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VfL Bochum mit neuem Trainer und alten Problemen: Es droht eine Zittersaison

22. August 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

In allerhöchster Not und letzter Sekunde rettete sich der VfL Bochum in der Saison 2023/24 vor dem Abstieg. Dazu soll es nicht noch einmal kommen, der Klassenerhalt nach 34 Spieltagen ist das Ziel. Dieses soll mit einem neuen Trainer an der Seitenlinie anvisiert werden. 

Neue Ansätze braucht es ganz gewiss in Bochum, im Sommer veränderte sich einiges, auch im Kader. Allerdings sind vor dem 1. Spieltag der neuen Saison noch viele Fragen offen, die durch das Pokalaus in Regensburg noch weiter befeuert wurden. Lösungen müssen her.

VfL Bochum: Rettung in allerletzter Sekunde

Die letzte Saison des VfL Bochum sorgte für Nervenkitzel bis in die letzten Momente hinein. 15 Niederlagen und 74 Gegentore mussten die Bochumer in den 34 Spielen der regulären Saison hinnehmen, es ging in die Relegation. Zuvor zog der Klub schon alle Register, inklusive permanenter Durchhalteparolen und einem Trainerwechsel im Schlussspurt, der kaum einen sichtbaren Effekt hatte. Heiko Butscher coachte das Team am Ende und nach dem 0:3 im Relegationshinspiel gegen Düsseldorf schien der Abstieg fast unvermeidbar zu sein.



Doch Fußball ist manchmal kurios, nicht erklär- oder greifbar. Nach einem blutleeren Auftritt im Heimspiel wuchs im Rückspiel in Düsseldorf spätestens ab der 1:0-Führung minütlich der Glaube daran, das 0:3 doch noch irgendwie drehen zu können. Im Elfmeterschießen fiel dann tatsächlich am Ende die Entscheidung zugunsten der Bochumer, die noch einmal mit 1 1/2 blauen Augen davongekommen waren. Und das, obwohl es rund um die Relegation auch noch interne Querelen rund um die Ausbootung von Manuel Riemann gab. Dieser will jetzt gerichtlich gegen den VfL vorgehen, doch das ist ein anderes Thema.

Das Fazit der letzten Saison, da waren sich alle einig, fiel insgesamt sehr dürftig aus. Der Auftrag für die neue Spielzeit liegt also auf der Hand: Bochum muss defensiv stabiler werden, insgesamt deutlich mehr Struktur auf das Feld bringen und nicht in die Muster der vergangenen Saison zurückfallen. Denn dort sorgten teilweise schon kleinste Rückschläge für einen Kontrollverlust. Das kann man sich eigentlich nicht zweimal nacheinander erlauben.

Zeidler soll für neuen Schwung sorgen

Neue Saison, neuer Trainer, neues Glück: So in etwa hatten sich die Verantwortlichen des VfL Bochum das für die neue Spielzeit vorgestellt. Der neue „starke“ Mann an der Seitenlinie hört auf den Namen Peter Zeidler, war zuvor sechs Jahre beim FC St. Gallen tätig. Mit guten Ansätzen, aber auch einigen schwächeren Phasen. Das gilt eigentlich für all seine Stationen, unter anderem war er auch in Sochaux, Sion und Salzburg tätig. Ein wenig RB-DNA hat er durchaus aufgesogen, aber er sieht diese nicht als unabdingbar an. 

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Trotzdem will der 62-Jährige intensiven Fußball spielen lassen. Pressing gehört dazu, ist ein wichtiger Bestandteil seines Fußballs. Allerdings soll auch gewährleistet sein, dass nicht zu viel Risiko gegangen wird. Auch, damit möglichst schnell wieder viele Spieler hinter dem Ball sind und die Defensive verstärken können. Intensität, Pressing, viele Sprints: Das klingt nach einer ganz typischen Bundesligamannschaft und einer Idee, die sehr viele Teams verfolgen.

