt der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung in der Regel nicht sehr weit.

FC Granada

(Photo: IMAGO)

FC Granada: Der Favoritenschreck?

Unabhängig von der berechtigten Kritik in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht weiß der FC Granada die starke Vorsaison bisher zu bestätigen. Aktuell liegt die Mannschaft von Trainer Diego Martinez (40) auf dem neunten Platz und erfüllt damit erneut die Erwartungen. Die Andalusier lagen bisher in dem berüchtigten „zweiten Jahr“ nach dem Aufstieg nie schlechter als auf dem zehnten Platz und somit stets in der ersten Tabellenhälfte. Hierbei muss jedoch auch erwähnt werden, dass die Formkurve des Teams in nationalen Gefilden nach unten zeigt. In der 13 La-Liga-Partien in diesem Kalenderjahr gelangen lediglich zwei Siege. Die souveräne Platzierung ist deswegen vor allem der überdurchschnittlichen Hinrunde geschuldet.

Dennoch: Trotz Mehrfachbelastung kann das zweite Jahr bis zum aktuellen Zeitpunkt als äußerst gelungen eingeordnet werden. Mit Erfolgen über den FC Sevilla, Real Sociedad oder Athletic hat der FC Granda zudem 2019/20 unter Beweis gestellt, dass man durchaus zum Favoritenschreck taugen kann. Denn die Umsetzung dieses Attributes gelang in der Europa League in gleicher Weise. So schmissen die Spanier in der Zwischenrunde sensationell die SSC Napoli aus dem Wettbewerb. Zuvor hatte man sich in der Vorrunde gegen PAOK, PSV und Omonia Nikosia durchgesetzt. Im Achtelfinale musste dann der FK Molde (der Ex-Klub von Solskjaer) daran glauben. Emprechtinger sieht in den bisherigen Gegnern „keine wirklichen Hammerlose“, für ihn sticht aber ebenso das Weiterkommen gegen Napoli heraus. Zudem habe United zuletzt durchaus Probleme mit spanischen Teams gehabt.

FC Granada Kenedy

(Photo: IMAGO)

Einige bekannte Gesichter beim FC Granada

Die Mannschaft von Martinez verfolgt in einem 4-2-3-1 einen recht kompakten Ansatz. Gerade in La Liga vermag diese Grundidee nicht immer zu überzeugen. Vor allem die Defensive wirkt nämlich nur bedingt sattelfest. Denn mit 49 Gegentoren stellt Granada aktuell die schlechteste (!) Defensive der gesamten Liga. Auf europäischer Bühne wirkte sich dieses Defizit bisher nicht aus, dennoch liegt hier klar die Schwachstelle des Teams. Dabei tummelt sich in diesem Verbund mit Domingues Duarte (26), German Sanchez (34) oder Jesus Vallejo (24) durchaus eine gewisse Qualität. Fraglos ist größer ist jene allerdings im Mittelfeld. Maxime Gonalons (32), Luis Milla (26) und vor allem der von Manchester City ausgeliehene Yangel Herrera (23) machen diesen Mannschaftsteil zu dem Prunkstück. Auf den offensiven Außenbahnen stehen mit Darwin Machis (28) oder Kenedy (25) ebenso veritable Optionen zur Verfügung. Im Sturmzentrum kann Martinez mit Roberto Soldado (35) und Jorge Molina (38) auf sehr erfahrene Alternativen zurückgreifen.

ManUtd: Aufschwung unter Solskjaer

Seit Dezember 2018 bekleidet Ole Gunnar Solskjaer (47) das Traineramt bei Manchester United. Die Vereinslegende konnte seitdem den Kader weitestgehend qualitativ verbessern. Auch in die sportlichen Resultate hat der Norweger seit der Übernahme eine gewisse Konstanz hineinbekommen. In der letzten Saison erreichte ManUtd den dritten Rang, in der laufenden Runde deutet aktuell ziemlich viel auf die Vizemeisterschaft hin. Dennoch hat Solskjaer es bis zum heutigen Tag nicht geschafft, gewisse Kritiker zu verstummen lassen, welche ihm eine mangelnde Spielidee attestieren. Emprechtinger nimmt Solskjaer hier durchaus berechtigt in Schutz. „Im Bezug auf die dürftigen Auftritte kann man den dicht gedrängten Terminplan zumindest mitverantwortlich machen. United hatte aufgrund der späten EL-Halbfinalteilnahme letzte Saison quasi keine Sommerpause, ich wüsste nicht welche Mannschaft seit Mai 2020 mehr Spiele absolviert hätte als United. Der Tank der Schlüsselspieler ist eigentlich mehr als leer,“ so der Experte.

Emprechtinger gehört bei seiner Bewertung klar dem ersten Lager an, denn mit der Entwicklung ist er „grundsätzlich zufrieden, vor allem weil eine Entwicklung erkennbar ist. Dies war unter Moyes, Van Gaal oder Mourinho zu keinem Zeitpunkt der Fall. Die Ergebnisse gegen schwächere Mannschaften sind zu 90% wieder stabil und erwartbar geworden. Es hat sich zum ersten Mal seit langer Zeit auch wieder eine natürliche Hierarchie bzw. Balance in der Mannschaft gebildet.“ Wegen dieser wäre ManUtd auch in der Lage gewesen, die vielen Rückstände in der Saison 2020/21 noch in Siege zu drehen. Zudem dürfe man auch die grundsätzliche Erwartungshaltung vor der Spielzeit nicht außer Acht lassen: „Die allerwenigsten Experten hätten vor der Saison getippt, dass man zwischendurch an der Tabellenspitze stehen würde oder der Champions League Platz Anfang April statistisch gesehen zu 98% abgesichert sein würde.“

Solskjaer ManUtd

(Photo: IMAGO)

Endlich wieder Silberware für ManUtd?

