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Bundesliga | Bayern ringt Union und Freiburg nieder, Rose gelingt die Trendwende, schwere Zeiten für Schalke – was bisher geschah

19. Januar 2023 | Trending | BY Victor Catalina

Spotlight | Mit der Partie zwischen RB Leipzig und dem FC Bayern nimmt die Bundesligasaison 2022/23 den Betrieb wieder auf. Wir werfen einen Blick auf die bisherigen Geschehnisse in allen Tabellenregionen.

Tabellenspitze: Einmal Krisn und zurück

Mit Rekordstarts ist der FC Bayern ohnehin vertraut wie kaum ein anderer Verein der Bundesliga. 2022/23 schienen sie sich allerdings selbst zu überbieten. Am 1. Spieltag führten die Münchener bereits zur Pause bei Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt 5:0. Letztendlich gab es ein 6:1, gefolgt von einem 2:0 über den VfL Wolfsburg um Ex-Trainer Niko Kovač sowie einem 7:0 in Bochum. 15:1 Tore nach drei Partien sind – natürlich – neuer Bestwert. Mit sehr viel Glück und einem Yann Sommer in geschichtsträchtiger Form nahm die Gladbacher Borussia einen Zähler aus der Allianz Arena mit. Lothar Matthäus machte den Fans im Anschluss an die Partie in seiner Sky-Kolumne „So sehe ich das“ keine Hoffnung auf ein Titelrennen. Das Spiel sei „eher eine Drohung dahingehend, dass die Bayern mit einem noch nie dagewesenen Abstand Meister werden“ und prophezeite „den größten Start-Ziel-Sieg der letzten 15 Jahre“.

Allein, solcher Elogen bediente sich bereits Christian Heidel im September 2018. Gerade unterlagen seine Schalker dem Rekordmeister 0:2, als er meinte, die Münchener würden die gesamte Saison über kein einziges Spiel verlieren. Was folgte, waren drei sieglose Pflichtspiele am Stück, darunter ein 0:2 bei Hertha BSC.

 



 

Auch vier Jahre später sollte der Fluch des Lobes den FC Bayern einholen. An der alten Försterei (1:1) und gegen den VfB Stuttgart (2:2) kam man erneut nicht über Punkteteilungen hinaus, bevor es in Augsburg (0:1) die erste Saisonniederlage setzte. Zur einzigen Länderspielpause stand man auf Rang 5.

Währenddessen leistete ein Berliner Stadtteilklub erbitterten Widerstand, weil dieser einfach vergessen zu haben schien, wie man verliert. 3:1 im Derby gegen Hertha, 2:1 über RB Leipzig, 6:1 auf Schalke, 1:1 gegen den FC Bayern. Es musste mit der Eintracht zugehen, um den 1. FC Union dann doch 2:0 zu bezwingen.

Allerdings gab es auch noch eine dritte Mannschaft, die sich in der Hinrunde rund um die Tabellenspitze wohlfühlte: Der SC Freiburg. Von den ersten acht Partien verlor man lediglich eine. Zuhause gegen Dortmund gab es ein 1:3. Unter anderem gewann der Sport-Club in Augsburg überraschend deutlich 4:0 oder 3:2 in Leverkusen.

Wir schreiben den 30. September 2022. „Der Krisn-Hit“ titelte der Kicker tags zuvor über die Begegnung des FC Bayern gegen Bayer Leverkusen. Viel wurde während der Länderspielpause gesprochen, vereinzelt auch Julian Nagelsmann in Diskussionen zur Disposition gestellt. Vereinsseitig bekam Bayerns Coach währenddessen volle Rückendeckung – sowohl von Sportvorstand Hasan Salihamidžić als auch dem Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn. Es läge an der Mannschaft, die guten Ansätze, die bereits während den vorigen Partien zu sehen waren, auch in Tore umzuwandeln. Jene Mannschaft gelobte von Beginn an Besserung. Leroy Sané (3′), Jamal Musiala (17′) und Sadio Mané (39′) sorgten für eine komfortable 3:0-Pausenführung. Sechs Minuten vor Schluss nutzte Thomas Müller einen schlimmen Aussetzer Lukáš Hrádeckýs zum 4:0-Endstand. Leistung: Check. Ergebnis: Check. The Race is on.

