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Bayern-Blamage in Heidenheim: Am (vorläufigen) Tiefpunkt angekommen

7. April 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Das Auswärtsspiel beim 1. FC Heidenheim sollte für den FC Bayern nicht nur die Generalprobe für die Partie bei Arsenal sein. Es ging auch darum, nach der Heimniederlage gegen Borussia Dortmund eine Reaktion zu zeigen. Die ersten 45 Minuten verliefen auch alles andere als schlecht, doch dann brach die zweite Halbzeit an. 

In besagter zweiter Halbzeit schmiss der Rekordmeister nämlich nicht nur die komplette Kontrolle weg, sondern kassierte drei Gegentore, ließ noch weitere gute Chancen zu. Außerdem wurden einige lukrative Chancen ausgelassen, Angriffe nicht seriös zu Ende gespielt. Wie so häufig in dieser Saison. Besorgniserregend ist, dass diesmal eben keine gute Reaktion auf ein schwaches Spiel folgte.

Bayern nur 45 Minuten auf Wiedergutmachungskurs

Es wurde viel geschrieben in der Woche vor dem Gastspiel des FC Bayern gegen Heidenheim. Nach der Heimniederlage gegen Borussia Dortmund, der ersten in der Bundesliga nach etlichen Jahren, in denen die Schwarzgelben ein sehr gern gesehener Sparringspartner in München waren, sollte der Aufsteiger zumindest geschlagen werden, möglichst auch noch überzeugend. Der Start in das Spiel gelang dem Rekordmeister auch, im ersten Spielabschnitt war neben Phasen des Sommerfußballs bei hohen Temperaturen auch viel Kontrolle zu sehen. Zwei Tore resultierten aus der Überlegenheit, einige Spielzüge waren durchaus schön anzusehen. Trotz komplizierter Personallage.



Dass der FC Bayern in einem Spiel zwei Gesichter zeigt, ist nicht neu. Dieses Phänomen war in der laufenden Saison schon häufig zu erkennen. Eine solch große Diskrepanz zwischen zwei Halbzeiten wie am Samstag in Heidenheim gab es aber wohl noch nicht. Alles, was in Durchgang eins nach Plan lief, war wie weggefegt. Die Abstände waren zu groß, die Zweikämpfe waren zu schwach, die Lücken zwischen den Mannschaftsteilen zu groß. Heidenheim wurde eingeladen, bekam Chancen auf dem Silbertablett serviert und schlug dreimal zu. Die Niederlage war am Ende sogar verdient, was auch eine Reaktion der Fans zur Folge hatte. Diese äußerten nämlich ihren Unmut, was deswegen bemerkenswert ist, weil sie nach vielen Rückschlägen in dieser Saison zum Team gestanden haben. Irgendwann ist der Geduldsfaden aber nun einmal porös und reißt.

Ratloser Tuchel als Sinnbild der aktuellen Lage beim Rekordmeister

Nach dem Spiel versuchten die Verantwortlichen des FC Bayern verzweifelt, Erklärungen zu finden. Doch sie hatten keine. Man müsse die Dinge ansprechen, man müsse vieles verbessern und schnell Lösungen finden, so der Tenor. Das wird vielen Fans bekannt vorgekommen sein, waren es doch eben jene Aussagen, die häufig nach Niederlagen in die Mikrofone gesprochen wurden. „Wir hatten zur Pause alles im Griff, es ist jetzt schwer zu beantworten, warum wir das aus der Hand gegeben haben. Wir tun uns schwer, das Level hochzuhalten, das war heute leider der nächste Beweis dafür“, teilte ein sichtlich ratloser und angefressener Trainer Thomas Tuchel mit.

Tuchel Bayern

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Und auch die Frage, wie es gelingen kann, vor dem Spiel gegen Arsenal einen positiven Impuls zu setzen, wusste er nicht zu beantworten. „Das weiß ich nicht jetzt. Vielleicht weiß ich es morgen. Wir haben zwei Tage Zeit“, so die kurze Antwort des Cheftrainers. Wenn er es nicht weiß, wer dann? Das Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer scheint alles andere als intakt zu sein, wenn offensichtliche Anpassungen nur unzureichend oder nur über einen gewissen Zeitraum im Spiel umgesetzt werden. Die Ratlosigkeit ist in jedem Fall ein Sinnbild für die aktuelle Situation, in der ein gemeinsamer Ausweg wohl kaum noch zu schaffen ist.

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FC Bayern: Der vorläufige Tiefpunkt ist erreicht

Als die Entscheidung getroffen wurde, nicht mit Thomas Tuchel über den Sommer hinaus zusammenzuarbeiten, erhoffte man sich in München, dass die Klarheit für mehr Freiheit in den Köpfen sorgt, man sich vielleicht noch zusammenrauft. Doch es blieb bei der Hoffnung. Nach dem Auftritt in Heidenheim gibt es viele potenzielle Themen, die einzeln besprochen werden könnten, aber es lohnt sich der Blick auf die Gesamtsituation. Schon vor dem Spiel gegen Arsenal wurde dem FC Bayern nämlich aufgezeigt – und das mehrfach – wo die Grenzen in der aktuellen Phase liegen. Dass man eben nur noch ein gutes, aber kein sehr gutes Team ist. Dass die europäische Spitze dem Team einiges voraus hat, was nicht durch eine sehr gute Tagesform kaschiert werden kann.

Die Verantwortlichen beschworen nach dem Spiel am Samstag den Zusammenhalt, aber was blieb ihnen auch übrig? Teile des Teams oder den Trainer sprichwörtlich vor den Bus zu werfen, würde auch nichts bringen, die Situation vielleicht sogar noch verschärfen. Und trotzdem wird niemand, kein Christoph Freund und auch kein Max Eberl, abstreiten, dass rund um den Serienmeister der letzten Jahre nun ein neuer Tiefpunkt erreicht ist. Zumindest vorläufig, denn am Dienstagabend im Emirates Stadium wird es maximal ungemütlich.

Bei aller Weltuntergangsstimmung in München sollte der eine, kleine Lichtblick, an dem man sich als Fan vielleicht ein wenig hochziehen kann, nicht unerwähnt bleiben: Max Eberl sprach nach der Partie erneut davon, dass es im Sommer zu einem Umbruch kommen und sich „einiges ändern“ wird. Das ist dringend notwendig, wäre auch in den letzten Transferperioden schon in größerem Ausmaß notwendig gewesen, aber die Deutlichkeit der Ansprache, die gegenwärtig gewählt wird, lässt einige Sommeraktivitäten vermuten. Und dann werden die Karten endgültig neu gemischt.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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