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Bundesliga | Überraschungsmannschaften auf Augenhöhe, Krisenstimmung und „Freiwild“

17. September 2018 | Spotlight | BY Julius Eid

Der dritte Spieltag der Bundesliga ist absolviert. Auch an diesem Wochenende gab es wieder einige Aufreger, Mannschaften, die weiter ihren Ansprüchen hinterherlaufen, wütende Rekordmeister und Kommentatoren die weit übers Ziel hinausschossen. Genug Stoff also für unsere 7 Awards zum Bundesligaspieltag.

 

„Standardstärke-Award“

Auch wenn bei der Borussia aus Dortmund unter Favre noch nicht alles Gold ist was glänzt, gibt es einige Verbesserungen zu beobachten. Nicht nur wirkt die Defensive stabiler, die Dortmunder scheinen eine ganz neue Tugend in ihr Spiel einzubringen: Die Standardstärke. Im Gegensatz zum letzten Jahr, in dem in der gesamten Rückrunde ein Tor nach Standards erzielt wurde, stehen in diesem Jahr schon vier Standard-Tore nach drei Spieltagen zu Buche.

Beide gewonnen Heimspiele (am 1. Spieltag gegen Leipzig und eben jetzt gegen Frankfurt) waren also maßgeblich in dieser neugewonnenen Fähigkeit begründet. Da der BVB gerade bei der Kreierung von Chancen aus dem Spiel heraus weiter Probleme hat, könnten gefährliche Standards auch in den weiteren Wochen enorm wichtig sein.

(Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

 

„Freiwild“-Award

Punktetechnisch ist beim Rekordmeister aus München alles im Lot. Neu-Trainer Kovac hat alle drei Saisonspiele gewinnen können, unter anderem gegen zwei vermeintlich starke Konkurrenten aus Sinsheim und Leverkusen. War das Spiel gegen Hoffenheim etwas dramatischer und wurde durch eine Schlussphase voller Fehlentscheidungen geprägt, wirkten die Bayern gegen Leverkusen durchweg souverän und ließen sich auch von einem frühen Rückstand nicht beirren.

Dennoch sind die Bayern wütend. Denn was sich schon im Spiel gegen Hoffenheim andeutete, dass sich Gegner zur Not mit voller Härte gegen den Favoriten zur Wehr setzen wollen, trat auch gegen Leverkusen wieder zu Tage. Das harsche Einsteigen Bellarabis gegen Rafinha sorgte nicht nur für eine rote Karte des Leverkuseners, sondern auch für eine Verletzung des Außenverteidigers und Unmut bei Kovac und Hoeneß. Besonders brisant ist das Ganze, weil die Münchner trotz einiger Kritik im Transfersommer sich verhältnismäßig zurückhielten und nun mit einer eher dünnen Personaldecke dastehen. Coman, Rafinha und auch Tolisso, der sich im Leverkusenspiel das Kreuzband riss, werden länger ausfallen und den Rekordmeister personell weiter unter Druck setzen.

(Photo GUENTER SCHIFFMANN/AFP/Getty Images)

 

„Über‘s Ziel hinausgeschossen“-Award

Nicht nur die Protagonisten auf dem Platz leisteten sich an diesem Wochenende Aussetzer. Auch Sky Kommentator Jörg Dahlmann erlebte alles andere als eine Glanzstunde. Bezogen auf den Kader der Mainzer, deren Spiel er in der Konferenz kommentieren durfte, sprach er von „mehr Kongolesen als Rheinländern“ und begab sich damit an die Grenze des Rassismus. Gerade in Zeiten wie diesen sollte man sich der Macht und Bedeutung von Worten als Journalist und Kommentator bewusst sein. Herr Dahlmann ist an diesem Wochenende über‘s Ziel hinausgeschossen.

 

„Auf Augenhöhe“-Award

Die größten Überraschungsmannschaften der noch sehr jungen Saison dürften Hertha BSC und der VFL Wolfsburg sein. Nach jeweils zwei gewonnenen Partien zum Auftakt, in denen die Hertha Schalke 04 sowie Nürnberg überkam, während die Wolfsburger ebenfalls gegen die Gelsenkirchener sowie Bayer Leverkusen die volle Punktzahl abringen konnte, kam es dann an diesem Spieltag zur Begegnung auf Augenhöhe.

