Mit neuen Trainern in die K.O.-Phase – Napoli empfängt den FC Barcelona

25. Februar 2020 | Champions League | BY Steffen Gronwald

Vorschau | Die heutige Partie zwischen der SSC Neapel und dem FC Barcelona ist auch von den neuen Trainern geprägt, die nach dem Erreichen des Achtelfinals jeweils eingestellt wurden. Doch was für Auswirkungen hat dies auf die Begegnung?

Anpfiff der Partie ist am Dienstag, 21:00 Uhr, live auf DAZN (Registriere dich jetzt auf DAZN und erhalte einen Gratismonat).

SSC Neapel

Der SSC Neapel erreichte die K.O.-Phase der diesjährigen Champions League mit Hilfe eines zweiten Platzes in der Gruppe E. Als eines der wenigen Teams, die ungeschlagen blieben (3 Siege / 3 Unentschieden), zeigte man sich gerade gegen Liverpool sehr effizient. Zudem agierte man in der Defensive ziemlich kompakt und kassierte in den sechs Spielen lediglich vier Gegentore – einzig PSG kassierte in der Gruppenphase weniger Treffer. Das Weiterkommen in der Champions League reichte aber nicht, um Carlo Ancelotti weiter im Amt zu halten…

Unzufriedenheit auf nationaler Ebene

Vor allem auf nationaler Ebene zeigte sich Napoli zu Beginn der Saison eher enttäuschend. Nachdem man in den vergangenen Jahren stets um die oberen drei Plätze mitspielte, reihten sich die Neapolitaner im Laufe der Hinrunde lediglich im oberen Mittelfeld der Tabelle ein. Der Fußball, den Carlo Ancelotti spielen ließ, konnte zum Ende seiner Amtszeit keinen Gegner mehr überraschen, Napoli zeigte sich harmlos und ineffizient. So blieb man in der Serie A zwischenzeitlich sieben Spiele ohne jeglichen Sieg, rutschte von Rang 4 raus aus den internationalen Plätzen und verlor den Anschluss nach oben. Die Folge: Carlo Ancelotti musste am 10. Dezember 2019 seinen Hut nehmen und den Schreibtisch räumen – und das obwohl man ungeschlagen die K.O.-Phase der Champions League erreichte.

Napoli unter Gennaro Gattuso

Doch auch der neue Übungsleiter Gennaro Gattuso – der primär für einen einsatzfreudigen und intensiven Fußball steht – konnte das Ruder zunächst nicht herumreißen. Sein Auftaktspiel ging vor den eigenen Fans gegen Parma mit 1:2 verloren. Zwar folgte mit dem letzten Spiel vor der Winterpause noch ein Sieg, doch der Start in das neue Jahr ging mehr als schief. Gegen die direkte Konkurrenz verlor man, holte aus drei Spielen zum Jahresbeginn nicht einen einzigen Punkt. Das einzige Erfolgserlebnis war hierbei das Weiterkommen im Pokal, insgesamt schien Gattuso seine neue Mannschaft aber noch nicht zu erreichen.

Doch mit der Zeit gewöhnten sich die Neapolitaner an die neue, intensive Spielweise. Der phasenweise sehr raue Fußball, den der Trainer schon zu Spielerzeiten vorlebte, wurde besser umgesetzt und die Ergebnisse wurden weitaus positiver. Auch wenn Neapel noch über keine unverwechselbare Identität verfügt, wie es beispielsweise unter Maurizio Sarri der Fall war, derzeit punkten die Italiener zuverlässig und die Fans freut es. So konnte man sich von Platz 11 wieder nach oben kämpfen, bezwang unter anderem Spitzenreiter Juventus Turin und gewann im Pokal gegen Lazio Rom und Inter Mailand. Gerade gegen die vermeintlichen Favoriten zeigt sich Napoli sehr unangenehm, steht defensiv gut gegen den Ball und lässt nur wenig zu. Der Lohn ist ein sechster Platz in der Serie A, Tendenz steigend.

Napoli steht derzeit vor allem für Kompaktheit. Das Mittelfeld wird in der Regel sehr eng gehalten, die Arbeit gegen den Ball steht im Vordergrund. Die intensive und teilweise auch raue Spielweise von Trainer Gennaro Gattuso soll die Gegner zu Fehlern zwingen und Spiele über einen langen Zeitraum hinweg offen halten. Dabei wird auch Fabian Ruiz eine große Rolle spielen. Der Mittelfeldmotor ist bei den Neapolitanern unangefochtener Stammspieler, läuft im zentralen Mittelfeld auf und ist ein sehr dynamischer, vorausschauend agierender Spieler. Er wird von vielen Klubs, darunter angeblich auch vom FC Barcelona, umworben.

FC Barcelona

Auch der FC Barcelona gehört zum kleinen Kreis an Teams, welche in der Gruppenphase der diesjährigen Champions League-Saison ungeschlagen blieben. Mit vier Siegen und zwei Unentschieden qualifizierten sich die Katalanen vorzeitig für das Achtelfinale. Dennoch war nicht alles so souverän, wie es den Anschein machte, die ungemeine Qualität setzte sich im Endeffekt aber dennoch verdient durch.

