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Bayern vs Dortmund | Eine Anleitung zum Sieg – für beide Mannschaften

6. April 2019 | Spotlight | BY Kilian Thullen

Spotlight | Heute Abend um 18:30 Uhr wird das Topspiel Bayern gegen Dortmund angestoßen. Im Voraus dieser Partie wurde bereits viel über die aktuelle Form, die Personalsituation oder die Auswirkungen des Ausgangs dieses Spiels gesprochen. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, was die jeweilige Mannschaft heute ab 18:30 Uhr auf den Platz bringen muss, um dieses Spiel siegreich zu bestreiten.

FC Bayern

(Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Der Rekordmeister verliert seine exzellente Form ausgerechnet in der Woche vor dem wichtigsten Spiel der Saison. In der Rückrunde präsentierte man sich bislang in einer starken Verfassung – bis zum Spiel gegen Freiburg. Am vergangenen Samstag musste der FC Bayern ein enttäuschendes 1:1 im Breisgau hinnehmen, ein herber Rückschlag im Meisterschaftsrennen. Im DFB-Pokal unter der Woche gegen Heidenheim gaben die Bayern ebenfalls keine gute Figur ab (5:4). Gegen eine Zweitligamannschaft vier Treffer im eigenen Stadion zuzulassen, ist inakzeptabel für eine Mannschaft von diesem Niveau. Die Kritik an Niko Kovac wird durch solche Auftritte freilich nicht leiser, dies kann er jedoch mit einem Sieg im heutigen Spiel vorerst vergessen lassen:

1. Kovac braucht erfolgsversprechenden Plan B

Eine der größten Kritikpunkte an der Arbeit des Kroaten ist fehlende Flexibilität. Häufig ist zu erkennen, dass der Gegner sich gut auf die Bayern vorbereitet hat und dementsprechend stark dagegen hält. Viele Kritiker würden sich in einer solchen Situation eine schnellere taktische Reaktion des 47-jährigen wünschen. Gerade gegen den BVB könnte ein guter Plan B zum Schlüssel werden, da Lucien Favre immer in der Lage ist, das Spiel seiner Mannschaft durch kleinere Anpassungen positiv zu beeinflussen. Gelingt Kovac es heute nicht, darauf adäquat zu reagieren, könnte das spielentscheidend werden.

2. Die richtige Mischung aus Tempo und Geduld

Aufgrund der Tabellenkonstellation wird der BVB vermutlich vorsichtig agieren und den Bayern erst einmal Ballbesitz und Spielkontrolle überlassen. Um die extrem kompakt verschiebenden Verteidigungslinien der Dortmunder zu überwinden, braucht es eine gelungene Mischung aus Tempo und Geduld. Auch hier liegt es an Kovac, sein typisches schnelles Spiel ins Angriffsdrittel zugunsten einer etwas geduldigeren Ausrichtung zu ändern. Um die Defensive der Gäste auseinander zu ziehen braucht es schnelle Verlagerungen und Kombinationsspiel. Es gilt jedoch ebenfalls, nicht ins offene Messer zu laufen und durch schnelle Konter über Sancho und Reus früh in Rückstand zu geraten – die Balance wird spielentscheidend sein.

3. Ein hohes Pressing zum Erfolg?

Der BVB offenbarte in dieser Saison immer wieder Schwächen im Spielaufbau, wenn ein Gegner hoch und aggressiv presste. Gegen Leverkusen wurde dies besonders deutlich; in den ersten Minuten konnte man sich kaum aus der eigenen Hälfte befreien. Ein situatives Pressing könnte dafür sorgen, die Dortmunder aus dem Rhythmus zu bringen und zu Fehlern zu zwingen. Ohne Risiko ist eine solche Ausrichtung natürlich nicht. Wird das aggressive Anlaufen jedoch in den richtigen Situationen forciert, könnte es ein Schlüssel zum Erfolg werden. Von enormer Bedeutung ist dabei auch ein konsequentes Nachrückverhalten der Defensivakteure. Werden die Räume hinter der Pressinglinie nicht adäquat besetzt, bestrafen individuell starke Spieler wie Sancho, Götze und Reus das blitzschnell.

