Videobeweis: Frankreich-Spanien ist die große Ausnahme

Der Videobeweis revolutioniert den Fußball. Beim Länderspiel zwischen Frankreich und Spanien kam er gleich dreimal zum Einsatz. Felix Zwayer und Tobias Stieler bestanden die Bewährungsprobe und gaben Skeptikern ein wenig Optimismus. Nicht nur die deutsche, sondern auch die internationale Presse war voll des Lobes für die deutschen Schiedsrichter. Dennoch: Dieses Länderspiel ist exemplarisch für die große Ausnahme.
Ein Schritt
Zweimal in nur einem Spiel wurde Felix Zwayer von seinem Videoassistenten Tobias Stieler korrigiert – berechtigterweise. Aus einer Abseitsposition heraus fiel der 1:0-Führungstreffer für die französische Nationalmannschaft. Der Unparteiische hatte den Treffer zuvor anerkannt. Auch vor dem 0:2 für Spanien entschied Zwayer zunächst auf Abseits. 40 Sekunden später die Korrektur: Mit beiden Händen formte der Deutsche den Rahmen eines TV-Bildschirms. Der Treffer zählte.
Die Schlagzeilen nach der Begegnung waren natürlich dem Videobeweis gewidmet. Einerseits ein Beleg dafür, dass es auch in Zukunft genügend Diskussionsstoff für die Öffentlichkeit geben wird. Andererseits muss man bedenken: Im Bundesliga-Alltag wird es wohl kaum in jedem Spiel so ablaufen. Es wird viele Begegnungen geben, in denen der Videobeweis gar nicht erst zum Einsatz kommt. Denn nur bei spielentscheidenden und klaren Szenen, die sofort vom Videoassistenten korrigiert werden können, kommt die revolutionäre Technik zum Einsatz.
Felix Zwayer vertraute dem Videoassistenten Tobias Stieler zweimal bei wichtigen Entscheidungen. Das Vertrauen der Referees und der Spieler in die Technik ist also groß. Das zeigen auch die respektvollen Reaktionen der Verantwortlichen nach der Begegnung. Aber auch die Tatsache, dass Zwayer seine eigenen Entscheidungen korrigierte muss nicht immer der Fall sein. Das Regelwerk misst dem verantwortlichen Schiedsrichter auf dem Feld nämlich die letzte Entscheidung zu – die Kompetenz und das letzte Wort hat also weiterhin der Mann mit der Pfeife im Mund. Ein guter Kompromiss, denn so werden auch Fußballromantiker ein wenig besänftigt.
Wird der aktuelle Optimismus und die aktuelle Akzeptanz beibehalten, so wird in vier bis fünf Jahren niemand mehr über die Sinnhaftigkeit dieser Neuerung diskutieren. Werden die Abläufe und die Kommunikation zwischen den Unparteiischen noch flüssiger und kommen in Zukunft noch mehr Erfolgserlebnisse hinzu, dann könnte dieses Thema sogar noch schneller vom Tisch sein. Das Beispiel der Torlinientechnik hat es vorgemacht. Videobeweis und Torlinientechnik – beide neuen Einflüsse machen den Fußball „gerechter“ und nehmen den Schiedsrichtern viel Druck von den Schultern. Es wird zu Fehlern kommen, dennoch: Der Videobeweis ist ein guter und wichtiger Schritt zu noch mehr Gerechtigkeit auf und abseits des Feldes.
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