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Bundesliga | Rückblick, Vorzeichen, Ausblick: So läuft der Abstiegskampf in der Restsaison

18. Januar 2023 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Am Freitag startet die Bundesliga in die Restsaison und in allen Teilbereichen der Tabelle herrscht Spannung. Insbesondere die Abstiegskandidaten hatten während der WM-Pause viel Zeit, die bisherige Saison zu rekapitulieren, an den nötigen Stellschrauben zu drehen und neue Elemente in ihrem Spiel zu implementieren. 

Das war bei vielen Klubs auch nötig, denn der Abstiegskampf verzeiht keine Fehler. Gemessen an der Qualität dürfte Bayer 04 Leverkusen, aktuell auf Platz zwölf stehend, nicht zu den ernsthaften Kandidaten für den Abstieg gehören. Dahinter befinden sich aber noch sechs Teams, von denen die letzten drei bereits (mindestens) einen Trainerwechsel hinter sich haben. Was ist bisher passiert, wie ist die Ausgangslage und was muss sich ändern? Wir nehmen die Abstiegskandidaten unter die Lupe. 

 



Platz 13: 1. FC Köln (17 Punkte)

In der Vorsaison qualifizierte sich der 1. FC Köln für einen europäischen Wettbewerb. Steffen Baumgart (51) war und ist der Architekt des Erfolges bei den Domstädtern. Erfolg trotz Platz 13? Ja! Denn in Köln rechnete niemand mit dem großen Angriff auf die Champions League. Im Gegenteil: Köln hatte kein leichtes Sommertransferfenster, Leistungsträger verließen den Klub. Zudem war und ist der Effzeh aufgrund von einer nicht gerade überwältigend positiven finanzellen Situation zu einem Sparkurs gezwungen. Dass es Baumgart trotzdem gelang, in Phasen wieder den typischen, dynamischen und positiv wilden Kölner Fußball auf den Platz zu bringen, spricht für den Trainer. Und für die Anpassungsfähigkeit der Mannschaft.

Baumgart Bundesliga

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Wiederkehrende Verletzungen von Schlüsselspielern in Verbindung mit der doppelten Belastung durch den Europapokal, die aufgrund der WM noch drastischere Auswirkungen hatte, sorgten für fehlende Konstanz beim 1. FC Köln. Im Winter wurde deswegen auch noch einmal nachgelegt, Davie Selke (27) kam von Hertha BSC. Mit ihm und neuem Schwung soll die Trendwende gelingen, vor der Pause gab es nämlich fünf Spiele nacheinander ohne einen Sieg. 

Um dem Abstiegskampf bis zum Ende der Saison zu entgehen, muss Köln vor allem in Auswärtsspielen besser performen. In der Fremde gab es nur einen Sieg aus acht Spielen und schon 20 der insgesamt 29 Gegentore. An der Defensivordnung wird Trainer Baumgart in der Vorbereitung intensiv gearbeitet haben, allerdings kamen kurz vor dem Re-Start Meldungen über Verletzungssorgen in der Defensive auf, die erneut dafür sorgen, dass improvisiert werden muss. Die ersten beiden Gegner sind zudem der starke Aufsteiger aus Bremen und der FC Bayern. Köln muss die eigene Energie wieder auf den Platz bekommen und defensiv zuverlässiger agieren, dann reicht die Qualität für den Verbleib in der Bundesliga. 

Platz 14: FC Augsburg (15 Punkte)

Es vergeht kaum ein Jahr, in dem der FC Augsburg nicht gegen den Abstieg spielt. Und es vergeht ebenso kaum ein Jahr, in dem der FC Augsburg nicht durch eine sehr schwierige Phase gehen muss. Auch in dieser Saison gab es schwache Spiele, bei denen die Durchschlagskraft im Spiel nach vorne nahezu komplett fehlte. Dann wiederum gelang es dem FCA, den FC Bayern zuhause zu schlagen und diszipliniert zu spielen. Wohin die Reise unter Enrico Maaßen (38) sowohl in der Tabelle als auch im fußballerischen Bereich gehen wird, bleibt aktuell also noch abzuwarten. Der Klub unterstützt ihn jedenfalls bei der Mission Klassenerhalt in der Bundesliga.

Das beweisen die Aktivitäten des FC Augsburg auf dem Transfermarkt. Arne Engels (19), David Colina (22) und Dion Bello (20) wurden im Winter verpflichtet, Kelvin Yeboah (22) und Irvin Cardona (25) kamen schließlich auch noch hinzu. Vier dieser fünf Spieler sind primär in der Offensive unterwegs und sollen den Kader in der Breite wie Spitze verbessern. Das Offensivspiel muss facettenreicher werden, Augsburg gehört zu den Teams mit den schwächsten Passwerten. Häufig wird das Spiel von Intensität bestimmt, aber wilde und hektische Phasen haben nicht nur Vorteile. 

