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Bundesliga | Bayerns Patzer sorgt für Novum im Titelrennen, Leverkusen zurück im Tief – Die Brennpunkte des 21. Spieltags

20. Februar 2023 | Spotlight | BY Victor Catalina

Spotlight | Der 21. Bundesliga-Spieltag bot besonders viel Gesprächsstoff. Unter anderem durch Bayerns Niederlage in Gladbach, das dadurch entstehende Titelrennen sowie Leverkusenern, die nach einer Siegesserie zurück im Tief sind. Die Brennpunkte.

1. Bayerns Niederlage in Gladbach und die Authentizitätsfrage

Ein Angstgegner ist ein Angstgegner und bleibt ein Angstgegner. Das erlebte der FC Bayern diese Saison bereits auf beiden Seiten. So wie sie selbst den FC Barcelona ohne Robert Lewandowski über beide Partien 5:0 bezwangen, bewies nun Borussia Mönchengladbach, dass ihre Erfolge der vergangenen Jahre auch, aber nicht allein an Yann Sommer festzumachen sind.

 



 

Da wäre zum Beispiel Jonas Hofmann. Der Nationalspieler sammelte vergangenen Samstag seine Torbeteiligungen neun bis elf gegen den Rekordmeister in der Bundesliga und zog mit Marco Reus gleich. Zudem war es, nach dem 4:2 gegen Borussia Dortmund und dem 4:1 in Sinsheim, bereits Hofmanns dritte Ligapartie mit drei Scorern. In den europäischen Topligen hat lediglich Erling Haaland eine mehr.

Dabei war der Start des Rekordmeisters äußerst vielversprechend. „Wir haben sehr gut angefangen. Aber dann müssen wir 3:0 oder 4:0 führen, gleich zu Beginn“, so Julian Nagelsmann nach der Partie. „Wir haben tatsächlich in den ersten sieben Minuten Top-Situationen, die wir gut spielen, aber dann der finale Ball so ein bisschen fehlt.“

Bundesliga Borussia Mönchengladbach FC Bayern

Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images

Kurz darauf hatte die Borussia eine jener Top-Situationen. Es lief die 8. Minute – und Dayot Upamecano Alassane Pléa hinterher. Bayerns Innenverteidiger griff kurz an die Schulter. Tobias Welz und Tobias Stieler sowie Markus Sinn in Köln reichte das, um die Szene als Notbremse auszulegen. Welz blieb auch im SPORT1-Doppelpass bei seiner Entscheidung, während Sky-Schiedsrichter-Experte Alex Feuerherdt ein On-Field-Review nahelegte und der Kicker Welz‘ Performance mit der Note 5,0 versah sowie den Worten, die rote Karte sei „viel zu hart“ gewesen. Upamecano habe Pléa „weder geschubst, noch gezogen oder gehalten.“

Auch in Unterzahl war die Mannschaft von Julian Nagelsmann nicht zwingend die schlechtere. Sein Frust über die zweite Pflichtspielniederlage dieser Saison daher nachvollziehbar. Viel wurde über verbale Entgleisung des Bayern-Coaches gesprochen. Dabei hielt sich bis auf das „Pack“ alles im Rahmen. Weder „Willst du mich verarschen!?“, noch „weichgespült“ sind an und für sich Beleidigungen, die über die Grenze gehen. Nagelsmann selbst entschuldigte sich außerdem sofort nach dem Spiel. Im Oktober 2016 wurde er selbst vom damaligen Leverkusener Trainer Roger Schmidt als „Spinner“ bezeichnet, was keine derartige Grundsatzdiskussion zur Folge hatte. Schmidt bekam im Anschluss für seine Wortwahl als Wiederholungstäter zwei Spiele Sperre.

Natürlich sollte man die Schiedsrichter schützen und natürlich sind sie nicht die „Mülleimer der Nation“, wie Deniz Aytekin nach Bayerns 4:0-Pokalsieg in Mainz betonte. Dennoch geht es in die falsche Richtung, eine Vorbildfunktion derart einzufordern, dass Spieler und Trainer zu aalglatten PR-Maschinen werden und sich beinahe nicht mehr trauen, in der Öffentlichkeit ihre eigene Persönlichkeit auszuleben, weil es im Zweifelsfall gegen sie ausgelegt werden könnte. Auch damit ist man ein schlechtes Vorbild. Abseits des Fußballs ist es ebenfalls unpassend, wenn man irgendwann auf die Frage, wie der eigene Tag verlaufen sei, antwortet: „Es liefen einige Entscheidungen gegen mich. Aber im Großen und Ganzen muss ich damit leben und versuchen, es morgen besser zu machen.“ Vorbildfunktion ja, Beleidigungen unter der Gürtellinie nein. Aber man sollte immer aufpassen, dass das Ganze nicht auf Kosten der Authentizität geht.

