5:2 nach 0:2! Bayern überrollt Mainz nach der Pause
Der Jahresausklang 2020 hätte für den FC Bayern und Mainz 05 kaum unterschiedlicher ausfallen können. Während sich die Münchener beim 2:1 in Leverkusen Sekunden vor Schluss die Weihnachtsmeisterschaft sicherten, taumelte Mainz zuletzt und verlor im DFB-Pokal das Elfmeterschießen gegen den VfL Bochum ohne einen einzigen Treffer erzielt zu haben. Nun war der mit den alten Bekannten Christian Heidel (57) und Martin Schmidt (53) in der Führungsetage runderneuerte Tabellenvorletzte zu Gast beim Zweiten, der sich nach Leipzigs Sieg in Stuttgart (1:0) die Pole Position zurückholen wollte.
Lebhafter Beginn in München – aber ohne Tore
Die Partie gestaltete sich von Beginn an sehr lebhaft. Auch, weil sich Mainz im einzigen Spiel mit NLZ-Leiter Jan Siewert (38) an der Seitenlinie nicht versteckte und mutig mitspielte. Schon in der fünften Minute bot sich den Gästen die erste dicke Gelegenheit. Ein schneller Spielzug reichte, um die Abwehr des Rekordmeisters vor Probleme zu stellen, so kam Jonathan Burkardt (20) in halbrechter Position frei zum Abschluss, den Manuel Neuer (34) allerdings verneinte.
In den letzten sieben Bundesligaspielen kassierte der FC Bayern jeweils das erste Tor – ein laufender Negativrekord. Allerdings sah man der Mannschaft von Hansi Flick (55) an, dass sie gewillt war, diesem ein Ende zu setzen. Nur drei Minuten nach der Mainzer Großchance hätte Leroy Sané (24), der für den angeschlagenen Kingsley Coman (24) spielte, die Münchener in Führung bringen können. Seinen Abschluss bekamen Finn Dahmen (22) und Jeremiah St. Juste (24) in Personalunion geklärt. Der U21-Nationaltorhüter gab am heutigen Abend sein Profidebüt für die Nullfünfer. Stammtorwart Robin Zentner (26) fehlte mit Rückenproblemen.
Bayern nur scheindominant – Burkardt und Hack belohnen mutige Mainzer
Je länger das Spiel dauerte, desto mehr sah man beiden an, wo sie in der Tabelle stehen, und warum. Der FC Bayern schnürte die Mainzer ein, zeigte sich recht variabel – und hätte seinen Negativrekord in der 16. Minute um ein Haar beendet, aber Corentin Tolisso (26) zielte aus zentraler Position links am Tor vorbei. Sieben Minuten später kam der französische Weltmeister erneut frei zum Abschluss, der allerdings eher ein Abschlüsschen war. Dahmen nahm den Ball locker auf.

Trotz aller Dominanz wirkten die Münchener defensiv weiterhin anfällig. Den nächsten Beweis dafür gab es in Minute 32: Mainz gelang es, das Mittelfeld schnell – weil auch ohne Gegenwehr – zu überbrücken, Jérôme Boateng (32) ließ sich im direkten Duell von Jonathan Burkardt abkochen. So durfte der Mainzer allein auf Manuel Neuer zulaufen – und dem Welttorhüter einen verspäteten Neujahrskracher um die Ohren jagen – 0:1. Die Münchener echauffierten sich, wollten ein Foul des Mainzer Torschützen an Boateng gesehen haben, aber Markus Schmidt (47) erkannte den Treffer nach Rücksprache mit Frank Willenborg (41) in Köln an. Und damit bekam der Negativrekord der Münchener auch ein achtes Kapitel.
Der Rekordmeister war um eine direkte Antwort bemüht. Robert Lewandowski (32) bot sich vier Minuten nach dem Rückstand eine gute Gelegenheit dazu, doch seinen Schuss aus 15 Metern fischte Finn Dahmen überragend aus dem rechten Winkel. Aber man sah den Mainzern an, dass ihnen die vergangenen Tage, vor allem mit den beiden Rückkehrern Christian Heidel und Martin Schmidt enorm gutgetan haben. Sie spielten frech, mit sehr viel Selbstvertrauen. In Minute 40 musste Neuer gegen Robin Quaison (27) sein gesamtes Können aufbieten, um das 0:2 zu verhindern. Einmal mehr waren seine Vorderleute bei einem Konter suboptimal gestaffelt.

