120 Minuten mit Lionel Messi: Emotionale Achterbahnfahrt mit triumphalem Ende

19. Dezember 2022 | WM-Spotlight | BY David Schöngarth

Spotlight | Das WM-Finale wird für Lionel Messi zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. Doch am Ende triumphiert Argentinien über Frankreich und Messi setzt seiner Karriere die Krone auf.

Kein Drehbuchautor hätte im Vorfeld ein besseres Skript für die Ausgangslage zum Finale der WM 2022 schreiben können. Lionel Messi (35), der Fußball-Großmeister und siebenfache Ballon-d’Or-Sieger bat im WM-Finale zum allerletzten Tanz auf der großen Bühne. Für Messi, der bereits im Vorfeld des Endspiels angedeutet hatte, bei der nächsten Weltmeisterschaft 2026 nicht mehr für Argentinien spielen zu wollen, war es die allerletzte Chance auf den illustren WM-Titel, der dem Argentinier in seiner langen und erfolgreichen Karriere bis hierhin verwehrt geblieben war.

Sein Herausforderer: Kylian Mbappé (23) und dessen Franzosen. Im Klub vereint, in der Nationalmannschaft getrennt. Das WM-Finale avancierte somit nicht nur zum Aufeinandertreffen zweier Nationen, sondern auch zum dramatischen Duell zweier Superstars: Die Zukunft mit Kylian Mbappé gegen die Vergangenheit in Form von Lionel Messi. Wir bei 90Plus haben uns Lionel Messi im vielleicht größten Spiel seiner Karriere genauer angeschaut.



Lionel Messi in Halbzeit eins: Furioses Spektakel der Albiceleste

Dafür, dass er vor dem vielleicht wichtigsten Spiel seiner Karriere steht, gibt sich Lionel Messi kurz vor Anpfiff des WM-Finals besonders entspannt. (Ex-)Teamkollegen Antoine Griezman und Kylian Mbappé werden im Tunnel geherzt, der Kamera schenkt Messi ein breites Grinsen, bevor es aufs Feld geht. Die Nationalhymne singt Lionel Messi wie die gesamte argentinische Mannschaft inbrünstig mit. Natürlich ist der Druck riesig. Aber der 35-jährige Superstar, der mit dem WM-Titel seiner Karriere die Krone aufsetzen könnte, lässt sich davon nichts anmerken.

03. Minute: Der erste Ballkontakt von Lionel Messi. Ein feiner Ball in den Lauf von Teamkollegen Angel di Maria. Das macht Lust auf mehr.

05. Minute: Der Superstar der Argentinier ist sich fürs Pressing nicht zu schade und sammelt einen Fehlpass der Franzosen in der eigenen Hälfte auf.

06. Minute: Der meistgefoulte Spieler des Turniers, Lionel Messi, langt früh zu und foult Hernandez.

08. Minute: Offensiv läuft bei der Albiceleste alles über Messi. Die Nummer 10 leitet eine Umschaltsituation klug ein. Der darauffolgende Eckball kommt jedoch nicht über den ersten Mann hinaus.

12. Minute: Schon wieder so ein guter Ball von Messi auf Di Maria. Die beiden verstehen sich, das merkt man.

17. Minute: Fehler von Theo Hernandez tief in der eigenen Hälfte. Die Argentinier suchen Messi, der nochmal abspielt. Doch die Kugel landet über dem Kasten. Argentinien ist am Drücker.

21. Minute: Elfmeter für Argentinien! Dembelé ist ungestüm und trifft Di Maria – eine durchaus knifflige Entscheidung.Wer tritt an? Na klar, Lionel Messi.

23. Minute: Messi steht am Elfmeterpunkt. In diesen Augenblicken lastet ein riesiger Druck auf seinen Schultern. Der Argentinier schließt kurz die Augen.

Lionel Messi am Elfmeterpunkt (Photo by Dan Mullan/Getty Images)

23. Minute: Tor für Argentinien! Messi verlädt Lloris und trifft unten rechts. Das war kein Elfmeter aus dem Lehrbuch, aber das ist beim anschließenden Jubel egal. Es ist das zwölfte WM-Tor für Messi. Und die Führung für Argentinien ist absolut verdient.