Ungewohnt inkonstant

Der FC Barcelona zeichnet sich in dieser Saison vor allem durch Unruhe und Inkonstanz aus. Bereits zu Beginn der Saison fehlte die Leichtigkeit beim Fußballspielen, man agierte primär konservativ und hatte Probleme damit, die Spiele über 90 Minuten hinweg zu kontrollieren. Nach fünf Spieltagen hatten die Katalanen bereits zwei Niederlagen auf dem Konto, die Defensive war ziemlich fehleranfällig und der Angriff schien nur phasenweise ins Rollen zu kommen. Kurzum: Der Meister des Vorjahres schien ausrechenbar geworden zu sein.

Doch die Qualität im dünn besetzten Kader war nach wie vor so groß, dass der FC Barcelona schnell wieder an der Tabellenspitze stand. Jedoch war dieses Hoch in der Regel nur ergebnistechnisch zu sehen, fußballerisch blieben viele Fragen offen. Dies führte dazu, dass jeder Ausrutscher mit großen Unruhen im Umfeld begleitet wurde, die Kritik an Trainer Ernesto Valverde wuchs und damit auch der Druck im Verein. Nach der 2:3-Niederlage in der Supercopa gegen Atletico Madrid zog der Klub letztlich die Reißleine und installierte Quique Setien als neuen Übungsleiter an der Seitenlinie.

Mit Quique Setien in ruhigere Gewässer?

Mit Quique Setien erhoffte man sich in Barcelona einen weitaus attraktiveren Fußball, mehr Fluidität in der Offensive und die Rückkehr zur alten Leichtigkeit. Doch auch unter dem neuen Trainer zeigten sich die Katalanen zunächst mutlos. Gegen Granada gewann man zwar knapp mit 1:0 und auch im Pokal kam man zunächst eine Runde weiter. Doch das 2:1 auf Ibiza war mehr schmeichelhaft als verdient. Die Kritiker blieben dementsprechend nicht leise, im Gegenteil, nach der anschließenden Niederlage gegen den FC Valencia schien offensichtlich, dass die Probleme beim FC Barcelona weitaus tiefer liegen, beziehungsweise lagen. Doch von nun an griff der Ansatz des Fußballspielens mehr und mehr, die Truppe verinnerlichte die Spielidee von Setien von Woche zu Woche besser und auch die Ergebnisse wurden positiver.

Paradox war allerdings das Ausscheiden in der Copa del Rey. Barcelona zeigte phasenweise eine sehr gute und engagierte Leistung, erspielte sich gegen Bilbao zahlreiche Chancen, ließ diese aber liegen. Die Konsequenz war – wie so oft in dieser Saison – eine schläfrige Verteidigung, die die Basken gnadenlos ausnutzen. Doch immerhin in La Liga scheint Barcelona derzeit seinen Rhythmus gefunden zu haben, gewann die letzten fünf Ligaspiele allesamt und steht nun wieder auf dem Platz an der Sonne.

Setiens Spielidee passt auf dem Papier ziemlich gut zum FC Barcelona. Im gewohnten 4-3-3 soll Dominanz ausgeübt werden, die hoch stehenden Außenverteidiger sorgen mit ihrem Tempo für den nötigen Druck und Lionel Messi erhält mehr Unterstützung. Mit Antoine Griezmann verfügt der FC Barcelona überdies über einen Spieler, der oftmals für den vielzitierten „Dosenöffner“ sorgt. Allerdings können der Ausfall von Luis Suarez und der generell sehr dünne Kader gefährlich werden, viele Alternativen stehen insbesondere offensiv nicht zur Verfügung.

Pünktlich zur heißen Phase ist auch Lionel Messi wieder zur Hochform aufgelaufen. Nach vier Spielen ohne Treffer erzielte der Argentinier am Wochenende gleich ebenso viele Treffer und sorgte damit einmal mehr quasi im Alleingang für den 5:0-Erfolg gegen Eibar. Sofern es der Dribbelkünstler schafft diese Form beizubehalten sollte ein Weiterkommen der Katalanen nur Formsache zu sein, doch klappt das am Ende auch?

„Sollte Napoli in Führung gehen, wird es für Barcelona kritisch“

Das sagt Constantin Eckner (unter anderem Spielverlagerung.com)

Die Voraussetzungen für die heutige Partie sind anders, als man sie sich bei der Auslosung noch vorgestellt hatte. Mittlerweile hat nicht nur Napoli, sondern auch der FC Barcelona einen Trainerwechsel hinter sich. Wie sind die neuen Übungsleiter jeweils zu bewerten?