Bundesliga FC Bayern Bayer Leverkusen

Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images

Denn noch immer lag der FC Bayern hinter den gallischen Dörfern Köpenix und Freiburgix. Spieltag neun hielt die größte Partie im deutschen Fußball bereit: Der FC Bayern reiste nach Dortmund. Die Münchener präsentierten sich nicht zwingend souverän, dafür aber enorm konsequent. Leon Goretzka (33′) und Leroy Sané (53′) sorgten für eine 2:0-Führung. Aus BVB-Sicht der Super-GAU. Sie gerieten nicht nur durch zwei Münchener in Rückstand, sondern zwei Ex-Schalker. Für den FC Bayern schien es eine weitere Partie wie in San Siro zu werden, als man Inter ähnlich konsequent 2:0 bezwang. Diesmal sollte es anders laufen: Alphonso Davies und Matthijs de Ligt mussten verletzungsbedingt ausgewechselt werden, was in extremster Art und Weise zulasten der defensiven Stabilität ging. Edin Terzic nutzte die Gunst der Stunde und stellte Youssoufa Moukoko den bislang glücklosen Anthony Modeste an die Seite. 74. Minute, Modeste auf Moukoko – 1:2. Mit Ablauf der regulären Spielzeit holte sich Kingsley Coman seine zweite gelbe Karte ab. Dortmund drückte nun auf den Ausgleich und bekam diesen in der fünften und letzten Minute der Nachspielzeit durch jenen Modeste. Auf der Tribüne wurde aus dem eigentlich ruhigen und besonnenen Oliver Kahn der letzten Jahre wieder der Titan.

Also doch wieder Krise – oder noch immer? Der SC Freiburg (2:2 in Berlin) und Union (1:0 in Stuttgart) punkteten jeweils. Die Münchener mussten es nun mit den Breisgauern aufnehmen. Diesmal ließen sie allerdings nichts anbrennen. Serge Gnabry (13′), Eric Maxim Choupo-Moting (33′), Leroy Sané (53′), Sadio Mané (55′) sowie Marcel Sabitzer (80′) sorgten für ein 5:0-Statement. Es war Freiburgs höchste Niederlage gegen den Rekordmeister seit…
…einem 0:5 in der Allianz Arena bei Jupp Heynckes‘ Comeback im Oktober 2017.

Damit hatte der FC Bayern eines von zwei Teams erfolgreich hinter sich gelassen. Union allerdings erwies sich als äußerst hartnäckig. Borussia Dortmund wurde dank Janik Haberers erstem Bundesliga-Doppelpack 2:0 bezwungen. Am darauffolgenden Spieltag gelang es den Münchenern, die Lücke bis auf einen Zähler zu schließen. Der Rekordmeister gewann 2:0 in Sinsheim, während der VfL Bochum seinen guten Freunden aus München mit einem 2:1 über Union weiterhalf. Als sich der FC Bayern, nach einem 6:2 über Mainz 05 und mit dem sich immer deutlicher abzeichnenden 1:1 zwischen den Köpenickern und Borussia Mönchengladbach bereits wieder zurück an der Tabellenspitze wähnte, hatte Union noch einen allerletzten Eckball parat, den Danilho Doekhi in Minute 97 einköpfte. Allen Bayern-Fans dürfte es in diesem Moment ähnlich ergangen sein, wie Oliver Kahn in Dortmund.

