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VfB Stuttgart | Neuer Trainer und viele Baustellen: Kann Hoeneß für die Wende sorgen? Das Streitgespräch

7. April 2023 | Trending | BY 90PLUS Redaktion

Zum zweiten Mal in dieser Saison hat der VfB Stuttgart den Cheftrainer entlassen. Pellegrino Matarazzo machte den Anfang, jetzt musste Bruno Labbadia gehen. Sebastian Hoeneß soll das aktuelle Schlusslicht der Tabelle noch zum Klassenerhalt führen, sprach aber direkt bei seinem Amtsantritt von drei großen Baustellen, die es zu beheben gibt. 

VfB Stuttgart und Hoeneß: Eine gute Kombination?

Die Bilanz des VfB Stuttgart wurde unter Bruno Labbadia (56) in dieser Saison nicht besser, im Gegenteil. Deswegen entschieden sich die Verantwortlichen dazu, vor dem Endspurt der Saison noch einmal zu handeln. Nun steht Sebastian Hoeneß (40) an der Seitenlinie bei den Schwaben. Er ist nicht einer der üblichen Verdächtigen, die sonst in dieser Phase der Saison auf wundersame Weise wieder einen Job erhalten. Der 40-Jährige soll für frischen Wind sorgen, sprach auf seiner Antrittspressekonferenz schon gleich von zentralen Baustellen, die schnellstmöglich angegangen werden sollen. Wichtig war außerdem der erste Eindruck.

 

 

Dieser war durchwachsen. Die Mannschaft zeigte im Pokal in Nürnberg in der ersten Halbzeit, warum sie in der Bundesliga auf dem letzten Tabellenplatz steht. Der zweite Spielabschnitt war besser, das 1:0 sorgte für den Einzug in das Halbfinale und vor allem ein gutes Gefühl. Wie groß der Hoeneß-Anteil daran war, lässt sich nicht bemessen. Klar ist nur, dass er noch nicht über die Inhalte kommen konnte. Wie auch? Er und die Mannschaft sahen sich zuvor nur einmal so wirklich auf dem Platz. Umso wichtiger werden die kommenden Wochen. Der neue Coach muss nicht nur Stück für Stück seine Vorstellungen vermitteln, sondern auch dringend möglichst viele Punkte holen. Die Frage, die sich automatisch stellt: Kann Hoeneß die Baustellen beim VfB zeitnah beheben? 

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Der Ansatz von Hoeneß passt nicht zum VfB

Die bemängelte Disziplin der Stuttgarter Mannschaft ist eine der drei Baustellen, die Sebastian Hoeneß in naher Zukunft abstellen möchte. Zu unbesorgt agierten die Spieler in den wichtigen Spielen und finden sich nun am Tabellenende wieder. Dass diese Disziplin unter Hoeneß verbessert wird, ist schwer vorzustellen, da er bereits in Hoffenheim Probleme hatte, der Mannschaft Kontinuität einzuverleiben. Außerdem ist der Abstiegskampf in der Bundesliga ein neues Gebiet für den noch unerfahrenen Trainer. Der 40-Jährige war bei seiner ersten Bundesliga-Station in Hoffenheim nie wirklich in den Kampf um die Existenz verwickelt.

Der VfB stellt die drittschwächste Offensive der Liga und vor allem in der Rückrunde hakt es im Angriff. Nur beim 3:0-Sieg gegen den FC Köln konnte die Mannschaft mehr als einen Treffer erzielen. Hoeneß pflegte sowohl bei Bayern II als auch in Hoffenheim einen offensiven Ansatz, allerdings wird es schwer, diesen auch in Stuttgart umzusetzen. Chris Führich und Tiago Tomas zeigen gute Ansätze, sind vor dem Tor aber einfach zu ineffizient. Luca Pfeiffer ist im Spiel der Stuttgarter derzeit ein kompletter Fremdkörper. Einziger Lichtblick für den VfB ist die Rückkehr von Serhou Guirassy. Wie schnell dieser allerdings in Form kommt, ist ebenfalls fraglich.

Bundesliga VfL Bochum VfB Stuttgart

Photo by THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images

Individuelle Fehler ziehen sich beim VfB durch die komplette Saison und lassen sich auf der Torwartposition exemplarisch zeigen. Florian Müller startete schwach in die Saison, wurde dann durch Fabian Bredlow ersetzt, der zuletzt bei der Niederlage gegen die Bayern nicht wirklich gut aussah. Dass Hoeneß die Defensive und vor allem die Fehleranfälligkeit in den Griff bekommt, ist unwahrscheinlich, da Hoeneß‘ Augenmerk eher auf der Offensive liegt, wie er bereits bei Hoffenheim unter Beweis gestellt hat. Der spielerische Ansatz, den auch Pellegrino Matarazzo zu Saisonbeginn wählte, könnte bei dem geringen Selbstbewusstsein der Mannschaft nach hinten los gehen.

