Vorschau | Auch wenn der Verein beteuert, dass Trainer Ole Gunnar Solskajer weiter den Rückhalt der Verantwortlichen hat, gehen langsam die Argumente für einen Verbleib aus. Ausgerechnet sein Vorgänger José Mourinho gastiert heute mit seinem neuen Team im Old Trafford – und könnte seinen Nachfolger an den Abgrund stoßen.
Anpfiff der Partie ist am Mittwoch, 20:30 Uhr, live auf Sky.
Manchester United
Nach einer kurzen Hochphase vor der Länderspielpause fühlt sich der Start in den Dezember genauso bescheiden wie in der Vorsaison an. Bei Aufsteiger Sheffield kassierte man nach einer Aufholjagd kurz vor Schluss noch den Ausgleich. Bei dem 2:2 am letzten Wochenende verspielten die „Red Devils“ abermals eine Führung gegen einen Liga-Neuling und boten dabei vor allem in der ersten Hälfte eine furchtbare Darbietung. So liegt der Rekordmeister mit 18 Punkten nach 14 Spielen als „graue Maus“ auf dem neunten Platz in der Premier League.
Der Rückstand auf die „Top 4“ beträgt bereits acht Punkte. Als dieser Abstand im gleichen Monat des vergangenen Kalenderjahres zweistellig wurde, musste Mourinho seinen Posten räumen. Solskjaer entfachte in den ersten drei Monaten für eine unglaubliche Euphorie und die wohl beste Phase seit dem Abgang von Sir Alex Ferguson. Nach seiner Festanstellung im März befindet sich der Klub in einer kontinuierlichen Abwärtsspirale, welche nun mehr oder weniger seit acht Monaten anhält. Das Team wurde in diesem Zeitraum zwar ordentlich umgekrempelt und enthält momentan vor allem viele Eigengewächse, eine klare Spielidee sucht man bei dem Norweger allerdings weiter vergebens.
Nach der Rückkehr seiner Vorgängers heute Abend wartet am Wochenende der Titelverteidiger und Stadtrivale Manchester City mit Pep Guardiola. Sollten diese beiden Spiele (deutlich) verloren gehen, gehen die Argumente für einen Verbleib Solskjaers eigentlich vollends aus – vor allem, solange noch Mauricio Pochettino, um welchen man schon mal warb, noch auf dem Markt ist. United muss gegen Tottenham noch immer auf Paul Pogba verzichten, für den eine Rückkehr noch zu früh kommt, was nicht zwingend für den zuletzt angeschlagenen Nemanja Matic gilt. Eric Bailly und Diego Dalot fehlen weiter langfristig.
Tottenham Hotspur
Vor etwas mehr als einem Jahr bekam Mourinho an gleicher Stelle als Trainer der anderen Mannschaft von seinem heutigen Team gleich drei Tore eingeschenkt, was den tatsächlichen Leistungen auf dem Platz aber nicht ganz gerecht wurde. Auf der anschließenden Pressekonferenz verlor der Portugiese dann völlig die Nerven, zog seltsame Vergleiche mit dem anderen Übungsleitern der Liga und forderte vor allem „Respekt“ für sich ein. Die Seifenoper rund um das Old Trafford dauert von da an nicht mehr lange, kurz vor dem Ende einer ernüchternden Vorrunde wurde Mourinho entlassen.
Die ersten Wochen unter Solskjaer ließen „The Special One“ dann zeitweise wie einen völlig aus der Zeit gefallenen Coach erscheinen. Doch seine Kritik an den strukturellen Zuständen und an der Einstellung einzelner Spieler Uniteds sollte sich in den kommenden Monaten nicht nur teilweise bewahrheiten. Dennoch ergaben sich auf dem Markt keine neuen Möglichkeiten für den hochdekorierten Trainer, bis sich eben die Spurs im Spätherbst überraschend von Pochettino trennten und schon einen Tag später Mourinho als Nachfolger präsentierten. In seiner dritten Station in der Premier League legte Mourinho einen Fabelstart hin: Alle drei Pflichtspiele wurden bisher gewonnen. Ein kleiner Makel dürfte dabei sein, dass Tottenham in jeder dieser Partien zwei Gegentreffer kassierte.
Dennoch kletterte der Champions League-Finalist in der Tabelle während dieser Phase unter anderem vorbei an United auf den fünften Platz. Der Abstand zu den Plätzen für die Königsklasse beträgt zurzeit sechs Zähler. Durch einen weiteren Sieg heute Abend wären die Spurs endgültig zurück im Rennen um die „Top 4“ – und Mourinho würde dadurch wahrscheinlich einen der süßesten Siege seiner Karriere feiern. Bei diesem Unterfangen hat der 56-Jährige außer dem Fehlen von Torhüter Hugo Lloris keine nennenswerten Ausfälle zu beklagen.
Prognose
Schon bei der Unterschrift von „The Special One“ vor wenigen Wochen richteten viele Beobachter den Blick auf dieses Duell. Seitdem läuft es die Gäste ausgezeichnet, jedes Spiel unter dem neuen Coach wurde gewonnen, welcher zudem in seiner kurzen Tätigkeit als TV-Experte (auffallend) häufig sein Ex-Team analysierte. Daher kann man davon ausgehen, dass die Spurs bestens gegen das eindimensionale Spiel der Gastgeber eingestellt sein werden – und daher wohl nicht als Verlierer vom Platz gehen.
Mögliche Aufstellungen
ManUtd: De Gea – Wan-Bissaka, Lindelöf, Maguire, Rojo, Williams – McTominay, Fred – James, Martial, Rashford
Tottenham: Gazzaniga – Aurier, Alderweireld, Sanchez, Rose – Dier, Winks – Sissoko, Alli, Son – Kane
(Photo JORGE GUERRERO/AFP/Getty Images)