Bundesliga Bayer Leverkusen Union Berlin

Photo by Lars Baron/Getty Images

Union überperformte in äußerster Art und Weise. 16 Zähler standen nach zwölf Partien auf dem Konto, 9,86 mehr, als der eigene Spielstil eigentlich zuließ. Es war relativ klar, dass sich der Fußball diese Differenz früher oder später zurückholen würde. Früher oder später war in diesem Fall genau eine Woche später. Im Anschluss an eine äußerst ereignisarme Halbzeit in der BayArena setzte Leverkusen das erste Statement unter Xabi Alonso und gewann letztlich 5:0. Nur einmal unterlag Union in der Bundesliga so hoch, Februar 2020 in Dortmund.

Ab hier nahmen die Dinge ihren erwarteten Lauf: Der FC Bayern setzte sich bereits am vorigen Samstagnachmittag 3:2 in Berlin durch und hatte auch mit den beiden Aufsteigern Werder Bremen (6:1) sowie Schalke 04 (2:0) überschaubar viele Schwierigkeiten. Union musste in Freiburg (1:4) die nächste heftige Niederlage einstecken und fiel auf Platz 5 zurück. Die Breisgauer übernahmen derweil Platz 2, hinter dem Rekordmeister. Für diesen endete eine komplizierte Hinrunde letztlich doch versöhnlich. Man holte sich die Tabellenführung zurück, das Gros der Neuzugänge erwies sich als absoluter Volltreffer und mit Choupo-Moting wurde zumindest ein temporärer Ersatz für Robert Lewandowski gefunden. Auch Mathys Tel, den man in München als langfristigen Nachfolger sieht, konnte mit bislang vier Saisontoren auf sich aufmerksam machen. Der Großteil der Spieler scheint die Negativerlebnisse der Weltmeisterschaft bereits verdrängt zu haben. Zudem konnte man mit Yann Sommer und Daley Blind die Lücken schließen, die Manuel Neuer (Unterschenkelbruch) sowie Lucas Hernández (Kreuzbandriss) hinterließen. In München scheint vor Beginn der zweiten Saisonhälfte alles in bester Ordnung zu sein.

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Tabellenmittelfeld: Leipzig im Aufwind, Dortmund im Minus

Die beiden Überraschungsteams hatten bislang geliefert – mehr als das. Aber was war mit den beiden Mannschaften, von denen man eigentlich erwartet hätte, dass sie dem FC Bayern Konkurrenz machen: Borussia Dortmund und RB Leipzig?

Schwarzgelb spielte in den Anfangswochen wenig überzeugend. Trotzdem gelang es ihnen, zumeist die Punkte einzufahren. 1:0 gegen Leverkusen, 3:1 in Freiburg, 1:0 in Berlin, 1:0 gegen die TSG Hoffenheim, 1:0 im Derby gegen Schalke. Unter diese Auftritte mischten sich allerdings immer wieder Spiele wie gegen Werder Bremen (2:3), in Leipzig (0:3) oder Köln (2:3). „Nach jedem Sieg stellt ihr mir die Frage, was die Ambitionen, was die Ziele für diese Saison sind. Und wir treten immer auf die Euphoriebremse, genau wegen Spielen wie heute“, so Edin Terzic nach der Partie im Rheinenergiestadion in einer Mischung aus Frustration und Wut. „Weil das wiederholt auftritt, dass wir solche Spiele, die wir komplett kontrollieren, einfach weggeben. Wir werden es ganz klar analysieren. Wir werden es wieder ansprechen, wir werden wieder versuchen, unsere Lehren daraus zu ziehen, wir werden wieder darüber reden, dass wir eine Reaktion zeigen müssen, um das endlich abzustellen.“

Bundesliga Borussia Dortmund

Photos by Christoph Koepsel/Getty Images (L) and Ina Fassbender/AFP via Getty Images (R) Montage: Tim Planer

