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Weißt du noch? 11.04.2009: 3 Platzverweise, 6 Tore: Spektakel im Rom-Derby!

25. Januar 2020 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Das Derby della Capitale sorgt in Italien immer wieder für Furore. Zwischen der Roma und Lazio herrscht nicht nur eine große Rivalität, sondern beide Mannschaften haben sich in der Vergangenheit einige packende Duelle geliefert.

Bevor beide am Sonntag im altehrwürdigen Stadio Olimpico im direkten Duell aufeinander treffen, werfen wir den Blick zurück. Und zwar auf den 11. April 2009, als sich beide im Endspurt der Ligasaison in eben jenem Stadion trafen und ein furioses Spiel ablieferten.

Derby della Capitale 2009: Die Vorzeichen

Vor der Saison hätten die Vorzeichen bei beiden Klubs kaum unterschiedlicher sein können. Lazio beendete die Saison 2007/08 auf Platz 12, war am Ende sogar näher an den Abstiegsrängen als am Europapokal. Die Roma spielte eine gute Saison und wurde mit drei Punkten Rückstand auf Meister Inter Mailand Zweiter. Das bedeutete, dass die Roma in der Champions League spielte und Lazio sich neu orientieren musste.

Das tat der Klub auch – und zwar auf dem Transfermarkt. Zwar wurden keine sehr teuren Topstars verpflichtet, eine gewisse Fluktuation im Kader war aber sichtbar. Rechtsverteidiger Zauri wechselte auf Leihbasis zur Fiorentina, Mittelfeldspieler Mudingayi zog es für sechs Millionen Euro nach Bologna und der junge Mittelfeldspieler Behrami schloss sich für eine ähnliche Summe West Ham United an. Zudem wurden einige Spieler verliehen, Igli Tare beendete seine Karriere.

(Photo by Giuseppe Bellini/Getty Images)

Auf der Zugangsseite tat sich ebenfalls einiges. Spieler wie Matuzalem, Libor Kozak, Stephan Lichtsteiner, Mauro Zarate, David Rozehnal oder Stefan Radu wurden verpflichtet, kosteten insgesamt etwas mehr als 20 Millionen Euro. Vor dem direkten Duell befand sich Lazio aber nur in einer etwas besseren Situation als in der Vorsaison, stand auf Platz neun. Wieder war das Mittelmaß die Realität, aber ein Sieg gegen den Stadtrivalen sollte dafür sorgen, dass ein großer Endspurt eingelegt wird.

Die Roma verlor im Sommer 2008 kaum Leistungsträger. Der erfahrene Ludovic Giuly wechselte zu PSG, Mancini zog es zu Inter. Sonst blieb der Kern der Mannschaft zusammen. Mit der Eingespieltheit sollte wieder versucht werden, um den Titel mitzuspielen. Auch die Anpassungen im Kader sollten dazu bebitragen, so kamen unter anderem Vitorino Antunes, Simone Loria, John Arne Riise, Julio Baptista und Jeremy Menez zur Roma. Für die Neuzugänge zahlte die Roma mehr als 30 Millionen Euro, den ganz großen Erfolg brachten sie nicht.

Vor dem Duell mit Lazio stand die Roma auf Platz 6. Offensiv war das Team von Trainer Luciano Spalletti zwar immer in der Lage, einen Gegner vor Probleme zu stellen oder gar auseinander zu nehmen, defensiv reihte sich aber ein individueller Patzer an den nächsten. Und das sollte sich auch im wichtigen Stadtderby zeigen.

Aufstellungen und Torfolge

Lazio: Muslera – Lichtsteiner (74. De Silvestri), Siviglia, Rozehnal, Kolarov – Ledesma, Brocchi, Matuzalem, Foggia (80. Mauri) – Zarate (65. Rocchi), Pandev
Bank: Carrizo – Diakite, Dabo, Meghni
Trainer: Delio Rossi

(Photo by TIZIANA FABI/AFP via Getty Images)

Roma: Doni – Motta, Mexes, Panucci, Riise – de Rossi, Brighi (65. Tonetto), Pizarro (89. Taddei) – Perotta (55. Menez), Julio Baptista – Totti
Bank: Artur Moraes – Cassetti, Diamoutene, Loria
Trainer: Luciano Spalletti

Tore und Platzverweise: 1:0 Pandev (2.), 2:0 Zarate (4.), 2:1 Mexes (10.), 3:1 Lichtsteiner (58.), Gelb-Rot Panucci (61.), Rot Mexes & Matuzalem (75.), 3:2 de Rossi (80.), 4:2 Kolarov (85.)

Furioser Lazio-Auftakt

Schiedsrichter Emidio Morganti pfiff die Partie um 15 Uhr im Stadio Olimpico an und Lazio wollte zu Beginn keine Zeit verlieren und deutlich machen, wie viel man sich für dieses Spiel vorgenommen hatte. Die „Gastgeber“ traten enorm aggressiv auf, versuchten die Gäste von Beginn an unter Druck zu setzen. Schon nach gut einer Minute erspielte sich Lazio den ersten Eckball. Diese Standardsituation wurde kurz ausgeführt, die Roma war noch im Tiefschlaf und ließ sich überraschen. Eine punktgenaue Flanke von Brocchi wurde von Pandev mit einem sehenswerten Direktschuss mit links in die lange Ecke befördert. 

Ehe die Roma den Rückstand überhaupt realisieren konnte, erhöhte Zarate bereits auf 2:0. Und dieses Tor wird der Offensivspieler von Lazio wohl nie mehr vergessen, denn nach einem schnell ausgeführten Einwurf kam er auf der linken Seite an den Ball, zog dynamisch in die Mitte, suchte den Abschluss aus gut 25 Metern und traf den Ball perfekt. Die Kugel flog in den rechten oberen Winkel, Torhüter Doni war völlig machtlos. Diese Szene stand sinnbildlich für die Anfangsphase. Lazio war wacher, im Kopf schneller, spielte direkt nach vorne und gewann entscheidende Zweikämpfe.

