Barcelona vs. Manchester United: Guardiolas Vollendung

8. April 2020 | Weißt du noch...? | BY Victor Catalina

Der erste Streich gelang Pep Guardiola gegen Sir Alex Ferguson im Jahr 2009. Zwei Saisons später standen sich die Beiden wieder im Finale gegenüber. Und wieder behielt Guardiola die Oberhand. Sir Alex Ferguson blieb nichts anderes übrig, als die Übermacht Barcelonas anzuerkennen. Es war – zumindest auf Vereinsebene – die Vollendung einer goldenen Generation und ihres Trainers.

Schalke für Inter zu groß und für United zu klein

Vor Kurzem jährte sich ein legendäres Spiel zum neunten Mal. Es war jener Abend im San Siro, an dem die damals in der Bundesliga zehntplatzierten Schalker Titelverteidiger Inter mit 5:2 abfertigten. Das mag absurd klingen, ist es vielleicht auch. Aber Inter war zu dem Zeitpunkt über dem Zenit, und als auch noch José Mourinho, den die Mannschaft geschlossen als Vaterfigur bezeichnete, den Verein gen Real Madrid verließ, neigte sich die Ära dem Ende entgegen. Rafael Benitez stellte sich als suboptimaler Nachfolger heraus und Leonardo hatte nun einen Scherbenhaufen zu verwalten. Ein Scherbenhaufen, der Rangnicks hungrigen Schalkern schutzlos ausgeliefert war. Königsblau gewann auch das Rückspiel 2:1 und schenkte den eigentlich als defensivstark bekannten Italienern insgesamt siebenmal ein.

(Photo by OLIVIER MORIN/AFP via Getty Images)

Am Mikrofon lieferte Wolff Fuss eine seiner besten Vorstellungen ab, ließ auch in Anspielung aufs Finale den Satz „Ich sag’s mal ganz leise: Wembley calling“ fallen. Das sollte sich noch als fataler Trugschluss herausstellen. Denn Schalkes nächster Gegner war der frischgebackene englische Rekordmeister Manchester United. Mit ihrem 19. Titel hatten sie Liverpool überholt und wollten jetzt Sir Alex Ferguson auf der Zielgeraden seiner Karriere mit dem dritten Sieg in der Champions League beschenken. Im Halbfinale stellte sich der Titelverteidigerbesieger für United als mäßig hohe Hürde heraus. Einem 2:0 in Gelsenkirchen ließen sie ein 4:1 im Old Trafford folgen. Rekord: Noch nie hatte eine Mannschaft ein Champions League-Halbfinale so hoch gewonnen. Der hielt zumindest so lange, bis ein Münchener Orkan 2013 über Barcelona hinwegfegte.

Messis Geniestreich im Bernabéu

Damit stand der erste Finalist fest. Das zweite Halbfinale hatte nicht weniger zu bieten, als das Spiel der Spiele: El Clásico. Und zwar in seiner wahrscheinlich besten und spektakulärsten Form, denn mit José Mourinho und Pep Guardiola standen die beiden besten Taktiker ihrer Zeit an der Seitenlinie. Ganz nebenbei trugen sie – passend zur Rivalität der Klubs – noch ihre Privatfehde aus. Ach ja: Messi und Cristiano Ronaldo waren auch auf dem Platz. Nach einer Stunde nahm die Partie Fahrt auf: Auf Seiten Reals wurde Pepe des Feldes verwiesen, zur Pause hatte schon Barcas Ersatzkeeper José Manuel Pinto nach einer Rangelei von der Bank aus Rot gesehen. Eine Viertelstunde vor Schluss dann der Durchbruch: Messi drückte eine Afellay-Flanke aus kürzester Distanz über die Linie. Aber der eigentliche Geniestreich sollte noch folgen.

„Messi, away from two, three, four. Wonderful, Wonderful, Wonderful! How good is he?“

– Peter Drury

Kurz hinter dem Mittelkreis ließ Sergio Busquets den Ball einfach liegen, den Rest besorgte Barcelonas Chefmagier. Messi nahm Tempo und es mit Reals gesamter Hintermannschaft auf. Doch weder einzeln noch im Verbund wussten sie ihn zu stellen. Zu schnell und dynamisch war er. Frei vor Iker Casillas besiegelte Messi Barcelonas Finaleinzug. Im Rückspiel gab es für Real lediglich ein 1:1. Damit hieß es zum zweiten Mal nach 2009 im Finale: Barcelona gegen Manchester United.

Die Aufstellungen

FC Barcelona: Victor Valdés – Dani Alves, Mascherano, Piqué, Abidal – Busquets, Xavi, Iniesta – Pedro, Villa, Messi
Trainer: Pep Guardiola

Manchester United: van der Sar – Evra, Vidic, Ferdinand, Fabio – J.-S. Park, Giggs, Carrick, A. Valencia – Rooney – Chicharito
Trainer: Sir Alex Ferguson

Pedro belohnt Barcelonas Überlegenheit

Um seinen dritten und Uniteds vierten Titel zu sichern, wollte Sir Alex Ferguson versuchen, Pep Guardiola und den FC Barcelona zu überraschen. Sie setzten die Katalanen in den ersten zehn Minuten unter extremen Druck. Allerdings gelang es Barcelona, sich Stück für Stück zu befreien. Das Spiel drehte sich und es drehte sich nicht mehr zu Uniteds Gunsten. Es war, um genau zu sein, ein Klassenunterschied. Barcelonas unnachgiebige Passmaschine sezierte Manchester United mit schnellen, direkten und millimetergenauen Zuspielen. Die Engländer liefen nur noch hinterher, was Sir Alex Ferguson dazu veranlasste, schon während des Spiels vom hairdryer Gebrauch zu machen.