Genau diesen Rhythmus behielt die Borussia bis zur Winterpause bei. Die Auftritte: schwankend. Die Ergebnisse: ebenfalls. Mal gab es ein Hoch, wie das Last-Minute-Remis gegen den FC Bayern, den 2:1-Sieg in Frankfurt beziehungsweise das 5:0 über den VfB Stuttgart, die postwendend von Aufritten an der alten Försterei (0:2) oder kurz vor der Winterpause in Wolfsburg (0:2) sowie Gladbach (2:4) konterkariert wurden. Auf Platz 6 beendete der BVB letztlich das Jahr 2022, für Terzic im Minus: „Vor dem Spiel haben wir gesagt, es ist alles so nah beieinander und wir wussten nicht, was der Sieg heute bedeuten würde, in der Tabelle, ob wir auf Platz 3, 4, 5 überwintern. Aber wir wussten, dass wir dann im Januar mittendrin sind. Das hat jetzt nicht funktioniert. Jetzt haben wir einen Rückstand, den wir ab Januar wiedergutmachen müssen.“

Ein Gefühl, das man auch in Leipzig kennt, wenngleich man dahingehend schon etwas weiter ist. Unter Domenico Tedesco konnte man im Frühjahr mit dem Pokalsieg den Nimbus der Titellosigkeit ablegen. 2022/23 begann allerdings alles andere als vielversprechend. Den ersten Saisonsieg, ein 2:0 gegen den VfL Wolfsburg, gab es erst am 4. Spieltag. Es sollte der einzige für Tedesco bleiben. Nach einem 0:4 in Frankfurt sowie der 1:4-Blamage gegen Shakhtar Donezk in der Champions League übernahm Marco Rose. Seine ersten Gegner hießen – natürlich – Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach. Während es gegen den BVB noch ein ungefährdetes 3:0 gab, erlebte Rose selbiges Ergebnis im Borussia-Park von der gegenüberliegenden Seite. Danach allerdings konnte er die Mannschaft stabilisieren. Besonders die Aufholjagd in Augsburg (3:3) oder der 3:2-Sieg über Real Madrid trugen zur Selbstvertrauensbildung bei. Inzwischen sind die Leipziger seit 13 Pflichtspielen ungeschlagen und haben sich wieder auf Platz 3 herangekämpft. Ein Sieg über den FC Bayern am kommenden Freitag könnte die Lücke bis auf drei Zähler schließen. Andererseits würde ein Erfolg der Münchener den Abstand auf neun Zähler anwachsen lassen und nach menschlichem Ermessen der Entscheidung im Titelrennen gleichkommen.

Bundesliga Eintracht Frankfurt TSG Hoffenheim

Photo by DANIEL ROLAND/AFP via Getty Images

Nur einen Punkt hinter RB steht Eintracht Frankfurt, die im Sommer mit Filip Kostić ihren MVP zu Juventus ziehen lassen mussten. Vor allem im UEFA Supercup schlug sich das nieder. Real Madrid erwies sich zu diesem Zeitpunkt als zu erfahren und abgezockt. David Alaba (37′) und Karim Benzema (65′) sicherten den Titel. Es dauerte seine Zeit, bis Oliver Glasner die neue Eintracht konstant ans Laufen bekam. Neuzugänge wie Mario Götze, Junior Dina Ebimbe oder Randal Kolo Muani mussten ins System integriert werden und ihre Automatismen mit den bereits vorhandenen Stammspielern, Daichi Kamada und Jesper Lindstrøm, finden. Kamada übernahm im 3-4-2-1 auf der Acht, vor Götze, Lindstrøm und Kolo Muani in der Spitze. In dieser Formation überzeugte die Eintracht vor allem gegen Bayer Leverkusen (5:1), in Gladbach (3:1) oder gegen die TSG Hoffenheim (4:2). Am letzten Champions-League-Spieltag konnte man mit einem 2:1 bei Sporting CP sogar das Achtelfinale buchen.

Ähnlich zufriedenstellend ist die Ausgangslage bei Werder Bremen. Unter Ole Werner ist der Mannschaft durch mutiges Offensivspiel die Transition vom reinen Aufsteiger zurück zum stabilen Bundesligisten gelungen. Werders Motto: Alles, außer gewöhnlich. Mal drehen sie ein 0:2 nach Minute 89, dann wiederum gelang es ihnen, binnen der ersten 13 Minuten selbst 3:0 zu führen. Die Leidtragende war jeweils eine Borussia. Zwar gab es zwischendurch mal knappere Niederlagen, wie gegen Augsburg (0:1) oder Mainz 05 (0:2) und mal deutlichere, darunter ein 1:6 in München. Angesichts von sieben Zählern Vorsprung auf den Relegationsplatz können die Bremer mit allem Optimismus in die Restsaison gehen.

