Die fünfte Macht: Zuschauer-Boom in der 2. Bundesliga
24. Januar 2024 | News | BY sid
Die 2. Bundesliga boomt und wird in Europa zur fünften Macht. Im internationalen Vergleich muss sich das deutsche Unterhaus nicht verstecken.
Die 2. Bundesliga im europäischen Vergleich
Wer einmal im Magen gespürt hat, wie in Liverpool das Stadion an der Anfield Road erzittert, wird das so schnell nicht vergessen. Paris St. Germain erstrahlt im Prinzenpark als Weltmarke weit über den Fußball hinaus, bei den Glasgow Rangers oder Atlético Madrid ist die Atmosphäre magisch. Und doch: Alle erwähnten Stimmungstempel mit Champions-League-Anspruch müssen sich beim Fan-Ansturm hinter den deutschen Zweitligisten Schalke 04 oder Hamburger SV einreihen. Die 2. Bundesliga boomt – sie erwächst in Europa zur fünften Macht.
Klaus Allofs, Sport-Vorstand von Fortuna Düsseldorf, ist eine ihrer prominentesten Stimmen. „Wir haben viele Vereine mit hohen sportlichen Ambitionen, großer Vergangenheit und den entsprechenden Stadien“, sagt Allofs im SID-Gespräch. „Hertha, Schalke, Hamburg, Kaiserslautern, Hannover, Nürnberg. Bei uns gehen auch 52.000 Zuschauer rein – und die werden an diesem Wochenende gegen St. Pauli auch kommen.“ Die Fortuna befeuert dies mit ihrem Gratiskonzept.
Mit einem Hinrunden-Schnitt von 28.342 hat die 2. Liga sogar die französische Ligue 1 hinter sich gelassen. Die spanische Liga mit den Giganten Real Madrid und FC Barcelona ist nur wenige Hundert Zuschauer entfernt, auch die italienische Serie A befindet sich in Reichweite.
Ausverkauft in Düsseldorf, 50.000 Zuschauer in Kaiserslautern und Hamburg, 40.000 in Hannover: Hätte Borussia Dortmund (81.365 Zuschauer) am Wochenende kein Heimspiel, würde die 2. Liga womöglich mit etwa 270.000 Fans sogar vorne liegen. „Kaiserslautern gegen Schalke, das ist normalerweise ein Spiel auf Bundesliga-Ebene“, sagt FCK-Trainer Dimitrios Grammozis. Beim HSV schwärmt Tim Walter von der „Gänsehaut, wenn ich nur daran denke, wie sehr die Menschen diesen Verein lieben“.
Allofs sieht für den Boom mehrere Gründe. Einerseits die Attraktivität der Klubs, des Wettbewerbs, der Stadien. 22 Vereine in der ersten oder 2. Liga haben Arenen mit einer Kapazität jenseits von 30.000, in neun davon wird Zweitliga-Fußball gespielt. Nur der FC Bayern und der BVB liegen in der kombinierten Zuschauertabelle vor Schalke (mehr als 61.000).
Andererseits werde ein enormer Verdrängungswettbewerb offensichtlich. Hoffenheim, Wolfsburg oder Leipzig nehmen „mit außerordentlicher Unterstützung“ längst frühere Stammplätze von Traditionsvereinen ein. Unten tummelt es sich: Nur fünf Zweitligisten waren nie Meister, drei gewannen einen Europapokal.
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„Viele Große waren in der ersten Liga“, betont Allofs. „Und sie haben den Anspruch, da wieder hinzukommen. Aber dort ist eben nicht mehr für alle Platz.“ Zudem garantiere schiere Größe keinen hohen Etat und keinen Erfolg, die Corona-Pandemie habe Vereine mit hohem Eintrittskartenanteil am Budget überdies besonders hart getroffen.
Und so liegt im weltweiten Zuschauer-Ranking des Portals „Transfermarkt“ Schalke vor dem FC Arsenal, Hertha BSC knapp hinter PSG, Lautern vor Juventus Turin, Hannover neben der SSC Neapel, die Fortuna vor dem FC Chelsea. Fünf deutsche Zweitligisten sind in den Top50, weitere folgen auf Platz 52 und 53. Der einzige weitere zweitklassige Klub ist in dieser Gruppe der AFC Sunderland aus England.
Klar, sollte der HSV aufsteigen, kann sich der Boom relativieren. Andererseits erscheint der Abstieg des 1. FC Köln wahrscheinlich – die Rheinländer liegen in der weltweiten Zuschauertabelle auf Rang 25.
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(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)