Eine Minute vor der Pause brachte Jérome Boateng Jonathan Burkardt zu Fall. Den fälligen Freistoß flankte Daniel Brosinski (32) in die Box – und fand seinen Nebenmann Alexander Hack, dessen Kopfballtorpedo unhaltbar im langen Eck einschlug. Zur Pause deutete sich eine der bisher größten Überraschungen der Saison an. Der Tabellenvorletzte führte in München 2:0 – und das absolut verdient.
Hansi Flick stellt nach der Pause um, aber Mainz schlägt fast erneut zu
Zum ersten Mal seit dem 6. Oktober 2018 lagen die Münchener in einem Heimspiel zur Halbzeit mit zwei Toren zurück. Damals waren es die Gladbacher, die 2:0 führten – und letzten Endes 3:0 gewannen. Damit es diesmal nicht soweit kommt, wechselte Hansi Flick zur Pause zweimal. Niklas Süle (25) und Leon Goretzka (25) kamen für Jérôme Boateng und Benjamin Pavard (24), die beide deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben. Boateng war noch dazu gelbvorbelastet, weil er Markus Schmidt etwas zu vehement mitteilte, dass er selbstverständlich komplett einverstanden war, den ersten Mainzer Treffer anzuerkennen.
Süle übernahm damit positionsgetreu für Boateng, Kimmich rückte für Pavard auf die Rechtsverteidigerposition und Goretzka füllte die entstandene Lücke neben Corentin Tolisso im Mittelfeld. Die neue Aufstellung brauchte aber eine Weile, um sich einzuspielen und so gehörte auch in Halbzeit zwei die erste Großchance den Mainzern. Ein simpler, langer Ball reichte, um die Münchener Defensive auszuhebeln, Robin Quaison legte perfekt quer und Manuel Neuer war wieder einmal gezwungen, unter Beweis zu stellen, warum er vor einigen Wochen zum Welttorhüter gewählt wurde. Gekonnt lenkte er in Minute 48 den Abschluss des Mainzer Kapitäns Danny Latza (31) an den Pfosten.
Kimmichs Treffer leitet Bayerns Aufholjagd ein
Das drohende 0:3 war aber Warnung genug, um die Münchener aufzuwecken. Zwei Minuten nach dem Aluminiumtreffer tankte sich Joshua Kimmich gegen zwei Mainzer durch, seine Flanke fand Serge Gnabry (25), der die Kugel postwendend auf die rechte Seite zurückgab. Robert Lewandowski verlängerte eher unfreiwillig – und Kimmich musste nur noch einköpfen. Anschluss. Und schon war der Rekordmeister nicht mehr auf verwinkelten Dorfstraßen ohne Navi unterwegs, sondern der linken Autobahnspur. 56. Minute, Leroy Sané durfte äußerst robbenesk von rechts nach innen ziehen, wurde dabei von Phillipp Mwene (26) nur bedingt gestört. So vollendete er aus gut 21 Metern per strammem Linksschuss zum 2:2. Mainz ließ sich davon allerdings nicht aus der Ruhe bringen, drei Minuten nach dem Ausgleich zog Robin Quaison ansatzlos mit dem rechten Vollspann aus gut 20 Metern ab und donnerte die Kugel gegen die Unterkante der Latte. Der Ball kam aber deutlich vor der Torlinie auf.

In der 65. Minute hatten die Münchener das Spiel dann erstmal gedreht. Alphonso Davies (20) suchte von der Grundlinie aus Leroy Sané, fand aber Leandro Barreiro, der Finn Dahmen unglücklich tunnelte. Videoassistent Frank Willenborg bewahrte den luxemburgischen Nationalspieler an seinem 21. Geburtstag aber vor dem Eigentor, weil Davies zuvor knapp im Abseits stand. Nur fünf Minuten später führte der FC Bayern auch faktisch. Thomas Müller (32) verlängerte einen Eckball unfreiwillig zu Niklas Süle, der zog volley mit links ab. Finn Dahmen hatte erneut keinen Auftrag, weil Edimilson Fernandes (24) den Ball noch leicht mit dem Unterschenkel abfälschte.
Mainzer Widerstand gebrochen – Lewandowski sorgt für klare Verhältnisse
Mit diesem Treffer war der Mainzer Widerstand endgültig gebrochen. Leandro Barreiro ging eine Viertelstunde vor Schluss im Strafraum überhart gegen Serge Gnabry zu Werke, der verletzt ausgewechselt werden musste. Sein Einsatz am Freitag in Gladbach ist laut Hansi Flick aber nicht in Gefahr. Das Eigentor blieb Barreiro noch erspart, der Strafstoß nicht. Robert Lewandowski verwandelte souverän zum 4:2.
Seinem 18. Saisontor ließ der amtierende Weltfußballer auch das 19. folgen. Jamal Musiala (17), der für Gnabry in die Partie kam, chippte die Kugel erstklassig direkt auf die rechte Seite. Dort hatte Thomas Müller soviel grüne Wiese vor sich, wie normalerweise nur seine Pferde beim Ausritt. Die nutzte er, flankte in die Mitte und Lewandowski vollendete volley mit rechts. 19 Tore nach 14 Spielen gelangen zuvor noch niemandem. Noch dazu hat er allein jetzt genauso viele Treffer auf dem Konto, wie seine beiden ärgsten Verfolger Erling Haaland (20/10 Tore) und André Silva (25/9) zusammen.

Mehr sollten an diesem Abend auch nicht dazukommen, der FC Bayern gewinnt dank einer deutlichen Leistungssteigerung nach der Pause mit 5:2 und erobert die Tabellenspitze zurück. Mainz 05 kann aus diesem Spiel zwar keine Punkte, dennoch aber viel Positives für den Abstiegskampf mitnehmen. Den wird man ab kommendem Dienstag wohl mit Bo Svensson (41) bestreiten, eine offizielle Bestätigung steht allerdings noch aus. Sollten sie diese Leistung und diesen Spirit übertragen können, sind vier Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz eine alles andere als unlösbare Aufgabe.
Bildquelle: imago
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Victor Catalina
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