Manchester City gegen Atletico gefordert: Eben nicht alles wie immer

5. April 2022 | Vorschau | BY Manuel Behlert

Im Viertelfinale der UEFA Champions League geht es für Atletico zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit nach Manchester. Nachdem Manchester United ausgeschaltet werden konnte, warten nun die Skyblues von Trainer Pep Guardiola. Die Vorzeichen sind vielversprechend. 

Manchester City gegen Atletico in der Favoritenrolle

Am Dienstag findet das Hinspiel zwischen Manchester City und Atletico Madrid im Viertelfinale der Champions League im Etihad Stadium statt. Die Favoritenrolle liegt bei den Gastgebern, nicht nur im Hinspiel, sondern was den Einzug in das Halbfinale generell betrifft. Überraschend ist das nicht, denn die Skyblues spielen eine gute Saison, befinden sich in England im Kampf um beide noch ausstehende Titel. Darüber hinaus konnte im Achtelfinale mit Sporting kurzer Prozess gemacht werden, schon nach dem Hinspiel war das Ticket für das Viertelfinale quasi gelöst.

Atletico, der amtierende Meister in Spanien, kann da nicht ganz mithalten. Der Titel in La Liga ist passé, in der Copa del Rey spielen die Colchoneros auch keine Rolle mehr, wenn Ende April das Endspiel ansteht. Ein weiterer sehr guter Auftritt in der Königsklasse könnte dafür sorgen, dass die Saison eine deutlich positivere Note verliehen bekommt. Und generell ist es eine interessante Saison, eine, die für Atletico nicht üblich ist, wenn man sie mit den letzten Jahren vergleicht. Das könnte für eine Konstellation sorgen, die viel Spannung verspricht.

Endlich der ersehnte Titel für die Skyblues?

Die Verantwortlichen von Manchester City verfolgen ein klares Ziel, der Triumph in der UEFA Champions League soll endlich gelingen. 2020/21 standen die Skyblues im Endspiel, unterlagen aber dem FC Chelsea. Häufig spielte die Mannschaft eine sehr gute Rolle in der Königsklasse, oft fehlte es am Ende aber an Nuancen, die für den letzten, entscheidenden Schritt notwendig gewesen wären. Die Frage ist, ob in dieser Saison alles anders sein wird. Die Zahlen, die das Team in dieser Saison hinlegt, machen jedenfalls Mut und sind vielverspechend. 73 Punkte in 30 Ligaspielen bedeuten Platz eins und einen engen Titelkampf mit dem FC Liverpool, in der Champions League schoss dieses Team schon viermal vier oder mehr Tore in einem Spiel.

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Die Stärken der Mannschaft von Trainer Pep Guardiola (51) liegen auf der Hand. Manchester City kontrolliert die Spiele durch Ballbesitz, verfügt über ein sehr sauberes und geordnetes Pass- und Positionsspiel, kann sich einen Gegner geduldig zurechtlegen, aber auch eiskalt und blitzschnell zuschlagen, wenn das Tempo erhöht wird. Kurzum: Die Skyblues sind in ihrem Offensiv-Vortrag nicht auszurechnen und kaum zu stoppen. Hinzu kommt die extreme Fluidität im offensiven Bereich, die dadurch zustande kommt, dass Guardiola auf den klassischen Mittelstürmer verzichtet. Positionsrochaden sind die Folge, die gegnerische Defensive muss hellwach sein, zu jeder Zeit im Spiel.

Manchester City vor dem Spiel gegen Atletico

Photo by Mike Hewitt/Getty Images)

Hinzu kommt eine aufmerksame, wache Defensive, die in Verbindung mit einem gesamtmannschaftlich sehr gut organisierten Pressingverhalten dafür sorgt, dass das Team nur wenige Gegentreffer kassiert. Und dann wäre da noch die extrem hohe individuelle Klasse auf jeder Position. Doch es glänzt aktuell nicht alles. Denn es gibt sie, die Spiele, in denen City etwas anbietet oder zu viele Chancen liegen lässt. Ein 0:0 gegen Crystal Palace, ein 2:3 gegen Tottenham, ein 1:1 gegen Southampton: Das sind keine großen Rückschläge, aber durch solche Ergebnisse wurde ein Teil des Vorsprungs auf Liverpool verspielt. Außerdem befinden sich aktuell nicht alle Topspieler in ihrer absoluten Bestform. Das muss sich in der entscheidenden Saisonphase, die jetzt beginnt, ändern.

Atletico: Alles, außer gewöhnlich in dieser Saison

Der erste Gedanke beim Stichwort Atletico ist sicher, dass dieses Team über eine extrem gute Organisation verfügt und der typische, viel zitierte „unangenehme Gegner“ ist. Leicht zu bespielen sind die Colchoneros nicht, aber in dieser Saison hat sich im Zusammenhang mit dem spanischen Topklub doch so einiges verändert. Ein schwacher Saisonstart ließ die Träume von der Titelverteidigung früh verfliegen, zudem hat die Mannschaft von Trainer Diego Simeone (51) schon 37 Gegentreffer in der Liga hinnehmen müssen. Ganze zehn Teams haben einen besseren Wert, was völlig unüblich ist. Der Kader verfügt zwar über viel Potenzial in der Offensive, Spieler wie Joao Felix, Antoine Griezmann, Luis Suarez, Yannick Carrasco oder Angel Correa können den Unterschied machen, dennoch war es nicht im Sinne des Trainers, dass sich die Defensive derart verschlechtert hat.