Nun erwartet auch niemand einen komplett neuen, innovativen Ansatz, dafür war die letzte Saison zu kompliziert, dafür ist das Budget auch einfach zu klein. Aber es ist ein Risiko, den Ansatz zu wählen, den viele der Konkurrenten auch wählen, wenn man ihnen individuell auch noch unterlegen ist. Dass vieles noch Stückwerk ist und die Verbindung der einzelnen Mannschaftsteile noch optimiert werden muss, zeigte das Pokalaus. Übrigens: Bochum ist der einzige Erstligist, der bereits die Segel streichen musste.

Der Transfersommer? Aus verschiedenen Gründen schwierig

Der Transfersommer in Bochum startete vor allem erst einmal mit namhaften Abgängen. Patrick Osterhage und Kevin Stöger, zwei ganz wichtige Spieler aus dem zentralen Mittelfeld, verließen den Klub. Stöger, der Denker und Lenker und einer der drei wichtigsten Spieler, ablösefrei nach Gladbach, Osterhage für knapp fünf Millionen Euro nach Freiburg. Auch Takuma Asano wechselte ablösefrei, ihn zog es nach Mallorca. Auf der Zugangsseite fehlen indes die großen Namen, drei Leihen tütete man ein, darunter die vielversprechende von Jakov Medic.

Stöger

(Photo by UWE KRAFT/AFP via Getty Images)

Auch Myron Boadu ist auf dem Papier ein gelungener Leihdeal, aber der hochveranlagte Stürmer war in den letzten Jahren primär in der Rehaabteilung unterwegs und nicht auf dem Platz. Patrick Drewes und Timo Horn bilden das neue Torhüter-Duo, Dani de Wit, aus Alkmaar gekommen, soll die Stöger-Lücke schließen und Straßburg-Neuzugang Ibrahima Sissoko vor der Abwehr aufräumen. 

Das sind alles Spieler, die vor allem für die Breite des Kaders eine Verstärkung sein können, es fehlt aber das gewisse Etwas. Spieler, die im Abstiegskampf den Unterschied ausmachen können und auch regelmäßig machen. Schwierig ist der Transfersommer auch aufgrund der Personalie Bernardo. Er galt als Kandidat für einen teureren Verkauf, sollte eine hohe einstellige Millionensumme einbringen, verletzte sich aber und fällt nun länger aus. Mit den Einnahmen für ihn hätte der VfL sicher zwei Spieler verpflichten können. Die Augen bleiben aber weiterhin offen. 

Abstiegskampf pur in Bochum

Es sieht also nicht gerade viel nach Aufbruchstimmung aus. Die Riemann-Klage sorgt nicht gerade für Ruhe, gleiches gilt für das Aus im DFB-Pokal. Eine wirklich klare Ausrichtung auf dem Feld ist noch nicht gefunden, der Kader ist allenfalls ordentlich besetzt und weist keine allzu großen Vorteile gegenüber dem des letzten Jahres auf. Die Hoffnung der Bochumer? Dass das System Zeidler einfach etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt und nach den ersten Spielen eine Besserung eintritt.

Ist das eine naive Hoffnung? Vielleicht. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass genau so etwas passiert, schnell eine Trotzreaktion zu erkennen ist. Dafür ist es aber wichtig, direkt zum Auftakt in Leipzig gut dagegenzuhalten, sich nicht durch die Manege ziehen zu lassen, denn das kann vor den Spielen gegen Gladbach, Freiburg und Kiel genau den gegenteiligen Effekt nach sich ziehen.

In jedem Fall ist eine schwierige Saison für den VfL Bochum zu erwarten. Neben Trainer und Mannschaft ist auch das Umfeld gefordert, muss Unruhe vermeiden. Denn diese kann im Abstiegskampf niemand gebrauchen – und nichts anderes wird auf den VfL warten. 

(Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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