
Während Manchester City allmählich wieder zur Hochform aufläuft, steht nach einer erneut schwachen Leistung der Schalker beim 0:0 gegen Freiburg abermals Ernüchterung auf der Tagesordnung. Die Vorzeichen vor dem Duell zwischen dem Zweiten der Premier League und dem 14. der Bundesliga könnten nicht unterschiedlicher sein…
Anpfiff der Partie ist am Mittwoch, 21:00 Uhr, live auf DAZN (Registriere dich jetzt auf DAZN und erhalte einen Gratismonat).
Manchester City: Gefährliche Bequemlichkeit
Nach der Rekordsaison in der Premier League wollte Manchester City in Jahr drei unter Pep Guardiola nun auch bei der Vergabe des heiß ersehnten Henkelpotts ein kräftiges Wörtchen mitreden. Trotz der überraschend deutlichen Schlappe im Viertelfinale gegen Liverpool letztes Jahr, schien die Mannschaft des Spaniers 2018/2019 prinzipiell stark genug aufgestellt zu sein, um das große Ziel Champions League realisieren zu können. Folglich sahen die Verantwortlichen im Etihad Stadium keinen großen Anlass, sich – für ihre Verhältnisse – exzessiv auf dem Transferfenster zu verstärken. Lediglich Ryad Mahrez (70 Millionen Euro, Leicester) sollte der Offensive eine weitere, gefährliche Alternative verleihen.
Doch obwohl das Starensemble der Cityzens das (attraktive) Fußballspielen zweifelsohne nicht verlernt hat, hinkte das Team dem Niveau des Vorjahres bis vor kurzem hinterher. Im Vergleich zum selben Zeitpunkt in der Vorsaison stehen sieben Punkte weniger auf dem Konto. Die Gründe dafür sind, neben der Vernachlässigung der Sechserpostion, auf der Fernandinho immer mehr mit Fitness und Konstanz zu kämpfen hat, eher mentaler Natur.
Ein Hauch von Bequemlichkeit war und ist auf dem Platz zu spüren. Anders ist die Tatsache, dass alleine neun Zähler nach Führungen gegen qualitativ deutlich schwächere Gegner mit auffälliger Passivität leichtfertig verspielt wurden, nur schwer zu erklären. In dieses Muster reihen sich auch die Auftritte in der Gruppenphase der Champions League ein: Die Heimniederlage gegen Lyon zum Auftakt, das Unentschieden bei den Franzosen und der knappe Sieg bei der TSG Hoffenheim.

Mentale Generalprobe
Die Cityzens wurden in der Gruppe F letztendlich zwar souverän erster, der Weg dorthin war schwerer als vermutet. Erster möchte man auch in der Premier League werden. Dazu gibt es auch berechtigte Hoffnung. Nach einem Sieg gegen Liverpool, gefolgt von einer Schwächephase der Reds sowie Citys allmählicher Rückkehr zur Topform (3:1 gegen Arsenal, 6:0 gegen Chelsea und 2:1 bei Everton), stehen beiden Titelfavoriten bei 65 Punkten – das Team von Jürgen Klopp hat jedoch ein Spiel mehr in der Hinterhand. Manchester City scheint zum richtigen Zeitpunkt warm zu werden.
Neben der Meisterschaft und beiden Pokalen (Finale im Ligapokal, Viertelfinale FA Cup) wird dementsprechend auch der Gewinn der Champions League anvisiert. Damit es so weit kommt, muss City zunächst einmal Schalke bezwingen. Zugegeben und bei allem Respekt für den Bundesligisten, das sollte für den haushohen Favoriten aus England nur eine Formalie sein. Sei es an der Seitenlinie mit Pep Guardiola, im Tor mit Ederson, in der Innenverteidigung um Senkrechtstarter Aymeric Laporte, im Mittelfeld um David Silva und Kevin De Bruyne, oder im Weltklasse-Sturm um Sergio Agüero, Manchester City ist den Königsblauen trotz vorhandenen Schwächen wirklich in allen Belangen deutlich überlegen. Also genau wie in all den Beengungen, in denen man 2018/2019 Punkte verschenkte und genau deswegen ist das Spiel für Pep Guardiola und Co. so wichtig. Es dient, neben der Qualifikation für das Viertelfinale, auch als eine mentale Generalprobe.
Hat die Mannschaft aus den Ausrutschern der Saison gelernt? Kann sie in der heißen Phase der Saison Konzentration und Intensität auch gegen einen unterlegenen Gegner 180 Minuten aufrechterhalten? Kann sie konstant die Siege einfahren, die sie sollte?
