Was ist dran? „Gareth Bale verlässt Real Madrid“ – und wo könnte es hingehen?

29. Mai 2018 | Was ist dran? | BY Marius Merck

Der Waliser hat mit seinen Kommentaren nach dem Champions League-Finale für Aufsehen gesorgt. Die Medien schnappten diese Aussagen natürlich sofort auf und brachten Bale vornehmlich mit Manchester United und dem FC Bayern München in Verbindung. Wie realistisch sind die kolportierten Destinationen? 

 

Die Meldungen

Direkt am Montagmorgen legte der „Telegraph“ los: Der 28-Jährige würde vor allem einen Wechsel zu ManUtd oder den Bayern in Betracht ziehen. Christian Falk von der „Sportbild“ griff diese Meldungen zu einer eigenen Einschätzung am gestrigen Mittag auf: Bale wäre in der Tat an einem Wechsel nach München interessiert, zudem habe seine Beratungsagentur eine Zweigstelle in der bayrischen Landeshauptstadt. Eine Anfrage wäre jedoch noch nicht abgegeben worden.

Der exzellent informierte englische Journalist David Ornstein von der „BBC“ bestätigte ebenfalls am Montag, dass sich der Berater des Spielers in Kürze mit Real Madrid zusammensetzen werden. Dabei stünde vor allem die geringe Spielzeit des Walisers auf der Tagesordnung, konkrete Abnehmer wurden hier allerdings nicht genannt. Ansonsten haben sich weitere Medien aus England und Spanien vor allem die Option United eingeschossen.

Eine Rückkehr zu seinem Ex-Klub Tottenham wurde gestern von „Sky Sports“ ausgeschlossen.

 

Die Ablöse

In diesem Zusammenhang sind häufig Beträge von 100 Millionen Euro oder mehr zu lesen. Bale wechselte selbst vor fünf Jahren für einen solchen Betrag in einem noch nicht so überhitzten Transfermarkt in die spanische Hauptstadt. Doch ist eine solche Summe für den Spieler selbst heute noch realistisch?

Bale steht in Madrid noch bis 2022 unter Vertrag, der frischgebackene Champions League-Sieger hat daher eine ordentliche Verhandlungsposition. Allerdings ist der Flügelstürmer mittlerweile 28 Jahre alt und hat in seinen fünf Jahren in Madrid rund 70 Pflichtspiele wegen Verletzungen verpasst! Dies umfasst fast ein Drittel seiner gesamten Zeit bei den „Königlichen“. Daneben sollte in Erwägung gezogen werden, dass Bale einer der Topverdiener bei Real ist. Einen solch teuren „Bankwärmer“/Edeljoker kann sich womöglich nicht einmal der Rekord Champions League-Sieger leisten, vor allem, wenn mit Isco, welcher sowieso zuletzt regelmäßig den Vorzug erhielt, oder dem unfassbar talentierten Marco Asensio zwei herausragende Alternativen bereitstehen.

Eine Summe von weit über 100 Millionen Euro ist unrealistisch, insbesondere wenn Real Madrid womöglich einen neuen Galáctico präsentieren möchte und einen Großverdiener „loswerden“ muss. Gerade das Alter, gepaart mit der Verletzungsanfälligkeit, stellt eine Investition für die wenigen Klubs, die als Abnehmer in Frage kommen, ein Risiko dar.

Auf der anderen Seite hat Bale mit seiner Performance von Samstag die Welt noch einmal daran erinnert, zu was er im Stande ist. Die Fähigkeit, als Joker eine Flanke per Fallrückzieher ins Kreuzeck zu jagen und das im größten Spiel im Klubfußball, besitzen dann doch nicht so viele anderen Fußballer auf diesem Planeten. Preislich dürften wir uns auf dem inflationärem Markt daher immer eher noch im Bereich von etwas mehr als 80 Millionen Euro bewegen.

 

Die (möglichen) Abnehmer

Manchester United

Wie immer, wenn es um einen Transfer von Bale geht, werden die „Red Devils“ genannt. Schon zu Zeiten von David Moyes wurde ihnen konkretes Interesse nachgesagt. Das Aufnehmen dieser alten Meldungen war nach dem Samstag zu erwarten – und birgt dennoch etwas Logisches in sich. José Mourinho bekannte im vergangenen August vor dem europäischen Supercup-Finale gegen Real, dass er großes Interesse an dem Spieler hätte, sollte dieser tatsächlich bei Real keine Zukunft mehr haben. Nach dem Endspiel relativierte er diese Aussagen ein wenig und merkte lediglich an, dass ein Zeichen von dem Spieler kommen müsse.

Wenn man so will, könnte United dieses Zeichen rund acht Monate später erhalten haben. Die finanziellen Mittel bringt der Klub durchaus mit, um einen Transfer in dieser Größenordnung stemmen zu können. Ob hier aber die absolute Notwendigkeit besteht, darf angesichts des momentanen Kaders angezweifelt werden. Die Ankunft von Alexis Sanchez im vergangenen Januar vernichtete beispielsweise weitestgehend die Spielanteile von Anthony Martial. Ein solches Szenario, in welchem ein junger Spieler darunter leider müsste, wäre bei einer Ankunft des englischen Fußballer des Jahres von 2013 erneut zu befürchten.

