Spotlight

Bundesliga | Bayern verschafft sich Final-Frühling, Leverkusens Frankfurter Weg und SGE-Chaos – Die Brennpunkte des 25. Spieltags

20. März 2023 | Spotlight | BY Victor Catalina

Spotlight | Durch Leverkusens 2:1-Sieg über den FC Bayern brachte der 25. Bundesliga-Spieltag viel Gesprächsstoff. Zudem läuft bei Eintracht Frankfurt momentan vieles nicht zusammen. Die Brennpunkte.

1. Bayerns Niederlage in Leverkusen sorgt für einen Final-Frühling

Eigentlich wollte sich der FC Bayern in Leverkusen ein gutes Gefühl für die Länderspielpause – und die Tabellenführung – holen. Zur Halbzeit war, ergebnistechnisch, alles im Rahmen. Joshua Kimmich sorgte mit dem einzigen Torschuss für den Treffer. Aber allein diese Statistik zeigt, dass es nicht der Sonntag und nicht das Wochenende des Rekordmeisters war. Ohne Eric Maxim Choupo-Moting, der mit Rückenproblemen in München blieb, fehlte der Fixpunkt im Angriff, um Bälle festzumachen und weiterzuleiten. Sadio Mané ist nach seiner langen Verletzung noch nicht in Topform und Thomas Müllers Spiel ist ein gänzlich anderes. Die Münchener konnten sich dadurch nur selten im letzten Drittel durchsetzen. Über die Flügel wusste Bayer das Tempo mit Jeremie Frimpong auf der einen Seite gegen Alphonso Davies und Piero Hincapié gegen João Cancelo auf der anderen zu matchen. Bayerns Angrifsspiel kam zum Erliegen. Ledliglich in Minute 22, als Cancelo zu viel Leine bekam und flanken durfte, wurde es gefährlich.

 

 



 

Zur Pause wechselte Julian Nagelsmann gleich dreimal und brachte Jamal Musiala, Serge Gnabry sowie Kingsley Coman. Weiterhin fehlte es allerdings an Struktur im Angriffsdrittel. Der Rekordmeister versuchte, zu viel mit langen Bällen zu lösen, die niemand festzumachen vermochte. Wenn es über Tempo und schnelle Kombinationen ging, wurde es auch gefährlich. So wie in Minute 66, als sich Musiala im Dribbling mit mehreren Leverkusenern behauptete, einen Doppelpass mit Gnabry spielte und nur knapp verzog. Genau davon hätte es mehr gebraucht.

Joshua Kimmich hielt nach der Partie fest, dass Leverkusen eigentlich nicht viel kreiert hat. Zwar geht das Resultat bei einem xG von 2,00:0,90 in Ordnung. Bezieht man jedoch nur den npxG mit ein, also, was beide Teams aus dem Spiel heraus produzierten, landet man bei 2,00 – 1,58 (2×0,79 für die beiden Elfmeter) = 0,42:0,90. Ganz falsch ist die Aussage nicht. Dennoch kam die Münchener Defensive auch bei 0,42npxGA teilweise bedrohlich ins Schwimmen. Benjamin Pavard und Dayot Upamecano gaben jeweils Elfmeter her. Erstmals seit dem 9. Spieltag 2019/20, einem 2:1 über Union Berlin am 26. Oktober 2019, verursachte der Rekordmeister wieder zwei Strafstöße in einer Bundesligapartie.

Bundesliga Bayer Leverkusen FC Bayern

Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images

Nicht zuletzt, weil die Konterabsicherung in der 3-2-Verteidigung unzureichend griff. In der Szene vor dem ersten Strafstoß war Leon Goretzka fürs Gegenpressing aufgerückt, sodass Kimmich in einer 3-1-Verteidigung mehr oder minder auf sich allein gestellt war. Diese Szene spielten Exequiel Palacios und Kerem Demirbay mit einem einfachen Doppelpass aus. Schon konnte Florian Wirtz mit Tempo auf den herausrückenden Upamecano zulaufen und für Amine Adli durchstecken. Dass Pavard ihm in die Hacken lief, war unbeabsichtigt und ein Stück weit Pech – aber dennoch Elfmeter.

