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Bundesliga | Wer will Meister werden? Die Brennpunkte des 28. Spieltags

17. April 2023 | Trending | BY Victor Catalina

Spotlight | Nach dem 28. Bundesliga-Spieltag stellt sich vor allem eine Frage: Wer will Meister werden? Während der FC Bayern, Borussia Dortmund und auch Union Berlin im Gleichschritt Punkte liegen ließen, läuft es einzig bei RB Leipzig. Die Brennpunkte.

Meister verzweifelt gesucht: Teil 1: Der strauchelnde Favorit

Den größten Jubel in der Allianz Arena gab es nach Schlusspfiff, als auf der Anzeigetafel der Zwischenstand aus Stuttgart durchgegeben wurde. Der VfB holte einen Punkt gegen Borussia Dortmund. Somit fiel der eigene Patzer im Duell mit der TSG Hoffenheim nicht weiter ins Gewicht. Die Münchener stehen weiterhin zwei Zähler vor dem BVB.

 

 

Das war allerdings aus Bayern-Sicht nahezu die einzige gute Nachricht an einem spielerisch äußerst grauen Samstagnachmittag. Selbst tat man sich äußerst schwer, zu wirklichen Torchancen zu kommen. Es mangelte offensiv an Passgenauigkeit, Passschärfe, an Ideen, wie man die Hoffenheimer konsequent unter Druck setzen will. Bezeichnenderweise war der einzige Treffer a) ein Zufallsprodukt und b) gehörte er – mal wieder –  einem Innenverteidiger. Kingsley Coman schoss aus gut 18 Metern weder hart noch platziert Richtung Tor, sodass das Ganze zur idealen Vorlage für Benjamin Pavard wurde, der durch die Beine von Oliver Baumann spitzte. Aus den letzten vier Spielen gab es lediglich drei Tore für den Rekordmeister. Neben Pavard trafen Matthijs de Ligt per Distanzschuss in Freiburg und Dayot Upamecano nach Eckball im Pokalduell mit dem Sport-Club.

Der Mannschaft mangelt es sichtlich an Energie und Selbstvertrauen. Nahezu jeder Spieler sucht den Pass zum Nebenmann anstatt abzuschließen. Sogar Thomas Müller oder Joshua Kimmich, die das Team eigentlich führen sollten, scheinen mit sich selbst beschäftigt. Das Fehlen der Langzeitverletzten, aggressive leader Lucas Hernández sowie des eigentlichen Kapitäns Manuel Neuer, macht sich hier besonders bemerkbar.

Bundesliga FC Bayern München TSG Hoffenheim

Photo by Adam Pretty/Getty Images

Dazu hat sich, unter Thomas Tuchel, der vom Vorstand erhoffte Trainerwechsel-Effekt nicht eingestellt. Ja, das Schlüsselspiel um die Meisterschaft gegen Borussia Dortmund gewann man souverän 4:2. Bislang scheint es allerdings, als hätte der Vorstand mit dieser Maßnahme das Team nur noch mehr destabilisiert. Besonders in der Hinrunde holte Julian Nagelsmann aus dem, nicht zwingend optimal zusammengestellten, Kader das Optimum heraus. Als dann die typischen Probleme nach einer WM hinzukamen, wie Langzeitausfälle von Schlüsselspielern (Noussair Mazraoui, Lucas Hernández, Manuel Neuer) oder Spieler, die mental schwer belastet zurückkehren, aufgrund eines Aus in der Gruppenphase, beziehungsweise einer Finalniederlage, konnte selbst Nagelsmanns System die offensichtlichen Mängel nicht mehr überdecken.

Offensichtliche Mängel, die sich der Vorstand, neben des Zeitpunkts des Trainerwechsels, anlasten muss: Das Fehlen eines klassischen Mittelstürmers, nachdem das Experiment mit Sadio Mané nicht aufging. Dazu, und das konnte man im Hinspiel gegen Manchester City klar erkennen, genügt das (defensive) Mittelfeld nicht höchsten europäischen Ansprüchen. Es fehlt ein Spieler wie Thiago, der eine Partie an sich reißen und dominieren kann. Besonders nach den Treffern von Bernardo Silva und Erling Haaland bekamen die Münchener kaum Ruhe ins eigene Spiel. Auch die dezente Druckphase der TSG Hoffenheim, in die der Ausgleichstreffer von Andrej Kramarić fiel, wusste man nicht zu brechen.

Dennoch konnte Thomas Tuchel einige Pluspunkte für Mittwochabend notieren: Jamal Musiala und Mathys Tel brachten viel Kreativität und Durchschlagskraft ins Münchener Spiel. Sollte Eric Maxim Choupo-Moting nicht rechtzeitig fit werden und es der Gesundheitszustand des Franzosen nach Muskelfaserriss zulassen, müssen beide in der Startelf stehen. Auch die Maßnahme, João Cancelo ins Mittelfeld zu ziehen, machte sich bezahlt. Gegen Ende der Partie wirkte der FC Bayern wesentlich sicherer in seinen Kombinationen und konnte die TSG Hoffenheim am eigenen Strafraum einschnüren. Genau dieses Spiel – mit einem frühen Tor – wird es gegen Manchester City und Ex-Trainer Pep Guardiola brauchen, um den Halbfinaleinzug doch noch perfekt zu machen.