27. Minute: Lionel Messi liegt nach Zusammenstoß mit Hernandez am Boden und windet sich vor Schmerz. Kurze Zeit später ist die Nummer 10 jedoch wieder auf den Beinen.

32. Minute: Messi bleibt der zentrale Dreh- und Angelpunkt im Offensivspiel der Albiceleste. Seine Mitspieler suchen ihn, er spielt die entscheidenden Bälle.

35. Minute: Immer wieder Messi auf Angel Di Maria. Auch ARD-Kommentator Tom Bartels fragt sich inzwischen, wie oft Messi diesen Ball schon gespielt hat.

36. Minute: Tor für Argentinien! Und auch wenn der Torschütze Angel di Maria und der Vorlagengeber Alexis MacAllister heißt, trägt Lionel Messi auch an diesem Tor großen Anteil. Im schnell Umschaltspiel der Argentinier leitet Messi den Ball genial mit nur einem Kontakt an Alvarez weiter. Das ist Fußball wie aus dem Lehrbuch. TV-Experte Thomas Broich trifft es auf den Punkt: Die Argentinier spielen wie auf der Playstation.

38. Minute: Die Albiceleste ist wie im Rausch. Frankreich kommt gar nicht ins Spiel. Es ist zwar noch früh, aber bislang gibt es keine Anzeichen, dass Les Bleus Messi seinen ersten WM-Titel vermiesen können.

41. Minute: Im Luisail-Stadion hört man nur die argentinischen Fans. Didier Deschamps sieht sich derweil zu zwei frühen Wechseln gezwungen. Olivier Giroud und Dembelé verlassen schlecht gelaunt das Feld.

45. Minute: Lionel Messi arbeitet engagiert nach hinten und gewinnt die Kugel für Argentinien zurück. Der 35-Jährige wirkt elektrisiert, das Stadion bejubelt ihn frenetisch.

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Halbzeit zwei: Argentinien und müder Messi geben Spiel aus der Hand

49. Minute: Messi spielt auf di Maria, der in die Mitte flankt. Der Abschluss von de Paul wird von Lloris pariert, aber Argentinien bleibt am Drücker.

52. Minute: Lionel Messi bedient de Paul, der zwar von Hernandez vom Ball getrennt wird, aber eine Ecke herausholt. Standards sind natürlich Chefsache bei Argentinien. Lionel Messi geht gemächlich zur Eckfahne. Der Superstar lässt sich Zeit, und das kann er angesichts des Spielstands von 2:0 auch. Die Ecke kommt allerdings wieder nicht sonderlich gut.

59. Minute: Gefühlt der erste argentinische Angriff, der nicht über Messi läuft. Di Maria bedient Alvarez, der Lloris zum Abtauchen zwingt. Die Partie verliert in diesen Minuten etwas an Intensität. Frankreich muss mehr investieren, fasst aber nur schwer Fuß. Auch Messi hat einen Gang runter geschaltet.

60. Minute: Angel di Maria sorgt für das nächste Highlight. Der Routinier tanzt am Strafraumrand die französischen Abwehrspieler aus und spielt in die Mitte. De Paul lässt für Lionel Messi durch, der in letzter Sekunde von Adrien Rabiot gestoppt wird.

63. Minute: Der nächste argentinische Umschaltmoment, wieder geht alles von Lionel Messi aus. Die Nummer 10 schickt Alvarez, der wiederum MacAllister sucht. Hugo Lloris kommt raus und rettet seine Franzosen.

70. Minute: Frankreich übernimmt jetzt mehr und mehr das Kommando der Partie. Messi wirkt nicht mehr so spritzig wie noch in der ersten Hälfte. Dem 35-jährigen Superstar ist eine gewisse Müdigkeit anzumerken. Die Nummer 10 trottet fast schon gemütlich über das Feld und presst nur dosiert.

72. Minute: Lionel Messi setzt mal wieder einen offensiven Impuls und setzt sich an der Strafraumkante Frankreichs gegen in blau gekleidete Gegenspieler durch. Der Abschluss von MacAllister ist jedoch ungefährlich.

80. Minute: Elfmeter für Frankreich. Unter tosendem Pfeifkonzert tritt Lionel Messis Gegenspieler, Kylian Mbappé, an und verwandelt gegen Martinez im argentinischen Tor. Es wird nochmal spannend.

