Borussia Dortmund und Rheinmetall: Geht der Schuss nach hinten los?

3. Juni 2024 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Seit letzten Mittwoch ist es offiziell: Der traditionsreiche Fußballverein Borussia Dortmund hat einen neuen Sponsor an Bord. Dabei handelt es sich nicht um irgendein Unternehmen: Es ist Rheinmetall. Durch diese Partnerschaft darf künftig der größte Rüstungskonzern Deutschlands im größten Stadion Deutschlands für sich werben.

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und rief bei Fans und in der breiten Öffentlichkeit eine Welle der Empörung und Diskussion hervor. Was bedeutet diese Partnerschaft für den Verein und wie passen Fußball und Waffenproduktion überhaupt zusammen?

BVB: Ein traditionsreicher Verein und ein umstrittener Partner

Borussia Dortmund ist mehr als nur ein Fußballverein. Er ist ein Symbol für Tradition und Leidenschaft. Der Verein hat sich in der Vergangenheit oft als gesellschaftlich verantwortungsbewusster Verein präsentiert, der soziale Projekte unterstützt und sich gegen Diskriminierung und Gewalt positioniert. Er fördert Projekte zur Integration von Flüchtlingen und Initiativen gegen Rassismus. Auch die Gelbe Wand, das Herz der Dortmunder Fankultur, steht für Einsatz, Treue und Zusammenhalt. Doch was passiert, wenn ein Verein mit einer solch emotionalen Basis eine Partnerschaft mit einem Rüstungskonzern eingeht? Rheinmetall ist ein weltweit eingreifender Rüstungskonzern, der Panzer, Artilleriesysteme oder Munition entwickelt und produziert. Bei Rüstungsdeals der deutschen Regierung mit Saudi-Arabien oder anderen autoritären Regimen ist Rheinmetall involviert und profitiert erheblich.

Die Verbindung eines Fußballvereins, der sich als bodenständig und fanorientiert darstellt, mit einem Rüstungskonzern, der von Waffen profitiert, die in Konflikten eingesetzt werden und dadurch auch Leid verursachen, wirkt befremdlich und widersprüchlich.

Wirtschaftliche Notwendigkeit oder moralischer Kompass?

Doch warum hat sich der BVB auf diesen Deal eingelassen? Die Antwort ist simpel: Geld. In einer Zeit, in der finanzstarke Investoren Vereine übernehmen und Unsummen in Spieler und Infrastruktur investieren, wird es für traditionsreiche Vereine wie Borussia Dortmund immer schwieriger mitzuhalten. Rheinmetall verfügt über erhebliche finanzielle Mittel, die dem BVB helfen könnten, seine sportlichen Ziele zu erreichen und sowohl in der Bundesliga als auch international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Aus wirtschaftlicher Sicht mag die Partnerschaft mit Rheinmetall also nachvollziehbar sein, doch die Frage ist, ob die wirtschaftlichen Vorteile die moralischen und ethischen Bedenken einer solchen Partnerschaft aufwiegen können.

BVB Borussia Dortmund Rheinmetall

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Auswirkungen auf das Vereinsimage des BVB

Die Partnerschaft mit Rheinmetall ist erst seit einigen Tagen bekannt und bereits jetzt hat sie deutliche Auswirkungen auf das öffentliche Ansehen des BVB. Während einige Befürworter argumentieren, dass der Verein in einer zunehmend kommerzialisierten Sportwelt realistisch und pragmatisch handeln muss, sehen viele Kritiker diese Entscheidung als ein Zeichen für eine besorgniserregende Entwicklung. Die Verbindung zu einem Rüstungsunternehmen könnte langfristig das Vertrauen und die Loyalität der Fans untergraben.

Ein Verein wie Borussia Dortmund hat eine Vorbildfunktion – nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch abseits davon. Die Entscheidungen, die der Verein trifft, senden starke Signale an die Gesellschaft. Besonders in einer Zeit, in der die gesellschaftliche Verantwortung und ethisches Handeln für Menschen und Unternehmen immer wichtiger werden, könnte der BVB durch die Kooperation mit Rheinmetall als rückständig und prinzipienlos wahrgenommen werden. Schließlich ist der Rüstungskonzern kein Unternehmen, das mit harmlosen Produkten Geld verdient. Es produziert Panzer, Munition und andere Waffen, die in Kriegen und Konflikten eingesetzt werden. Das Leiden, das diese Produkte verursachen, steht im extremen Gegensatz zu den freudigen und verbindenden Momenten, die der Fußball vermittelt.

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Krasse Gegensätze

Für Fußballfans ist Fußball mehr als ein Spiel – es ist ein Ausdruck von Gemeinschaft und Frieden. Wie passt dazu ein Partner, dessen Produkte für Zerstörung und Krieg steht? Die Antwort: gar nicht. Die Bekanntgabe der Partnerschaft stieß sofort auf starke Ablehnung. Viele Fans äußerten ihre Enttäuschung und kündigten an, keine Spiele mehr zu besuchen, solange die Kooperation mit Rheinmetall besteht. Sie begründen die Entscheidung damit, dass der Verein durch die Zusammenarbeit seine Grundsätze zugunsten finanzieller Vorteile verrät.

Die Unterstützung eines Unternehmens, das durch militärische Konflikte Gewinne erzielt, könnte als stillschweigende Billigung von Krieg und Gewalt interpretiert werden. Der BVB riskiert mit dieser Partnerschaft, seinen Ruf als „Echte-Liebe“-Club zu verlieren und als geldgieriger Verein wahrgenommen zu werden, der bereit ist, seine Prinzipien für finanzielle Vorteile zu opfern.

BVB: Der Zeitpunkt der Bekanntgabe

Die Zusammenarbeit zwischen dem BVB und Rheinmetall wirft aber auch generelle Fragen über die ethische Verantwortung von Fußballvereinen und die Rolle von Sponsoren auf. Während die wirtschaftlichen Vorteile nicht zu leugnen sind, müssen die langfristigen Auswirkungen auf das Image des Vereins und die Beziehung zu den Fans sorgfältig abgewogen werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Partnerschaft auf die sportlichen Leistungen und die öffentliche Wahrnehmung des Vereins auswirken wird. Sollte der BVB trotz der finanziellen Unterstützung durch Rheinmetall sportlich nicht erfolgreich sein, könnte dies den Unmut der Fans noch verstärken. Andererseits könnte ein sportlicher Erfolg die Kritik teilweise überdecken, auch wenn die grundsätzlichen moralischen Fragen bestehen bleiben.

Letztendlich ist die Kooperation zwischen Rüstungskonzern und Traditionsverein ein komplexes und kontroverses Thema, bei dem der Zeitpunkt vom Verein strategisch klug ausgewählt wurde. Denn wer wird nach Samstag, dem wichtigsten Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte, noch über das Thema nachdenken?

von Ann-Kathrin Geisler

(Photo by FRANCK FIFE/AFP via Getty Images)


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