(Photo by ADRIAN DENNIS/AFP via Getty Images)

Pedro, Messi, Villa, alle durften sie mal, alle scheiterten sie entweder an Edwin van der Sar oder Uniteds Abwehr. Die Frage war nicht mehr, ob Barcelona trifft, sondern nur, wann. Die Antwort gab es in Minute 27: Xavi, von drei Mann umringt, spielt einen erstklassigen Steckpass auf Pedro und der lässt van der Sar aus zwölf Metern im kurzen Eck keine Chance.

Allerdings ist das mit der Überlegenheit immer so eine Sache. Nur, weil ein Team scheinbar unterlegen ist, sind sie noch lange nicht chancenlos – erst Recht nicht bei 0:1. Im Klartext: Wayne Rooney spielt in Minute 34 einen Doppelpass mit Ryan Giggs und vollendet anschließend in den linken Winkel. Nur sieben Minuten nach dem Rückstand hatte Manchester United den Spielverlauf komplett ad absurdum geführt. Ein Treffer mit Nachgeschmack, denn Vorlagengeber Giggs stand wohl einen Hauch abseits. Barcelona reagierte auf den neuerlichen Rückschlag mit – genau: noch mehr Druck. Allerdings rettete United das Unentschieden in die Pause. Gemessen an den Spielanteilen haben sie aus den ersten 45 Minuten das Maximum rausgeholt.

(Photo by ADRIAN DENNIS/AFP via Getty Images)

Die Krönung der goldenen Generation

Ohne Wechsel ging es in die 2. Halbzeit. Und dass sich die Spielrichtung auf einmal komplett gedreht hat, lag vielmehr am Seitenwechsel, als an United. In Minute 52 probierte es Dani Alves fulminant aus der Distanz und scheiterte an van der Sar. Nur gut 120 Sekunden später bediente Andrés Iniesta Lionel Messi. Der Argentinier nahm Tempo auf, entledigte sich einiger Gegenspieler und feuerte die Kugel aus 18 Metern mit links unten rechts ins Eck. Keine Chance für Edwin van der Sar, Messi jubelte ausgelassen und trat auf seinem Weg zur Eckfahne noch eins der Außenmikrofone um. Die unbändige Freude war ihm anzusehen, das United-Bollwerk war ein zweites Mal geknackt: 2:1.

(Photo by LLUIS GENE/AFP via Getty Images)

Diesmal aber sollte es keinen Weg zurück für Manchester United geben. Barcelona erarbeitete sich weiterhin Chance um Chance. Auch Xavi durfte mal aus der Distanz draufhalten, van der Sar parierte. In Minute 69 verlor Nani den Ball leichtfertig im eigenen Strafraum, David Villa nahm die Kugel kurz an – und schlenzte sie von der Strafraumkante aus dem Stand in den rechten Winkel. Das 3:1 und gleichzeitig die endgültige Entscheidung.

United war die Verzweiflung nun anzusehen. Sie wollten, doch um auch zu können, müssten sie zuerst in Ballbesitz kommen. Sir Alex Ferguson versuchte mit Paul Scholes noch die Wende herbeizuführen, allein, es blieb beim Versuch. In Minute 85 durfte Nani aus rund 17 Metern zwei Meter rechts vorbeischießen. Das ist deshalb erwähnenswert, weil es Uniteds einzige Torchance neben dem Treffer zum 1:1 war. Zwei Minuten vor Schluss brachte auch Guardiola mit Carles Puyol etwas Erfahrung auf den Platz und sicherte so den hochverdienten Sieg.

Die Vollendung einer Vision

Es war die Vollendung von Barcas goldener Generation. Éric Cantona, einst selbst Spieler bei United, sagte, dass es nicht Spanien war, das die Weltmeisterschaft in Südafrika gewonnen hätte, sondern Barcelona. Neben der Mannschaft war auch ihr Trainer im Olymp angekommen. 2008 übernahm Pep Guardiola – man muss es so deutlich sagen – einen Scherbenhaufen. Barcelona wurde zwar Dritter, aber ihr Rückstand auf den Zweitplatzierten Villarreal betrug 10 Punkte, der auf Meister Real Madrid gar 18 Punkte. dazu wurden sie im Bernabéu nach Strich und Faden vorgeführt. Nicht nur, dass sie vor dem Spiel für Meister Real Madrid Spalier stehen mussten, sie verloren besagte Partie auch noch mit 1:4.

(Photo by LLUIS GENE/AFP via Getty Images)

In seiner ersten Pressekonferenz zeigte Guardiola Ronaldinho, Deco und Samuel Eto’o gleich mal öffentlich die Tür. Und auch sonst setzte er verstärkt auf die eigene Jugend, die er zuvor bereits trainierte. Mit den richtigen Spielern, einem Upgrade von Johan Cruyffs Philosophie und einer Menge Disziplin machte er binnen drei Jahren aus einem hoffnungsloslosen Fall eine der besten Mannschaften der Geschichte. Auch Sir Alex Ferguson, der insgesamt 27 Jahre im Amt war, blieb nichts anderes übrig, als das anzuerkennen: „Niemand hat uns bis jetzt eine solche Abreibung verpasst, aber sie verdienen es (den Titel, Anm. d. Red.). Sie sind die beste Mannschaft, gegen die ich jemals gespielt habe.“

(Photo by GLYN KIRK/AFP via Getty Images)

90PLUS wird für die Monate März und April 15% der Einnahmen an die Initiative #WeKickCorona spenden. Auch ihr könnt unterstützen: Jeder Klick, jede Spende zählt.

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


Ähnliche Artikel