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2. Titelrennen, Europa, Spieler: Bundesliga im Aufwind

Als unmittelbare Folge von Bayerns Niederlage, Unions Remis gegen Schalke sowie Dortmunds 4:1-Sieg über Hertha BSC stehen die Top 3 der Bundesliga allesamt bei 43 Zählern. Erstmals seit Einführung der Drei-Punkte-Regel können drei Teams nach 21 Partien dieselbe Punktzahl aufweisen. Jahrelang predigten Bundesliga-Trainer, -Geschäftsführer und -Vorstandsvorsitzende, wenn die Bayern schwächeln, wolle man da sein. Nun ist es tatsächlich der Fall.

Davon profitiert die gesamte Liga. Bayern und die Konkurrenz pushen sich gegenseitig zu Topleistungen in der Champions League und Europa League. Während die Münchener alle ihre sieben Partien gewinnen konnten und dabei nur zwei Gegentore kassierten, bezwang der BVB jüngst Chelsea 1:0. Union Berlin gewährte dem unter Ex-Herthaner John Heitinga formstarken Ajax nicht einen einzigen Schuss aufs Tor im eigenen Stadion, verdiente sich das 0:0 – und hätte gut und gerne ebenfalls gewinnen können. Morten Thorsby vergab freistehend die beste Gelegenheit.

Bundesliga Borussia Dortmund Hertha BSC

Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images

Am Dienstag kann Eintracht Frankfurt, mit den eigenen Fans gegen die SSC Napoli für das nächste europäische Ausrufezeichen sorgen. RB Leipzig, bei denen sich MVP Christopher Nkunku in Wolfsburg mit einem Assist für Konrad Laimer zurückmeldete, hat im Duell mit Manchester City ebenfalls nichts zu verlieren.

Die Bundesliga hat momentan das Titelrennen, die Leistungen in Europa, Spieler wie Nkunku, Jamal Musiala oder Jude Bellingham sowie Talenten wie Jamie Bynoe-Gittens oder Youssoufa Moukoko. Das Gros der Partien an sich hat einen hohen Unterhaltungswert, selbst im Tabellenmittelfeld, wie zwischen Bayer Leverkusen und Mainz 05 (2:3). Dazu beheimatet die Bundesliga noch immer den amtierenden Europa-League-Sieger. Über die vergangenen fünf Saisons konnte man 18 Duelle gegen spanische Teams gewinnen und verlor lediglich deren acht. Sollte auch RB Leipzig gegen Manchester City bestehen, ist das der finale Beweis, dass die Bundesliga näher an der absoluten Spitze ist, als es viele vermuten.

3. Leverkusen: Die Rückkehr der mentalen Barriere

Nahe an der Spitze wollte diese Saison auch Bayer Leverkusen sein. Ende letzten und Anfang diesen Jahres schien es, als könnte man – nach einer komplett missratenen ersten Saisonhälfte – mit fünf Bundesligasiegen am Stück die Aufholjagd starten.

Das 0:2 gegen Borussia Dortmund schien Leverkusen dann allerdings wieder aus der Bahn geworfen zu haben. Seitdem gab es in den folgenden fünf Partien lediglich einen Sieg, das 3:1 in Sinsheim. Gestrigen Sonntag unterlag Bayer dem 1. FSV Mainz 05 zuhause 2:3. Eine Partie, die sich perfekt in die aktuelle Saison einreiht. Mal wieder vergibt man einen Elfmeter, diesmal Edmond Tapsoba, der den einzigen der vergangenen acht Versuche verwandeln konnte.

Leverkusens wunder Punkt: Die letzten acht Strafstöße

Patrik Schick gehalten
Kerem Demirbay gehalten
Moussa Diaby verschossen
Patrik Schick verschossen
Kerem Demirbay gehalten
Moussa Diaby verschossen
Edmond Tapsoba Tor
Edmond Tapsoba gehalten

 

Kurz darauf ging Mainz durch Anthony Caci in Führung. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte erneut und gut zehn Minuten vor Schluss schwächte sich Bayer mit dem Platzverweis für Amine Adli selbst. Marcus Ingvartsen traf vom Punkt zum Auswärtssieg. Mainz springt damit in die obere Tabellenhälfte, während Leverkusen, nach der Partie gegen Monaco, die zweite 2:3-Heimniederlage in Folge hinnehmen muss. Kommenden Donnerstag bietet sich ihnen die Chance, zumindest eine davon wieder umzubiegen.

Individuell ist die Mannschaft Klassen besser als ihr derzeitiger Tabellenstand. Auch diesen Sonntag erarbeitete sich Leverkusen 2,64xG, spielte zu Beginn der zweiten Hälfte druckvoll – bis Mainz um die Stundenmarke herum zwei Großchancen bekam und Leverkusen damit den Stecker zog. All das spricht dafür, dass die mentale Barriere, die mit den fünf Siegen am Stück gesprengt zu sein schien, sich wieder aufgebaut hat. Xabi Alonso wird daher in den kommenden Wochen nicht nur als Taktiker, sondern auch Psychologe gefragt sein.

Photo by Lars Baron/Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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