Trauma Mainz: Der BVB und die Geister des 27. Mai

19. Dezember 2023 | News | BY sid

Borussia Dortmund stellt sich zum Jahresabschluss einem sportlichen Trauma. Der BVB spielt im letzten Spiel des Jahres gegen Mainz 05. 

Bewältigt der BVB sein Trauma?

Nach einem Verkehrsunfall, so sagt es die Küchenpsychologie, solle man sich gleich wieder ins Auto setzen. Insofern kann das erste Wiedersehen von Borussia Dortmund mit dem FSV Mainz 05 seit dem Meistertrauma eigentlich nur heilsam sein. Wäre da nicht das große Aber: Die grässlichen Geister des 27. Mai könnten dem in der Liga kriselnden BVB am Dienstag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky) das Weihnachtsfest ruinieren.

Mainz. Allein das Wort lässt Hans-Joachim Watzke beinahe das Blut gefrieren. „Das war der schrecklichste Tag in meinem Leben, da bin ich ganz offen“, sagte der BVB-Boss, der wahrlich im Fußball viel erlebt hat, in seiner Rede bei der jüngsten Mitgliederversammlung. „Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen – und ich wusste eines: So etwas, in dieser Ausprägung, so etwas kann einen Verein zerstören oder auf Jahre beschädigen und lähmen.“



Der BVB allerdings, merkte Watzke stolz an, habe sich dank der internen Solidarität und der Fähigkeit zur kritischen Analyse „nicht zerstören lassen“. Er ist jedoch zumindest national einigermaßen weit von seinem Weg abgekommen. An einen ähnlichen Meistermatchball, wie ihn die Dortmunder 206 Tage zuvor so fulminant ins Aus schlugen, ist angesichts von 13 Punkten Rückstand auf die Tabellenspitze am Dienstag nicht zu denken.

Die BVB-Profis werden gegen einen zuletzt ganz schwachen Tabellenvorletzten antreten, ja: Aber kämpfen werden sie gegen die Bilder in ihren Köpfen. Als hätten die Seelen ihre Körper verlassen, waren die Spieler damals nach dem Abpfiff umgefallen, sie lagen um 17.28 Uhr auf dem Rasen inmitten ihrer zerfetzten Träume. 10, 15 Minuten lang. Ewig.

Mats Hummels, fassungslos, Marco Reus, aufgelöst, weinend – wie sein Trainer Edin Terzic („Das spielt überhaupt keine Rolle mehr“), der heute sehr angreifbar erscheint. Der Meisterkorso war doch schon geplant! Alle Kneipen hatten sich mit Bier eingedeckt, um an einem wahnsinnigen schwarz-gelben Partysonntag alles an die glückselige Meute auszuschwemmen. Stattdessen erinnerte die Szenerie an die großen Dramen der Bundesliga-Geschichte: Schalkes vier Minuten von 2001, Bayer Leverkusen 2000 in Unterhaching – der BVB 2023.

Und dann: diese Südtribüne. „Aufstehen, aufstehen!“, riefen sie.

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Borussia Dortmund rappelte sich hoch. Erst die Fans, dann die Spieler, mühsam, danach irgendwie auch der gesamte Verein – es musste ja weitergehen. Der Sportdirektor Sebastian Kehl ahnte: „Ich weiß nicht, warum das genau passiert ist. Vielleicht werde ich es nie erfahren.“ Kein Mensch weiß, welchen Anteil jenes 2:2 von damals an den heutigen Leistungsschwankungen und Problemen hat. Nur eines der vergangenen sieben Ligaspiele hat der BVB gewonnen.

„Es ist ein harter Granit, auf den wir momentan beißen“, sagte Julian Brandt nach dem enttäuschenden 1:1 beim FC Augsburg: „Es fehlt so ein bisschen das Selbstverständnis im Spiel, es wirkt alles sehr schwer, sehr gezwungen.“

Die Leichtigkeit soll endlich zurückkommen, ein Sieg Weihnachten retten. Ausgerechnet: gegen Mainz.

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(Photo by Lars Baron/Getty Images)


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