82. Minute: Unglaubliche Szenen im Lusail-Stadion, und Lionel Messi ist mittendrin. Messi gewinnt den Ball an der Mittellinie, verliert ihn aber gegen Coman sofort wieder. Was zunächst nach einem harmlosen Ballverlust aussieht, rächt sich sofort. Die Franzosen spielen schnell nach vorne, Kylian Mbappé zieht per Volley ab: Ausgleich. Zwei Tore in zwei Minuten. Und ausgerechnet Messi ist der Pechvogel mit seinem Ballverlust.

Kylian Mbappé trifft zum 2:2. Hier sieht man den Treffer.

Kylian Mbappé trifft zum 2:2. (Photo by Julian Finney/Getty Images)

90+5. Minute: Die Franzosen belagern das argentinische Tor. In einem der wenigen offensiven Vorstoße der Albiceleste verliert Messi den Ball.

90+6. Minute: Argentinien bekommt ein wenig Entlastung und alle suchen Lionel Messi. Der 35-Jährige hält den Ball, dribbelt um die eigene Achse und sucht Mitspieler. Aber er kann es nicht alleine richten.

90+7. Minute: Lionel Messi bäumt sich noch einmal auf. Er bekommt am Strafraumrand den Ball und fackelt nicht lang. Der Schuss ist wuchtig, aber nicht sonderlich platziert. Hugo Lloris wehrt die Kugel ab.

90+8. Minute: Ecke Argentinien. Messi tritt an. Aber wie so oft in dieser Partie findet seine Ecke keinen Abnehmer. Es geht in die Verlängerung.

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Verlängerung: Messi gegen Mbappé

98. Minute: Erste harmlose Annäherungen der Albiceleste an den Kasten von Hugo Lloris in der Verlängerung. Von dem einfallsreichen Lionel Messi der ersten Halbzeit ist längst nichts mehr übrig. Die Argentinier kämpfen, um überhaupt in aussichtsreiche Positionen zu kommen.

99. Minute: Umschaltmöglichkeit für Argentinien: Messi will den Ball, bekommt ihn aber nicht. Die Kugel rollt ins Seitenaus.

100. Minute: Beim Freißstoß der Franzosen bildet Lionel Messi die Ein-Mann-Mauer. Kurze Zeit später klärt der 35-Jährige zur Ecke.

105. Minute: Ein Lebenszeichen von Argentinien! Messi spielet Lautaro Martinez an, dessen Abschluss geblockt wird. Ecke für Argentinien.

105+1.: Messis Ecke geht ins Leere.

107. Minute: Ein abgefälschter Abschluss Lionel Messis zwingt Lloris zu einer Parade.

108. Minute: Das Lusail-Stadion steht Kopf! Lionel Messi staubt zum 3:2 ab und es ist kein Abseits. Koundé kratzt die Kugel aus dem Netz, aber der Ball war schon hinter der Linie. Die argentinische Bank feiert frenetisch, Messi ist den Tränen nahe und peitscht die Fans der Albiceleste beim Jubel nochmal an.

112. Minute: Der Treffer wirkt elektrisierend auf Messi. La Pulga gewinnt die Kugel mit einer Grätsche für Argentinien zurück.

117. Minute: Es ist nicht zu fassen. Elfmeter für Frankreich nach Handspiel. Wer tritt an? Na klar, Mbappé. 3:3. Noch drei Minuten bis zum Elfmeterschießen.

119. Minute: Messi will den Ausgleich nicht hinnehmen, wirft sich im Alleingang nach vorne und versucht, sich allein gegen mehrere Franzosen zu behaupten. Ohne Erfolg.

120. Minute: Ecke Lionel Messi. Die Kugel kommt diesmal besser, findet aber keinen Abnehmer.

120+3. Minute: Die vielleicht letzte Aktion des Spiels. Emiliano Martínez pariert spektakulär gegen Kolo Muani. Messi versucht noch einmal einen Angriff einzuleiten, aber daraus resultiert nichts mehr. Wir gehen ins Elfmeterschießen.