 

Bayern München

Daneben tauchte auch der Name des FC Bayern in der englischen und deutschen Medienlandschaft auf. Allerdings wurde hier nicht von einem Interesse der Bayern an Bale selbst gesprochen. Viel eher würde der walisische Nationalspieler einen Wechsel zu dem deutschen Rekordmeister nicht ausschließen. Einen Transfer in einer solchen Größenordnung hatten Uli Hoeneß und Hasan Salihamidzic aber zuletzt ausgeschlossen, Karl-Heinz Rummenigge auf der anderen Seite nicht. Zudem hat man die Position des Spielers in der kommenden Saison mit den Verlängerungen von Arjen Robben und Franck Ribery (auf riskante Weise) geschlossen. Daneben steht noch Kingsley Coman im Kader, auch Neuzugang Serge Gnabry kann auf den Außen eingesetzt werden.

Womöglich könnten die Bayern aber auch tatsächlich an der Unternehmung gereizt sein, wenn der Spieler wirklich auf dem Markt wäre und zudem auch an die Säbener Straße wechseln möchte. Ein solcher Transfer würde auch eine Form von internationalen Prestige mit sich bringen, was die jüngsten Wechsel des FC Bayern ein wenig vermissen ließen.

Ein weiterer Faktor muss ebenfalls beachtet werden: Der deutsche Rekordmeister und die Königlichen pflegen eine intakte Geschäftsbeziehung, wie man an den Transfers von Xabi Alonso, Toni Kroos oder James Rodriguez in der jüngeren Vergangenheit erkennen kann. Auch das öffentliche und vor allem respektvolle Dementi der Madrilenen hinsichtlich angeblicher Bemühungen um Robert Lewandowski spricht Bände. Dahingegen gilt das Verhältnis zwischen United und Real als belastet, was vor allem durch den gescheiterten Transfer von David De Gea am Deadline-Day 2015 zustande kam, worauf sogar öffentliche Schuldzuweisungen folgten.

 

Tottenham

Die Option „Rückkehr“ zu Ex-Klub Tottenham ist übrigens auch nicht zu unterschätzen. Trainer Mauricio Pochettino hat erst in der letzten Woche seinen Vertrag bei den Spurs verlängert, wohl auch unter der Bedingung, dass Vorstand Daniel Lewy den Geldbeutel etwas weiter öffnet. Im Vergleich zu anderen Spitzenteams der Premier League hat sich Tottenham in den letzten Jahren auf dem Transfermarkt eher zurückgehalten.

Eine Rückkehr des „verlorenen Sohnes“, wäre ein Zeichen an Pochettino und wohl auch an die Mannschaft um Superstar Harry Kane, dass man nun wirklich ganz oben angreifen möchte. Die potentielle Begeisterung, welche dieser Wechsel entfachen würde, könnte dem ganzen Verein einen besonderen Schub geben – eventuell sogar auf das besagte „nächste Level“. Jedoch muss hier auch der Stadionbau des Klubs bedacht werde, welcher die finanziellen Möglichkeiten sicherlich beschränkt. Komplett ausschließen sollte man die Spurs hier dennoch nicht.

 

Ein anderer Klub?

Der erwähnte neue „Galactico“ könnte laut älteren Berichten Eden Hazard werden. Womöglich könnte dieses Interesse Potential für eine Art Verrechnungsmodell haben. Allerdings ist Chelsea immer noch nicht endgültig geklärt, ob Trainer Antonio Conte weitermacht oder gehen muss. Es deutet einiges daraufhin, dass Maurzio Sarri sein Nachfolger wird. Ein weiterer negativer Aspekt ist die Tatsache, dass die „Blues“ in der kommenden Saison nicht in der Champions League vertreten sind – also genau dort, wo sich Bale am Samstag in den Geschichtsbüchern verewigt hat.

 

Fazit

Bale betonte nach dem Finale, dass Zinedine Zidane selbst nach dem Doppelpack noch kein Wort mit dem Matchwinner gesprochen habe. Dies lässt wahrscheinlich tiefer blicken, als die vorher getroffenen Aussagen des Spielers: Der Waliser ist womöglich obsolet. Daher deutet aktuell mehr auf einen Abgang, als auf einen Verbleib hin. Sein Berater wird in nächster Zeit zu Gesprächen in der spanischen Hauptstadt erwartet, dann dürften die Spekulationen so richtig Fahrt aufnehmen und wohl auch potentielle Abnehmer in konkreterer Weise benannt werden. Dieses Benennen scheint nämlich zurzeit eher noch unter empirischen Gesichtspunkten zu laufen. Mit Sicherheit werden einige Klubs aber die Situation ganz genau beobachten.

Sollte es tatsächlich zu einem Wechsel kommen, erscheint zumindest auf den ersten Blick eine Rückkehr nach England – aufgrund der oben genannten Faktoren – die realistischere Option zu sein.

(Photo by OSCAR DEL POZO/AFP/Getty Images)

Marius Merck

Eine Autogrammstunde von Fritz Walter weckte die Leidenschaft für diese Sportart, die über eine (“herausragende”) Amateurkarriere bis zur Gründung von 90PLUS führte. Bei seinem erklärten Ziel, endlich ein “Erfolgsfan” zu werden, weiter erfolglos.


Ähnliche Artikel