Für Pep Guardiola wäre es ein beruhigendes Zeichen im Hinblick auf den intensiven Schlussspurt auf der Jagd nach dem Quadrupel.
Schalke: Zuflucht Champions League?
Mit einer Wiederholung der Vizemeisterschaft rechneten auf Schalke vergangenen Sommer nur Wenige. Dafür spielten 2017/2018 die schwachen Leistungen der Konkurrenz und das eigene Spielglück eine zu große Rolle. Im Aufwärtstrend wähnte man sich in Gelsenkirchen dennoch. In Domenico Tedesco hatte man einen hoffnungsvollen jungen Trainer, in Christian Heidel einen Kaderplaner, dem man auch die Kompensation des Goretzka-Abgangs zutraute.
Ein halbes Jahr später ist Ernüchterung eingekehrt. Die Neuzugänge, primär Omar Mascarell und Sebastian Rudy in der neu formierten Mittelzentrale, aber auch Mark Uth hinken den Erwartungen hinter. Bisherige Leistungsträger erreichen nicht das Niveau der Vorsaison (Ralf Fährmann) und verheißungsvolle Talente machen aus den verschiedensten Gründen nicht den erhofften Sprung (Harit). Nach einer desolaten Hinrunde mit nur 18 Punkten kehren Zweifel ein. Zweifel hinsichtlich der Mannschaft, des Trainer und der Perspektive.

Die einzige Zuflucht bot bisher die Champions League. War es die willkommene Abwechslung zum frustrierenden Liga-Alltag oder das Resultat einer relativ schwachen Gruppenkonstellation? Ganz egal, Schalke setzte sich bequem gegen Lokomotive Moskau und Galatasaray Istanbul durch und qualifizierte sich hinter dem FC Porto für das Achtelfinale.
In der Liga hat man sich nach dem Katastrophenstart mittlerweile einigermaßen stabilisiert, die Abstiegszone ist nun acht Punkte entfernt. Von Konstanz, geschweige denn Spielwitz und Elan kann nach der jüngsten Enttäuschung gegen Freiburg (0:0) allerdings keine Rede sein. Schalke steht als amtierender Vizemeister nach 22 Spieltagen auf Platz 14 und lässt keinerlei Hoffnung aufblühen, dass sich die Lage dramatisch verbessern könnte.
Zeit für die erneute Zuflucht Champions League? Die Aussage von Ex-City Verteidiger Matija Nastasic lässt darauf schließen: „Wir müssen diesen Abend genießen und nicht an die Bundesliga denken“. Doch sein Trainer hat mehr vor:
„Wir rechnen uns definitiv Chancen aufs Viertelfinale aus.“
ManCity beschäftigen
Um mit einem deutlich schwächeren Kader gegen ein Kaliber wie Manchester City nicht unter zu gehen, beziehungsweise auch nur den Hauch einer Chance auf das Weiterkommen zu wahren, darf man das Starensemble nicht in einen Rhythmus kommen lassen. Man muss City beschäftigen und im Idealfall effektive Nadelstiche setzen. Gelegenheit dazu bieten die wenigen, aber durchaus vorhanden Schwächen der Engländer.

Wir fragen S04-Experte Andreas Ernst (FUNKE Sport), ob Schalke diese Schwächen entblößen kann und mit welchen Erwartungen er in das Achtelfinale geht.
Einer der Schlüssel für ein respektables Abschneiden ist ausgerechnet eine der Schwachstellen der Schalker: Das zentrale Mittelfeld. Hier dominiert City das Spielgeschehen, hier müssen Silva, Fernandinho und De Bruyne mit lästigen Zweikämpfen „beschäftigt“ werden, damit ihr Rhythmus gestört wird. Wie könnte Tedesco taktisch und personell darauf reagieren?
Andreas Ernst: Wahrscheinlich ist, dass Schalke mangels Personal mit einer Viererkette aufläuft und die Defensive mit einem zweikampfstarken Mittelfeld-Zentrum verstärkt, um City eben mit Nickeligkeiten zu nerven. Ich würde deshalb auf Weston McKennie und Nabil Bentaleb wetten. McKennie ist zwar noch jung, aber dennoch bissig und mutig genug für diese Aufgabe. Und Bentaleb hat die nötige Erfahrung. Eigentlich wäre Omar Mascarell der passende Mann, da er zuletzt ansteigende Form gezeigt hat – doch er ist im Hinspiel gelbgesperrt. Sebastian Rudy wird – denke ich – nicht spielen. Er ist für Trainer Tedesco meist nur dann ein Thema für die Startelf, wenn Schalke absehbar eine Menge Ballbesitz und Spielkontrolle haben wird. Und das ist gegen Manchester City ja nun eher nicht zu erwarten…
Manchester City neigt 2018/2019 dazu, bequem zu werden, nimmt oftmals verfrüht den Fuß vom Gas. Schnelle, direkte Gegenangriffe stellen Fernandinho, der nicht bei 100% ist, und den oftmals unkonzentrierten Kyle Walker vor Probleme. Könnte eine reaktionäre Herangehensweise und der Fokus auf Konter der kränkelnden Schalke-Offensive entgegen kommen?
