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Nachspielzeit: Warum „Mbappé zu Arsenal“ gar nicht so unrealistisch ist…

6. Juni 2017 | Spotlight | BY Chris McCarthy

Die Meisten nahmen die Meldung nicht sonderlich ernst: Der FC Arsenal bietet über 100 Millionen Euro für Kylian Mbappé. Arsenal? Unter Arsene Wenger? Der Franzose ist ja nicht gerade für aggressive und kostspielige Spielerakquisen bekannt. Darüberhinaus haben die Gunners, ohne Königsklasse in der kommenden Saison, recht wenig Argumente, die für sie sprechen. Nichts desto trotz, ein potentieller Transfer ist nicht ganz so unrealistisch, wie es auf den ersten Blick scheint...  

Wo Rauch ist, ist auch Feuer

Als die L'Équipe letzte Woche berichtete, dass der FC Arsenal 100 Millionen Euro für Kylian Mbappé geboten habe, nahm diese Verbindung auch in den englischen Medien Fahrt auf. Zumindest eines sickert durch: Die Gunners haben wohl tatsächlich konkretes Interesse an dem derzeit begehrtesten Teenager der Welt. Solch ein Transfer, der höchst wahrscheinlich einen Weltrekord bedeuten würde, passt eigentlich so gar nicht zum FC Arsenal und hört sich auch etwas unrealistisch an. Zu konservativ und passiv agierte Arsene Wenger in den letzten 20 Jahren auf dem Transfermarkt und zu groß ist das europaweite Interesse an dem Ausnahmetalent. Doch im Fall von Kylian Mbappé ist einiges anders als zuvor.... [caption id="attachment_7775" align="aligncenter" width="800"] (Photo VALERY HACHE/AFP/Getty Images)[/caption]  

Ein neuer Wenger?

In seinen bald 21 Jahren beim FC Arsenal hat Arsene Wenger (67) erstmals die Qualifikation zur Champions League verpasst. Seine viel diskutierte und durchaus kontroverse Vertragsverlängerung wurde von einer Vielzahl der Fans nicht gerade positiv aufgenommen. Trotz drei FA Cup Siegen in den letzten vier Jahren stagnieren die Gunners. Der letzte Meistertitel liegt 13 Jahre zurück und obwohl die zwischenzeitlich finanzschwachen Londoner seit ein paar Jahren wieder gut bei Kasse sind, bleiben die ganz großen Erfolge aus. Wenger darf trotzdem bleiben und während der Verein sich im Hintergrund strategisch neu aufstellen möchte (ein sportdirektor-ähnlicher Posten soll implementiert werden), scheint es der Franzose zu sein, der eine neue und aggressivere Art an den Tag legen möchte. Dass tatsächlich konkretes Interesse an einem Kaliber wie Mbappé besteht, signalisiert zumindest die Bereitschaft, einen Rekordtransfer zu tätigen. Auch die recht offenherzige Bestätigung, dass ein Ryiad Mahrez (26, Leicester City) in den Gedanken des Elsässers eine Rolle spielt, ist etwas ungewohnt. Weiß der oftmals kritisierte Übungsleiter, dass nun große Taten folgen müssen, um nicht nur den sportlichen Erfolg zurück nach Nordlondon zu holen, sondern auch die Gunst der erfolgshungrigen Fans zurückzugewinnen? Nicht nur das ist dieses Mal anders...  

Der richtige Spieler

Es ist richtig, dass Wenger eher ungern große Ablösesummen auf den Tisch legt, das zeigt die Vergangenheit. Andererseits ist es ein Irrglaube, dass der 67-Jährige für den "richtigen" Spieler nicht auch den erforderlichen Preis zahlen würde:
"Wenn wir die richtigen Kandidaten finden, werden wir große Summen ausgeben." - 22. Juli 2016 [ESPN]
"Warum sagen Sie, dass ich nicht bereit bin, Geld auszugeben? (...) Wenn wir Spieler finden, die unsere Mannschaft verstärken, sind wir nicht abgeneigt, das Geld auszugeben. (...) Ich würde 300 Millionen Pfund für einen Spieler ausgeben, wenn ich 300 Millionen Pfund hätte" - 20. August 2016 [Sky UK]
Das Geld ist da. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge stehen Arsenal diesen Sommer über 170 Millionen Euro zur Verfügung. Dieser Betrag sollte sich zudem durch einige Verkäufe signifikant erhöhen. Zugegeben, die Messlatte scheint beim altmodischen Übungsleiter recht hoch zu liegen, doch Kylian Mbappé ist ein außergewöhnliches Talent, das außergewöhnliche Mittel bedarf. Er könnte der "Richtige" sein, das weiß auch Wenger:
„Ja wir verfolgen ihn und kennen ihn sehr gut. Er entwickelt sich gut. Ich glaube er hat erst letzte Saison seinen Vertrag beim AS Monaco verlängert, also ist es Monaco, das über seine Zukunft entscheidet. (…) Wir könnten einen neuen Thierry Henry haben“ [Youtube/Ligue 1]
1999 holte Wenger besagten Thierry Henry, ebenfalls aus der Jugend der AS Monaco, über die Zwischenstation Juventus, zum FC Arsenal. Der Stürmer würde 228 Pflichtspieltore bei den Gunners erzielen - Vereinsrekord. [caption id="attachment_10256" align="aligncenter" width="800"] (Photo SINEAD LYNCH/AFP/Getty Images)[/caption]