Sebastian Hoeneß setzt bei seiner Ankunft in Stuttgart an den Basics an und möchte diese so schnell es geht verbessern, damit der VfB auch im nächsten Jahr in der Bundesliga spielt. Allerdings bildet die aktuelle Verfassung der Spieler nicht gerade eine gute Grundlage für den neuen Trainer. Für den VfB wird es in dieser Saison ganz eng!

Jannek Ringen

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Der S-Faktor: Wie Hoeneß den VfB wieder ans Laufen bekommen könnte

In der Pressemitteilung ließ sich Sebastian Hoeneß mit einem Drei-Punkte-Plan für die Zukunft des VfB Stuttgart zitieren:

  1. Das Pokalspiel in Nürnberg erfolgreich gestalten.
  2. Den Klassenerhalt in der Bundesliga schaffen.
  3. Nach der Saison zusammen mit der sportlichen Führung eine klare Analyse vorzunehmen, um die notwendigen Schritte einzuleiten für eine erfolgreiche Zukunft des VfB Stuttgart.

Hinter den ersten Punkt kann man bereits den Haken setzen. Durch das 1:0 in Nürnberg stehen die Stuttgarter erstmals seit der Saison 2012/13 wieder im Halbfinale des DFB-Pokals. Mit Hoeneß hat man sich bewusst für einen ähnlichen Trainertyp wie Pellegrino Matarazzo entschieden, um die spielerische und vor allem offensive Komponente des Kaders zu stärken. Wie der jetzige TSG-Coach könnte auch Hoeneß mit dessen ehemaligem Team auf ein Dreierkettensystem setzen, das unter Bruno Labbadia zuletzt etwas aus der Mode kam.

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Photo by THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images

Besonders einem Spieler könnte das zugute kommen, der in der Aufstiegssaison mit elf Toren und vier Assists ein großer Faktor für Stuttgarts 9. Platz war: Silas. Beim 0:4 in München am 26. Spieltag 2020/21 zog dieser sich einen Kreuzbandriss zu. Das Fehlen seiner Geschwindigkeit, seiner Dynamik und auch seines Torabschlusses machten sich in der Folgesaison an allen Ecken und Enden bemerkbar. Natürlich brauchte er nach einer solchen Verletzung Zeit, um wieder zur Topform zurückzufinden. Diese war für Matarazzo zu kurz. Bruno Labbadia sah ihn, während des Ausfalls von Serhou Guirassy, als Stürmer. Das brachte vor allem Silas‘ Berater Mehmet Eser in Rage: „Du kannst Silas nicht als Neuner aufstellen. Du kannst aus einem Bäcker keinen Metzger machen. Der Junge braucht Antritt“, erklärte Eser bei Sky. „Jeder weiß, dass Silas ein Rechtsaußen ist.“

Michael Wimmer stellte ihn genau dort auf. Die Resultate gegen Bochum (4:1) und im Pokal gegen Arminia Bielefeld (6:0) sprechen für sich. Unter der „Interimslegende“ hatte der VfB die mit Abstand beste Phase dieser Spielzeit.

Sollte Silas unter Sebastian Hoeneß und dessen offensiverem System wieder zur Topform finden, könnten davon auch seine Teamkollegen im Angriff einen Push bekommen und Stuttgart zum Klassenerhalt verhelfen. Wie Abstiegskampf geht, weiß Hoeneß aus seiner Zeit bei Bayern II. Bis zur Winterpause hing sein Team konstant unten fest. Erst ein sensationeller Lauf von 14 Siegen und je zwei Unentschieden und Niederlagen aus den letzten 18 Spielen katapultierte die Zweitvertretung des FC Bayern zur überraschenden Meisterschaft. Ein Team, das ebenfalls viele junge Spieler hatte, wie jetzt auch der VfB Stuttgart. Hoeneß‘ Verpflichtung ist mit einem Vertrag bis 2025 langfristig und auch für die 2. Bundesliga ausgelegt. Vor allem aber ist sie ein cleveres Kalkül und die Wahrscheinlichkeit, dass diese aufgeht, steht durchaus gut.

Victor Catalina


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