Alex Jimenez, Reporter für GOAL in Spanien und die Marca, schätzt Atletico in dieser Saison wie folgt ein: „Sie machten schwere Fehler in der Verteidigung, was bei Simeones Team nicht üblich ist. Und auch Jan Oblak (29), einer der besten Torhüter der Welt, hat während der Saison nicht seine besten Leistungen gezeigt. Zum Glück für Atletico haben sich all diese Dinge seit der Niederlage gegen Levante Mitte Februar komplett geändert. Seitdem hat sich Atletico gesteigert und ist dabei, sein bestes Niveau in der Verteidigung wiederzufinden. Jetzt ist Atletico in einer sehr guten Phase, aber ihre Leistungen während der Saison waren wirklich unregelmäßig.“

In der Tat stimmt die Form mit zuletzt sechs Pflichtspielsiegen nacheinander und einem guten 4:1 am Wochenende gegen Deportivo Alaves. Offen ist hingegen, ob die Leistungssteigerung auch reicht, um einen der stärksten Gegner im europäischen Fußball vor größere Probleme zu stellen. Dass Atletico in der Lage ist, in den ganz großen Spielen die bestmögliche Leistung auf den Platz zu bringen, bezweifelt niemand. Und in der Rolle des Außenseiters fühlt sich eine Simeone-Mannschaft ohnehin wohl.

Die Fehlerquote könnte entscheidend sein

Es ist nicht nur ein Duell zweier hochklassig besetzter Teams, auch auf die Trainer wird es ankommen. Simeone versalzte Guardiola schon einmal die Suppe – und zwar 2016, als dieser mit dem FC Bayern das Endspiel erreichen wollte. Der deutsche Rekordmeister hatte seinerzeit viele Großchancen, ließ aber zu viel liegen und machte die entscheidenden Fehler in der Defensive. Ein eiskaltes Atletico jubelte aufgrund der Auswärtstorregelung. Das wird diesmal nicht möglich sein. Auswirkungen auf die Taktik dürfte das aber nicht haben. Atletico will das bestmögliche Ergebnis in Manchester einfahren, mit einem Remis oder einer knappen Niederlage könnten die Spanier schon sehr gut leben.

Simeone Atletico

(Photo by JAVIER SORIANO/AFP via Getty Images)

Wichtig ist – und das gilt für beide Mannschaften – die Fehlerquote so gering wie möglich zu halten. Manchester City wird den Ball kontrollieren, muss die Angriffe gut vorbereiten und eine sehr gute Abwägung aus Risiko und Absicherung wählen. Gelingt das und verteidigt das Team aufmerksam gegen die Konter der Spanier, sieht es für die Guardiola-Elf sehr gut aus. Atletico muss dem Druck standhalten, was nicht leicht sein wird. Im Aufbau sollte das Risiko nicht zu groß sein, ein langer Ball als Klärungsaktion, um durchzuatmen oder sich neu zu ordnen, ist keinesfalls verboten. Und so dürfte es am Ende trotz verbesserter Offensive bei Atletico ein Spiel werden, das von der klassischen „David gegen Goliath“-Geschichte lebt.

Laut Experte Alex Jimenez besteht für Atletico durchaus eine Chance auf das Weiterkommen: „Wenn sie gegen Manchester City geordnet und intensiv spielen und alle Spieler ihre Rolle erfüllen, könnte die Mannschaft von Pep Guardiola ernsthafte Probleme bekommen, wenn sie versucht, sie zu schlagen. Vor allem, wenn Atletico „lebend“ aus dem Etihad Stadium entkommt. Antoine Griezmann (31), Renan Lodi (23) und Joao Felix (22) haben in den letzten Wochen hervorragende Leistungen erbracht, ebenso wie Marcos Llorente (27), Stefan Savic oder Rodrigo De Paul (27). Im Hinblick auf das Spiel könnte das Hauptproblem für Simeone darin bestehen, dass Hector Herrera (31) verletzt ist, der in den letzten zwei Monaten einer der wichtigsten Spieler im Team war.“

Die voraussichtlichen Aufstellungen

Manchester City muss auf Ruben Dias (24) verzichten. Der Innenverteidiger laboriert noch immer an einer Verletzung, für das Rückspiel könnte er aber wieder eine Option sein. Anfang März hieß es, dass der Portugiese bis zu sechs Wochen ausfallen könnte. Ansonsten steht Trainer Guardiola aber ein Großteil seiner Mannschaft zur Verfügung, obwohl auch Kyle Walker (31) gesperrt ausfällt. Spannend wird, ob Raheem Sterling (27) in der Offensive starten darf oder ob Riyad Mahrez (31) einen Platz in der ersten Elf ergattert.

Bei den Gästen aus Spanien sieht die Lage da schon etwas anders aus. Hector Herrera fehlt verletzt, gleiches gilt für den starken Innenverteidiger José Giménez (27). Auch Yannick Carrasco (28) wird nicht im Kader stehen, er sitzt noch eine Sperre ab. Der Kader der Rojiblancos hat zwar in der Breite an Qualität gewonnen, diese drei Spieler zu ersetzen wird aber nicht einfach.

Manchester City: Ederson – Stones, Laporte, Ake, Joao Cancelo – Rodri, Gündogan, de Bruyne – Mahrez, Grealish, Foden

Atletico: Oblak – Vrsaljko, Savic, Hermoso, Reinildo – Kondogbia (Koke), Llorente, Lemar, Renan Lodi – Joao Felix, Suarez

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

 

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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