Chelsea und die Wingback-Problematik

5. August 2017 | News | BY Manuel Behlert

Bei Chelsea herrscht derzeit trotz der bisherigen vier Neuzugänge eine gewisse Frustration. Trainer Antonio Conte teilte mit, dass der Klub definitiv noch Neuzugänge benötigt und wählte dabei bewusst die Mehrzahl. Chelsea sucht noch neue Spieler, gerade auf den Wingback-Positionen scheint noch Nachholbedarf zu bestehen. Die „Blues“ wollen den Kader aufgrund der größeren Belastung durch die Champions League verbreitern.

Derzeit stehen 29 Spieler im Kader von Antonio Conte. Dazu gehören aber auch die Torhüter Nummer 3 und 4, Spieler wie Baba, Cuevas, Baker, Nathan, Remy und Diego Costa, bei denen noch eine Leihe oder ein permanenter Abgang denkbar ist. Zudem ist Eden Hazard noch eine Weile verletzt. Neben einem weiteren Offensivspieler könnte vor allem auf den beiden Positionen außen vor der Dreierkette nachgelegt werden.

Die derzeitige Situation

Zwar stehen nominell einige Spieler für die Außenverteidigerpositionen im Aufgebot, aber die Qualität reicht nicht wirklich. In der letzten Saison spielten auf diesen Positionen Victor Moses auf der rechten Seite und Marcos Alonso auf der linken Seite. Qualitativ adäquate Backups stehen nicht zur Verfügung, Abdul Rahman Baba ist noch längerfristig verletzt und könnte noch verliehen werden, Cristian Cuevas, Wallace Oliveira und auch Kenedy, der überdies auch noch offensiv eingesetzt werden könnte, fallen ab und sind ebenfalls Kandidaten für eine Leihe zur Weiterentwicklung. Moses und Alonso machten ihre Sache in der letzten Saison gut, aber durch die gestiegene Belastung kommen auch diese beiden Spieler an ihre Grenzen und brauchen Pausen.

(Photo by Julian Finney/Getty Images)

Zudem könnte die Qualität der beiden in der Königsklasse nicht reichen. Auf der rechten Seite versuchte Chelsea die Verpflichtung von Danilo von Real Madrid zu erwirken, allerdings entschied sich der Brasilianer für Manchester City. Danilo hat seine Stärken eher in der Offensive und ist defensiv etwas anfälliger, aber vor einer Dreierkette hätte man dies gut kaschieren können, gleichermaßen verhält es sich bei Victor Moses, der ohnehin aus der offensiveren Position kommt. Erwogen wurde außerdem ein Transfer von Alex Sandro, der gegenwärtig bei Juventus Turin unter Vertrag steht. Bis zu 80 Millionen Euro wurden für den Brasilianer aufgerufen, aber aufgrund des Verlustes von Bonucci und Dani Alves hat Juventus dem Abgang eines weiteren Stammverteidigers einen Riegel vorgeschoben. Die Wunschkandidaten waren also nicht vorhanden. Doch wen könnte Antonio Conte jetzt nach London lotsen?

Kandidaten für links – Teil 1

Ein Kandidat könnte Alejandro Grimaldo (21) sein. Der Spanier spielt zurzeit für Benfica und besitzt eine Ausstiegsklausel in Höhe von 60 Millionen Euro. Trotz des Abganges von Nelson Semedo nach Barcelona könnte bei Grimaldo etwas möglich sein – auch unter der Summe, die nötig wäre, um die Klausel zu aktivieren. In der vergangenen Saison laborierte Grimaldo längerfristig an einer hartnäckigen Schambeinentzündung und absolvierte lediglich 21 Pflichtspiele, dabei gelangen dem offensivstarken Linksfuß aber 2 Tore und 5 Vorlagen. Grimaldo, der in der Jugendabteilung des FC Barcelona ausgebildet wurde, hat noch eine Menge Potenzial und könnte sich mit Marcos Alonso um die Stammposition auf links duellieren.

(Photo by FRANCISCO LEONG/AFP/Getty Images)

Ein Kandidat aus England könnte Ryan Bertrand sein. Der mittlerweile 28-jährige, der mit Chelsea die Champions League gewann, wechselte im Winter 2015 für 13 Millionen Euro von Chelsea zum FC Southampton. Dort avancierte er zum Stammspieler und entwickelte sich hervorragend. Chelsea würde nicht zum ersten Mal einen ihrer ehemaligen Spieler zurückkaufen, aber das Problem könnte vor allem werden, dass die Saints ihre Mannschaft in dieser Saison zumindest einigermaßen zusammenhalten wollen. Von der Qualität her würde Bertrand definitiv nach London passen, aber beim bereits drohenden Abgang von Virgil van Dijk wäre ein weiterer Verlust eine Katastrophe für die Saints.

