Bereits in seiner Jugend konnte Serge Gnabry auf sich aufmerksam machen und sein Talent unter Beweis stellen. Und auch wenn seine Karriere aufgrund verschiedener Faktoren insgesamt nicht zu einhundert Prozent nach Plan verlief, ist der Offensivspieler nun endgültig im Konzert der Großen angekommen und gehört dem Kader des FC Bayern München an.
Und dort hat der in Stuttgart geborene Gnabry einiges vor, tauchte nach seiner Verletzung, die er sich zum Ende der vergangenen Saison zuzog, sehr früh am Trainingsgelände auf, schob Extraschichten um zum offiziellen Trainingsstart topfit zu sein. Nun kann Gnabry bereits mit der Mannschaft trainieren – und einige Faktoren sprechen dafür, dass der 23-jährige in dieser Saison auf sich aufmerksam machen wird.
Entscheidende Jahre bei Arsenal
Im Sommer 2011 wechselte Gnabry vom VfB Stuttgart zum FC Arsenal, verbrachte dort zwei Jahre in der Jugendabteilung. In England lernte er sich fernab der Heimat durchzusetzen, nahm den Konkurrenzkampf in der Jugend und in der Reserve an und arbeitete sich sukzessive in den Dunstkreis der 1. Mannschaft von Trainer Arsene Wenger.

2012/13 debütierte Gnabry in der Premier League, 2013/14 absolvierte er schon 9 Spiele in Englands höchster Spielklasse, erzielte sein erstes Tor, bereitete seinen ersten Treffer vor. Danach laborierte Gnabry an einer Entzündung im Knie, kam anschließend überwiegend in der Reserve zum Einsatz. Die „Gunners“ verliehen Gnabry zur darauffolgenden Saison zu West Bromwich Albion, wo er aber kaum zum Einsatz kam.
Die Leihe wurde vorzeitig abgebrochen, aber auch die Rückrunde bei Arsenal verlief wenig zufriedenstellend, weswegen ein endgültiger Abschied in Erwägung gezogen wurde. Für Gnabry erwies sich die Entscheidung den Weg in die Bundesliga zu gehen als goldrichtig, am 31. August, also ganz zum Ende der Transferperiode, schloss er sich Werder Bremen an.
2 gute Jahre in der Bundesliga
Die Bilanz in seiner Spielzeit für die Norddeutschen konnte sich sehen lassen: Gnabry überzeugte nicht nur durch 11 Tore und 2 Vorlagen in 27 Pflichtspielen, sondern war gerade in der Hinrunde ein Garant dafür, dass Werder nicht noch tiefer in den Abstiegsstrudel geriet als ohnehin schon. Gnabry zeigte seine Klasse, spielte instinktiven Offensivfußball, suchte oft den Abschluss und brachte ein kreatives, unberechenbares Element in das Offensivspiel von Werder, das zuvor nur selten so zu sehen war.
Im Sommer 2017 verpflichtete der FC Bayern Serge Gnabry, verlieh ihn aber sofort zur TSG Hoffenheim. Dort sollte er auf höherem Niveau als in Bremen Einsätze sammeln, Erfahrungen im internationalen Wettbewerb sammeln, sich weiter individuell verbessern (insbesondere in taktischer Hinsicht) und sich dem Konkurrenzkampf stellen. All das hat wie erhofft funktioniert, auch wenn Gnabry 9 der ersten 11 Saisonspiele verletzt verpasste oder sich im Aufbautraining befand.