C. Eckner: Diese Entwicklung war in der Tat nicht abzusehen und hat mich gerade bei Napoli doch überrascht. Bisher konnte mich Gennaro Gattuso als Trainer bei seinen vorherigen Stationen nicht sonderlich beeindrucken. Sein Fußball ist recht schematisch und zeichnete sich nicht durch dieses bestimmte Etwas aus, wie es noch unter Maurizio Sarri der Fall war und wie ich es mir für Napoli eigentlich auch erhoffe. Die Mannschaft hat trotz der Abgänge der letzten Jahre immer noch gehörig Potenzial. Die ersten Ergebnisse unter Gattuso sind allerdings verheißungsvoll gewesen. Der FC Barcelona hat trotzdem mit Quique Setién eine interessantere Verpflichtung getätigt. Aber ich glaube, er wird noch einige Monate benötigen, bis er seine Spielidee voll implementiert hat. Wahrscheinlich werden wir Setiéns Barcelona in voller Ausprägung erst in der kommenden Saison sehen.

Nach einer erschreckenden Hinrunde konnten sich die heutigen Gastgeber etwas stabilisieren und haben zuletzt fleißig Pflichtspielsiege einfahren können. Dabei mussten sich auch Juventus Turin und Inter Mailand geschlagen geben. Was kann Napoli aus ebendiesen Partien lernen, um Barcelona gefährlich zu werden?

C.E.: Ich fand vor allem die Partie gegen Juventus interessant, weil es Napoli gelang, das Geschehen sehr ausgeglichen zu halten und trotzdem nach Ballverlusten kompakt zu stehen. Das heißt, die Mannschaft musste nicht zu viel investieren und zu viel Risiko gehen, um Ballbesitz zu generieren und diesen Ballbesitz auch zu erhalten. Das ist eine wichtige Erkenntnis für das Duell mit Barcelona, denn sollte Napoli zu viele Räume nicht absichern, wenn es nach vorn geht, dann könnte Barça die eigene Passstärke nach Ballgewinnen wohl regelmäßig ausnutzen.

Die Katalanen streuen in ihre Formkurve immer wieder Ausreißer nach unten ein, spielerisch ist zudem bei weitem nicht alles Gold was glänzt. Unter dem ehemaligen Trainer Ernesto Valverde trat man – gerade in der Champions League – auswärts sehr konservativ an. Mit was für einem Auftritt kann man am heutigen Abend rechnen?

C.E.: Ich erwarte eine Barça-Mannschaft, die den Ballbesitz stärker dominieren möchte. Das ist der Ansatz von Setién. Gleichzeitig heißt das nicht, dass nun zehn Feldspieler ständig in der Hälfte von Napoli stehen und weit an den Strafraum aufrücken werden. Es könnte sehr gut sein, dass Barcelona das Tempo niedrig hält und versucht dem Gegner sozusagen die Euphorie zu nehmen.

Sollte jedoch Napoli in Führung gehen, dann wird es für Barcelona sehr kritisch, denn die Mannschaft wird dann noch mehr Ballbesitz haben, noch mehr den Ball zirkulieren lassen und dadurch noch häufiger den Neapolitanern Möglichkeiten eröffnen, dazwischen zu gehen und Konterangriffe zu fahren. Deshalb sage ich auch: Aktuell ist der Setién-Fußball noch nicht so effektiv, wie er es für die Ansprüche von Barça sein müsste.

Abschließend brauchen wir natürlich auch einen Tipp für das Hinspiel zwischen Napoli und dem FC Barcelona. Wie geht die Partie heute aus?

C.E.: Ich tippe auf ein 1:1, was den Grundstein für ein Weiterkommen der Katalanen legen wird.

Der FC Barcelona ist noch nicht in der Form, die man sich nach dem Trainerwechsel erhofft hat. Es wird interessant zu sehen sein, wie die Katalanen unter dem neuen Übungsleiter in der Champions League agieren, allerdings dürfte die Mannschaft auch unter Setien zunächst abwartend und konservativ auftreten. Kann Napoli das nutzen, um sich einen Vorteil zu erspielen?

Mögliche Aufstellungen:

SSC Neapel: Meret – Hysaj, Manolas, Maksimovic (Di Lorenzo), Rui – Ruiz, Demme (Lobotka), Zielinski – Callejon, Milik, Insigne

Gennaro Gattuso muss heute auf den angeschlagenen Kalidou Koulibaly und den Langzeitverletzten Kevin Malcuit verzichten. Ob der Grippe-Kranke Fernando Llorente rechtzeitig fit wird, entscheidet sich kurzfristig.

FC Barcelona: ter Stegen – Semedo, Piqué, Lenglet, Firpo – Arthur, Busquets, de Jong – Messi, Griezmann, Fati

Das Lazarett von Quique Setien besteht derzeit aus Jordi Alba, Sergi Roberto, Ousmane Dembélé und Luis Suarez. Zudem muss das Trainerteam auf den kurzfristigen Neuzugang Martin Braithwaite verzichten. Der Däne ist für die Champions League in dieser Spielzeit nicht spielberechtigt.

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(Photo by CRISTINA QUICLER / AFP)

Steffen Gronwald

Steffen verfolgt primär den Vereinsfußball, fühlt sich im deutschen Ober- und Unterhaus zu Hause - verfolgt zugleich aber auch La Liga und die Premier League intensiv. Ob Offensivspektakel oder "park the Bus", fesseln tut ihn beides, zudem steht bei ihm auch der Schiedsrichter im Fokus. Seit 2016 bei 90PLUS.


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