Abstiegskampf: Schalke vor schweren Wochen, Labbadias alte, neue Mission

So gut es für den einen Aufsteiger aussieht, so düster gestaltet es sich für den anderen. Lediglich zwei Erfolge konnte Schalke 04 in dieser Spielzeit einfahren, gegen den VfL Bochum (3:1) und Mainz 05 (1:0). Vor der Saison präsentierte Rouven Schröder Frank Kramer als neuen Trainer und hielt so lange wie möglich an ihm fest. Zwar gab es ordentliche Ansätze, die jedoch zu selten Früchte trugen. Zwei deutliche Niederlagen gegen Hoffenheim (0:3, 1:5) in Liga und Pokal sorgten zuerst für Kramers Ende. Wenig später verkündete auch Schröder seinen Rücktritt. Es liegt nun an Thomas Reis, ein mittelschweres Wunder zu vollbringen. Fünf Zähler trennen Schalke bereits vom Relegationsplatz. Zudem heißen die ersten Gegner nach der Winterpause Eintracht Frankfurt (A), RB Leipzig (H), 1. FC Köln (H), Borussia Mönchengladbach (A), VfL Wolfsburg (H) und Union Berlin (A). Erst Ende Februar und Anfang März stehen mit dem VfL Bochum (A) und dem VfB Stuttgart (H) wieder Duelle mit Mannschaften aus der eigenen Tabellenregion an.

Wohl kaum ein anderes Team musste über den Sommer einen ähnlichen personellen Aderlass wie jene Bochumer wegstecken. In Miloš Pantović (Union Berlin), Sebastian Polter (Schalke 04), Armel Bella-Kotchap (Southampton FC) und Maxim Leitsch (Mainz 05) verließen gleich vier Leistungsträger den Verein, was zu einem Start mit sechs Niederlagen am Stück und der Entlassung von Thomas Reis führte. Thomas Letsch konnte die Negativserie stoppen und mit einem 3:0 gegen Eintracht Frankfurt den ersten Saisonsieg einfahren. Durch zwei Erfolge vor der WM-Pause, gegen Gladbach (2:1) und in Augsburg (1:0) steht der VfL nur einen Zähler hinter dem Relegationsplatz. Mit drei weiteren Punkten im Schlüsselduell gegen Hertha BSC gleich zu Wiederbeginn könnte man die Abstiegsplätze vorerst verlassen.

Bundesliga VfL Wolfsburg VfB Stuttgart

Photo by Stuart Franklin/Getty Images

Das ginge in diesem Fall zu Ungunsten des VfB Stuttgart. Es war der letzte Spieltag der Vorsaison, als Wataru Endo die Seinen in Minute 92 zum Klassenerhalt köpfte und eine äußerst komplizierte Saison voller Verletzungen noch positiv beendete. Eigentlich wollte man aufseiten des VfB näher an die Spielzeit 2020/21 heranrücken, als man im Aufstiegsjahr Neunter wurde. Die Probleme blieben jedoch. Stuttgart stand sich in den entscheidenden Momenten selbst im Weg und gab dadurch mögliche Erfolge her. In Bremen kassierte man den Ausgleich in Minute 95. Gegen Eintracht Frankfurt (1:3) führten drei Standards zur Heimniederlage.

