Bundesliga | FC Bayern: Viele Fragen vor der entscheidenden Saisonphase
15. Februar 2022 | Spotlight | BY Victor Catalina
Spotlight | 2:4 unterlag der FC Bayern am 22. Bundesliga-Spieltag in Bochum. Die Generalprobe zum Achtelfinale der Champions League ist damit gründlich verpatzt. Vor dem Duell in Salzburg macht besonders die Abwehr Probleme, aber auch in der Zukunftsplanung ist noch vieles unklar.
Der Leader fehlt: FC Bayern fällt in Bochum zum zweiten Mal binnen Monaten auseinander
Es war mal wieder „einer dieser Tage“ für den FC Bayern München. Einer dieser Tage, wie sie nur selten vorkommen. Einer dieser Tage, an dem der Rekordmeister komplett wider dem eigenen Selbstverständnis agiert. Apathisch, phlegmatisch, ohne jede Gier und ohne jeden Hunger.
„Über das ganze Spiel haben wir den Punkt nicht gefunden, wo dieser FC-Bayern-Wut-Motor angeht“, konstatierte Thomas Müller bereits nach dem 0:5-Pokalaus in Mönchengladbach. Selbiges könnte man auch über die Partie in Bochum sagen. Trotz eigener Führung lagen die Münchener beim Aufsteiger zur Pause 1:4 zurück, Robert Lewandowski konnte in der zweiten Halbzeit lediglich etwas Schminke aufs Elend packen.
Nach der Partie stellte Joshua Kimmich die Mentalitätsfrage, Julian Nagelsmann nahm die Schuld auf sich. Nichtsdestotrotz ist es auffällig, dass der Rekordmeister schon zum zweiten Mal in dieser Saison komplett auseinanderfällt. Vor dem Pokalspiel in Mönchengladbach war der FC Bayern wettbewerbsübergreifend seit dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Real Madrid 2014 (0:4) nicht mehr mit einem Drei-Tore-Rückstand in die Pause gegangen, nun zum zweiten Mal binnen weniger Monate.
Was dabei auffällt, ist das Fehlen eines Leaders in der Defensive, eines Abwehrchefs. Zwei solche Charaktere haben die Münchener im Sommer mit Jérôme Boateng sowie David Alaba verloren. Sportlich mögen sie aufgrund ihrer Fehleranfälligkeit der vergangenen Saison entbehrlich gewesen sein. Auch kann man den Standpunkt der Vereinsführung nachvollziehen, die horrenden Gehaltsforderungen Alabas nicht erfüllen zu können und wollen. Nichtsdestotrotz wird nun klar, dass ihr Profil innerhalb des Kaders fehlt. Dayot Upamecano ist noch viel zu fehleranfällig, Benjamin Pavard hat erst vor Kurzem zurück zur Normalform gefunden. Am ehesten wäre es noch Lucas Hernández zuzutrauen. Allerdings ließ sich auch er von der Fahrigkeit seiner Teamkollegen anstecken. Niklas Süle wirkt noch mit am stabilsten, spielt ab kommender Saison aber in schwarzgelb. Die Tatsache, dass man mit ihm, Alaba und Boateng drei Leistungsträger auch noch ablösefrei gehen lassen musste, lässt die Vereinsführung in etwa so gut dastehen, wie die Mannschaft am vergangenen Wochenende.
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Defensivprobleme und neue Verträge: FC Bayern vor besonderer Herausforderung
Der FC Bayern steht vor einem besonderen Spagat: Einerseits wird eine A-Lösung für die Innenverteidigung gebraucht, am besten eine, die auch der deutschen Sprache mächtig ist. Andererseits darf dieser Neuzugang nicht zu viel Budget verschlingen, weil zeitnah die Vertragsgespräche mit Manuel Neuer, Thomas Müller und Robert Lewandowski anstehen. Serge Gnabry wartet ebenfalls noch auf ein neues Arbeitspapier. Zudem ist nicht klar, wie in Zukunft die Position hinter Manuel Neuer besetzt werden soll. Alexander Nübel möchte man gerne im Verein halten, das ginge aber nur mit Jobsharing, zu dem Neuer selbst nicht bereit ist. Sven Ulreich konnte während seiner Zeit beim HSV nicht zwingend überzeugen. Um den Klub herum wabert immer mal wieder der Name Stefan Ortega. All diese Personalien stehen unter den Beschränkungen, die sämtliche Klubs von der Pandemie angelegt bekommen.
Für einen Geldregen könnte die Champions League sorgen. Am Mittwochabend tritt der FC Bayern zum Achtelfinalhinspiel in Salzburg an. Julian Nagelsmann wäre gut beraten, dafür wieder zur Dreierkette mit Doppelsechs zurückzukehren. Zum einen, um Joshua Kimmich wieder die Freiheiten auf dem Platz gewähren zu können, die er braucht, um sein Spiel voll entfalten zu können, ohne Räume im Mittelfeld preiszugeben, die größer als der Marienplatz sind. Aber auch, weil sich so der Verlust von Alphonso Davies am besten auffangen lässt. Lucas Hernández und Pavard könnten als Innenverteidiger übernehmen und bei eigenem Ballbesitz auch breiter stehen, da beiden auch die Position auf den Außen geläufig ist. Kingsley Coman sowie Serge Gnabry bilden mit ihrer Stärke in der Rückwärtsbewegung ideale wingbacks. Zudem kommen im 3-2-4-1 mit Doppelzehn auch die Stärken von Leroy Sané am besten zur Geltung, der sich mittlerweile vom reinen Flügelspieler zum Spielmacher entwickelt hat.
Klar ist, dass der FC Bayern nach der Niederlage an der Castroper Straße unter Druck steht. Alles andere, als ein Sieg in Salzburg würde die Diskussionen nur noch weiter aufflammen lassen. Sie brauchen wieder „einen dieser Tage“. Aber nicht vom Typ Bochum oder Mönchengladbach, sondern Chelsea, Lazio oder Leverkusen in der Hinrunde.
Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images
Victor Catalina
Victor Catalina
Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.