Hertha BSC und der Berliner Weg: Von Bernstein bleibt die Vision
17. Januar 2024 | News | BY sid
Kay Bernstein war das Gesicht des Neuanfangs bei Hertha BSC. Seine Visionen für den Klub sollen auch nach seinem Tod weiterleben.
Hertha nach dem Tod von Bernstein
Das Olympiastadion randvoll, der Jubel blau-weiß, der größte Klub-Erfolg seit 100 Jahren erreicht – Kay Bernstein war erfüllt von dieser einen großen Sehnsucht. Als Ultra in der Kurve brüllte er Lieder und Schlachtrufe für deren Erfüllung, als Präsident von Hertha BSC arbeitete er dafür in der Organisation und Planung.
„Das Pokalfinale“, sagte Bernstein in seinem letzten großen Interview mit der Sport Bild, über das er sich noch am Vorabend seines Todes ausgetauscht hatte, „das ist der größte Traum. Einen Pokalsieg könnte uns keiner mehr nehmen“.
Für Bernstein bleibt der unerfüllt. Das viel zu frühe und unerwartete Ableben des Klub-Präsidenten mit nur 43 Jahren versetzte die Berliner in einen Schockzustand. Alle Medienaktivitäten vor dem Ligaduell am Sonntag gegen Fortuna Düsseldorf (13.30 Uhr/Sky) wurden abgesagt.
Das am Dienstagabend in Blau und Weiß angestrahlte Olympiastadion wurde zum Ort der stillen Trauer. Auf dem Vereinsgelände war die Stimmung auch am Mittwoch tief bedrückt. Als die Mannschaft am frühen Nachmittag den Trainingsplatz betrat, hingen die Fahnen auf Halbmast, zahlreiche Anhänger verfolgten die Einheit. Gelegenheit, dem verstorbenen Präsidenten zu gedenken, erhielten diese im Fanshop, wo ein Foto Bernsteins aufgestellt und ein Kondolenzbuch ausgelegt worden war.
Bernstein, dessen blaue Trainingsjacke längst zum Symbol des Neuanfangs geworden war, hinterlässt eine Lücke. Seine Vision aber soll weiterleben. Weg vom Größenwahn, weg vom Chaos, weg von all den Skandalen – mit dem „Berliner Weg“ zu mehr Nahbarkeit, mehr Bodenständigkeit und mehr Stabilität: Die Mission, mit der er das Präsidenten-Amt im Sommer 2022 angetreten hatte, zeigt längst erste Erfolge.
Neben der schrittweisen finanziellen Konsolidierung des Sanierungsfalls Hertha BSC präsentiert sich der über Jahre zerstrittene Verein wieder als Einheit. Mannschaft und Fans haben zueinandergefunden, Spieler wie Fabian Reese sorgen für Identifikation. Bernstein gab die Richtung vor.
Ein bedingungsloser Anwalt der Fans war er trotz seiner Vergangenheit nicht. Kompromisse aus geschäftlichen Gründen sah er als notwendig an, als Geschäftsmann hatte er dafür das richtige Gespür.
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Die Belange des Anhangs verlor er aber nie aus den Augen. Supercup und Relegation abschaffen, ein Appell für Gehaltsobergrenzen und Kritik an Berater-Honoraren – Bernstein sah vieles am Geschäft Profifußball kritisch.
Ein „Fremdkörper“ sei er als Ex-Ultra für viele in der Fußball-Welt noch gewesen, sagte Bernstein. Beim Neujahresempfang der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Frankfurt/Main war die Wertschätzung und Anteilnahme aber groß.
Sein Herz und sein Fokus galten seiner Familie, seiner Firma – und Hertha BSC. Mit guter Arbeit, so Bernstein, könnte sich die Lage in der Hauptstadt wieder drehen und dem Lokalrivalen Union irgendwann der Rang abgelaufen werden. Das eigene Stadion blieb ein Ziel. Die Rückkehr in die Bundesliga sowieso.
„Möglicherweise kommt der Aufstieg einen Tick zu früh, um nachhaltig bundesligareif zu sein“, sagte Bernstein zu den Zielen in der laufenden Saison.
Für den Pokalsieg aber ist es nie zu früh. Hertha BSC, das am 31. Januar im Viertelfinale des DFB-Pokals den 1. FC Kaiserslautern empfängt, darf das als Auftrag verstehen.
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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)