Wochen der Wahrheit: Kann sich der 1. FC Köln befreien?

1. Dezember 2023 | News | BY 90PLUS Redaktion

Der 1. FC Köln grüßt nach einem schwachen Saisonstart vom Tabellenende. Bis Weihnachten warten auf den Effzeh zahlreiche direkte Duelle, sodass der Druck in der Domstadt groß ist. Können sich die Kölner befreien? Das Streitgespräch.

Wo steht der 1. FC Köln an Weihnachten?

Die Situation des 1. FC Köln ist derzeit mehr als bedrohlich. Mit sechs Punkten aus zwölf Spielen befindet sich die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart am Ende der Bundesliga-Tabelle. Mit lediglich einem Sieg und nur neun Treffern ist der Effzeh zudem die harmloseste Mannschaft der Liga. Der einzige Lichtblick ist, dass sich die Konkurrenz nicht von den Kölnern distanzieren konnte und der Rückstand zum Relegationsplatz allein zwei Punkte beträgt. Die Hoffnungen sind also weiterhin groß in der Domstadt.



Besonders, weil der 1. FC Köln bis Weihnachten vor den Wochen der Wahrheit steht. Bereits am Freitag reist man zu Aufsteiger Darmstadt, wo sich das Team um Stürmer Davie Selke gerne etwas Luft im Abstiegskampf verschaffen würde. Und auch danach folgen weitere Duelle wie das Heimspiel gegen die ebenfalls abstiegsbedrohten Mainzer oder das Auswärtsspiel beim Sorgenkind der Liga, Union Berlin. Zudem steht vor Weihnachten noch eine Partie gegen den SC Freiburg an. Schafft der Effzeh den Befreiungsschlag vor dem besinnlichen Fest oder verliert er den Anschluss?

Ja, der 1. FC Köln kann sich befreien

In den elf Artikeln des kölschen Grundgesetzes heißt es unter anderem „Et hätt noch emmer joot jejange“. Ebendieses Prinzip Hoffnung muss der 1. FC Köln derzeit bemühen, um im Bundesliga-Abstiegskampf nicht den Kopf zu verlieren. Allen Unkenrufen zum Trotz, es gibt sie noch, jene (Zweck-)Optimisten, die an eine Rettung des aktuellen Tabellenletzten der Beletage des deutschen Fußballs glauben. Für das Gelingen der Mission Klassenerhalt wären Verstärkungen im Winter ebenso elementar wie aktuell vage. Aufgrund einer möglichen Reaktivierung der gegen die Domstädter verhängten Transfersperre – Stichwort: eventuelle Ungereimtheiten beim Wechsel des slowenischen Juniorenspielers Jaka Cuber-Potocnik im Januar 2022 – werden etwaige Pläne erschwert.

Was spricht ansonsten für den 1. FC Köln? Vor allem die Akribie respektive Energie des 51-jährigen Trainers Steffen Baumgart. Seit 1. Juli 2021 im Amt hat sich der gebürtige Rostocker zu einem unantastbaren (?) Glücksfall für den vormals krisengebeutelten Verein entwickelt. Mit seiner intrinsischen Motivationskunst muss der ehemalige Mittelstürmer dem lahmenden Gefüge wieder Wind in die Segel hauchen. Dass die „Geißböcke“ unter Baumgart zu besonderen Leistungen imstande sind, haben sie in der Vergangenheit zuhauf bewiesen.

Der 1. FC Köln findet wieder in die Erfolgsspur.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Überdies warten in den kommenden Wochen Gegner (Darmstadt, Mainz, Union) auf den 1. FC Köln, die sich entweder qualitativ auf Augenhöhe befinden oder ebenfalls im Abwärtsstrudel stecken. Auch der Blick in die statistische Mottenkiste liefert hoffnungsvolle Zahlen. Nach Expected Goals (xG) hätte der dreifache deutsche Meister bereits 7,04 Tore mehr erzielen müssen als der magere Ist-Zustand von neun Treffern hergibt. Nur der VfL Bochum „übertrumpft“ den „Effzeh“ ungewollt in dieser Bilanz.

Zwangsläufig müssen im Abstiegskampf jedoch vor allem vermeintliche Leistungsträger ihre latente Formschwäche (Kainz, Ljubicic) respektive Ladehemmung (Selke) überwinden. Insbesondere die Treffer des zentralen Angreifers Davie Selke (bislang drei Tore) sind für einen Aufschwung des 1. FC Köln signifikant. Allerdings bedarf es dafür auch einer besseren „Fütterung“ des 28-Jährigen mit verwertbaren Zuspielen als bisher. Nur wenn „et Trömmelche“ – die berühmte Tormusik im RheinEnergieSTADION – wieder häufiger intoniert wird, besteht auch eine realistische Chance auf den Klassenerhalt. Oder mit anderen Worten: „Et kütt wie et kütt“.

Steven Busch

Auswärtsschwäche und fehlende Qualität – der Effzeh überwintert am Tabellenende

Sicherlich lässt der Spielplan angesichts der direkten Duelle hoffen, dass der 1. FC Köln sich aus der prekären Lage befreien kann. Jedoch muss man in drei der vier Spiele, die bis Winter anstehen, auswärts ran. Für die Kölner, die ihre lautstarken Fans im Rücken brauchen, ist dies ein großer Nachteil. Erst zwei Punkte konnte der Effzeh auswärts holen und brachte den mitgereisten Kölner Mob mit eigenen Treffern nur dreimal in Ekstase. Die schwache Auswärtsbilanz macht wenig Hoffnung auf Besserung.

Zudem liegt ein enormer Druck auf der Mannschaft von Steffen Baumgart, was dem Trainer selbst anzumerken ist. In den Pressekonferenzen der vergangenen Wochen wirkte er oftmals unkontrolliert und aufgebracht, da ihm seine Souveränität abhandengekommen ist. Dies merken auch die Spieler, was sich in Kombination mit dem fehlenden Selbstvertrauen der Mannschaft und dem enormen Druck nicht wirklich positiv auf diese auswirken wird.

Am Ende kommt hinzu, dass die Kölner in mindestens zwei der drei direkten Duelle aufgrund der eigenen Qualität als Außenseiter in die Partie gehen. Sowohl Mainz als auch Union Berlin verfügen über deutlich mehr individuelle Qualität als das Team von Steffen Baumgart. Eine große Fähigkeit der Kölner war, dass Baumgart sie in den vergangenen Jahren besser machte, als die Summe ihrer Teile. Jedoch ist nach zahlreichen namhaften Abgängen auch hiervon keine Spur mehr übrig.

Die mangelnde Qualität, das fehlende Selbstbewusstsein und die Auswärtsschwäche sorgen dafür, dass der 1. FC Köln es nicht schafft, vor Weihnachten aus dem Keller zu kommen. Schlimmer noch – Steffen Baumgart und sein Team sind zum Jahreswechsel abgeschlagen Tabellenletzter.

Jannek Ringen

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)


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