Hinzu kommt, dass nach dem 3:2 auf Schalke Anfang Oktober kein Spiel in der Liga mehr gewonnen wurde. Siebenmal nacheinander gab es keinen Sieg, jetzt warten Dortmund, Gladbach, Freiburg und Leverkusen in den ersten Spielen nach der WM-Pause. Die neuen Impulse sind also dringend notwendig, um auf Kurs zu kommen. Wichtig wird außerdem sein, endlich zuhause zu Konstanz zu finden. Einen Sieg gab es dort nämlich erst – ausgerechnet gegen den FC Bayern. Sollten die Neuzugänge schnell integriert werden und eine Verstärkung darstellen, hat Augsburg die Chancen auf den Klassenerhalt. Andernfalls kann es aber schnell sehr eng werden. 

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Platz 15: Hertha BSC (14 Punkte)

In der Tabelle der Bundesliga steht Hertha BSC gerade so noch über dem ominösen „Strich“. Sandro Schwarz (44) übernahm das Amt als Cheftrainer im Sommer und sollte eine kleine Revolution durchführen. Und in der Tat erkannten die Zuschauer früh, dass sich beim Hauptstadtklub etwas verändert hat. Hertha spielte aktiver, hatte gerade offensiv einen klaren Plan mit vielen deutlich erkennbaren Strukturen. Das Problem waren die Resultate. 90 starke Minuten gab es selten und viele gute Phasen führten am Ende nicht zu den notwendigen Erfolgen. An diesem Punkt muss angesetzt werden. 

Im Vergleich zu einigen Konkurrenten war der Winter in Berlin eher ruhig. Aufgrund der ordentlichen Ansätze und der kontinuierlichen Entwicklung in Teilbereichen des Spiels erscheint das aber auch nicht erstaunlich. Bei Hertha BSC wusste vor der Saison jeder, dass es nur darum geht, die Klasse zu halten und dabei die nächsten Schritte zu machen. In der Vorbereitung auf die restliche Spielzeit dürfte der Fokus vor allem auf der Verbesserung der Abläufe im offensiven Bereich gelegen haben. 19 Tore in 15 Spielen markieren nämlich keine ideale Ausbeute.

Hertha BSC Bundesliga

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Defensiv hingegen hat die Alte Dame den größten Sprung gemacht. Mit 22 Gegentoren bewegt sich das Team definitiv im Rahmen. Im Wesentlichen geht es darum, die Ansätze in allen Bereichen des Spiels zu nutzen und ein Gesamtgefüge zu bilden, das in engen Spielen häufiger zu Siegen führt. Testen kann Hertha das gleich im wichtigen, direkten Duell gegen Bochum, das unmittelbar nach der Pause ansteht. Gelingt es, kaltschnäuziger zu werden und noch mehr entlastende Phasen im Spiel zu haben, dann ist der Optimismus im Hinblick auf den Klassenerhalt berechtigt.

Platz 16: VfB Stuttgart (14 Punkte)

Beim VfB Stuttgart ist aktuell schon der dritte Übungsleiter in dieser Saison im Amt. Bruno Labbadia (56), ein alter Bekannter bei den Schwaben, soll das Ruder herumreißen und den Klub vom Relegationsplatz zum direkten Klassenerhalt führen. Mit einigen Ambitionen gestartet lief der VfB im Laufe der bisherigen Hinrunde von Problem zu Problem, manches davon selbstverschuldet. Unruhe neben dem Platz war nämlich wieder einmal ein Thema bei den Schwaben, die kurz vor der WM-Pause mit 0:2 in Leverkusen verloren und damit auf den Relegationsplatz rutschten. 

Neue Impulse gab es im Winter nicht, zumindest nicht von außen. Die Verantwortlichen vertrauen darauf, dass Labbadia einen Zugang zur Mannschaft findet. Der Kader verfügt nämlich definitiv über Qualität und es gibt einige talentierte Spieler. Kritiker sind aber der Meinung, dass dieses Team nicht für den Abstiegskampf zusammengestellt sei. Es geht nun darum, das Gegenteil zu beweisen. Drei Heimsiege gab es zuletzt nacheinander, die Restsaison beginnt direkt mit einer Partie zuhause gegen Mainz. Gelingt dort ein Sieg, hat Stuttgart gleich einen Bonus in Sachen Selbstvertrauen. 

