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Auf dem Sprung in die Weltklasse – Benficas Joao Felix im Porträt

4. April 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Spotlight | Er ist einer der begehrtesten Youngster im europäischen Fußball, wird Medienberichten zufolge von Teams wie dem FC Bayern, Real Madrid oder Manchester United umworben. Obwohl Benfica ihm eine Ausstiegsklausel von 120 Millionen Euro in den Vertrag schrieben ließ versuchen die Portugiesen diese noch einmal zu erhöhen. Aus gutem Grund. Denn Joao Felix ist ein Versprechen in die Zukunft.

Ein wegweisender Schritt

Der in Viseu geborene Joao Felix wechselte im Sommer 2015 aus der Jugendabteilung des FC Porto zum großen Rivalen nach Lissabon und schloss sich Benfica an. Beide Vereine haben einen sehr guten Ruf, die Jugendarbeit von Benfica ist der des FC Porto aber noch ein Stück voraus. Joao Felix absolvierte also die letzten Jahre seiner Ausbildung bei Benfica, war Leistungsträger der Jugend- und Reservemannschaft, sammelte Erfahrungen in der UEFA Youth League, ehe er zur laufenden Saison in den Profikader des Klubs berufen wurde.

 Und sofort machte Joao Felix auf sich aufmerksam. Am 2. Spieltag debütierte er gegen Boavista Porto, spielte nur wenige Minuten, aber schaffte damit den ersten Meilenstein in seiner Karriere. Am 3. Spieltag der heimischen Liga NOS deutete er sein Potenzial erstmals an, als er als Einwechselspieler gegen Sporting im Topspiel das 1:1 erzielte und somit den Endstand markierte. Nachdem er kurze Zeit später einige Spiele von einer Fußverletzung ausgebremst wurde, nahm er schnell wieder Fahrt auf. Die bisherige Saisonbilanz des 19-jährigen Offensivspielers kann sich sehen lassen, Joao Felix steht bei 33 Pflichtspieleinsätzen, in denen er 12 Tore erzielen und 6 Torvorlagen beisteuern konnte. Besonders beeindruckend ist seine Bilanz seit Ende Januar, denn in den letzten 10 Ligaspielen gelangen ihm 11 Torbeteiligungen.

Technisch versierter Straßenfußballer mit unermesslichem Potenzial

Ende 2018, als Joao Felix diese Topleistungen erstmals über mehrere Wochen abrief, verlängerte Benfica den Vertrag mit dem Youngster bis 2023, die Ausstiegsklausel wurde wie bereits angesprochen auf 120 Millionen Euro festgelegt. Dass das mittlerweile keine Garantie mehr ist, dass ein 19-jähriges Talent ohne die allzu große Erfahrung im Klub bleibt, weiß man auch bei den Portugiesen und will erneut handeln. Ein neuer Vertrag mit einer neuen Ausstiegsklausel in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro ist geplant, die Topteams stehen schon jetzt Schlange. Angesichts der Qualitäten des Spielers ist das auch kein Wunder, denn Joao Felix verfügt über nahezu unermessliches Potenzial, bringt alle Voraussetzungen mit um in den kommenden Monaten und Jahren den Sprung in die Weltklasse zu schaffen.

(Photo by PATRICIA DE MELO MOREIRA / AFP)

Der Hype rund um den jungen Rechtsfuß stieg ins Unermessliche, nur einen schien das vollkommen kalt zu lassen, nämlich den Spieler selbst. Joao Felix spielte von Woche zu Woche besser, sein Selbstvertrauen stieg, der große Druck, dem er mit den Vorschusslorbeeren ausgesetzt war, interessierte ihn überhaupt nicht. Er wollte einfach nur Fußball spielen und dabei Spaß haben. Und Spaß ist ein wichtiger Faktor, wenn man den Spieler Joao Felix genauer beschreibt. Der 1,80m große Offensivspieler ist eine Art Straßenfußballer, der viele Situationen auf dem Platz instinktiv löst, immer weiß, wie er sich auch unter großem Gegnerdruck befreien kann. Kabinettstückchen hat er nicht selten in petto, dabei macht er den Gegner aber keinesfalls lächerlich, spielt nicht nur für die Galerie. Und: Joao Felix hat nicht nur selbst Spaß am Fußball, er überträgt die Freude auch auf die Zuschauerränge, wird frenetisch gefeiert, ist einer der Publikumslieblinge in Lissabon.