Kandidaten für links – Teil 2

Jose Gaya (22) spielt derzeit beim FC Valencia und kommt aus der eigenen Jugend des Klubs. In der letzten Saison erlebte er mit Valencia eine schwierige Saison und spielte selbst nicht besonders konstant, allerdings sollte man das einem Spieler in diesem Alter durchaus zugestehen. Grundsätzlich ist Gaya ein starker Außenverteidiger, der bereits in diesem Alter über eine große Erfahrung verfügt. In 30 Pflichtspielen in der vergangenen Saison gelangen Gaya 4 Scorerpunkte, einige Spiele verpasste er aufgrund verschiedenster Blessuren. Gaya muss wieder konstanter werden und den nächsten Schritt machen – dies könnte es beim FC Chelsea unter Antonio Conte durchaus tun.

Ein weiterer Spieler, der derzeit in der Premier League aktiv ist, ist Luke Shaw. Der 22-jährige wechselte 2014 mit großen Vorschusslorbeeren für fast 40 Millionen Euro vom FC Southampton zu Manchester United, wo er nach einer schweren Verletzung nicht mehr richtig zum Zug kam. Unter dem aktuellen Trainer Jose Mourinho scheint Shaw, der sich überdies in seinem letzten Vertragsjahr befindet, keine große Chance mehr zu haben. Chelsea könnte bei ihm aktiv werden, würde aber aufgrund der fehlenden Spielpraxis natürlich ein gewisses Risiko eingehen, Shaw würde außerdem Zeit benötigen um wieder an seine Topform anknüpfen zu können. Dennoch könnte ein Transfer von Shaw sinnvoll sein, wenn man dem Spieler das Vertrauen schenkt.


Kandidaten für rechts – Teil 1

Auf der Position des rechten Wingbacks könnte Joao Cancelo in den Fokus der Blues rücken. Der 23-jährige Portugiese, der in diesem Sommer die U21-Europameisterschaft spielte und alle drei Spiele über die volle Distanz bestritt, wechselte vor zwei Jahren von Benfica nach Valencia, kostete damals 15 Millionen Euro. An Cancelo war in der vergangenen Saison auch der FC Barcelona interessiert, der Spieler stagnierte aber etwas und hatte wie Gaya eine eher durchschnittliche Saison. Dennoch besteht die Hoffnung, dass er bei einem Wechsel schon sehr schnell wieder sein typisches Niveau erreichen wird, auch bei der U21 hinterließ er im Sommer einen guten Eindruck. Zumindest auf der Liste der Blues könnte Cancelo also stehen.

(Photo by MACIEJ GILLERT/AFP/Getty Images)

Ebenfalls eine Option könnte Serge Aurier sein. Der Ivorer, der bei PSG keine Rolle mehr spielt, ist definitiv auf dem Markt und würde keine Unsummen an Ablöse verschlingen. Der 24-jährige, der in Paris nicht gerade durch seine übermäßige Disziplin aufgefallen ist, hat eine enorme fußballerische Qualität und könnte mit einem Wechsel das Kapitel Frankreich schließen, sich einer neuen Herausforderung mit neuen Vorzeichen und einem fairen Konkurrenzkampf stellen. 2015 wechselte Aurier vom FC Toulouse in die französische Hauptstadt, kostete damals 10 Millionen Euro. In der vergangenen Saison spielte primär Thomas Meunier, nun wurde Dani Alves noch hinzugeholt.

Kandidaten für rechts – Teil 2

Ein sehr interessanter Spieler ist Ricardo Pereira. Der 23-jährige steht beim FC Porto unter Vertrag und könnte ein Außenseiterkandidat auf dieser Position sein. In der letzten Saison war der in Lissabon geborene Pereira nach Nizza verliehen, absolvierte dort 30 Pflichtspiele, erzielte zwei Treffer und bereitete vier weitere vor. Pereira wurde auf verschiedenen Positionen eingesetzt, verfügt sowohl über offensive als auch defensive Qualitäten und wäre prädestiniert für die Position des rechten Wingbacks. Je nachdem wie die finanzielle Situation beim FC Porto derzeit ist, könnte ein Verkauf noch die benötigten Geldmittel einbringen.

Ein vierter Kandidat ist Elseid Hysaj (23) vom SSC Neapel. Der Albaner, der seinen Vertrag erst im Oktober bis 2021 verlängert hat, wird aber sehr teuer werden und gerade bei ihm ist nicht klar, ob er einen Wechsel überhaupt in Erwägung zieht. Mit Trainer Sarri und womöglich noch der ein oder anderen Ergänzung könnte Neapel eine sehr gute Rolle spielen, Hysaj wäre dabei ein elementarer Mosaikstein als zuverlässiger Rechtsverteidiger. Aber tendenziell könnte auch dieser Name bei den „Blues“ diskutiert werden, denn Chelsea hat definitiv noch einige finanzielle Reserven, die man Conte zur Verfügung stellen kann.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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