Fraglich bleibt allerdings, ob die Schwaben es schaffen können, konstant auf einem höheren Niveau zu spielen. Die Mannschaft zeigte sich in der Hinrunde mitunter fragil, kleinere Negativerlebnisse konnten schnell zu größeren Verunsicherungen führen. Labbadia ist mit seiner ganzen Erfahrung gefordert und muss zudem versuchen, die Nebenkriegsschauplätze, die auch nach dem internen Machtkampf nicht enden wollen, auszublenden. Die Ruhe im Klub wird entscheidend für den Ausgang der Saison sein. 

Platz 17: VfL Bochum (13 Punkte)

Führt der Weg des VfL Bochum wieder in die 2. Bundesliga? Der Klub aus dem Ruhrgebiet geht in jedem Fall auf einem Abstiegsplatz stehend in die Restsaison. Unter dem neuen Trainer Thomas Letsch (54) war zuletzt aber eine Art Aufbruchstimmung zu spüren, einen Sieg gab es zuletzt in Augsburg. Das Team, das seit dem 2. Spieltag ununterbrochen auf einem der letzten beiden Ränge steht, muss sich aber vor allem in der Defensive noch verbessern. 36 Gegentore sind deutlich zu viel, 14 Tore auf der anderen Seite wiederum deutlich zu wenig. 

Letsch Bundesliga

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Zehn Niederlagen kassierte Bochum schon, mit mehr Kompaktheit wäre zumindest das ein oder andere Remis mehr möglich gewesen. Mut macht die Tendenz mit neun Punkten aus den fünf Spielen vor der Winterpause, zudem ist der Abstand zur Konkurrenz nicht allzu groß. Zudem konnten zwei Spieler verpflichtet werden, die maßgeblich zur Verbesserung des Defensivverhaltens beitragen sollen. Keven Schlotterbeck (25, Freiburg) und Pierre Kunde Malong (27, Olympiakos) tragen in der Rückrunde das Trikot des VfL. 

Zudem hatte der erst im Verlauf der Saison in Bochum vorgestellte Trainer jetzt die Chance, die Mannschaft bestmöglich auf den Abstiegskampf einzuschwören. Individuell mag der VfL zwar nicht die besten Karten haben, aber schon 2021/22 hielt das Team dank eines sehr guten Mannschaftsgefüges die Klasse. Das wird in dieser Saison allerdings noch einmal deutlich schwieriger.

Platz 18: Schalke 04 (9 Punkte)

Den Abstiegscheck beschließt das Sorgenkind der Bundesliga, der FC Schalke 04. Die Königsblauen sind das einzige Team, das die Marke von zehn Punkten noch nicht erreicht hat. Damit noch nicht genug, im Winter gab es weitere Hiobsbotschaften in Form von Verletzungen, dazu platzte der Transfer von Tim Skarke (26) trotz einer ursprünglichen Einigung. Thomas Reis (49), Trainer des Teams, will wiederholen, was er in der letzten Saison mit Bochum schaffte. Damals erreichte er den Klassenerhalt trotz zwischenzeitlicher Rückschläge und individueller Unterlegenheit. Nur läuft Schalke die Zeit davon, realistischerweise müssen in den verbliebenen 19 Spielen noch rund 25 Punkte eingefahren werden.

Kein Spieler hat mehr als drei Tore auf dem Konto, auswärts wurde noch kein einziger Sieg eingefahren. 32 Gegentore und 13 eigene Treffer sorgen auch nicht für die ganz große Euphorie. Acht der letzten neun Spiele wurden verloren. Lediglich gegen Mainz 05 gab es in der Liga einen knappen 1:0-Erfolg. Dieser soll aber genau den Weg markieren, den Schalke jetzt gehen will. Kampf, Einsatz und Leidenschaft sind die Grundtugenden, die Königsblau angesichts eines Programms mit Frankfurt, Leipzig, Köln, Gladbach und Wolfsburg zu Beginn auch benötigt. 

Niklas Tauer (21) kam auf Leihbasis aus Mainz, hatte aber ebenfalls schon seinen Rückschlag in Form einer Verletzung. Außerdem verstärkt Jere Uronen (28, Leihgabe von Brest) das Team, Soichiro Kozuki (22) gehört nun dauerhaft zum Profiteam. Die großen Namen sind es nicht, die Schalke nun integrieren kann. Alleine das unterstreicht, wie groß die Aufgabe ist, Schalke in der Bundesliga zu halten. Angesichts der Eindrücke aus der Vorbereitung müsste noch ein gewaltiger Ruck durch das Team gehen oder im Laufe der Rückrunde eine Serie gestartet werden, damit der Klassenerhalt realisierbar ist. 

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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