Joao Felix hat auf technischer Ebene nahezu alles im Repertoire, was man als Offensivspieler benötigt. Sein Passspiel ist präzise, er ist stark im Dribbling und auch Kleinigkeiten wie die Ballannahme stechen hervor. Technische Fehler sieht man von ihm fast nie, seine Ausbildung ist in diesen Bereichen absolut hervorragend. Überdies sammelte Joao Felix schon in diversen Juniorenteams des portugiesischen Verbandes Spielpraxis, beeindruckte zuletzt auch in der U21, die allerdings nicht an der Europameisterschaft im Sommer teilnehmen wird.

Spielentscheider, der weiß wie gut er ist

Joao Felix ist ein Spieler, der den Unterschied ausmachen und Spiele entscheiden kann. Das tat er bereits in der Jugend, das tut er auch jetzt in Lissabon. Natürlich muss er noch hart arbeiten und diverse Elemente in seinem Spiel verbessern, darunter die Defensivarbeit, die körperliche Robustheit, die ihm zuweilen noch abhanden kommt, aber der offensive Freigeist ist mit Fähigkeiten gesegnet, die man sich nicht antrainieren kann. Neben dem Straßenfußballergen bringt er ein unglaublich gutes Gefühl für die Räume im Offensivspiel mit, weiß, wie er auf eine Abwehrreihe zulaufen muss, damit sich Räume ergeben, in die er den Ball spielen kann.

 (Photo by PATRICIA DE MELO MOREIRA / AFP)

Ein Faktor, der junge und talentierte Spieler noch besser macht, den aber wenige Spieler nach einer Handvoll Spiele haben, ist zu wissen, wie gut man bereits ist. Und Joao Felix weiß, wie außergewöhnlich er ist, über welche Fähigkeiten er verfügt. Gegenüber anderen talentierten Spielern kann so etwas ein riesengroßer Vorteil sein. Und weil er weiß, wie gut er ist, schwebt Joao Felix phasenweise über den Platz, mit einer Spur Arroganz, die nicht einmal arrogant gemeint ist. Die Mischung aus dem Zutrauen in die eigene Stärke und dem unaufhaltsamen Spaß am Fußballspielen machen aus einem hochtalentierten einen außergewöhnlichen Spieler. Hackentricks, blitzschnelle Richtungswechsel, Finten, Tunnel oder Übersteiger sind keine Seltenheit, dafür häufig zielführend. Und man sieht ihm nicht nur die Freude auf dem Platz an, er überträgt sie auch auf die Ränge, wird gefeiert, ist ein Publikumsliebling.

Wechsel ja – aber wann? Und wohin?

Dass Joao Felix nicht ewig bei Benfica spielen wird, weiß der Spieler genauso wie der Klub. Der nächste Schritt in der Karriere wird irgendwann kommen, doch wann? Nach einer guten Saison, eher einigen guten Monaten muss ein 19-jähriger noch nicht zwingend seine Heimat verlassen und ein Abenteuer im Ausland wagen. Mit Benfica kann er in der kommenden Saison als Stammspieler in gewohnter Umgebung weitere Erfahrung im Europapokal sammeln. Doch klar ist, dass der Lockruf eines europäischen Topklubs einem Spieler in diesem Alter den Kopf verdrehen kann. Wichtig wird es sein, dass Joao Felix gut beraten wird, die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt trifft und vor allem nichts überstürzt. Ja, das Entwicklungspotenzial von Joao Felix ist riesig und kann wohl nicht in der portugiesischen Liga ausgeschöpft werden, dafür stellen zu viele Vereine keine allzu hochwertige Konkurrenz dar. Ein Platz auf der Bank in einem Topklub hilft ihm aber zunächst auch nur bedingt weiter.

Auch deswegen ist man bei Benfica bemüht die Ausstiegsklausel zu erhöhen, denn 200 Millionen Euro schrecken mögliche Interessenten für einen Spieler, der seine erste komplette Profisaison spielt, doch noch einmal mehr ab, als es die 120 Millionen Euro tun. Doch nicht nur die Frage nach dem Wechselzeitpunkt ist interessant, auch wohin es Joao Felix ziehen könnte ist spannend. Grundsätzlich muss der potenzielle neue Verein eine Idee haben, wie man die Qualitäten des flexibel einsetzbaren Spielers gewinnbringend in das eigene System implementieren kann. Weil Joao Felix Technik und Finesse, Zug zum Tor und das Auge für die Mitspieler kombiniert und hinter der Spitze überall spielen kann, sollte das eigentlich jedem Klub gelingen. Die Karriere von Joao Felix und dessen Entwicklung werden spannend zu verfolgen sein. Die Voraussetzungen um ganz groß rauszukommen, hat der Spieler auf jeden Fall. Ob er sie nutzt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

(Photo by PATRICIA DE MELO MOREIRA / AFP)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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