WM 2022 | Völlig wildes Spiel zwischen Kamerun und Serbien endet mit 3:3!

28. November 2022 | WM 2022 | BY Marc Schwitzky

News | In einem verrückten Spiel haben sich Kamerun und Serbien mit 3:3 getrennt. Kamerun ging überraschend mit 1:0 in Führung, doch Serbien dreht die Begegnung, führte zwischenzeitlich sogar mit 3:1 – nur damit Kamerun erneut aus dem Nichts zurückkam und noch die zwei Tore zum Ausgleich erzielten.

Ausgangslage beider Teams: Kamerun unterlag am ersten Spieltag der WM 2022 knapp der Schweiz, verlor aufgrund der fehlenden Effektivität. Die Serben bekamen es mit Brasilien zu tun, einem der Favoriten auf den Titel bei diesem Turnier. Zwar gab es gute Ansätze, aber am Ende eine verdiente Niederlage. Das direkte Duell wird nun sehr wichtig, denn eine Niederlage könnte schon das praktische Aus bedeuten.

Serbien pulverisiert Kameruns schmeichelhafte Führung in der Nachspielzeit

In den ersten Spielminuten war Kampf das bestimmende Element: beide Teams agierten sehr körperlich, störten sich gegenseitig auffällig früh und ließen wenig Platz. So kam es in der Anfangsphase zu wenig Spielfluss und klaren Torchancen, auch wenn Serbien kleine Feldvorteile und die erste Torgelegenheit zu verzeichnen hatte. Serbien war versucht, sehr vertikal auf die individuell stark besetzten Flügelpositionen zu spielen, um dann den so kopfballstarken Mitrovic per Flanke zu suchen. In der 11. Minute hätte eben besagter Sturmtank beinahe die serbische Führung erzielt, doch sein Schuss aus halbrechter Position des Strafraums traf nur den Pfosten. Zuvor hatte ein einfacher Doppelpass die kamerunische Abwehr überlistet.

Kamerun verlor nach den ersten zehn Minuten die Griffigkeit und zog sich immer weiter ins eigene Feld zurück. Im eigenen Spielaufbau war der lange Ball auf Zielspieler Eric Maxim Choupo-Moting das Mittel der Wahl, doch der Bayern-Stürmer hatte gegen die großgewachsenen wie robusten Gegenspieler große Probleme, die Bälle festzumachen. So konnte Kamerun nie länger im Ballbesitz bleiben und somit auch keinerlei Druck aufbauen. Stattdessen hatte Mitrovic in der 17. Minute erneut die Chance auf das 1:0, nachdem sich die kamerunische Abwehr durch „Flipper-Bälle“ selbst verunsicherte. Sein Schuss, zentral wenige Meter vor dem Tor, ging jedoch links vorbei.

In der 19. Minute meldete sich auch Kamerun in der Partie an. Ein vertikaler Ball in die Tiefe fand Ex-Mainzer Malong Kunde, dessen strammer Schuss von Serbiens Keeper Vanja Milinkovic-Savic zur Ecke geklärt wurde. In Folge war jedoch Serbien wieder das etwas dominantere Team, weil Kamerun große Probleme damit hatte, in seine Struktur zu finden – mit unnötigen Ballverlusten, Stockfehlern und unklarem Positionsspiel machten es sich die „Unbezähmbaren Löwen“ das Leben selbst schwer. Doch all das war in der 29. Minute vergessen, als Jean-Charles Castelletto bei einer Ecke für Kamerun am langen Pfosten von Choupo-Moting Kopfballverlängerung gefunden wurde und das 1:0 erzielte. Ein Tor aus dem Nichts, doch Serbien war sowohl bei der Entstehung als auch beim Verteidigen des Eckballs sehr schläfrig und durfte sich daher über den plötzlichen Rückstand nicht beschweren.

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(Photo by GIUSEPPE CACACE/AFP via Getty Images)

In Folge bekam Kamerun nur für eine kurze Zeit Oberwasser, schnell bekam Serbien die Spielkontrolle zurück. Kamerun stand in den letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit extrem tief, sogar beide Mittelstürmer verteidigten teilweise am eigenen Sechszehner. Alles wurde defensiv investiert, um die Führung in die Halbzeitpause zu retten. Doch es half nichts, in der ersten Minute der Nachspielzeit schädelte Serbiens Innenverteidiger Strahinja Pavlovic einen butterweichen Freistoß von Dusan Tadic zum verdienten 1:1-Ausgleichstreffer ein. Und nur zwei Minuten später gingen die „Weißen Adler“ sogar in Führung! Sergej Milinkovic-Savic darf nach einem hoch gewonnen Ball viel zu frei am Strafraumrand schießen – und mit seiner Schusstechnik ließ er sich nicht zweimal bitten, sein Abschluss schlug im rechten, unteren Eck zum 2:1 ein. Mit diesem Spielstand ging es in die Kabine.