Konkurrenz

Natürlich hat nicht nur Arsenal das Sturmtalent auf dem Zettel. Die Konkurrenz ist groß, aber vor allem erfolgreicher und finanzstärker. Doch obwohl Klubs wie Real Madrid oder die Teams aus Manchester sicherlich mehr Gehalt bieten können, scheint es dem reifen Teenager um mehr zu gehen:
„Ich werde eine Entscheidung ausschließlich im Interesse meiner sportlichen Karriere fällen. Ich bin in einem Alter, wo ich spielen muss, und das wird vorrangig sein. Ich bin keine 35 oder 36, wo ich meinen Körper managen muss. Ich habe immer noch alles zu lernen. Dieses Jahr ging es um Entdeckung und nun kommt der wichtigste Schritt: Bestätigung“ [beIN SPORTS]
Wenngleich es sein ultimatives Ziel sein soll, eines Tages für Real Madrid zu spielen, könnte es für Mbappé verlockend sein, bereits im jungen Alter das Aushängeschild eines Vereins und dabei Stammspieler zu sein. Sollte er schon jetzt zu den Königlichen wechseln, wäre regelmäßige Spielpraxis alles andere als garantiert. [caption id="attachment_9524" align="aligncenter" width="800"] (Photo FRANCK FIFE/AFP/Getty Images)[/caption] Die Ablöse könnte übrigens eine weitaus untergeordnetere Rolle spielen, als bisher vermutet. Die Verantwortlichen der Monegassen betonten zuletzt, gemäß den Wünschen ihres Rohdiamanten handeln zu wollen. Sollten die generellen Ablöseforderungen also eingehalten werden, sprich über 100 Millionen Euro, wird im Fürstentum wohl der Wunsch Mbappés ein größeres Gewicht haben als ein etwas höheres Gebot eines anderen Interessenten. Aufgrund der Aussagen des 18-Jährigen ist ein Verbleib bei Monaco folglich ebenso wenig auszuschließen, wie ein Zwischenschritt, ehe es eines Tages vielleicht zu Real Madrid geht.  

X-Factor Wenger?

Zugegeben, man könnte argumentieren, dass der Torjäger bei der AS Monaco ähnliche, durch die Champions League vielleicht sogar bessere Voraussetzungen hat als bei Arsenal. Auf der anderen Seite ist die Premier League anspruchsvoller als die Ligue 1 und daher womöglich sogar vorteilhafter für seine Entwicklung. Außerdem habe die Familie Mbappé laut L'Équipe enormen Respekt vor Arsene Wenger und sei von seiner Arbeit mit jungen Talenten äußerst angetan. Eine Sache, die zudem dafür spricht, dass der schnelle Angreifer von einem Wechsel zu den Gunners nicht ganz abgeneigt ist: Warum mischt Wenger bei den Rekordofferten mit, während Real Madrid und Co. mit mehr Geld und der Königsklasse locken? Vielleicht weiß er, dass Mbappé noch nicht den ganz großen Schritt wagen möchte? Vielleicht weiß er sogar etwas aus dem Umfeld, was wir nicht wissen? [caption id="attachment_8674" align="aligncenter" width="800"] (Photo by Michael Regan/Getty Images)[/caption]  

Fazit

Ist es das erstmalige Verpassen der Champions League oder das außergewöhnliche Talent seines jungen Landsmannes, das den eigentlich so konservativen Einkäufer aus seiner Haut fahren lässt? Bei den scheinbar so aussichtslosen Bemühungen um Mbappé ist jedenfalls einiges anders als sonst... Der Faktor Wenger könnte im Falle einer Zwischenstation ironischerweise das Zünglein an der Waage sein. Wer weiß, vielleicht zaubert das schon totgesagte Trainerurgestein auf seine alten Tage noch ein Ass aus dem Ärmel und liefert den frustrierten Fans des FC Arsenal das begehrteste Talent der Welt... Die Chancen auf diesen sensationellen Transfer sind zwar nicht sonderlich hoch, aber lange nicht so gering wie es auf den ersten Blick scheint.

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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