Julian Nagelsmann arbeitete hart an den Schwächen Gnabrys, der Spieler selbst setzte die Vorgaben hervorragend um, spielte nicht so häufig auf den Außenbahnen wie zuvor, sondern war in vielen Spielen eine Art hängende Spitze, das Bindeglied zwischen Mittelfeld und Angriffsreihe. Mit 10 Toren und 7 Vorlagen in 26 Bundesligaspielen drückte er dem Spiel der Kraichgauer seinen Stempel auf, lediglich im internationalen Wettbewerb kam er, die Qualifikation mit einbezogen, nur 170 Minuten zum Einsatz. Dennoch war das Leihgeschäft für alle Seiten ein voller Erfolg.
Die Vorzeichen stehen gut
Nun ist Gnabry beim FC Bayern angekommen und kann sich schon zu Beginn der Vorbereitung mit einem Großteil der Offensivspieler einspielen. Denn sowohl Arjen Robben, als auch Franck Ribery, Kingsley Coman und Sandro Wagner nahmen nicht an der Weltmeisterschaft teil, zudem schieden Lewandowski und Müller in der Vorrunde aus, James Rodriguez strich die Segel im Achtelfinale. Die Akklimatisierung dürfte Gnabry also leicht fallen, zumal er einige Spieler bereits kennt, auch von seinen Nationalmannschaftseinsätzen. Welche Rolle er im System Kovac übernehmen wird, ist noch nicht geklärt, weil auch das bevorzugte Kovac-System noch unklar ist. Der Kroate will flexibel spielen, mehrere Systeme mit seiner Mannschaft beherrschen.
Genau das könnte Serge Gnabry entgegen kommen, denn auch in Hoffenheim war ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit notwendig, Nagelsmann baute das System, die Ausrichtung teilweise auch im Spiel mehrfach um, Spieler mussten andere Aufgaben übernehmen, es wurde Wert auf andere Schwerpunkte gelegt. Die taktische Verbesserung und die Spielpraxis in den letzten beiden Jahren in der Bundesliga können ein elementarer Faktor sein, Gnabry kommt nicht etwa als Talent, sondern durchaus bereits als gestandener Bundesligaspieler nach München.
Transferzurückhaltung als große Chance
Gnabry hat nicht nur deswegen gute Einsatzchancen in München, sondern auch aufgrund der Transferpolitik des Rekordmeisters. Ribery und Robben, davon ist auszugehen, werden dosierter eingesetzt, somit bleiben Kingsley Coman als Flügelspieler und James Rodriguez, Thomas Müller und eben Serge Gnabry als flexibel einsetzbare Optionen. Außerdem haben einige der Offensivspieler des FC Bayern regelmäßig mit Verletzungen oder zumindest kleineren Blessuren zu kämpfen, im Schlussspurt der vergangenen Saison fehlten teilweise Arjen Robben und Kingsley Coman gleichzeitig, sodass der Rekordmeister gerade gegen Real Madrid im Halbfinale der Champions League weder in der Lage war zwei gelernte Flügelspieler in die Startelf zu stellen, noch über eine Vielzahl adäquater Optionen verfügte.

Ein weiterer Offensivtransfer ist grundsätzlich nicht komplett auszuschließen, die Verantwortlichen des FC Bayern teilten zuletzt auch mit, dass jegliche Transferangelegenheiten intern beredet werden, aber die „SportBild“ schrieb bereits mehrfach, dass ein Offensivtransfer nur dann getätigt wird, wenn noch ein Akteur den Rekordmeister verlässt – und danach sieht es derzeit absolut nicht aus. Gnabry kommt also als junger, aufstrebender Spieler mit verlässlichen Scorerwerten in eine homogene Offensive, die aber einen zusätzlichen Input nötig hat. Gnabry weiß auch, dass Arjen Robben und Franck Ribery aller Voraussicht nach ihre letzte Saison spielen und hat die Chance sich für den Umbruch mit guten Leistungen entsprechend zu positionieren.
Mögliche Rollen & Prognose für die Saison 2018/19
Natürlich hängen die möglichen Rollen, die Serge Gnabry übernehmen kann, auch von der Ausrichtung ab, die Niko Kovac wählen wird. Gnabry hat gute Chancen als flexibler Rotationsspieler zahlreiche Einsätze zu sammeln. Seine direkte, zielstrebige Art, die er in der Offensive an den Tag legt, dürfte dem FC Bayern entgegen kommen. Gnabry ist ein Instinktfußballer mit einem enormen Zug zum Tor, der viel versucht, gerne das Dribbling sucht und über einen guten Abschluss verfügt. Das kann er über die Außenbahnen ebenso ausspielen wie als hängende Spitze oder im offensiven Mittelfeld, sodass ihm alle Möglichkeiten offen stehen. Besonders für das Umschalt- und Konterspiel dürfte Gnabry, der nicht nur schnell auf den Beinen, sondern auch schnell im Kopf ist, elementar sein.
Bleibt der 23-jährgie verletzungsfrei und bestätigt er seine Eindrücke der letzten beiden Spielzeiten, dann steht ihm eine gute Saison 2018/19 bevor, in der er wieder auf zahlreiche Torbeteiligungen kommen wird. Gnabry wird wichtige Erfahrungen in der Champions League sammeln und gute Chancen auf Titel haben, zudem wird er sich persönlich weiterentwickeln und auch weiterhin in Sachen Nationalmannschaft auf sich aufmerksam machen. Das Kapitel Bayern München beginnt für Gnabry jetzt so richtig – und der Offensivspieler scheint bereit zu sein.

