Fans vs. DFL: Protest ist erst, wenn es wehtut

5. Februar 2024 | Bundesliga | BY Jannek Ringen

Am Wochenende nahmen die Proteste der aktiven Fanszene gegen das Votum der DFL ihren Lauf. Dabei wurde unter anderem in Berlin eine neue Stufe erreicht. Ein Kommentar.

Eindimensionale Bewertung der Proteste gegen die DFL

Am Wochenende gab es sie erneut: die Proteste der aktiven Fanszene gegen das DFL-Votum pro Investoren-Einstieg. Am Nachmittag in Freiburg gab es in der Partie zwischen dem SCF und dem VfB Stuttgart in Summe 22 Minuten Nachspielzeit, da die Fans sowohl in Halbzeit eins als auch im zweiten Durchgang protestierten. Eine neue Stufe wurde hingegen am Abend im Topspiel der 2. Bundesliga in Berlin erreicht. Beim Spiel gegen den HSV warfen die Fans der Hertha immer wieder Tennisbälle auf den Platz, sodass die Partie für eine halbe Stunde unterbrochen wurde und die Teams sogar in die Katakomben mussten.



Damit nehmen die Proteste neue Ausmaße an, da auch nach ihrem Anhalten, welches selbst Fan-Vertreter überraschte, immer noch keine Reaktionen folgen. Die DFL schweigt dazu und außer Kritik vernimmt man nicht viel rund um die Bedenken der Anhänger. Dabei haben die Fans ihren Standpunkt mehr als einmal klargemacht: Wir werden kein Teil eures Deals sein!

Doch warum gibt es die Proteste überhaupt? Bereits im Mai des vergangenen Jahres ließ die DFL über einen Investoreneinstieg abstimmen. Dieser Antrag wurde von den Clubs mehrheitlich abgelehnt. Im Dezember wurde dann neu abgestimmt, diesmal geheim. Da 24 der 36 Proficlubs für den Deal stimmten, wurde gerade so die Zweidrittelmehrheit erreicht und die DFL darf nun mit potenziellen Investoren verhandeln.

Da die Abstimmung anonym stattfand, war insbesondere die Rolle von Martin Kind, Geschäftsführer von Hannover 96, interessant. Vom Verein wurde er angewiesen, gegen den Einstieg zu stimmen. Nachdem sich jedoch alle Vereine zu ihrer Position geäußert hatten, wurde klar: Kind hat dafür gestimmt und sich damit nicht an die Weisung gehalten. Nur: Durch die geheime Wahl lässt sich dies nicht anfechten.

Die Fans protestierern weiterhin gegen die DFL.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Die Fans protestieren aus gutem Grund. Obwohl die DFL zwar bekannt gegeben hat, dass es „klare Brandmauern“ bei einem Investoreneinstieg geben wird, sorgt man sich in der aktiven Fanszene und darüber hinaus. Man will vermeiden, dass es zu einer weiteren Zerstückelung des Spieltags kommt, die Eventisierung des Fußballs weiter voranschreitet und Spiele im Ausland stattfinden. Denn speziell die aktive Fanszene macht die Bundesliga in Europa zu etwas Besonderem und projiziert fantastische Bilder nach außen. Bilder, welche auch von Investoren instrumentalisiert werden.

Und auch diverse TV-Sender werben mit schönen Choreografien, geschwenkten Fahnen und guter Stimmung für die Bundesliga. Dass diese dann im gleichen Atemzug die Sorgen der Fans kleinreden und die Proteste überdramatisieren, wie am Samstagabend in Berlin geschehen, ist und bleibt absolut unverständlich. Ein friedlicher Protest für die eigenen Werte wird leider total überspitzt und verzerrt dargestellt, von Menschen und Institutionen, die sich seit Jahren intensiv mit Fußball beschäftigen.

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Und klar, nerven die Proteste, das ist uns allen bewusst. Aber das sollen sie auch. Denn ein wirklicher Protest ist es erst dann, wenn er wirklich wehtut. Und gerade die Szenen vom Wochenende haben wehgetan, denn Spiele mussten lange unterbrochen werden. Damit hat sich die aktive Fanszene wieder mehr Aufmerksamkeit verschafft, um gehört zu werden. Gibt es jedoch bald keine Reaktionen der DFL, wer weiß, wie weit es gehen wird.

Die Fans stehen für ihr gutes Recht ein und protestieren, weil sie sich Sorgen um den Fußball machen. Da über die nationalen Grenzen hinaus mit ihnen geworben wird, haben sie dazu jedes Recht. Anstatt alles in schwarz und weiß zu unterteilen und die Proteste kleinzureden, sollte sich jeder, der meint, eine Bewertung dazu abgeben zu müssen, differenziert mit der Thematik auseinandersetzen.

Getreu dem Motto: „Bahnstreik gerne, aber nur dann, wenn eh keine Züge fahren“ – so widersprüchlich klingt gerade auch die Kritik an den Protesten.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Jannek Ringen

Sozialisiert durch die Raute von Thomas Schaaf, gebrochen durch den Abstieg unter Florian Kohfeldt. Fußball in Deutschland ist sein Fachgebiet, aber immer mit einem Blick in England und Italien.


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