Borussia Dortmund

(Photo by SASCHA SCHUERMANN / AFP)

Der BVB hat seine exzellente Form aus der Hinrunde etwas verloren. Offensiv fehlte es zuletzt häufig etwas an Durchschlagskraft und auch die Defensive strahlt nicht mehr dieselbe Stabilität und Souveränität aus, wie noch in der Hinrunde. Beide Phänomene sind natürlich auch mit dem Verletzungspech zu erklären, das die Dortmunder seit einigen Wochen plagt. Der Leistungsverfall hat jedoch auch taktische Gründe.

1. Reus und Sancho müssen zu alter Form zurückfinden

Das Dortmunder Offensivspiel unter Lucien Favre ist sehr stark auf die individuelle Klasse der Einzelspieler ausgerichtet. Da der Schweizer vergleichsweise wenige Spieler vor dem Ball agieren lässt und auf eine starke Restverteidigung setzt, müssen die Offensivakteure häufig in 1-gegen-1-Situationen und Dribblings gehen. In der Hinrunde konnten so etliche Tore erzielt werden, da Marco Reus und Jadon Sancho sich in einer herausragenden Verfassung präsentierten. Gerade in den letzten Wochen wurde jedoch sichtbar, welche Auswirkungen es auf das Dortmunder Spiel hat, wenn keiner der beiden Akteure entscheidende Impulse setzen kann. In vielen Spielen resultierte das in einer harmlosen Vorstellung ohne offensive Durchschlagskraft.

2. Mehr Tempo in eigenem Ballbesitz

In den letzten Wochen hatte die Favre-Elf häufig extrem viel Ballbesitz, jedoch ohne sich ausreichend Chancen herauszuspielen. Das hängt auch damit zusammen, dass es der Mannschaft zu selten gelingt für Überraschungsmomente zu sorgen. Aus dem geduldigen Ballbesitzspiel, das der Schweizer Trainer schon bei seinen vorherigen Trainerstationen pflegte, sollen die Spieler mit plötzlichen Vertikalpässen Unordnung in die gegnerische Defensive bringen. Dabei ist das Spiel über einen Dritten von enormer Relevanz, um mit wenigen Kontakten ins letzte Drittel und somit in eine gute Schussposition zu kommen. Um die Bayern heute in Bedrängnis zu bringen, muss dieser Mechanismus wieder besser greifen.

3. Die Außenverteidiger müssen den Sprung ins kalte Wasser meistern

Die Besetzung der Außenverteidigerpositionen beim heutigen Spiel dürfte vielen Anhängern und Verantwortlichen des BVB Kopfzerbrechen bereiten. Mit Hakimi, der bis zum Saisonende ausfällt und dem angeschlagenen Guerreiro, sind gleich zwei Außenverteidiger nicht bei vollständiger Fitness. Marius Wolf, der in den letzten Spielen häufiger als Rechtsverteidiger eingesetzt wurde, offenbarte immer wieder defensive Schwächen. Es ist durchaus denkbar, dass Lucien Favre auf Lukasz Piszczek setzt, der jedoch gerade erst aus einer Verletzungspause zurückkehrt. Auf der anderen Seite könnte mit Marcel Schmelzer ebenfalls ein Akteur zur Startelf gehören, der Spielpraxis vermissen lässt. Besonders brisant: Sollte Schmelzer von Beginn an auf dem Platz stehen, wird er mit Serge Gnabry einen Gegenspieler haben, der sich in exzellenter Verfassung befindet und in den letzten Spielen eine enorme Gefahr für die gegnerische Defensive darstellte. Auch deshalb wird dieses Duell ein großer Faktor für den Ausgang dieses Spiels sein.

Ausblick

In Partien mit einer solchen Brisanz entscheiden meist Nuancen über Sieg oder Niederlage: Wer weniger individuelle Fehler begeht, wer wichtige Zweikämpfe für sich entscheidet, wer einen Tick wacher und reaktionsschneller ist – aber eben auch, wer von seinem Trainer die bessere taktische Marschroute vorgegeben bekommt und auf Veränderungen der Spielweise des Gegners besser und schneller reagieren kann. Fest steht, es wird ein extrem spannendes und emotionales Spiel werden.

Kilian Thullen

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Kilian Thullen

Bosz, Rose & Co. im Herzen, die Bundesliga im Blick. Seinen Durst nach Gegenpressing und dynamischem Offensivspiel stillt Kilian vor allem in Deutschland. Seit 2018 bei 90PLUS.


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