AE: Könnte, wird es aber nicht. Schalke fehlt für ein schnelles Konterspiel die Qualität und das Personal – zum Beispiel beim 0:0 gegen Freiburg am Samstag. Nicht eine Torchance konnte sich Schalke da erspielen.
Neuzugang Rabbi Matondo ist eher einer für die Zukunft, wurde aber für die Champions League nominiert. Könnte er dank seiner Schnelligkeit gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber eine Rolle spielen?
AE: Nein. Die ersten Einsätze haben gezeigt, dass ihm die Erfahrung noch fehlt, um im harten Profifußball zurechtzukommen. Zudem kommt er mit den Ideen von Trainer Tedesco nicht klar. Schalke wollte es gegen Freiburg mit tiefen Läufen über Matondo versuchen. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Schalke hat eher zu zehnt gespielt – plus Matondo. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er am Mittwoch von Beginn an spielt.
Was erwartest du vom Achtelfinale, was wäre für dich ein Erfolg?
AE: Das wird kein Schalker gern hören, aber wenn es zweimal eine knappe Niederlage wird, weil City frühzeitig den Fuß vom Gas nimmt, wäre das schon ein Erfolg. Natürlich sagt Tedesco, dass er sich Chancen aufs Viertelfinale ausrechnet – aber das ist Zweckoptimismus.
Personal
Domenico Tedesco muss gegen Manchester City definitiv auf Omar Mascarell (3. Gelbe Karte), Allessandro Schöpf (Außenbandriss) und Breel Embolo (Trainingsrückstand nach Mittelfußbruch) verzichten. Benjamin Stambouli hat zumindest eine Chance, mit dabei zu sein. Der wichtige Verteidiger konnte nach seinem Jochbeinbruch mit einer Maske trainieren. Ob er damit spielen kann, ist allerdings noch offen.
Für Guido Burgstaller kommt die Startelf nach überstandener Achillessehnenreizung ebenso wenig in Frage wie für Steven Skrzybski. Der schnelle Ahmed Kutucu dürfte folglich von Anfang an im Sturm auflaufen. Im Tor wird überraschenderweise wieder Ralf Fährmann stehen. Dass man jetzt in der Königsklasse dabei ist, sei „u.a sein Verdienst“, so Tedesco. Alexander Nübel hat trotz seiner öffentlichen Beförderung zur Nummer eins das Nachsehen.
Bei Manchester City ist wie im Vorjahr die Linksverteidigerposition die Dauerbaustelle. Für Benjamin Mendy kommt die Partie nach erneuten Knieproblemen noch zu früh. Einen echten Ersatz gibt es nicht. Die gelernten Mittelfeldspieler Oleksandr Zinchenko und Fabian Delph sowie Innenverteidiger Aymeric Laporte gehören zu den ersten Alternativen.
„Nur“ eine Alternative droht auch Leroy Sané zu sein, ausgerechnet an seiner alten Wirkungsstätte. Seine gute Saison wird sowohl von Raheem Sterling als auch Bernado Silva übertrumpft. Der Einsatz des deutschen Nationalspielers im FA Cup bei Viertligist Newport lässt vermuten, dass er zunächst auf der Bank Platz nehmen muss.
Vincent Kompany und der langzeitverletzte Claudio Bravo stehen nicht zur Verfügung.

Mögliche Aufstellungen:
Schalke: Nübel – Caligiuri, Sané, Nastasic, Oczipka – Bentaleb, McKennie – Harit (Matondo), Uth, Konoplyanka – Kutucu
ManCity: Ederson – Walker, Otamendi (Zinchenko), Stones, Laporte – De Bruyne, Fernandingo, D. Silva – B. Silva (Sané), Agüero, Sterling
Prognose
Alles andere als ein klarer Auswärtssieg der Cityzens wäre natürlich eine Überraschung. Die einzige realistische Hoffnung der Schalker besteht darin, dass die Guardiola-Elf von der „gefährlichen Bequemlichkeit“ heimgesucht wird.

