Manchester United | Das „Neue United“ – Luke Shaw über die neue Ausrichtung der „Red Devils“

23. Juli 2019 | News | BY Christoph Albers

Nachdem er in der abgelaufenen Saison nur Jose Mourinhos Scherben zusammen zu kehren versuchte, hat Ole Gunnar Solskjaer nun erstmal eine komplette Vorbereitung lang Zeit, um die Mannschaft nach seinen Vorstellungen auszurichten. Dabei ist schon jetzt klar erkennbar, dass sich einiges ändern wird. Uniteds „Players´ Player of the Year 2019“, Luke Shaw, gibt nun einen etwas tieferen Einblick.

Oles Stempel

Verspäteter Kurswechsel

Unter Solskjaers Vorgänger, Jose Mourinho, lag das Hauptaugenmerk Uniteds vor allem auf einer stabilen Defensive und dem Umschaltspiel, was durchaus als typisch für den Portugiesen bezeichnet werden darf. Individuelle Fehler und fehlende Lösungen im Vorwärtsgang sorgten allerdings dafür, dass der Erfolg zunehmend ausblieb. Als Konsequenz daraus musste Mourinho gehen und Solskjaer übernahm.

Der Norweger musste aber, da er mitten in der Saison übernahm, mit dem arbeiten, was er vorfand. Daher verzichtete er auf einen tiefgreifenden Kurswechsel. Vielmehr setzte auch er auf das Umschaltspiel als wertvollste Waffe. Er versuchte seiner Offensive mehr Flexibilität einzuhauchen und doch hing fast alles daran, die schnellen Spieler in Situation zu versetzen, in denen sie Raum haben. Ein Zustand der einem, als vermeintliches Top-Team der Liga, nicht unbedingt häufig unterkommt.

In Kombination mit einer eher wackeligen Defensive, individuellen Fehlleistungen, von denen selbst der ansonsten so hervorragende Keeper David de Gea nicht verschont geblieben ist, und vermeintlichen Fitness-Problemen, führte das dazu, dass die anfängliche Euphorie rund um“OGS“ schnell einer gewissen Resignation wich.

(Photo by Thananuwat Srirasant/Getty Images)

Proaktiv statt reaktiv

Doch in der Sommerpause scheint sich einiges getan zu haben. Solskjaer versucht der Mannschaft mehr und mehr seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Luke Shaw beschreibt diesen wie folgt:


„Wir haben sehr viel an unserer Taktik gearbeitet, insbesondere hinsichtlich des Pressings. Wann wir es initiieren, in welchen Momenten. Andererseits arbeiten wir aber auch daran, wie wir den Ball halten können. Er (Anm.d.Red., Solskjaer) will, dass wir sauber von hinten rausspielen. Wir wollen spielbestimmend sein, auch im Pressing.“

Luke Shaw (via Manchester Evening News)

Kurzum: United tritt künftig proaktiv und nicht mehr reaktiv auf. Damit soll auch ein anderes Selbstverständnis einhergehen. Ein Selbstverständnis, wie es United zuletzt unter Sir Alex Ferguson, unter dem Solskjaer als Spieler die längste Zeit seiner Karriere gespielt hat, so an den Tag gelegt wurde.

Shaw führt dazu weiter aus:

„Es gibt jetzt auch einige andere Vorgaben, z.B. wie man in die „Box“ gehen kann“, daran haben wir im Training viel gearbeitet. Wir wollen den Ball länger in unseren Reihen halten, auftreten wie ein großes, ein gutes Team. Wir wollen Spiele gewinnen, aber auch mit viel eigenem Ballbesitz.“

Luke Shaw (via Manchester Evening News)

Das „Neue United“

Luke Shaw selbst begrüßt diese Entwicklungen und äußerst sich auch sehr positiv über das Trainerteam:

„In dieser Saison wird es ein „neues United“ zu sehen geben, insbesondere mit den neuen Ideen, die der Trainer einbringt. Er hat sehr gute Ideen und ich glaube, dass unser Spielstil und die Spieler, die wir haben, davon enorm profitieren können.

[…]

Ich habe das Gefühl, dass wir lange nicht mehr so gut aussahen, wie jetzt. Ole setzt einen größeren Fokus darauf den Ball zu halten, gut von hinten aufzubauen und den Ballbesitz zu sichern. In der letzten Saison haben wir das sehr oft nicht gut gemacht.

[…]

Aber es ist nicht nur er, sondern auch sein Stab, Kieran McKenna, Michael Carrick und Mark Dempsey. Sie arbeiten sehr gut zusammen und sie wissen genau, was wir Spieler brauchen. Davon profitieren wir alle sehr.