Jedoch lässt sich der Einwand der fehlenden Silberware des Norwegers nach mehreren verlorenen Halbfinales nicht widerlegen. „Wenn du Manager von United bist, wirst du an Titeln gemessen, eine CL-Teilnahme ist eigentlich nur das absolute Minimum. Dass er auch Titel gewinnen kann, muss er nun in der EL beweisen – bisher ist er ja stets im Halbfinale, ganz egal ob EL, FA-Cup oder League Cup gescheitert“, so Emprechtinger.

Der Triumph in der Europa League gelang ManUtd gerade erst vor vier Jahren. Den Kader wäre seitdem grundsätzlich verbessert worden, wenngleich zuletzt eine neue Baustelle entstanden sei. Auf der Torhüterposition bin ich weder von Dean Henderson (24) noch David De Gea (29) restlos überzeugt. Der Spanier spielt leider weit nicht mehr am Niveau von 2015-2019 und daher ist es nachvollziehbar, dass Henderson derzeit die Nase vorn hat. (…) Insofern bleibt die Torhüterposition für mich eine Baustelle.“ Ganz anders sieht die Bewertung bei Herzstück Bruno Fernandes (26) aus, der für Emprechtinger „subjektiv und wohl auch objektiv erneut Spieler des Jahres, er wird am Ende auch im PL-Team der Saison landen und vermutlich auch einer der drei Nominierten für den POTY sein wird.“ Ein Loblied wird daneben auch Luke Shaw (25) gesungen, dem aktuell wahrscheinlich besten Linksverteidiger der Premier League: „Seine Steigerung im letzten Jahr ist beeindruckend!“ Der Engländer könnte heute allerdings für den wiedergenesenen Alex Telles (28) geschont werden.

Bruno Fernandes ManUtd

(Photo: IMAGO)

ManUtd: Trotz Fernandes – Sorgenkind Angriff?

Etwas Kopfzerbrechen bereitet ManUtd in diesem Jahr die Besetzung der Mittelstürmer-Position. Anthony Martial (25) konnte seine famose Vorsaison keineswegs bestätigen und wird womöglich verletzungsbedingt bis Saisonende fehlen. Den Leistungsabfall kann Emprechtinger kaum erklären: „Wieso oder wo er über die kurze Sommerpause dann jegliches Selbstvertrauen und jeglichen Torinstinkt verloren hat, weiß wohl niemand.“ Umso eher beeindruckt den Experten die Saison von Edinson Cavani (34). Daneben ist er „sehr gespannt im Bezug auf die weitere Entwicklung von Amad Diallo (18)“, der heute Abend einige Minuten sehen könnte.

Trotz der ganzen mutmachenden Entwicklungen benötige das Team weiterhin „einen Abwehrchef als neuen Partner von Harry Maguire (28). Victor Lindelöf (26) ist für die europäische Spitze einfach nicht gut genug.“ Daneben wäre ein neuer defensiver Mittelfeldspieler unabdingbar. Und das angesprochene Problem im Angriff hätte ManUtd nach Meinung Emprechtingers ganz klar mit Erling Braut Haaland (20/BVB) schließen müssen: „Wie man dies damals trotz aller Voraussetzungen nicht geschafft hat, ist mir bis heute ein Rätsel.“ Erst dann könne ManUtd „wirklich permanent ganz vorne mitspielen.“ Daher wäre auf dem Weg dahin der Gewinn der Europa League „irrsinnig wichtig für die weitere Entwicklung.“

 

Prognose

Die Favoritenlage scheint auf dem ersten Blick eindeutig. ManUtd dürfte auf dem Papier dem FC Granda fraglos überlegen sein. Die Spanier haben jedoch bereits bewiesen, dass sie im Stande sind, auch Favoriten zu ärgern. Dennoch sollte sich eben jener im direkten Duell letztendlich durchsetzen, wovon auch Emprechtinger ausgeht: „Aus Sicht von United darf Granada daher kein echtes Problem darstellen.“

 

Mögliche Aufstellungen

FC Granada: Silva – Diaz, Duarte, Sanchez, Vallejo – Herrera, Gonalons – Molina, Puertas, Kenedy – Soldado

ManUtd: De Gea (Henderson) – Wan-Bissaka, Lindelöf, Maguire, Telles (Shaw) – McTominay, Fred – Greenwood, Fernandes, Rashford – Cavani

Marius Merck

Eine Autogrammstunde von Fritz Walter weckte die Leidenschaft für diese Sportart, die über eine (“herausragende”) Amateurkarriere bis zur Gründung von 90PLUS führte. Bei seinem erklärten Ziel, endlich ein “Erfolgsfan” zu werden, weiter erfolglos.


Ähnliche Artikel