Elfmeterschießen: Messi und Argentinien behalten die Nerven

120 Minuten reichen im hochklassigen WM-Finale zwischen Argentinien und Frankreich nicht, einen Sieger zu finden. Es geht ins Elfmeterschießen. Die Superstars geben jeweils den Ton an. Mbappé verwandelt seinen dritten Elfmeter der Partie, Lionel Messi tut es ihm mit einem schwach geschossenen Strafstoß gleich. Weil Coman und Tchouameni verschießen, ist der Vorteil bei Argentinien. Lionel Messi tut sein Bestes, die Mitspieler aufzubauen: er gratuliert den Schützen, geht ihnen nach dem Elfmeter entgegen. Der vierte argentinische Schütze Montiel hat es schließlich in der Hand – und trifft. Argentinien ist Weltmeister.

Aber nur ein Teil der Mannschaft rennt zu Montiel und umringt den Matchwinner. Der Rest kniet zusammen in einer Traube und umringt Lionel Messi. Ein Symbol, dass die ganze Mannschaft wusste, wie wichtig dieser WM-Titel für Messi ist. Es sind hochemotionale Szenen. Kurz darauf ist Messi wieder auf den Beinen, strahlt vor Freude und winkt den Fans zu. Jedem neutralen Beobachter fällt es in diesen Momenten schwer, Messi den Erfolg nicht zu gönnen. Für den 35-Jährigen beginnt jetzt eine lange Reihe an Umarmungen. Die gesamte Mannschaft und das Trainerteam will ihren Superstar herzen. Messi ist Man of the Match – eine Randnotiz. Eine gute halbe Stunde später ist es dann soweit. Argentinien bekommt den legendären WM-Pokal überreicht. Es kommt selbstverständlich nur einer in Frage, der die Trophäe in die Höhe recken darf: Lionel Messi. Der Argentinier wird außerdem zum besten Spieler des Turniers gewählt.

Fazit zu Lionel Messi im WM-Finale: Der Höhepunkt einer unglaublichen Karriere

Lionel Messi gilt als einer der größten Fußballer, die es je gab. In seiner langen Karriere gewann der Argentinier auf Vereinsebene alles, was es zu gewinnen gab und wurde sieben Mal zum besten Spieler der Welt gewählt. In der Nationalmannschaft blieb ihm dieser Erfolg lange verwehrt, was Messi nach dem verlorenen Copa America-Finale 2016 sogar zum Rücktritt aus der Albiceleste veranlasste. Diesen Rücktritt revidierte der 35-Jährige jedoch kurze Zeit später.

Im Sommer 2021 brach Messi den Bann und führte sein Heimatland zum Copa-America-Titel. Der Brustlöser, wenn man so möchte. Bei der WM 2022 spielte Messi noch einmal auf und zeigte der Welt auf der allergrößten Bühne seine Klasse. Mit sieben Toren und drei Assists (davon zwei im Endspiel) trug er die Albiceleste zum dritten WM-Erfolg nach 1978 und 1986. Im Finale erlebt Messi dabei eine emotionale Achterbahnfahrt und einen epischen Schlagabtausch mit seinem französischen Gegenpart Kylian Mbappé. Seine individuelle Leistung ist sinnbildlich für die seiner Mannschaft. In Halbzeit eins zaubert La Pulga nach Belieben und Argentinien geht furios 2:0 in Führung. In Halbzeit zwei schleichen sich Müdigkeit und Unaufmerksamkeiten in Messis Spiel ein, und Argentinien gibt die Partie aus der Hand. Mbappé trifft doppelt. Tief in der Verlängerung glaubt Messi, den Siegtreffer erzielt zu haben, doch Mbappé gleicht vom Punkt aus. Im Elfmeterschießen behalten schließlich beide die Nerven – doch Torhüter Emiliano Martínez beschert Messi die Erlösung und den Titel.

Mit dem WM-Titel 2022 veredelt Messi seine Karriere und macht sich endgültig unsterblich. In seiner Heimat Argentinien wird der Superstar künftig erst recht in einem Atemzug mit Diego Maradona genannt werden. Der 18. Dezember 2022 wird als der fußballerische Zenit von Lionel Messi in die Geschichtsbücher eingehen.

(Photo by Julian Finney/Getty Images)

David Schöngarth

David Schöngarth

Aufgewachsen mit Grafite, Luca Toni und Co. entfachten Gareth Bale und Mauricio Pochettinos Spurs in David eine Leidenschaft für die Premier League. Interessiert sich für alles, was auf der Insel vor sich geht. Seit 2022 bei 90Plus.


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