Pellegrino Matarazzo genoss zwar in Mannschaft und Verein sehr hohes Ansehen. Nach dem 0:1 gegen Union Berlin vermochte ihn das auch nicht mehr zu retten. Es war die Dämmerung einer der erfolgreichsten VfB-Phasen der letzten Jahre. Ende November liefen Vertragsgespräche mit Sportdirektor Sven Mislintat ebenfalls ins Leere. Der Verein beginnt damit mehr oder minder bei Null. Nun soll Rückkehrer Bruno Labbadia eine ähnliche Entwicklung ankurbeln, wie er es Ende des letzten Jahrzehnts in Wolfsburg tat. Sportlich konnte „Interimslegende“ Michael Wimmer zumindest für etwas Entlastung sorgen. Allerdings wechselten sich in den letzten Wochen Sieg und Niederlage ab, sodass der VfB zu Wiederbeginn noch immer mitten im Abstiegskampf steckt. Mainz 05 (H), TSG Hoffenheim (A) und RB Leipzig (A) heißen die ersten Gegner nach der Winterpause.

Weitestgehend aus dem Tabellenkeller verabschiedet hat sich hingegen Bayer Leverkusen. Eigentlich galten auch sie vor der Saison als einer der Bayern-Verfolger. Die Verträge von Patrik Schick und Florian Wirtz konnten verlängert werden. Dazu verstärkte Bayer den Kader mit Adam Hložek oder Callum Hudson-Odoi. Die Krise traf Leverkusen daher komplett unvermittelt. Nach dem 3:4 beim SV Elversberg in der ersten Pokalrunde schien alles, was in der Vorsaison noch für Bayer lief, sich nun gegen sie zu verschwören. Aus einem gebrauchten Tag wurden gebrauchte Wochen und Monate. Der Mannschaft ging sichtlich die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit abhanden. Mit jedem Spiel wurden von außerhalb zunehmend Zweifel laut, ob es Gerardo Seoane noch gelingen würde, den Trend umzukehren. Die Blockade war keine taktische oder qualitative, sondern eine rein mentale.

Bundesliga Bayer Leverkusen

Photo by Lars Baron/Getty Images

Nach Niederlagen in München (0:4) und Porto (0:2) stand die Antwort. Es gelang Seoane nicht mehr. Leverkusens Vereinsführung ging mit Xabi Alonso einen riskanten Weg. Zwar bringt er viel Erfahrung auf allerhöchstem Niveau als Spieler mit. Trainiert hat er bislang lediglich die Zweitvertretung seines Jugendklubs Real Sociedad. Dementsprechend dauerte es, bis er seine Ideen in einer Art und Weise auf die Mannschaft übertragen konnte, dass diese sie adäquat umsetzte. Es gab auf dem Weg dorthin Niederlagen gegen Porto (0:3) in Frankfurt (1:5) oder Leipzig (0:2) sowie den Abstieg in die Europa League. Leverkusen brauchte das eine Spiel, in dem alles für sie laufen würde, um die mentale Barriere endgültig zu sprengen. Dieses gab es gegen Union Berlin. Bayer konterte sich, wie zu besten Seoane-Zeiten, zu einem 5:0. Darauf folgten Siege in Köln (2:1) und gegen den VfB Stuttgart (2:0). Der erste Schritt ist getan. Sieben Zähler bleiben noch bis Europa. Dabei steht auch Florian Wirtz nach überstandenem Kreuzbandriss wieder zur Verfügung. Beim 4:1 im Testspiel gegen den FC Zürich Mitte Dezember gab er eine Halbzeit lang sein Comeback und traf zum zwischenzeitlichen 2:0. Eine Serie, die er auch gegen Venezia (2:1) aufrechterhielt.

An der Spitze kann RB wieder für Spannung sorgen – oder der FC Bayern einen großen Schritt Richtung Titel 33 machen. Im Mittelfeld steht Borussia Dortmund vor einer Aufholjagd. Zudem sind auch die beiden Überraschungsteams Union Berlin und SC Freiburg noch immer mitten im Rennen um die Champions-League-Plätze. Ganz unten duellieren sich Bochum, Stuttgart und vielleicht Schalke um den Klassenerhalt. Die Tabelle taut wieder auf – und die Bundesligasaison 2022/23 ist endgültig wieder zurück.

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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