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Meister verzweifelt gesucht: Teil 2: Der Herausforderer schlägt sich selbst

Edin Terzic konnte es kaum glauben. Entsetzt schlug er die Hände über dem Kopf zusammen. In Überzahl hatte es seine Mannschaft tatsächlich vollbracht, bei Abstiegskandidat Stuttgart, in Überzahl nicht nur eine Zwei-Tore-Führung zu verspielen, sondern auch noch den vermeintlichen Siegtreffer Giovanni Reynas in Minute 92. Als Josha Vagnoman in der 97. Minute von rechts flankte, senste Debütant Soumaila Coulibaly über den Ball, den Silas sicher im rechten Eck platzierte.

Kreidebleich stellte sich Dortmunds Trainer im Anschluss den Fragen: „Es ist schwer, Worte dafür zu finden. Wir dachten, dass wir das Dümmste erlebt haben in dieser Saison, mit der Niederlage zu Hause gegen Werder Bremen, wo wir bis zur 88. Minute 2:0 geführt haben. Das hier toppt noch mal das Ganze.“

Bundesliga VfB Stuttgart Borussia Dortmund

Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

Mit einem Sieg hätte der BVB nach Punkten gleichziehen können, im Wissen, vier der sechs verbleibenden Partien vor eigenem Publikum zu bestreiten. Der Knackpunkt bei der Partie in Stuttgart waren nicht nur die letzten 15 Minuten, in denen man die Führung komplett aus der Hand gab, sondern generell die gesamte zweite Hälfte. Trotz Überzahl gerieten die Dortmunder bei einem Abstiegskandidaten unter Druck, fanden kaum spielerische Lösungen. Laut Informationen von Sport1 soll Sebastian Hoeneß in der Pause folgende Worte an seine Mannschaft gerichtet haben: „Jungs! Es steht 0:2 und die sind ein Mann mehr. Die denken, dass sie einen Haken dran haben und nehmen uns nicht mehr ernst. Wir haben hier eine Riesenchance. Ein Tor! Und hier brennt‘s!“

Genau so sollte es kommen. Neben den drei Treffern, die die Dortmunder kassierten, gab es noch ein viertes durch Serhou Guirassy, das aufgrund einer knappen Abseitsposition aberkannt wurde. Seit dem 0:2 an der Stamford Bridge scheint beim BVB der Stecker gezogen. In sechs Pflichtspielen gab es nur noch zwei Siege: Ein 6:1 über einen indisponierten 1. FC Köln sowie das 2:1 gegen Union Berlin. In München und Leipzig konnte man sich glücklich schätzen, „nur“ sechs Gegentore kassiert zu haben. Dazu kam die Borussia auch im Derby nicht über ein 2:2 hinaus – und könnte dieses Wochenende gut und gerne den Matchball um die Meisterschaft vergeben haben.

Meister verzweifelt gesucht: Teil 3: Wer ist der Dritte?

Man sagt immer, „Wenn zwei sich streiten (oder in diesem Fall: nicht streiten), freut sich der Dritte“. Aber, wer genau ist der Dritte? Union Berlin trat dieses Wochenende zuhause ebenfalls gegen einen Abstiegskandidaten an, den VfL Bochum – und auch sie kamen nicht über ein Remis hinaus. Josip Juranović erzielte kurz vor der Pause den Führungstreffer, den Kevin Stöger vom Punkt wieder ausradierte. Am 1. April gab es ein 3:0 über den VfB Stuttgart. Seitdem warten die Unioner auf einen Sieg. 0:2 im DFB-Pokal in Frankfurt, 1:2 in Dortmund, nun das 1:1 gegen den VfL Bochum. Vor allem in den letzten beiden Partien hätte der FCU eine große Chance gehabt, sich nochmal ins Titelrennen einzuschalten. Nun steht man weiterhin fünf Zähler hinter dem BVB und deren sieben hinter dem FC Bayern.

Bundesliga RB Leipzig FC Augsburg

Photo by Maja Hitij/Getty Images

Also, noch einen Ganztonschritt tiefer, zum ersten Team, das sich an diesem Wochenende halbwegs souverän präsentierte: RB Leipzig. Den frühen Führungstreffer durch Arne Maier (5′) konterten Kevin Kampl (10′) sowie Timo Werner per Doppelschlag (32’/35′). Ruben Vargas‘ Anschlusstreffer in Minute 82 war lediglich Makulatur.

Während sich der FCA auf die Fahne schreiben kann, wie in Dortmund (3:4) und München (3:5) offensiv wieder einmal mit einem Topteam mitgehalten zu haben, setzt RB seine Positivserie fort. Nach dem 0:7 im Etihad, der höchsten Niederlage der Vereinsgeschichte, brauchten die Leipziger die Partien in Bochum (0:1) und gegen Mainz (0:3), um wieder zu sich zu finden. Seitdem hat Marco Rose sein Team allerdings wieder auf Kurs bekommen. Das 2:0 über Borussia Dortmund geriet im Ergebnis fast zu knapp. Anschließend gab es den Sieg in Berlin (1:0) sowie gegen den FC Augsburg. Dazu darf man im DFB-Pokal weiterhin von der Titelverteidigung träumen. Im Halbfinale gibt es die Neuauflage des letztjährigen Endspiels in Freiburg. Anschließend würden entweder der VfB Stuttgart oder Eintracht Frankfurt warten. Auch die Chancen, noch in die Champions League zu kommen, stehen gut: Kommendes Wochenende kann man mit Bayer Leverkusen einen Verfolger selbst distanzieren. Anfang Mai, direkt nach dem Pokalspiel, geht es in der Bundesliga nach Freiburg. Das Epizentrum der Formstärke in der Bundesliga, im Moment liegt es am Leipziger Cottaweg.

Photo by Adam Pretty/Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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