Was weder die Leverkusener noch die Schalker schafften, mussten dann im Endeffekt die beiden Kontrahenten selber erledigen. Mit einem 2:2 Unentschieden fügten sich die Teams jeweils den ersten Punktverlust der Saison zu. In der Tabelle bedeutet das, dass die Wolfsburger Platz drei und die Berliner Platz vier besetzen. Auch dort also auf Augenhöhe.

(Photo ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images)

 

„Erlösung“-Award

Die Leipziger hatten in den ersten beiden Spieltagen nicht viel zu lachen, konnten keinen einzigen Punkt einfahren. Das Team von Ralf Rangnick sah sich früh mit Vorwürfen konfrontiert, den Abgang von Naby Keita nicht ausreichend kompensiert zu haben und machte auch in anderen Teilen des Transfersommers (Lookman) keine perfekte Figur. Da, bis im nächsten Jahr Julian Nagelsmann übernimmt, Sportdirektor Ralf Rangnick als Trainer agiert, steht dieser doppelt unter Druck.

Der erste Dreier gegen Hannover 96 muss für den Trainer der Leipziger also fast einer Erlösung gleichgekommen sein. Youssouf Poulsen sowie zweimal Timo Werner sorgten für den 3:2-Sieg gegen die Niedersachsen. Es wurden zwar weiter Schwächen im Spiel der Rasenballer deutlich, die ersten Punkte eingefahren zu haben dürfte dann aber doch dafür sorgen, dass Ralf Rangnick an diesem Wochenende etwas besser geschlafen hat.

(Photo by Matthias Kern/Bongarts/Getty Images)

 

„Irgendwie nicht so geil“-Award

Vor diesem Spieltag geisterte ein Zitat des Schalke-Trainers Domico Tedesco umher. Der Vizemeister der letzten Saison bezeichnete die Situation des Vereines als „irgendwie geil“. Damit meinte er natürlich nicht den Punktestand der Schalker, sondern die Situation jetzt wirklich etwas reißen zu müssen, den Druck. Eine Situation in der sich auch Heiko Herrlichs Leverkusener befinden. Vereine, die mit hohem Anspruch gestartet sind und in der letzten Saison überzeugen konnten und nun die ersten beiden Spieltage gegen vermeintlich schwache Gegner jeweils als Verlierer vom Platz gingen.

Dummerweise änderte sich auch an diesem Spieltag nichts an der Situation, Bayer verlor in München mit 3:1 und die Schalker mussten mit einer 2:1 Niederlage aus Gladbach abreisen. Und so langsam sollte den beiden Trainern dann klar geworden sein, dass es dort, wo sie geradestehen, irgendwie nicht so geil ist. Denn Druck kann zwar für Leistungssteigerung sorgen, aber genauso gut immer weiter steigen, verkrampfen lassen und in manchen Fällen den ersten Trainer dieser Saison aus seinem Job katapultieren.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

 

„Last-Minute-Karma“-Award

Werder Bremen ist unter Florian Kohfeldt mit hohen Ansprüchen in die Saison gestartet und machte auch auf dem Transfermarkt eine gelungene und ambitionierte Figur. Dennoch konnte am ersten Spieltag nur ein Unentschieden gegen Hannover 96 erreicht werden. Besser lief es dann im zweiten Spiel gegen die Eintracht aus Frankfurt. Der erste Dreier der Saison wurde eingefahren und man wurde den Ansprüchen erstmals, zumindest zum Teil gerecht. Entschieden wurde das Spiel allerdings erst durch ein Tor von Rashica in der sechsten Minute der Nachspielzeit. Der junge Außenspieler traf mit einem Freistoß zum sehr späten Glück.

Hatte die Verlängerung am letzten Spieltag also noch eine positive Bedeutung für die Bremer, kam es dann an diesem Spieltag zum umgekehrten Szenario. Bis in die Nachspielzeit hinein konnten die Bremer eine 1:0-Führung gegen den Aufsteiger aus Nürnberg verteidigen. Doch dann schlug das „Last-Minute-Karma“ zu. In der Person von Nürnbergs Virgil Misidjan konnten die Clubberer in der zweiten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich erzielen.

Somit gingen den Bremern also im letzten Moment genau die zwei Punkte verloren, die man zuvor gegen Frankfurt noch kurz vor Schluss sichern konnte.

Julius Eid

Seit 2018 bei 90PLUS, seit Riquelme Fußballfan. Gerade die emotionale Seite des Sports und Fan-Themen sind Julius‘ Steckenpferd. Alleine deshalb gilt: Klopp vor Guardiola.


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