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WM-Porträts: Roger Milla – Kameruns Superstar

23. Mai 2018 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Roger Milla wurde am 20. Mai 1952 in Yaounde geboren und gilt als einer der größten Fußballspieler, die das Land Kamerun jemals hervorgebracht hat. In seiner aktiven Karriere spielte er lange Zeit in Afrika, ehe er den Wechsel nach Europa wagte und dort unter anderem für Valenciennes, Bastia und Montpellier auflief. Doch im Fokus steht vor allem seine Karriere in der Nationalmannschaft, die erst spät Fahrt aufnahm – und ganz besonders eine Weltmeisterschaft, bei der er sich unsterblich machte.

Im Juli 1978 debütierte der damals 26-jährige Stürmer für die Nationalmannschaft Kameruns, 101 weitere Länderspiele sollten in einer sehr ereignisreichen und rekordverdächtigen Karriere noch folgen. 4 Jahre nach seinem Debüt fuhr er mit der Auswahl Kameruns zur WM 1982 nach Spanien – und hatte seine ersten Auftritte auf der großen Bühne.

1982&1984: Pech bei der WM, Tor bei Olympia

Kamerun traf in einer starken Gruppe A auf Polen, Italien und Peru. Beim Auftakt gegen Peru (0:0) stand Roger Milla in der Startelf, wurde aber vorzeitig ausgewechselt. Beim 0:0 gegen Polen spielte Milla die kompletten 90 Minuten – ebenfalls erfolglos. Kamerun brauchte im letzten Spiel einen Erfolg gegen den Favoriten aus Italien, spielte wieder ordentlich, es reichte im Endeffekt aber nur zu einem 1:1-Unentschieden ohne einen Treffer des Angreifers. Kamerun musste nach der Gruppenphase die Segel streichen, obwohl man ungeschlagen blieb.

(Photo by Tullio M. Puglia/Getty Images for Golden Foot)

Zwei Jahre später fanden die Olympischen Sommerspiele in Los Angeles statt. Kamerun war für das Fußballturnier qualifiziert, schied aber in der Gruppenphase als Dritter hinter Jugoslawien und Kanada aus, konnte sich lediglich vor dem Irak platzieren. Roger Milla erzielte eines der drei Tore für Kamerun, traf bei der 1:2-Niederlage eigene eine starke Mannschaft aus Jugoslawien, die sich erst im Halbfinale gegen Frankreich geschlagen geben musste. Für die darauffolgenden Weltmeisterschaft im Jahr 1986 qualifizierte sich Kamerun nicht.

Kuriosum vor der WM 1990

Vor der Weltmeisterschaft 1990 hatte Roger Milla sich eigentlich schon auf La Reunion zur Ruhe gesetzt, doch der Verband aus Kamerun bat den Angreifer darum, doch noch mit zur Weltmeisterschaft zu fahren. Verschiedenen Quellen zufolge bereitete sich Milla in der Folge bei Sporting Toulon auf das Turnier in Italien vor, hielt sich dort aber lediglich fit und absolvierte kein Spiel für den Klub. Milla fuhr also ohne jegliche Spielpraxis zum Turnier 1990 und galt trotzdem als Hoffnungsträger seiner Nation.

1990 – Das Turnier seines Lebens

Am 8. Juni 1990 traf Kamerun im ersten Gruppenspiel auf den haushohen Favoriten aus Argentinien, gespickt mit Stars wie Burruchaga, Maradona oder Batista. Durch einen Treffer von Francois Omam gewann Kamerun völlig überraschend mit 1:0, Roger Milla wurde eingewechselt und half das Ergebnis über die Zeit zu bringen. Seinen ersten ganz großen Moment erlebte der 38-jährige dann im zweiten Gruppenspiel gegen Rumänien. Es stand lange 0:0, als Milla eingewechselt wurde und mit einem Doppelpack in der 76. und 86. Minute dafür sorgen, dass Kamerun auch das zweite Spiel gewinnen konnte. Rumänien kam zwar noch zum Anschlusstreffer, doch vor dem letzten Gruppenspiel gegen die UdSSR (0:4) war Kamerun bereits qualifiziert.

 

Im Achtelfinale sollte das nächste Milla-Märchen folgen. Es ging gegen Kolumbien mit Rene Higuita, Carlos Valderrama und Andres Escobar, der 4 Jahre später nach einem Eigentor bei der WM in den USA in seinem Heimatland Kolumbien erschossen wurde. Milla kam wieder als Joker in das Spiel, das nach einem 0:0 nach 90 Minuten in die Verlängerung ging. In der 106. Minute erzielte Milla das 1:0 für Kamerun, legte nur 3 Minuten später nach und traf zum 2:0. Kolumbien kam zwar noch einmal heran, aber der Viertelfinaleinzug der Afrikaner konnte nicht mehr verhindert werden. Im Viertelfinale gegen England musste sich Kamerun mit 2:3 nach Verlängerung geschlagen geben, selbst der eingewechselte Edeljoker Roger Milla konnte dies nicht mehr verhindern, blieb ohne Treffer.

Historischer Moment: 1994 in den USA

Milla war ein Instinktstürmer, der viel über seine Physis kam, genau wusste, wo man als Angreifer zu stehen hat und vor allem über einen sehr präzisen Abschluss verfügte. Natürlich war er gerade im höheren Alter kein Sprinter und auch kein Dauerläufer mehr, doch wenn es für 4 Tore bei der WM 1990 reichte, warum nicht auch noch 4 Jahre später in den USA zur Weltmeisterschaft fahren? Das dachte sich auch der Verband Kameruns und nominierte den 42-jährigen tatsächlich für das Turnier. Kamerun spielte zum Auftakt 2:2 gegen Schweden, verlor dann mit 0:3 gegen Brasilien, brauchte also gegen Russland zwangsläufig einen Sieg.

(Photo by MUSTAFA OZER/AFP/Getty Images)

Das gelang nicht, dafür stellte der 42-jährige Milla gleich zwei Rekorde auf. Er war nicht nur der älteste Spieler, der jemals bei einem WM-Endrundenturnier eingesetzt wurde, sondern erzielte beim letzten Gruppenspiel in Palo Alto überdies auch noch einen Treffer. Russland gewann das Spiel aber mit 6:1 und der Milla-Treffer geriet vor allem aufgrund des 5er-Packs von Oleg Saienko in Vergessenheit. Der Rekord des ältesten Torschützen hält bis heute, der älteste Spieler bei einer WM-Endrunde ist mittlerweile aber der Ex-Torhüter des 1. FC Köln, Faryd Mondragon, der ihn bei der Weltmeisterschaft 2014 ablöste. Nach seiner aufregenden Karriere wurde Roger Milla Sportberater des Präsidenten von Kamerun, hat den Rang eines Ministers inne und ist zudem noch Athletenbotschafter der Entwicklungshilfeorganisation „Right to Play.“

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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