[…]

Jetzt, wo wir genau wissen, was der Trainer von uns will und welche Vorstellungen er hat, sind wir als Spieler gefordert auf den Platz zu gehen und das umzusetzen. Und das ist ein großartiges Gefühl, wir wissen, was wir zu tun haben.“

Luke Shaw (via Manchester Evening News)

Luke Shaw vermittelt also einen ungemein positiven Eindruck von der Arbeit mit Solskjaer in der bisherigen Vorbereitung. Die Testspiele stützen das bislang auch vollumfänglich…

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Testspiel gegen Inter

Dominanz und Chancenwucher

Der jüngste Test gegen Inter Mailand, dem bisher größten Maßstab für die „Red Devils“, den sie mit 1:0 gewinnen konnten, verstärkt den Eindruck, den Luke Shaw im vorangegangen Teil zu vermitteln versuchte.

Gegen die Italiener, die mit Antonio Conte einen neuen Trainer auf der Bank haben und noch sehr früh in ihrer Vorbereitung sind, zeigte die Mannschaft eine auffällig gute Leistung und hätte deutlich höher gewinnen müssen. Einzig die Chancenverwertung verhinderte weitere Treffer.

Doch was wirklich zählt sind natürlich andere Aspekte:

  • Das hohe und aggressive Pressing funktionierte sehr gut und stellte Inter bisweilen vor enorme Probleme
  • Im Ballbesitz wirkte United wesentlich reifer und sehr gut sortiert
  • Die Neuzugänge und Youngster präsentierten sich sehr auffällig und drängen in die Mannschaft.

4-2-3-1 als neue Basis?

Solskjaer ließ seine Mannschaft in einem 4-2-3-1-System, das er anscheinend auch für die kommende Saison bevorzugt, auflaufen. Auffällig ist dabei, dass Pogba in einer zurückgezogeneren Rolle, auf der Doppel-Sechs, spielte und trotzdem viele Freiheiten genoss. Vorne setzte er mit James, Rashford, Mata und Martial auf eine sehr flexible Offensive, die vor allem durch Beweglichkeit und Tempo für Gefahr sorgen sollte, während die Viererkette sichtlich um einen kultivierten Spielaufbau bemüht war.

Lindelöf zeigte sich sehr präsent im Spielaufbau und rückte auch immer wieder sehr weit mit vor. Sein Partner in der Innenverteidigung, Axel Tuanzebe, präsentierte sich ebenfalls sehr gut und unterstrich seine Ambitionen. Pogba bewies unterdessen einmal mehr, dass er für United derzeit unverzichtbar ist. Er war die größte Quelle in Sachen Kreativität und wirkte sehr spielfreudig. Ansonsten glänzten vor allem die eingewechselten Bailly, McTominay, Chong und natürlich Torschütze Mason Greenwood. Nemanja Matic dürfte unterdessen der Verlierer dieses Testspiels sein, er konnte nicht wirklich überzeugen, während McTominay, der für ihn reinkam, einen deutlich besseren Eindruck machte.

(Photo by ROSLAN RAHMAN/AFP/Getty Images)

„Unglaublicher“ Wan-Bissaka

Doch der Mann des Spiels war ganz eindeutig Top-Neuzugang Aaron Wan-Bissaka. Der Rechtsverteidiger war sehr aktiv im Vorwärtsgang (nur seine Hereingaben lassen noch zu wünschen übrig) und defensiv schlichtweg unüberwindbar. Mit seiner Schnelligkeit und seinen perfekt getimten Tacklings ließ er nichts zu und sorgte für große Freude bei den Zuschauern und beim Trainerteam.

Auch sein Pendant auf der anderen Seite, Luke Shaw, sieht das so:

„Aaron war bisher einfach unglaublich. Er wirkt so, als wäre er schon ganz lange bei uns. Wir freuen uns schon drauf noch mehr von ihm zu sehen, jetzt in der Vorbereitung und auch in der Saison.“

Luke Shaw (via Manchester Evening News)

Es gibt also durchaus Grund zur Vorfreude auf die Saison, auch für ManUnited-Fans.

Verstärkung von Innen?

Zumindest auf Grundlage vieler Kommentare auf Twitter, scheint diese bei den Fans zumindest noch nicht vollständig Einzug erhalten zu haben. Das liegt vor allem daran, dass mit Wan-Bissaka und James erst zwei Neuzugänge präsentiert worden sind, während etliche Namen, wie z.B. Maguire, Bruno Fernandes, Sean Longstaff oder auch Nicolas Pepe, intensiv gehandelt werden.

Doch allen Kritikern zum Trotz, sollte auch im Auge behalten werden, dass schon viele vielversprechende Spieler im Verein sind. Mason Greenwood macht einen hervorragenden Eindruck, Chong scheint einen weiteren Schritt gemacht zu haben, Angel Gomes wirkt interessant, McTominay entwickelt sich prächtig, Tuanzebe scheint enorm gereift zu sein und auch Eric Bailly ist, nach vielen Verletzungen, sehr gut drauf. So könnte der Kader, auch ohne viele Neuzugänge, deutlich stärker daherkommen.

(Photo by Lionel Ng/Getty Images)

(Photo by Lionel Ng/Getty Images)

Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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