Vor der zweiten Szene pressten drei Leverkusener Serge Gnabry in eine unsaubere Ballmitnahme. Diesmal bekam Palacios im Zentrum zu viel Platz, weil Kimmich für den Spielaufbau noch zwischen den Innenverteidigern stand. Adli startete im Rücken von Upamecano. Bis dieser ihn eingeholt hatte, war der zweite Strafstoß schon verursacht. Dass Julian Nagelsmann den gelb vorbelasteten Pavard nach der ersten Szene auswechselte, ist verständlich. Eher verwundert, warum er Josip Stanišić anstatt des spielstärkeren Noussair Mazraoui brachte. Eines der Trademarks des Marokkaners, ist, dass er gerne zentral(er) agiert und somit genau dort den Druck hätte ausüben können, wo Palacios zweimal den verwirrungsstiftenden Pass spielte.

Trotz der Niederlage gibt es zwei gute Nachrichten für die Münchener: Den dadurch entstandenen Schaden, in Form von Tabellenplatz 2 zur Länderspielpause, können sie selbst beheben und für den Beginn dieser Mission fehlt kein Spieler gesperrt. Allerdings haben sie ab April Finals im Dreitagesrhythmus.

Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images//Graphic: Victor Catalina//Club logos: de.wikipedia.org

Diese Phase, binnen 22 Tagen, wird darüber entscheiden, wie die Saison 2022/23 in die bayrischen Geschichtsbücher eingeht. Für Julian Nagelsmann gilt es, sich Gedanken zu machen, ob er das Dreierkettensystem beibehalten will oder zur Viererkette zurückkehrt. Seine Mannschaft hat genug Zeit, sich mental auf das Saisonabitur vorzubereiten.

 

2. Nach Sieg gegen Bayern: Nimmt Leverkusen den SGE-Weg?

Natürlich war es für den FC Bayern ein gebrauchter Abend. Allerdings gehört zu einem solchen auch ein Gegner, der seiner Aufgabe außergewöhnlich gut nachkommt. Genau das tat Bayer Leverkusen. Von Beginn an agierte die Mannschaft von Xabi Alonso mutig, spielte auf Ballbesitz und presste den Rekordmeister hoch. Alonsos Idee, Robert Andrich als zentralen Teil einer Dreierkette zu bringen, erwies sich als Volltreffer. Physisch war er sowohl Sadio Mané als auch Thomas Müller überlegen.

Wie der FC Bayern agierte auch Bayer Leverkusen ohne nominellen Stürmer, wusste die eigenen Qualitäten jedoch wesentlich besser einzusetzen. Anstatt nach hohen Zuspielen auf den zweiten Ball zu gehen, setzte man voll auf das Tempo von Jeremie Frimpong, Moussa Diaby und Amine Adli. Bereits vor der Pause ergaben sich dadurch einige gute Szenen, denen es am Abschluss oder der letzten Genauigkeit mangelte. Nach 14 Minuten musste Alphonso Davies im allerletzten Moment vor Frimpong retten. Zwei Minuten später scheiterte der Niederländer mit seinem Schuss aufs kurze Eck an Yann Sommer. In der zweiten Hälfte agierte Bayer noch präziser in den entscheidenden Aktionen, wodurch die beiden Elfmeterszenen entstanden.

Bundesliga Bayer Leverkusen FC Bayern

Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images

Mit dem heutigen Auftritt hat Bayer bewiesen, dass sie – trotz eines Formdips zwischen Ende Januar und Mitte Februar, als man vier von fünf Pflichtspielen verlor – die Philosophie von Xabi Alonso verinnerlicht haben und auch in der Lage sind, mit der Ligaspitze mitzuhalten. Seit Alonsos Amtsantritt holten lediglich RB Leipzig (34), der FC Bayern (37) sowie Borussia Dortmund (38) mehr Punkte als Bayer Leverkusen (32).

Dazu steht die Mannschaft im Viertelfinale der Europa League und wird dort auf die Union-Bezwinger aus Saint-Gilles treffen. Gerade hier liegt eine große Chance für die Leverkusener. Sie verfügen über mehr taktische Flexibilität und im Angriff individuelle Qualität, als das über beide Partien zumeist eindimensional und uninspiriert agierende Union. Im Halbfinale würde das Duell mit einem der Conference-League-Finalisten der Vorsaison anstehen, AS Roma oder Feyenoord, während sich auf der gegenüberliegenden Seite des Turnierbaums Manchester United, Sevilla und Juventus gegenseitig eliminieren werden. Sporting sollte man, nach dem gewonnenen Elfmeterschießen im Emirates, ebenso auf dem Zettel haben.