Doch die verrückte Anfangsphase war noch lange nicht vorbei. Nach gut 10 Minuten beschloss plötzlich auch die Roma, für Unterhaltung in diesem Spiel zu sorgen. Und auch die Giallorossi sorgten nach einem ruhenden Ball für Furore. Nach einem Eckball kam der Ball zu Julio Baptista, der Mexes in Szene setzte. Der französische Innenverteidiger blieb im Strafraum erstaunlich cool und schob aus kurzer Distanz zum 2:1 ein. 

(Photo by Giuseppe Bellini/Getty Images)

Die Ruhe vor dem Sturm

Nach dieser furiosen Phase zu Beginn verflachte die Partie zunächst einmal. Lazio versuchte das Spiel zu kontrollieren, konnte aber nur wenig Torgefahr erzeugen. Einzelne Abschlüsse beider Teams waren vorhanden, die ganz großen Aufreger blieben aber aus. So trudelte das Spiel vor aufgeheizten Fanlagern der Halbzeit entgegen. Beide Mittelfeldreihen versuchten die Oberhand zu gewinnen und mit harten Zweikämpfen Zeichen zu setzen. Die spielerische Komponente kam in der Folge bei beiden Mannschaften zu kurz.

(Photo by TIZIANA FABI/AFP via Getty Images)

So ging es mit 2:1 in die Halbzeit. Und auch nach dem Seitenwechsel brauchte die Partie etwas Zeit, um Fahrt aufzunehmen. Lazio wirkte etwas gefährlicher und erspielte sich auf dem Feld einige Vorteile, die Roma machte einen wackeligen Eindruck und hatte Defensiv weiterhin enorm zu kämpfen. Diese Phase war allerdings nur die Ruhe vor dem Sturm.

Hektik im Stadio Olimpico

Denn nach einer kurzen Phase der Ruhe in der 2. Halbzeit entwickelte sich eine typische Derbyatmosphäre mit vielen hitzigen Duellen auf dem Platz. Pandev hatte in der Folge die große Möglichkeit, das 3:1 für Lazio zu erzielen, als er nach einem guten Konter mustergültig von Matuzalem eingesetzt wurde. Sein Schuss war jedoch zu unplatziert. Als knapp eine Stunde gespielt war, fiel das 3:1 Lazio. Foggia spielte auf der rechten Seite gleich zwei Verteidiger der Roma schwindelig, seine präzise Flanke fand den Kopf von Lichtsteiner. Roma-Torhüter Doni irrte durch den Fünfmeterraum und der Schweizer Lichtsteiner köpfte den Ball in das Tor, das Stadion bebte.

Nach dem 3:1 waren endgültig alle Spieler auf Betriebstemperatur angekommen. Es wurde hektisch, unübersichtlich und es gab viele Diskussionen auf dem Platz. Nur drei Minuten nach dem Lichtsteiner-Treffer flog Roma-Verteidiger Panucci mit gelb-rot vom Feld, was für noch mehr Hektik sorgte. Fußballerische Akzente wurden wenige gesetzt, die Roma wollte das Risiko erhöhen, schaffte dies aber nur bedingt. In der 75. Minute gerieten Mexes und Matuzalem nach einem Zweikampf an der Seitenauslinie aneinander, schubsten sich, schlugen aus und wurden beide mit einer roten Karte bestraft. Die Schlussphase wurde also mit lediglich 17 Feldspielern eingeläutet.

(Photo by TIZIANA FABI/AFP via Getty Images)

Trotz der Unterzahl kam die Roma sogar noch einmal ran. Nach einem sehr guten Freistoß köpfte Daniele de Rossi den Ball aus knapp 10 Metern unhaltbar in die rechte Ecke. Die Hoffnung auf einen Ausgleich lebte, die Roma warf alles nach vorne. Und dann passierte, was passieren muss: Lazio bekam die Möglichkeit zu kontern. Linksverteidiger Kolarov lief auf die Roma-Defensive zu, spielte gleich zwei Verteidiger aus, zog etwas in die Mitte und schoss den Ball mit seinem schwächeren rechten Fuß in die linke Ecke. Das Spiel war entschieden, die Roma konnte Lazio nichts mehr entgegensetzen. 

Das passierte im Anschluss

Der furiose Sieg im Derby sollte Lazio eigentlich noch einmal Schwung im Kampf um Europa geben. Und tatsächlich wurde auch das nächste Spiel gegen Genua mit 1:0 gewonnen. Doch dann folgte eine Negativserie mit Pleiten gegen Atalanta, Inter, Palermo und Udine. Nach dem Derbysieg konnte Lazio in den verbleibenden sieben Spielen nur sechs Punkte, was deutlich zu wenig für die eigenen Ansprüche war. Am Ende belegte die Mannschaft nur Platz 10. 

Die Bilanz der Roma war bedeutend besser. Die Giallorossi konnten ihrerseits 14 Punkte einfahren und landeten am Ende auf Platz 6, was für das Erreichen des Europapokals reichte. Highlight der restlichen Saison war der 3:2-Auswärtssieg beim AC Mailand am vorletzten Spieltag. Auf die Champions League fehlten am Ende aber fünf Zähler, diese Chance verspielte man bei der Niederlage (1:4) gegen den direkten Konkurrenten aus Florenz zwei Spieltage nach dem Derby.

 (Photo by TIZIANA FABI/AFP via Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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