Emir behauptet, gegen Katar laufe eine „beispiellose Kampagne“

26. Oktober 2022 | WM-News | BY Florian Weber

News | Am kommenden Montag wird eine deutsche Delegation um DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundesinnenministerin Nancy Faeser nach Katar reisen. Der Emir von Katar behauptete im Vorfeld, die Kritik gegen Katar fuße auf „Doppelmoral“ und bestehe aus „Erfundenem“.

Emir von Katar: „Erfundenes und Doppelmoral“

In weniger als einem Monat startete die Fußball-WM in Katar. Seitdem die FIFA das Großereignis 2010 an den Golfstaat vergeben hat, wird das bevorstehende Ereignis medial kritisch begleitet. Immer wieder wird auf die diversen Menschenrechtsverletzungen vor Ort hingewiesen und die Entscheidung des Weltverbandes kritisiert. Vonseiten Katars und der FIFA wird das bevorstehende Turnier im größtmöglichen Kontrast zu den kritischen Begleitberichten beworben. FIFA-Präsident Gianni Infantino prophezeite gar „die beste WM aller Zeiten“. Die menschenfeindlichen Bedingungen relativiert oder ignoriert er bisher weitgehend.



Bei einer Fernsehansprache behauptete der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, nun, dass noch kein WM-Ausrichter derart heftig angegangen worden sei wie Katar. Es bestehe aus „Erfundenem“ und fuße auf einer „Doppelmoral“. Eine „beispiellose Kampagne“ sei gegen seinen Staat im Gange: „Wir haben Teile der Kritik zunächst in gutem Glauben sogar als positiv und nützlich erachtet, um Aspekte bei uns zu entwickeln, die entwickelt werden müssen. Aber uns wurde bald klar, dass die Kampagne weitergeht, sich ausdehnt, Erfundenes und Doppelmoral einschließt, bis sie einen Grad an Heftigkeit erreichte, die leider viele Fragen über die wahren Gründe und Motive hinter dieser Kampagne aufwirft.“

Dass der Emir von Katar Vorwürfe gegen seinen Staat zurückweist, ist keine große Überraschung. Zumal ein restriktives Vorgehen gegen kritische Perspektiven in Katar schon jahrelang zur Strategie gehört. Erst kürzlich berichtete der britische Guardian über eine Liste mit Auflagen, die von Kamera- und Filmteams der Presse unterschrieben werden müssen, um eine Drehgenehmigung zu bekommen. Die Auflagen beinhalten unter anderem das Verbot, Einheimische in ihren Privaträumen zu filmen und erschwert es Journalisten und Journalistinnen enorm, sich frei in dem Emirat zu bewegen und damit frei zu berichten.

Neuendorf: „Die Haltung des DFB ist klar“

Interessant ist der Zeitpunkt der Aussagen des Emirs aber auch deswegen, da am kommenden Montag eine deutsche Delegation rund um DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundesinnenministerin Nancy Faeser nach Katar reisen wird. „Im Mittelpunkt stehen die Menschenrechtsfragen, die rund um das Turnier diskutiert werden, etwa der Schutz von queeren Menschen vor Diskriminierung und Verfolgung sowie die Verantwortung für Wanderarbeiter, die die WM-Stadien gebaut haben“, zitiert der Spiegel das deutsche Innenministerium. Außerdem wolle Faeser mit Leuten aus der katarischen Zivilgesellschaft in Kontakt treten, „um aus erster Hand einen Eindruck über ihre Lage zu erhalten“.

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Neuendorf will die Reise ebenfalls dafür nutzen, kritisch über die Menschenrechtsprobleme in Katar zu sprechen und kündigte gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland konkrete Forderungen an: „Die Haltung des DFB ist klar: Wir treten weiter entschieden für einen Entschädigungsfond der Fifa für die Familien von verstorbenen oder verletzten Arbeitern ein. Darüber möchte ich in Doha erneut mit Fifa-Präsident Gianni Infantino sprechen. Beim Austausch mit Scheich Hamad bin Chalifa Al Thani, dem Präsidenten des Katarischen Fußballverbands, und der katarischen Regierung muss unter anderem die Forderung nach einem Zentrum für Arbeitsmigrantinnen und -migranten im Vordergrund stehen. Diese sollen hier über ihre Rechte aufgeklärt und bei konkreten Anliegen unterstützt werden.“

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)


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