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Bundesliga | Mainz 05: Neue Stärke dank alter Identität

16. Februar 2021 | Spotlight | BY Victor Catalina

Einen Großteil der Bundesligasaison schien es, als stünden mit Schalke 04 und Mainz 05 die beiden direkten Absteiger schon fest. Doch während Königsblau weiterhin bedrohlich Richtung 2. Bundesliga taumelt, dockt Mainz wieder ans rettende Ufer an. Nicht zuletzt, da man dank bekannter Gesichter wieder zur eigenen Identität zurückgefunden hat. 

Mainz 05: Mit Heidel und Schmidt zurück in die Zukunft

Eigentlich lagen sie schon am Boden, die Mainzer. Das Pokalspiel gegen den VfL Bochum (2:5 n.E.) kam einer Kapitulation gleich. Zuerst verspielten sie gegen einen Zweitligisten im eigenen Haus eine 2:0-Führung, anschließend konnten sie keinen ihrer drei Elfmeter im Tor unterbringen. Da sie auch in der Bundesliga nur eines ihrer 13 Spiele gewinnen konnten, zog der Verein die Reißleine und entließ nach Sportvorstand Rouven Schröder auch Trainer Jan-Moritz Lichte.

Diese Gelegenheit nutzte der FSV, um sich neu aufzustellen. Wobei neu nicht ganz zutreffend ist. Eher alt-neu, back to the roots. Fast fünf Jahre nach seinem Abgang zu Schalke kehrte Christian Heidel zu dem Verein zurück. für den er schon zwischen 1992 und 2016 fast zweieinhalb Jahrzehnte erfolgreich tätig war. Diesmal als „Vorstandsmitglied für Strategie, Sport und Kommunikation“. Mit ihm kam Martin Schmidt und wurde neuer Sportdirektor. Ein kräftiger Schuss Vereins-DNA für eine Mannschaft auf der Suche nach sich selbst.

(Photo by Lukas Barth-Tuttas – Pool/Getty Images)

Das machte sich umgehend bezahlt. Ihr erstes Spiel 2021 führte sie in die Allianz Arena, wo sie in den letzten beiden Saisons noch 0:6 und 1:6 unterlagen. Diesmal sollte es – vorerst – anders laufen. Einen halbgar aufspielenden FC Bayern überrumpelten sie und führten nach Treffern von Jonathan Burkardt sowie Alexander Hack zur Pause völlig verdient 2:0. Zwar spannte der Rekordmeister in der zweiten Hälfte den Bizeps an und erinnerte die Mainzer, dass sie diejenigen sind, die auf einem Abstiegsplatz stehen. Doch dieses Spiel unter Interimstrainer Jan Siewert löste etwas innerhalb der Mannschaft aus und zeigte ihnen, dass der Klassenerhalt trotz der bis dahin desaströsen Saison keineswegs illusorisch ist.

Bo Svensson bringt die Wende

Einige Tage später stand fest, dass Bo Svensson derjenige ist, der Mainz 05 in ruhigere Gewässer führen soll. Nach Heidel und Schmidt der dritte Ex-Mainzer. Zwar hätte sein Debüt mit dem 0:2 im Derby gegen Eintracht Frankfurt und dem damit verbundenen Sturz auf Platz 18 besser laufen können. Im Gegenzug allerdings liehen die Mainzer Dominik Kohr und Danny da Costa von der SGE aus, auch Robert Glatzel kam für Jean-Philippe Mateta, der in den vergangenen Wochen und Monaten eher durch Skandale und Beraterwechsel, als durch Tore auffällig wurde. Ihn lieh man an Crystal Palace aus.

Schon zuvor gelang es, einen Punkt beim taumelnden BVB zu holen. Und nach einer weiteren Niederlage gegen den VfL Wolfsburg (0:2) glückte zum wohl unkonventionellsten Zeitpunkt Saisonsieg Nummer zwei, ausgerechnet gegen RB Leipzig. Noch in der letzten Saison unterlagen sie den Nagelsmännern 0:8 und 0:5.

(Photo by KAI PFAFFENBACH/POOL/AFP via Getty Images)

Auch diesmal schien alles seinen gewohnten Weg zu gehen. Tyler Adams brachte RB nach einer Viertelstunde in Führung. Danach aber nutzte Moussa Niakhaté einen Gulacsi-Fehler zum 1:1. Auch durch den neuerlichen Leipziger Führungstreffer von Marcel Halstenberg ließen sich die Mainzer nicht aus dem Konzept bringen. Wieder war es Niakhaté, der die Nullfünfer zurück in die Show holte. Fünf Minuten nach der Pause besiegelte Leandro Barreiro sogar den Heimsieg.

Allein dieses Spiel zeigt, an welchen Stellschrauben Bo Svensson gedreht hat. Die Mannschaft tritt wieder als Einheit auf, ist in der Lage auch gegen hochkarätige Gegner Rückschläge wegzustecken und selbst noch den entscheidenden Punch zu setzen. So gesehen am Wochenende in Leverkusen. Als Patrik Schick in der 84. Minute zum 2:0 traf, schien der Abspann bereits zu laufen. Doch Mainz antwortete mit einem herrlichen Treffer von Robert Glatzel nur fünf Minuten später. In der zweiten Minute der Nachspielzeit rettete Kevin Stöger ihnen sogar den Punkt.

Das neue Mainzer System funktioniert – trägt es sie auch zum Klassenerhalt?

Man sieht, dass die taktische Variabilität, die Bo Svensson aus der RB-Akademie mitgebracht hat, der Mannschaft sichtlich zugutekommt. Seit dem Trainerwechsel tritt Mainz bevorzugt im 5-3-2 auf, mit den Neuzugängen Danny da Costa auf Rechtsaußen und Dominik Kohr sowie Leandro Barreiro im defensiven Mittelfeld.

Dieses System kommt vor allem auch Moussa Niakhaté zugute. Es ist auffällig, wie sehr er neben den eigentlichen Anführern Danny Latza und Stefan Bell vorangeht. Nach seinem Doppelpack gegen Leipzig übernahm er im Heimspiel gegen Union Berlin als Innenverteidiger die Verantwortung vom Punkt und besiegelte – mit etwas Glück, da der Ball an den Innenpfosten ging – Saisonsieg Nummer drei. Auch in Leverkusen war er wieder an einem Tor beteiligt, indem er mit einem perfekten Chip auf Robert Glatzel Leverkusens Viererkette aushebelte.

(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Mainz hat gerade in der BayArena bewiesen, dass sie für Überraschungen sorgen können. Damit diese Punkte allerdings am Ende den Unterschied machen, dürfen sie sich vor allem in den beiden kommenden Monaten wenige Ausrutscher erlauben. Am Wochenende geht es nach Gladbach. Anschließend stehen im März und April die Duelle gegen die Gegner aus der unteren Tabellenhälfte an. Augsburg (H), Schalke (A), Bielefeld (H), und direkt hintereinander weg Köln (A) und Hertha BSC (H). Nach dem 3:3 der Bielefelder in München beträgt ihr Rückstand auf den Relegationsplatz weiterhin vier Zähler. Das in den verbleibenden 13 Spielen aufzuholen, ist alles andere als unmöglich. Mainz 05, eine Mannschaft, die schon am Boden schien, hat durch alte Bekannte zu neuer Stärke und vor allem auch der eigenen Identität zurückgefunden.

(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

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Victor Catalina

 

 

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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