Das Finale und somit ein ähnlicher Weg, wie ihn vergangene Saison Eintracht Frankfurt nahm, ist mehr als möglich. Beide Teams spielten in der Liga eine durchwachsene Saison. Beide Teams schieden in der ersten Pokalrunde aus. Für Leverkusen wäre es ebenfalls der zweite Titel in diesem Wettbewerb, nach 1988. Auch diese Saison würde ein Gewinn der Europa League einen sicheren Platz in Topf 1 der Champions League garantieren. Von der Königsklasse ist Bayer in der Tabelle noch neun Zähler entfernt, deren drei sind es bis zur Eintracht auf Platz 6.

3. Sieglosserie, Glasner-Wut – und Hellmann-Abgang? Chaos in Frankfurt

Die Adler vom Main flattern derweil auf der Stelle. Am frühen Sonntagnachmittag setzte es mit einem 0:2 an der alten Försterei das wettbewerbsübergreifend siebte sieglose Spiel aus den vergangenen acht Versuchen. Einzig zuhause gegen Werder Bremen konnte man 2:0 gewinnen.

Vor allem an seiner Defensive arbeitete sich Oliver Glasner nach der Partie ab. Man könne auch mal 0:0 spielen, aber „wir können es nicht“. Eine herausgespielte Torchance von Union habe Glasner nicht gesehen. „Wir müssen ehrlich sein. Immer Palavern und Palavern hilft ja nicht. Fakt ist, dass wir immer auf die gleiche Art und Weise unsere Spiele verlieren. Das erste Tor, von Rani Khedira, habe „gar nichts mit Fußball zu tun. Das ist ja unterirdisch.“ Das 2:0 von Kevin Behrens habe „mit Taktik nichts zu tun. Wenn ein Spieler zwei von uns aushebelt und dann auch noch den Torhüter tunnelt?“

Auf der anderen Seite lobte Glasner jedoch: „Ich als Trainer hatte bei Union noch nie so viele Torchancen – tolle Aktionen, schön herausgespielt, aber am Ende verkacken wir es hinten.“

Bundesliga Union Berlin Eintracht Frankfurt

Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images

Die Deutlichkeit von Glasners Worten zeigt, wie angespannt die Lage in Frankfurt momentan ist. Nach einer größtenteils soliden Saison, in der man sich ständig um Platz 4 herum bewegte, droht die SGE nun, mit 40 Zählern den Anschluss zu verlieren. RB Leipzig auf Platz 5 ist bereits fünf Punkte entfernt, deren sechs sind es bis zum SC Freiburg auf Rang 4. Hinter ihnen sind der VfL Wolfsburg um Ex-Trainer Niko Kovač (38 Punkte), Bayer Leverkusen (37) sowie Mainz 05 (37) bereits in Lauerstellung.

Mit Daichi Kamada befindet sich ein Schlüsselspieler momentan im Formtief, Jesper Lindstrøm fällt verletzt aus. Bei Randal Kolo Muanis Trefferquote sollte man sich ebenfalls nicht sicher sein, ob nicht einer der (ausländischen) Topklubs den ganz großen Geldkoffer mitbringt. Dazu liebäugelt Vorstandssprecher Axel Hellmann damit, den nach dem Rücktritt von Donata Hopfen freigewordenen Posten als DFL-Chef zu übernehmen. Gerade der Verlust des Hauptkoordinators des Eintracht-Aufstiegs wäre ein herber Schlag. Überraschend kommt es daher nicht, dass auch Oliver Glasner zögert, seinen Vertrag zu verlängern. Der Verein braucht nun in erster Linie Ruhe und dafür Erfolge. Nach der Länderspielpause empfangen sie den VfL Bochum, gefolgt von Union Berlin im DFB-Pokal, bevor es nach Leverkusen geht. Mindestens zwei dieser Partien sollte die SGE gewinnen, um nicht in Zeiten der „Diva vom Main“ zu verfallen, von denen man gehofft hatte, sie hinter sich gelassen zu haben.

Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


Ähnliche Artikel