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Serbien schien wie der Sieger, doch Kamerun kam völlig überraschend zurück

Serbien konnte nahtlos an den druckvollen Schwung der letzten Minuten der ersten Halbzeit anknüpfen, sofort wurde Kamerun wieder hinten hineingedrückt. Da die Afrikaner bereits im Spielaufbau keinerlei Struktur erkennen ließ und so Ball um Ball verlor, reichten Serbien auf der anderen Seite einfache Bälle in die Tiefe, um für Gefahr zu sorgen. Das 3:1 in der 53. Minute fiel dann schon spielend einfach. Nach mühelosem Ballgewinnen konnten sich die Serben am kamerunischen Strafraum den Ball fast schon seelenruhig zuspielen – es erinnerte an manch deutsches Tor beim 7:1 gegen Brasilien. Am Ende der Verwertungskette stand Mittelstürmer Mitrovic, der zum Ausbau der Führung einnetzen durfte. Kamerun kam wie der berühmt-berüchtigte „Hühnerhaufen“ daher und kassierte die Quittung dafür.

 

Auch nach dem Tor war Serbien die spielbestimmende Mannschaft. Kamerun wirkte im Ballbesitz beinahe schon hilflos: die Mittelfeldspieler standen viel zu hoch, sodass im Zentrum ein riesiges Loch klaffte. Da Choupo-Moting konsequent zugestellt wurde, fehlte die Idee, wie man die Serben zu bespielen hatte. Wenn irgendeine Gefahr entwickelt wurde, dann über Einzelaktionen wie den Dribblings von Bryan Mbeumo, doch es blieb beim Stückwerk. Und wieder war es ein Treffer aus dem Nichts, der Kamerun ins Spiel holte. In der 63. Minute wurde der eingewechselte Vincent Aboubakar mit einem einfachen langen Ball angespielt. Der Mittelstürmer behielt die Ruhe, ließ einen Serben ins Leere grätschen und verwandelte wunderschön per Lupfer zum 2:3-Anschlusstreffer. Es entwickelte sich ein völlig verrückter Spielverlauf, denn nur zwei Minuten später fiel das 3:3! Serbien ließ nach einem eigenen Angriff erneut einen langen Chipball durchrutschen, erneut liefen die Kameruner auf Keeper Milinkovic-Savic – dieses Mal legte Aboubakar für Choupo-Moting auf, der ungehindert zum Ausgleich einnetzte. Es war ein absolutes Rätsel, wie Serbien so leichtfertig die Führung aus der Hand geben konnte.

(Photo by GIUSEPPE CACACE/AFP via Getty Images)

Der so überraschende Ausgleich belebte Kamerun regelrecht wieder, plötzlich hatte die gesamte Mannschaft eine gänzlich andere Ausstrahlung. Taktik war nach 70 Minuten kaum noch ein Thema, das Mittelfeld wurde beiderseitig überfallartig überbrückt, es ging wie wild hin und her. Beide Mannschaften waren nun drauf und dran, das 4:3 zu erzielen – einen Unentschieden würde schließlich beiden kaum helfen. Beiden Teams waren jedoch auch die Strapazen der Partie anzumerken, den Aktionen der Schlussviertelstunde fehlte es meist an Tempo und Präzision. Es gab nur noch wenig klare Torchancen, die Qualität der Entscheidungsfindung nahm minütlich ab. Dennoch hatte Mitrovic in der 89. Minute noch eine einigermaßen aussichtsreiche Möglichkeit auf das 4:3, doch sein Schuss vom zentralen Strafraumrand ging rechts am Tor vorbei. Zur Geschichte dieses Spiels gehörte, dass eben jener Mitrovic zu viele Chancen ungenutzt ließ.

Und so endete eine absolut wilde, unmöglich vorherzusehende Begegnung mit 3:3. Serbien war eigentlich über die meiste Zeit das deutlich bessere, weil strukturiertere Team. Die Serben verpassten es aber mehrmals, die Partie endgültig zu ihren Gunsten zu beenden. Kamerun, so ehrlich muss man sein, zeigte wirklich kein gutes Spiel, aber die Löwen zeigten Moral und kämpften sich immer wieder aus dem Nichts zurück in das Spiel. Für Beide ist diese Punktetrennung jedoch zu wenig, ein Weiterkommen in WM-Gruppe G am letzten Spieltag wird sehr schwer.

Kamerun 3:3 Serbien

Kamerun: Epassy, Fai, Castelletto, Nkoulou, Tolo; Kunde (67′ Ondoua), Hongla (55′ Aboubakar), Anguissa (81′ Oum Gouet); Mbeumo (81′ Nkoudou), Toko Ekambi (67′ Bassogog) , Choupo-Moting.

Serbien: Milinkovic-Savic, Milenkovic, Veljkovic (78′ Babic), Pavlovic (55′ S. Mitrovic); Zivkovic (78′ Radonjic), Lukic, Maksimovic, Kostic; Milinkovic-Savic (78′ Grujic), Tadic, Mitrovic.

(Photo by Francois Nel/Getty Images)

Marc Schwitzky

Erst entfachte Marcelinho die Liebe zum Spiel, dann lieferte Jürgen Klopp die taktische Offenbarung nach. Freund des intensiven schnellen Spiels und der Talentförderung. Bundesliga-Experte und Wortspielakrobat. Seit 2020 im 90PLUS-Team.


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